Читать книгу Kurze Krimis und mehr - Margit Schaafberg - Страница 7

Chef of the year

Оглавление

"Willkommen bei der Schlacht am Buffet, meine lieben Zuschauer. Es haben sich hier wieder sechs Hobbyköche versammelt, um ihr Können zu zeigen. Unser heutiges Thema ist die Partysuppe. Ihr habt wie immer nur 35 Minuten Zeit. Ab an den Herd."

Waldemar Bloch ließ den Blick über das Publikum schweifen. Verdammt noch mal, wer von denen mochte es sein? War an dem Gerücht wirklich etwas dran gewesen? Oder wollte ihn die Sendeleitung nur auf den Arm nehmen? Zuzutrauen war ihnen ja einiges. Während er die Kandidaten einen nach dem anderen vorstellte, schweiften seine Gedanken immer wieder ab zu dem Preisrichter vom Chef of the Year, der angeblich heute gekommen war, um seine Fähigkeiten als Kochberater zu prüfen. Was sollte denn das? Reichte es etwa nicht mehr aus, wenn unzählige Gäste und anerkannte Gourmets aus aller Welt seine Gerichte priesen? Jetzt begann auch noch der Sendeleiter ihm Zeichen zu machen - offenbar war seine Zerstreutheit bereits aufgefallen. Verdammte Livesendungen!

"Nun Hanne? Wie weit bist du denn mit deinem Chili?"

Im selben Moment erkannte er seinen Fehler. Ruth war die mit dem Chili, Hanne die mit der Gulaschsuppe.

Ruth lächelte gequält und stotterte etwas von Zwiebeln, die in den Augen brannten. Mist, jetzt hatte er sie auch noch zum Weinen gebracht. Waldemar ließ seinen Blick über die fünf anderen Kandidaten wandern. Gerade noch bemerkte er, wie dem offenbar etwas tollpatschigen Knut ein Stück seiner Aubergine zu Boden fiel. Das war doch endlich mal etwas, wo man ansetzen konnte.

"Knut! Das wirst du doch unserem Juror nicht mehr ins Essen mischen wollen?"

Mit Feuereifer stürzte er sich auf den Unglücklichen, der tatsächlich kurz davor gewesen war, das Corpus Delicti mit in den Topf mit der Gemüsesuppe zu werfen. Jetzt war er wieder in seinem Element. Das Publikum lachte, die anderen Kandidaten grinsten, froh, diesmal nicht sein Opfer geworden zu sein.

"Und wie hast du denn das Gemüse geschnitten? Was soll das noch werden? Ein Gemüsetöpfchen Vegetaria? Knut? Vegetarisches Essen auf einer Party? Wen willst du dazu einladen? Den Kaninchenzüchterverein?"

Er lachte über seinen eigenen Scherz, während Knut in seiner Kochschürze mit dem Aufdruck "Papa ist hier der Chef" zusammenzuschrumpfen schien. Endlich hatten die anderen Teilnehmer Ruhe, ihr geplantes Essen zuzubereiten, Waldemar wollte nicht mehr von Knuts Seite weichen. Immer wieder hielt er die bereits reichlich in Mitleidenschaft gezogene Auberginenscheibe in die Kamera, nahm Knut mal die eine Zutat, mal das andere Küchenutensil aus der Hand und führte mit leichter Hand vor, wie man es besser machte. Dem Preisrichter wollte er es zeigen. Wer aus den stümperhaften Versuchen dieses Möchtegernkochs noch etwas Genießbares zaubern konnte, der musste doch einfach Sieger im diesjährigen Wettbewerb werden.

"Waldemar, hast du mal einen Tipp für mich?"

Was war denn jetzt? Hanne mit ihrer Gulaschsuppe. Ja Herrschaftszeiten, musste die ihm ausgerechnet jetzt, nur fünf Minuten vor dem Ende der Zubereitungszeit noch mit irgendwelchen Fragen nerven? Was wenn Knut auf den letzten Metern noch etwas vermasselte? Aber der Sendeleiter machte schon wieder Zeichen. Waldemar seufzte theatralisch und trabte zum übernächsten Platz am Herd.

"Heute kommt doch Gerd von Sähnchen. Dem geht es ja immer um das richtige Würzen. Kannst du mal probieren, ob da noch mehr Salz ran muss?"

Und wegen einer solchen Lappalie hatte sie ihm jetzt wohlmöglich um seinen verdienten Preis gebracht? Seufzend griff er den ihm entgegengestreckten und Löffel und nahm einen Schluck, ohne wirklich zu schmecken, was er da aß. Dabei schweifte sein Blick zurück zu Knut, der gerade irgendetwas von einem Brettchen in den vom Herd genommenen Topf schüttete. Verdammt, was hatte er da jetzt angestellt? Genau die falschen Kräuter, das musste es sein. Und das ausgerechnet bei Sähnchen, dem nichts so wichtig war, wie die richtigen Kräuter zum Essen. Und er hatte nicht einmal Zeit, ihn vorzuwarnen. Was, wenn der Kollege das von ihm überwachte Werk öffentlich zerriss? Und das heute!

