Читать книгу Auf dem Pfad der Götter - Marc Short - Страница 5
3. Liftar Masir
ОглавлениеDer Sturm legte sich. Als Tibor den Hafen ansteuerte, begann die Abenddämmerung einzusetzen. Die Hände fest um das Steuer gelegt stand er da. Emilia, du wirst nicht glauben, was ich dir heute zu erzählen habe, dachte er. Nein, was ich getan habe, verbesserte er sich. Und da schloss der junge Mann die Augen, genoss das Schlagen der Wellen gegen den Schiffsrumpf, den landeinwärts treibenden Wind und die salzige Luft der See. So ähnlich musste sich sein Vater gefühlt haben, von dem er diesen Kutter erhalten hatte; das zumindest hatte ihm seine Mutter über ihren Mann erzählt.
Als er die Augen wieder öffnete, warf er einen Blick über die Schulter. Hinter dem Kutter sammelte sich der Nebel zu einer undurchsichtigen Wand. Ich muss mich beeilen, wurde Tibor klar, sonst holt mich die trübe Suppe noch ein. Er wollte sich gerade umwenden, da fiel ihm dieser Umriss auf, der ihn an die Saga um Siegfried erinnerte. Dort, inmitten des dichten Weiß ragte der Schatten eines Ungetüms in die Höhe. Ein sperriges, weit geöffnetes Maul mit langen, dolchartigen Zähnen, schob sich ihm und seinem Kutter entgegen. „Der Kopf eines Drachen“, rief Tibor aus. „Was hat das zu bedeuten?“ Sein Puls beschleunigte und Neugierde erwachte. Das Abenteurerherz schlug höher, im selben Takt wie der Wind an Stärke zunahm. Die NORDLICHT drohte zu kippen, neigte sich wie eine Waage immer weiter zur Seite. Tibor krallte sich mit den Fingern ans Steuerrad, dennoch wurde sein Körper unsanft herumgeworfen.
Immer weiter schob sich der Drache aus dem Nebel, sein Rachen wirkte wie in Stein gemauert. Fehlt nur noch, dass eine Feuerlohe auf mich zukommt, dachte Tibor. Er schallte sich im nächsten Moment einen Narr. Unsinn, in dieser Welt gibt es keine Drachen nur … Drachenschiffe! Natürlich, das musste es sein. An einem Sonntag war es durchaus möglich, dass die Stadt Schleswig-Holstein ein Museumsschiff zur See lies und dieses sogar für Besucher frei gab. Eine Schiffsführung der besonderen Art. Schade, dass er nicht der Kapitän war!
Aus dem Grau in Grau schälte sich ein bauchiger Rumpf, das geöffnete Maul mit den Zähnen wuchs immer weiter in die Höhe. Etwas seltsam fand er das goldene Wetterleuchten, dass vom Segel ausgehen musste.
Für einen Moment vergaß Tibor die Zeit und sein Vorhaben, den Ankerplatz zu erreichen. Als er sich in Fahrtrichtung drehte, baute sich das Bild des Hafens in voller Größe auf. Seine Anlegestelle kam in Sicht. Er sog die Lunge voll Luft, dann drehte er sich nochmals um und … atmete erleichtert, aber irgendwie auch enttäuscht auf. Das Drachenschiff blieb im Nebel zurück. Löste sich darin auf. Wie seltsam. Aber es war gut; Tibor wollte sich nicht weiter damit befassen. Denn er wurde das Gefühl nicht los, dass dieses Schiff von keinem Menschen gesteuert worden war. Wie das Geisterschiff aus dem Film Ghost Ship. „Unsinn! Genug.“, rief er laut aus. Da ging ein Ruck durch den Fischkutter und Tibor sprang vom Schiff auf dem Steg. Fast hätte er dabei sein Gleichgewicht verloren. Er schüttelte verwirrt den Kopf und strich im nächsten Moment behutsam über seine Hemdtasche. Dann sah er auf seine Hände, die stärker Zittern als es die Situation erforderte. Er zuckte mit den Schultern. Gut, dass er heute nichts Ausladen musste. So konnte er die NORDLICHT gleich festmachen, ohne noch den Umschlagplatz anzusteuern. Bis zur nächsten Ausfahrt, dachte er mit einem Lächeln und wand sich den Gebäudeblöcken der Stadt zu.
