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Die Legende von Tschakdor

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Einmal versammelten sich alle guten Götter auf dem Berge Sumeru, um zu beratschlagen, wie sie sich das Lebenswasser Duschi, das in der Tiefe des Ozeans verborgen lag, verschaffen könnten.

In ihrer Güte und Barmherzigkeit beschlossen sie, es unter die Menschen zu verteilen, als Heilmittel gegen das starke Gift Halahala, das die bösen Dämonen den Menschen gaben, um sie ins ewige Verderben zu stürzen. Sie wollten den Ozean mit dem Berg Sumeru aufrühren und hofften auf diese Weise das Lebenswasser an die Oberfläche zu bringen.

Sie taten wie beschlossen und erlangten so das Elixir. Sie bestellten Tschakdor zu seinem Hüter, bis alle guten Götter sich wieder versammelt hätten, um zu entscheiden, wie man das Lebenswasser unter die Menschen verteilen sollte.

Doch der böse Geist Dadscham erfuhr davon und er nahm sich vor, den Plan zu vereiteln.

Als einmal Tschakdor allein war, schlich er sich in seine Nähe. Aufmerksam und unausgesetzt beobachtete er jede Bewegung Tschakdors. Er wartete auf einen günstigen Augenblick, um zu dem Lebenswasser zu gelangen und davon zu trinken.

Endlich sah er, daß Tschakdor einschlief, und schon war er unbemerkt bei ihm. Schnell trank er vom Elixir soviel er nur konnte. Aber damit war er noch nicht zufrieden. Er verunreinigte das noch übrig gebliebene Wasser. Dann erhob er sich in die Lüfte und flog davon.

Er war schon weit, als Tschakdor den Schaden bemerkte. Dieser zweifelte nicht, daß ihm Dadscham diesen bösen Streich gespielt hatte. Eiligst verfolgte er ihn.

Dadscham flog an der Sonne und an dem Mond vorbei. Er drohte ihnen mit Rache, wenn sie ihn Tschakdor verraten würden. Dann verschwand er zwischen den Wolken. Vergeblich durchsuchte Tschakdor das Firmament nach ihm. Er wandte sich an die Sonne und fragte sie, ob sie nicht Dadscham gesehen hätte. Aus Angst vor dem bösen Dämon gab sie eine ausweichende Antwort. Sie habe hier jemand vorbeisausen sehen, aber hätte nicht weiter darauf geachtet, wer es gewesen sei.

Da ging Tschakdor zu dem Mond. Der gab ihm bereitwilligst Antwort und zeigte nach dem Wolkenspalt, hinter dem Dadscham verschwunden war. Doch bat der Mond Tschakdor, ihn nicht Dadscham zu verraten.

Mit Hilfe des Mondes konnte dann auch Tschakdor den Dadscham festnehmen. Als er den Übeltäter in seine Gewalt bekommen hatte, hieb er in seiner unbezähmbaren Wut mit seinem Szepter auf ihn los. Mit solcher Kraft, daß der Körper Dadschams in zwei Teile zerriß. Sein Oberkörper schwoll entsetzlich an.

Bald versammelten sich alle guten Götter und berieten, was mit dem von Dadscham verunreinigten Lebenswasser geschehen soll. Es unter die Menschen zu verteilen, war zu gefährlich, denn es enthielt eine große Menge des Giftes Halahala. Sie beschlossen, Tschakdor müßte es als Strafe für seine Unachtsamkeit trinken.

Es blieb ihm nichts weiter übrig, er mußte gehorchen. Als er es hinuntergewürgt hatte, verwandelte sich sofort seine goldglänzende Hautfarbe in ein schmutziges Grau.

Seit dieser Zeit hatte Tschakdor einen unbezähmbaren wilden Haß auf alle bösen Geister, besonders auf Dadscham.

Dieser lebte trotz seiner furchtbaren Wunden weiter, denn er hatte vom Lebenswasser getrunken. Das wundertätige Elixir war in sein Blut gedrungen. Als Tschakdor ihn mit seinem Szepter verwundete, fielen Bluttropfen auf die Erde hinab, die sich in heilkräftige Blumen und Pflanzen verwandelten.

Dadscham wurde von den guten Göttern noch sehr bestraft. Sie machten ihn zu einem furchtbaren Ungeheuer. Seine Füße wandelten sie in einen Drachenschweif, aus den kleinen Wunden wurden schreckliche Augen, und die größte und tiefste ein riesiger Rachen. Dadscham, der schon in seiner Jugend sehr schlecht war, wurde nach seiner Verwandlung übelwollender denn je, und alle Götter hatten unter seiner Bosheit zu leiden.

Vor allem haßte er Sonne und Mond, weil diese beiden ihn verraten hatten. Immer wieder versuchte er, sie zu verschlingen. Besonders gegen den Mond richtete sich seine Wut. Dies ist die Erklärung der Sonnen- und Mondfinsternis. Aber an der Wachsamkeit Tschakdors scheitert immer wieder der böse Plan des Dämons und es gelingt ihm nicht, die lichtspendenden Himmelskörper zu verschlingen.

Tibetische Märchen

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