In Panik warf er den Löffel kommentarlos auf die Arbeitsfläche und eilte zurück zu seinem Schützling. Hannes verzweifelte Bitten um einen Kommentar ignorierte er. Sein Blick war stier auf den Inhalt von Knuts Topf gerichtet. Der sah nicht anders aus, als beim letzten Mal. Er rührte einige Male in der Suppe, aber auch das brachte ihn nicht weiter. Was hatte Knut nur getan? Und jetzt erklang das Signal zum Anrichten. Alles zu spät. Kein neuer Stern an seiner Kochmütze. Waldemar drohten die Beine zu versagen, während Knut mit zufriedener Miene sein Gericht in eine Schüssel goss und mit einigen Rosenblättern garnierte. Rosenblätter? Wer in aller Welt hatte diesem Trottel Rosenblätter als Zutat genehmigt? Aber das war nun auch schon egal. Sähnchen würde wohl intelligent genug sein, diese zu erkennen und vor dem Verzehr aus der Schüssel zu nehmen.

Schon hatte Gerd Sähnchen am Esstisch Platz genommen und betrachtete in einem ersten Durchgang das Angebot. Hannes Gulaschsuppe fand zum Glück seine Zustimmung, offenbar hatte sie Waldemars Rat wirklich nicht nötig gehabt. Ruths Chili war wohl etwas zu scharf geraten, aber wen interessierte schon Ruths Chili? Für die drei anderen Kandidaten fand Sähnchen wohlwollende Worte. Es würde schwierig sein, sich heute für das schlechteste Gericht zu entscheiden. Endlich war der Juror Knuts Schüssel angekommen.

"Oh, eine vegetarische Suppe. Das ist doch endlich mal etwas anderes! Und was ist das? Besonders schön drapierte, rote Paprika? Mit spitzen Fingern fischte Sähnchen die Rosenblätter aus der Brühe. Die anderen Kandidaten kicherten, Knut schien noch ein bisschen mehr in seiner Küchenschürze zu versinken. Aber dem Juror schien das Gericht trotz allem zu schmecken. Ein Löffel nach dem anderen verschwand in seinem Mund, begleitet von einigen zufriedenen Seufzern.

Endlich hatte er genug. Der Löffel sank in die Schüssel und Sähnchen griff sich mit verzerrtem Gesicht an den Kopf.

"Hach, meine Damen und Herren, das ist heute mal wieder eine schwierige Entscheidung! Da war ja mal wieder ein Gericht köstlicher als das andere", er hüstelte und räusperte sich hörbar, dann griff er sich an den Magen, während er mit der anderen Hand noch einmal den Tisch im Kreis drehte und ein Gericht nach dem anderen Revue passieren ließ. "Also wie schon gesagt, das Chili war ein bisschen", erneutes Hüsteln - oder war es etwa ein Würgen? Auch Sähnchens Stimme schien schwächer zu werden. "Also ein bisschen scharf, aber auf der anderen Seite, viele", jetzt versagte ihm die Stimme völlig. Mit beiden Händen griff er sich an den Bauch und röchelte mühsam. Endlich schien der Sendeleitung der Ernst der Lage aufzugehen.

"Schnell, einen Notarzt, da stimmt etwas nicht! Ist zufällig ein Arzt unter den Zuschauern? Kameras aus! Das könnt ihr doch nicht mehr live übertragen, ja zum Henker..."

Mittlerweile hatte Sähnchen das Bewusstsein verloren. Die sechs Kandidaten starrten vor Schreck erstarrt auf den Juror, dessen Gesicht man gerade noch rechtzeitig aus dem Teller mit Chili gezogen hatte. Ein Arzt kümmerte sich eifrig um den Kranken.

Waldemar wollte gerade damit beginnen, die Fernsehküche aufzuräumen - zu mehr als zum Tellerwäscher würde er es nun beim Fernsehen ohnehin nicht mehr bringen.

"Stopp! Lassen Sie alles genau so, wie es ist!"

Ein Zuschauer aus der zweiten Reihe im Publikum konnte Waldemar gerade noch daran hindern, den Inhalt eines Kochtopfs in den Müllschlucker zu gießen.

"Das lassen wir mal schön alles so wie es ist! Das werden meine Kollegen von der Kripo alles noch untersuchen müssen."

Frage: Auf welches Gift wird der kriminalisierende Zuschauer den Mageninhalt des zum Glück geretteten Gerd Sähnchen wohl besonders untersuchen lassen?


Kurze Krimis und mehr

Подняться наверх