Die Sonne war beinahe untergegangen, als er bei dem kleinen Häuschen seiner Mutter ankam. Seltsam, die Türe war gar nicht verschlossen. Hatte sie geahnt, dass er bald kommen würde? Oder war er gar so laut gewesen, dass Emilia ihn gehört hatte? Seinem Atem zufolge war das gar nicht so abwegig. „Mom“, sagte er. „Ich muss mich entschuldigen! Aus den ein bis zwei Fischen ist nicht einmal einer geworden. Aber du wirst mir nicht glauben, was-“
Tibor brach mitten im Satz ab. Diese Stille, sie kam ihm seltsam vor. Er betätigte den Lichtschalter. Gedimmte Helligkeit empfing ihn. Er spürte, wie sein Herz gegen die Brust schlug. Neben dem halbstündigen Fußmarsch lag das an der Ungewissheit. „Emilia? Mom?“, rief er nochmals, während er den Lichtschalter drehte und die Helligkeit zunahm. „Mom? Was ist denn nur los?“
Er hätte lieber nicht gesehen, was in sein Blickfeld geriet. Feuchtigkeit bildete sich in den Augenwinkeln. Die Knie wurden ihm weich, als er näher trat. Dort lag jemand mitten im Flur auf dem Boden und bewegte sich nicht. „Nein! Bitte. Wer, wer würde so etwas tun? Sag, dass das ein Scherz ist! Mom!“ Er schob sich langsam zu dem reglos vor ihm liegenden Leib, fühlte sich dabei schwer wie ein Stein und ungelenk wie jener. Der Körper lag in einer roten Lache, mit einem Tuch bis zum Kinn bedeckt. Tibor hob die Decke an, zog sie mit letzter Kraft weg und erstarrte. Da lag nicht seine Mutter. Da lag ein Unbekannter, ein Ungeheuer! Sein Körper war hünenhaft, das lange Haar silbergrau – nicht blond! Eine geflochtene Strähne hing dem Unbekannten ins Gesicht – nicht ihr wunderbarer Zopf! Die Decke hatte all das wunderbar verborgen gehalten, hatte die Gestalt kleiner gemacht, als sie tatsächlich war.
Tibor warf die Hände in einer Geste der Verzweiflung von sich. Durch den Tränenschleier, der jetzt durch Zorn und Wut in seinem Bauch entstand, suchte er die Umgebung ab, blickte in jeden Winkel des Zimmers. Wer hatte das getan? Wollte man ihm einen Mord anhängen? „Wo bist du? Zeig dich!“, schrie er.
Als keine Antwort kam, ballte er eine Faust und schwang sie über dem fremden Körper hin und her. Über dem Gesicht des schlafenden Toten hielt er inne. „Und wer bist du?“, fragte er, mit einer Stimme, die nur noch ein Flüstern war. Da hoben sich die Lider und ein Blick aus silbergrauen Augen traf ihn, ging ihm durch und durch.
Er lebt, sagt eine Stimme in seinem Geist und noch ehe er reagieren konnte, schob sich der kräftige Leib in die Höhe, als wäre nichts gewesen. Die Augen waren schmale Schlitze, die dichten Brauen lagen eng beieinander. Wild fuhren sie hin und her. Er sucht etwas, begriff Tibor. Etwas oder jemanden?
Der Mann überragte ihn um mehr als einen Kopf und dass, obwohl er selbst mit seinen 1,85 Metern nicht gerade klein war. Ein Mann wie ein Schrank. Tibor fragte sich, wie der Fremde durch die Tür gekommen war. Seine Füße steckten in schweren dunklen Stiefeln, eine olivgrüne Leinenhose erstreckte sich über den Rumpf und bändigte das weiße Hemd, welches er nicht einmal zugeknöpft hatte. Nein, nicht ganz richtig, es war gerissen, die Knöpfe fehlten und bei näherem Hinsehen waren die Spuren eines Kampfes sichtbar. Die Ärmel waren zerfetzt, darunter kamen raue, große Hände zum Vorschein. Am rechten Arm befand sich ein braunes, breites Armband. Tibors Blick blieb an der muskulösen Brust haften, die sich im raschen Tempo hob und wieder senkte. Dieser Fremde muss das Herz eines Stiers besitzen, schoss es Tibor durch den Kopf. Wenn dieser Kerl seiner Mutter auch nur irgendetwas getan hatte …. Verdammt! Er musste ihn zur Rede stellen.
