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43 Hedonismus

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Jesus: Angesichts der ungewissen Perspektive und den ausladenden Zeiträumen sind die Menschen gut beraten, ihr Leben zu genießen.

Gott: Sag ich doch: Leben genießen, Sex genießen.

Jesus: Ist das in der letzten Konsequenz damit nicht die Quintessenz des Daseins? Für das eigene Plaisir herauszuholen 'was geht?

Petrus: Hedonisten. Gibt es schon.

Gott: Aha. Was es alles gibt.

Petrus: Das ist auch eine griechische Bande. Aus der Antike.

Gott: Und die machen's richtig?

Jesus: Sie vertreten im Prinzip den Sinn des Lebens als Genuss.

Petrus: Den Genuss als Sinn des Lebens.

Jesus: Das ist nicht ganz dasselbe.

Gott: Dann erklär es.

Jesus: Wenn Genuss der Sinn des Lebens ist, und eventuell der alleinige, wer macht dann die ganze Arbeit?

Petrus runzelt die Stirn.

Jesus: Was gilt als Genuss? Soll man, kann man alles genießen? Ist dann der Sinn des Lebens das Konzept des Genusses? Ist es ein Genuss, den Sinn zu kennen? Oder zu leben, vielleicht sogar ohne ihn zu kennen?

Petrus: Auch bei der Arbeit?

Jesus: Sicher. Schwierig wird's bei den unangenehmen Dingen.

Gott: Muss man ja nicht machen. Dann mangelt es auch nicht am Genuss.

Petrus: Wo wir wieder bei der Unvernunft der Menschen angekommen wären. Sie machen trotzdem diese unangenehmen Dinge. Gier, Neid, Hass, Gewalt. Krieg.

Gott: Dafür ist der Prophet zuständig, nicht ich. Ich erschaffe nur.

Jesus: Die Verantwortung abzuwälzen, ist dir geläufig.

Gott: Ich bin Gott: Eure menschlichen Maßstäbe betreffen mich nicht. Verantwortung ist eine soziale, moralische Idee. Sehr menschlich.

Jesus: Ich denke sie sind nach deinem Bild erschaffen.

Gott: Es ist ein Symptom des Wechselspiels. Sehr typisch für mich, aber sehr neutral. Wirkungen lösen Reaktionen aus. So wirkt alles aufeinander und ineinander. Das erzeugt viele Spannungen.

Petrus: Ein Durcheinander.

Gott: Jetzt unterbrichst du mich auch schon.

Petrus: Du erwartest doch offene Kommunikation. Das ist meine aufrichtig professionelle Einschätzung der Lage.

Gott: Letztlich führt es dazu, dass sich alles irgendwie ausgleicht. Inzwischen geht es aber ...

Jesus: Durcheinander. Wissen wir.

Gott: Auf der menschlichen Ebene von Gesellschaft wirkt sich Verantwortung gut auf die Gemeinschaft und das eigene Wohlbefinden darin aus. Außerdem verschafft einem das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, lässig zu funktionieren, ein Gefühl von Freiheit.

Jesus: Weil sie sich stärker fühlen, als sie alleine sind. Erschafft das Mut?

Gott: Kann sein. Es ist schon so, dass die Menschen Orientierung möchten. Gib ihnen einen Rahmen, wenn sie den meistern, gehen sie auch darüber hinaus. Weil sie sich am Rahmen und ihrer individuellen Freiheit festhalten können.

Jesus: Damit sie nicht übermütig werden?

Gott: Werden sie und sollen sie. Sonst geht nichts weiter.

Jesus: Es ist doch sehr psychisch.

Gott: Stimmt, fragen wir Psyche. Psyche, kennst du die Hedonisten? Sollen aus deiner Gegend kommen.

Psyche: Schon, aber auf Anhieb nicht namentlich. Gibt es Probleme?

Petrus: Leicht verwirrt ist sie ja meistens. Sucht immer nach Problemen.

Psyche: Lass mich in Ruhe.

Gott: Alles bestens. Wir fragen uns, ob die Hedonisten eine gute Leitkultur abgeben.

Psyche: Bei denen ist es wie mit allem. Wenn sie übertreiben und zu einseitig ihren Lustbarkeiten nachgeben, drehen sie durch.

Gott: Wieder nichts. Keine Cliquen mehr.

Jesus: Wie ist das eigentlich hier mit diesen ganzen griechischen, römischen, aztekischen und sonstigen Göttern? So wie Psyche.

Gott: Wieso? Ich bin Gott, Psyche ist eine Göttin.

Jesus: Soll sie das als Frau diskriminieren?

Gott: Unsinn. Sie ist eben eine Frau. Eine Göttin. Ich habe kein Geschlecht. Ich bin der Alleine. Oder die. Ich bin Gott. Das sind Gottheiten

Jesus: Warum heißt es, die Menschen sollen keine Götter neben dir haben?

Gott: Sind doch nicht neben mir. Sind unter mir.

Jesus: So kann man es auch sehen.

Gott: Du meinst wirklich, ich solle alles alleine machen.

Petrus richtet die Augen zum Himmel. Also von ihm aus gesehen nach oben. Er ist ja im Himmel.

Psyche: Willst du mir meinen Posten streitig machen, Jesus?

Jesus: Es fiel mir nur gerade auf.

Psyche: Ich habe lange überlegt, ob ich mich dazu einbringen soll und wie. Nur weil du der Sohn vom Chef bist, musst du dich nicht ständig in den Vordergrund drängen. Sollen wohl auch noch unter dir sein. Nicht neben dir.

Jesus: Schon gut. Ich bin ein Mensch. Mensch gewordener Gott. Da hat man selbst genug eigene Angelegenheiten.

Psyche: Noch was? Sonst lasst mich in Ruhe. Mein Bereich ist irre genug.

Gott: Alles gut. Mach dir bloß keine Sorgen wegen deinem Posten. Da ist noch lange nicht alles ausgestanden.

Psyche: Danke. Das beruhigt mich.

Gott: Man muss nur wissen, was die Leute brauchen.

Jesus: Meiner Erfahrung nach braucht sie nicht immer Ruhe.

Petrus: Aber ich könnte welche vertragen.

Petrus geht ab in's Labor.

Petrus: Ist heute nicht irgendein Feiertag? Vielleicht ein katholischer?

Die Praktikantin: Welchen hättest du gern?

Petrus: Wirklich Ruhe ist nicht mal am Totensonntag.

Die Praktikantin: In Bayern.

Petrus: Wir sind aber nicht in Bayern, sondern hier oben, mit dem Überblick.

Die Praktikantin: Was ist los?

Petrus: Der Vogel wird Tomaten-Liebe propagieren.

Die Praktikantin: Was dabei herauskommt, kann keiner vorhersagen.

Petrus: Deshalb macht er es ja.

Gottes wundersame Faktorei - Dritter Teil: Im Zeichen des Vogels

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