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Last Sozialdemokrat Standing

von Martin Sonneborn

Eins dürfte klar sein: Als Sozialdemokrat hat man es schwer in diesen Zeiten. In der SPD, im Bundestag, im Leben.

Ich habe viele Mitglieder des Bundestags persönlich kennengelernt. Hauptsächlich, weil ich dafür bezahlt wurde, während meiner Arbeit für die »heute-show« im ZDF. Und für »SPAM«, die Satireseite von Spiegel Online. Vor mehr als 20 Jahren erlaubten wir uns mal den Spaß, Abgeordnete mit einer großen Fernsehkamera zu interviewen, uns von ihnen mehrfach ihren Tagesablauf und ihre Lieblingsanekdote erzählen zu lassen, um das Ganze dann gemein und lustig für eine Serie mit dem Titel »Hinterbänkler heute« zusammenzuschneiden. Da wir damals keine Kontakte in den Bundestag hatten, suchten wir die Interviewpartner einfach nach ihrer Physiognomie aus. Mit anderen Worten: Wir blätterten uns durchs Bundestagshandbuch und baten bei denen um ein Interview, deren Portrait-Fotos auf ein eher schlichtes Gemüt schließen ließen.

Über die kurzen Filme, die damals entstanden und die ich mitunter bei Titanic-Lesungen zeige, sagte ein kluger Leitartikler der Süddeutschen Zeitung, man dürfe sie nicht weiter öffentlich machen, sie würden die Demokratie beschädigen.

Heute sind es andere Dinge, die unsere Demokratie beschädigen.

Lobbyismus und Korruption. Abgeordnete, die sich bei ihrer Tätigkeit im Bundestag (oder im EU-Parlament) nicht mehr an den Interessen der Bürger orientieren, sondern an denen der Finanz- und Großindustrie, an denen der spendenfreudigen Firmen in ihrem Wahlkreis. Mitglieder des Bundestags, die in erster Linie ihre eigenen Nebenverdienste im Blick haben (wenn nicht in einigen Fällen sogar eher das Mandat die Nebentätigkeit bedeutet), das eigene Wohl anstelle des Gemeinwohls.

Fraktionszwang. Zu viele Politiker lassen sich Schneid und Überzeugung abkaufen, in dem Moment, in dem sie in den Bundestag einziehen. Eigentlich nur ihrem Gewissen verpflichtet, unterwerfen sie sich aus Bequemlichkeit oder Karrieregründen einer Disziplin, die in unserer Verfassung so nicht vorgesehen ist.

Intransparenz. Eben erst hat die Groko Haram zum wiederholten Male die Einführung eines »exekutiven Fußabdrucks« verhindert, den Organisationen wie Lobbycontrol schon lange fordern und der aufzeigen soll, welche Interessengruppen an der Verfassung von Gesetzestexten beteiligt sind.

Als Marco Bülow Kontakt zu uns aufnahm, habe ich mich sehr gefreut. Ich kannte ihn als ehrlichen, empathischen und empörten Kämpfer gegen Lobbyismus, Korruption, Fraktionsdisziplin und Intransparenz. Außerdem als unbestechlichen Kopf, der früh die Gefährlichkeit des Klimawandels und der katastrophalen Ungleichverteilung des Reichtums in Deutschland erkannt hat und politisch dagegen angeht.

Ich habe Politikwissenschaften studiert, schaue mir in der Süddeutschen und der FAZ nicht nur die Bilder an und interessiere mich für die politischen Verhältnisse, in denen wir leben. Trotzdem kenne ich viele Zusammenhänge nicht. Wie konnten unter einer rot-grünen Regierung die asozialen Hartz-IV-Gesetze durch den Bundestag gehen? Wie kam es zur ersten deutschen Beteiligung an einem Krieg, nachdem wir den letzten doch recht deutlich verloren hatten? Gibt es wirklich eine realistische Chance auf eine rot-rot-grüne Regierung in Deutschland? Wer macht in diesem Lande eigentlich die Politik? Nach fast 20 Jahren im Bundestag kann Bülow diese Fragen beantworten.

Wenn es in der SPD mehr Menschen wie Marco Bülow gäbe, hätten wir Die PARTEI niemals gründen müssen.

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