Das Herz des jungen Mannes raste, als er sich breitbeinig hinstellte und die Arme vor seiner eigenen Brust verschränkte, was ihm beinahe lächerlich vorkam. Wie David gegen Goliath, dachte er, und versuchte seine Mimik zu beherrschen. Er durfte nicht zittern, noch Angst zeigen und den Blick nicht senken. Der Unbekannte musterte noch immer den Raum, dann endlich hielt er inne und ihre Blicke trafen sich.
Tibors blaue Augen trafen auf die grauen des Unbekannten. Tibor fühlte sich, als würde er von einem Sturm aufgesogen werden. Die Härte verschwand aus dem Blick, an ihre Stelle trat eine Mischung aus Wissen und Macht, als hätte der Anwesende Zeiten überdauert, die kein Sterblicher je erblicken würde und Welten gesehen, die kein Mensch je zuvor erblickt hatte.
„Wer bist du?“, wiederholte Tibor seine Frage. Diesmal mit fester Stimme und weniger von dieser Situation beherrscht als zuvor. Er hoffte, dass seine Angst und sein Staunen nicht bemerkt wurden. Das durfte einfach nicht sein, denn nur dieser Mann kannte die Wahrheit, wusste, was mit Emilia geschehen war, wusste, was hier geschehen war. Tibor würde ihn nicht gehen lassen, ehe er dies aus ihm herausbekommen hatte. Und wenn es seinen Tod bedeutete. Dann sehe ich eben meinen Vater wieder, dachte er und hoffte, dass es dazu noch nicht kommen musste.
Der bärtige Mund seines Gegenübers öffnete sich, verzog sich zu einem ironischen Grinsen. „Mutig, wirklich mutig bist du.“ Die Stimme war wie ein Donnerhall – rau, fest und von solcher Kraft, dass er meinte, das Haus würde über ihm einstürzen. Und er bildete sich ein, gegen diesen Mann eine Chance zu haben? Ja, sagte er sich, es kommt nicht nur auf Kraft und Donner in der Stimme an!
„Sag mir, wer du bist! Und dann sagst du mir, wo meine Mutter ist.“
„Mut und Wut. Nicht immer ist beides so gut. Aber manchmal lassen sie einen gemeinsam über sich selbst hinauswachsen – nicht wahr?“ Der Fremde ging leicht in die Knie.
„Halt! Bleib, wo du bist!“, rief Tibor und hob die zur Faust geballte Rechte. Mit dem rechten Fuß trat er im Gegenzug ein Schritt zurück. Immer stabil stehen, dachte Tibor. Immer ausgeglichen bleiben.
„Ja“, sagte der Fremde. „Du scheinst es in der Tat zu sein. Sie hat sich nicht geirrt. Und keine Sorge, ich bleibe.“
Tibor versuchte, sich sein Grübeln nicht anmerken zu lassen. Er durfte seinen Standpunkt nicht verlieren. Mit der Hoffnung, das „Sie“ im Satz des Fremden war auf Emilia bezogen, fragte er: „Wer ist sie? Meine … Mutter?“
Der Mann stieß ein Lachen aus, das mehr einem Gurgeln glich und bei dessen Lautstärke er sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte.
„Sie ist in gewisser Weise anders. Ihr werdet euch noch kennenlernen“, sagte der Fremde und betonte dabei das erste Wort besonders. Die Art der Selbstverständlichkeit, mit der der Fremde sprach, setze weitere Energien in Tibor frei. Jetzt brauchte er ein Ventil, Bewegung im Körper, denn das Warten wurde immer mehr zur Qual.
Sein Blick verschleierte sich noch im Laufen und als er die wenigen Schritte zu dem anderen getan hatte, prügelte er darauf los. „Was ist mit ihr? Wo ist sie? Sag es mir endlich!“
Der riesenhafte Fremde wich den Schlägen mühelos und mit einer Schnelligkeit aus, wie Tibor es seinem Gegenüber dem Körperbau nach nicht zugetraut hätte. Eines seiner Beine fuhr aus und zog im gleichen Zug Tibor das seinige weg. Mit einem lauten Krachen landete er auf dem Rücken. Vor Schmerz verzog er das Gesicht. „Verdammt!“
„Jetzt mal ganz mit der Ruhe“, sagte der uneingeladene Gast und hob beschwichtigenden die Hände. Er setze eine freundliche Miene auf. Willst du endlich Schluss mit Rätseln machen?“, fragte Tibor grimmig.
„Es geht um dich und deine Rettung!“, setzte sein Gegenüber an. „Deine Mutter ist höchstwahrscheinlich in Gefangenschaft geraten. Eben von jenen entführt worden, die mich so zugerichtet haben. Sie dachten wohl, mein Leben ist beendet. Aber so leicht ist ein Einherjer nicht zu schlagen, nein, so geht ein Krieger nicht in den Tod.“
Wie konnte er der Fremde wagen, von einer Entführung zu sprechen? Und welche Begriffe verwendete er? Zog der Unbekannte ein Spiel der Verwirrung auf, um ihn im Dunkeln zu lassen?
„Dass ist nicht wahr!“, rief er. „Emilia ist hier! Sie muss hier sein und du wirst mich zu ihr führen“, ereiferte sich Tibor. „Los jetzt, zeig mir, wo du sie hingebracht hast.“
Das Haar des Fremden flog wie ein Bündel giftige Schlangen umher, als dieser den Kopf schüttelte und dabei wieder zu reden begann. „Ich kenne deine Mutter nicht, ich habe sie nicht gesehen. Dafür kenne ich den Gegner, ihnen bin ich nach Abschluss ihrer Tat begegnet. Ich konnte diese Hütte davor bewahren, weiter verwüstet zu werden.“
„Und was ist mit denen, die Emilia mit sich genommen haben? Wohin gehen sie? Wohin bringen sie Emilia?“, fragte Tibor.
„Die Entführer sind längst über alle Wasser. Ihnen kannst du nicht auf herkömmlichen Weg folgen.“
„Aber, was wollten sie hier?“, fragte Tibor. „Was wollen sie mit meiner Mutter?“
„Die Wahrheit ist“, brummte der Fremde, „sie wollten dich! Sie dachten, dich beim Abendmahl zu erwischen.“
„Warum mich? Wollen sie mein Schiff, mein weniges Geld, kostenlosen Eintritt ins Museum?“
Der Fremde überging seine Fragen. „Du hast noch die Wahl deinen Weg selbst zu bestimmen“, sagte der riesenhafte Mann. „Dazu musst du nur eines tun: Komm mit mir! Folge mir und es wird dir anders ergehen. Zumindest wirst du nicht ohne Vorbereitung sein, wie deine Mutter.“
Tibor spürte, dass dem anderen die Kraft ausging. Vermutlich war er nicht gewohnt, so viel zu sprechen. Oder der vorausgegangene Kampf hatte ihn mehr mitgenommen, als er zugab. Ein Lächeln glitt über Tibors Lippen. Vielleicht hatte er noch eine Chance, obwohl der Andere ein Kraftpaket und geschickt im Kampf war. Ja, er konnte ihn schlagen – mit Worten. „Du hast mir noch nicht einmal deinen Namen verraten. Dir soll ich vertrauen, einem Namenlosen? Einem Durchgeknalltem, der bei meiner Mutter einbricht, sich tot stellt und für sie ausgibt? Einem Mann, der sich als Krieger bezeichnet und Begriffe wie Einherjer in den Mund nimmt?“ Er wartete auf die Antwort, doch nur ein schwer zu überhörendes Keuchen antwortete ihm. Wahrscheinlich versuchte der Fremde, sich zu bändigen, seine Gefühle im Zaum zu halten. Gut so. „Du willst mich mit dir nehmen, ja? Warum wartest du dann nicht in meiner Wohnung auf mich, ja, warum hier?“ Und dann versetzte Tibor ihm noch einen Dämpfer, sagte betont langsam: „Mut und Wut … keine sonderlich guten Ratgeber.“ Im selben Moment bemerkte der junge Mann, dass er einen Schritt zu weit gegangen war. Mit zwei Sätzen war der Fremde bei ihm, packten ihn mit solcher Wucht an den Schultern, dass sie beide quer durch den Raum taumelten. Erst die Wand in seinem Rücken stoppte den schmerzhaften Tanz. Nur kurz und nur, um noch gewaltvoller weiterzugehen: Tibors Körper hob es einige Zentimeter in die Luft und gegen die Wand, dass ihm der letzte Atem aus dem Körper gepresst wurde. An dieser Stelle kam er zur Ruhe. Doch diese war trügerisch. Sein Körper drängte nach unten, aber die Hände nagelten ihn an Ort und Stelle fest. Der Atem des Angreifers blies ihm wie eine Bö ins Gesicht, die Schweißperlen des anderen tropften in sein Gesicht, zudem kitzelten ihn dessen Haarsträhnen. Er verzog angewidert das Gesicht und schloss die Augen.
„Ich bin Liftar Masir. Und ich bin gekommen, um dir zu helfen! Ich wollte die Angreifen aufhalten, aber das ist mir nicht gelungen. Wie du siehst, haben sie mich bewusstlos geschlagen und hier liegen gelassen.“
„Als Zeichen, als eine Warnung an mich?“, fragte Tibor.
„So könnte man es nennen“, stimmte Liftar zu.
„Sie wollen verhindern, dass ich dir vertraue. Mich vor dir warnen. Aber warum? Sie hätten genauso gut mit mir sprechen können. Vielleicht hätten wir eine andere als diese Lösung gefunden“, sagte Tibor.
„Bei den Göttern, du brauchst keine Angst vor mir zu haben“, sagte Liftar. „Ich bin auf deiner Seite. Aber um etwas ausrichten zu können, um deine Mutter wieder zu finden, musst du mit mir kommen!“
Die kräftigen Arme Liftars entließen ihn aus ihrem Griff.
Alle seine Knochen schmerzten und Tibor fühlte sich, als hätte man ihn durch den Fleischwolf gedreht. Sein Leib, so vermeinte er, wäre nur noch Brei.
„Ich gebe dir Zeit bis morgen Abend, wenn der Nebel kommt. Dann verschwinden wir von hier. Du musst mir noch nicht wie einem Freund vertrauen, aber du könntest zumindest anfangen, Vertrauen zu gewinnen“, sagte Liftar ruhig und betont. Er schnaufte kaum mehr.
„Welcher Nebel soll kommen?“, wollte Tibor noch fragen, doch da war die Gestalt Liftar Masirs schon durch die Haustüre verschwunden. Nebel, sagte er sich, nicht schon wieder Nebel! Für heute waren das genug nebulöse Aussagen und Ereignisse. Tibor beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken. Er musste erst einmal schlafen und das würde er hier tun. Sein Körper brauchte das dringender als alles andere. Ihm fehlte die Kraft, noch zu sich nach Hause zu gehen, und irgendwie fühlte er sich, als wäre ihm sein Zuhause geraubt worden. Zeit, mir Gedanken zu machen, habe ich auch morgen noch – bis der Nebel kommt …. Dann besteht zumindest die Chance, dass Brauchbares herauskommt.
Emilia, so schien es, war mit Liftar Masir verschwunden. Doch nicht hoffnungslos. Mit Liftar könnte er ihren Spuren folgen, welche Spuren das auch immer sein würden. Tibor würde es herausfinden, das versprach er sich. Und um schlafen zu können, dachte er an die schönen Momente mit seiner Mutter zurück. Tief im Herzen glaubte er, sie nur finden und lebend wieder zu sehen.