Читать книгу Weil du nur einmal lebst - Marina Selle - Страница 4

2. Kapitel

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„Nächste Station, Melton“, sagte die monotone Lautsprecherstimme und riss mich aus meinem Halbschlaf.

Ich rieb mir meine müden Augen und schaute zum Fenster hinaus.

Ich musste wohl recht früh eingeschlafen sein, denn ich hatte gar nicht mitbekommen, wie draußen vor dem Fenster die Landschaft immer grüner und hügeliger geworden war. Ich sah auf mein Handydisplay. Mittlerweile war ich schon gute acht Stunden unterwegs. Ich wühlte in meiner Tasche und fand schließlich mein Zugticket. Ich legte es auf meinem Schoß bereit, da der Schaffner gerade auf dem Weg durch die Reihen war und schaute wieder aus dem Fenster.

Die Bäume und Wiesen rasten vor meinen Augen vorbei und ich sah zum Himmel, der strahlend blau und vollkommen wolkenlos war.

Als wir von zu Hause aus losgefahren waren, hingen dort noch Wolken am Himmel, aber je weiter wir gefahren waren, desto schöner war es geworden, jedenfalls soweit ich es mitbeklommen hatte.

Als der Schaffner zu mir kam, zeigte ich ihm mein Ticket und er wünschte mir noch eine gute Fahrt. Ich bedankte mich bei ihm und holte dann mein Handy aus der Tasche, um eine SMS an Maddie zu schreiben, damit sie wusste, wann sie mich vom Bahnsteig abholen sollte.

Hi Mad, komme in 5 Minuten am Bahnhof in Melton an.

Wo soll ich auf dich warten?

LG, Lory

Ich schickte die Nachricht ab und steckte mein Handy wieder ein. Langsam begann ich, meine Sachen zusammen zu packen, damit ich gleich schnell aussteigen konnte. Dann bekam ich eine Nachricht.

Hallo Liebes, ich schaffe es leider nicht, dich abzuholen, weil hier ein Rohr gebrochen ist und ich auf die Handwerker warten muss, aber ich habe jemanden organisiert. Achte einfach auf einen roten Geländewagen.

Bis gleich dann, Maddie :)

Na das fing ja super an. Ich hoffte inständig, dass es die nächsten Wochen nicht so weiter gehen würde, schließlich wollte ich etwas Zeit mit meiner Tante verbringen und mit der Website wollte ich auch anfangen und das war natürlich nicht möglich, wenn bei der Pension Probleme auftraten, die den Zeitplan umschmissen.

Als der Zug hielt, griff ich mir schnell meinen Koffer und meine vollgestopfte Sporttasche und stieg aus.

Als ich aus dem Zug trat, kam mir ein Schwall warmer Sommerluft entgegen. Die Luft roch süßlich nach Blumen und Blüten und war gerade noch kühl genug, dass sie Temperaturen nicht zu drückend waren. Ich hiefte meinen schweren Koffer auf den Bahnsteig und lief ein paar Schritte, bis ich schließlich stehen blieb.

Wohin sollte ich jetzt gehen? Ich beschloss, einfach den wenigen Leuten zu folgen, die mit mir ausgestiegen waren und kam schließlich an den Parkplätzen aus. Ich setzte mich auf eine der drei Bänke im Schatten und wartete.

Ich stellte mein Gepäck neben mir auf dem Boden ab und sah mich um. Der Bahnhof war recht klein, ein wenig heruntergekommen aber eigentlich wirkte er ganz romantisch. Er sah aus wie eine dieser Filmkulissen, fand ich. Er war gesäumt von alten, großen Bäumen und kleinen, blühenden Sträuchern und es gab einen kleinen Fahrradunterstand, dessen Säulen von Efeu umrankt waren.

Wie Maddie es mir aufgetragen hatte, hielt ich Ausschau nach einem roten Geländewagen, aber ich entdeckte ihn nicht.

Ich hoffte, dass ich den richtigen Parkplatz gewählt hatte, aber da ich nirgendwo einen anderen Parkplatz gesehen hatte, beschloss ich einfach noch ein bisschen zu warten. Vielleicht verspätete sich meine Mitfahrgelegenheit nur ein wenig. Um die langsam aufkommende Langeweile zu vertreiben, machte ich ein paar Fotos von dem Bahnhof und schickte sie meiner Mutter.

Dazu schrieb ich:

Hi Mom, bin gerade angekommen. Sieht das hier nicht idyllisch aus? Aber das ist noch nicht Countmay, dorthin fährt nämlich kein Zug.

Mad wollte mich eig. abholen, aber sie kann nicht kommen, Rohrbruch in der Pension. Gleich holt mich jemand ab und fährt mich zu ihr.

Drück mir die Daumen, dass ich nicht mehr allzu lange warten muss!

Küsse, Lory

Gerade, als ich die letzten Worte der SMS schrieb, fuhr ein Auto vor. Ich sah nicht von meinem Handy auf, sondern schickte erst die Nachricht ab, doch ich hörte, wie eine Autotür zugeschlagen wurde und dann etwas zögernde Schritte auf mich zu kommen.

„Hi“, sagte eine warme Stimme. Ich sah auf und blickte direkt einem groß gewachsenen, braun gebrannten Jungen ins Gesicht. Ich schätzte ihn auf vielleicht zwanzig Jahre, also um genau zu sein, kein richtiger Junge mehr...

Er trug ein lockeres, weißes T-Shirt und eine kurze, abgenutzte Hose. Sein Haar war dunkelbraun und wuschelig, und seine Augen hatten die Farbe von Kastanien.

„Bist du Lory?“, fragte er mich und machte noch einen zaghaften Schritt auf mich zu.

Ich nickte nur und betete, dass es sich bei ihm um meine Mitfahrgelegenheit handelte.

„Hi“, sagte er nochmal und streckte mir seine Hand entgegen.

„Ich bin Noah. Deine Tante Maddie hat mich geschickt, um dich abzuholen. Sie hat einen Rohrbruch in der neuen Pension und kann deswegen nicht kommen…“

„Ich weiß“, sagte ich und lächelte.

Ich kam mir ziemlich blöd dabei vor, hier so rum zu sitzen und ihn anzustarren, aber aus irgendeinem Grund konnte ich nicht anders.

„Also dann, wollen wir los?“, fragte ich und gab mir große Mühe, irgendwie lässig zu klingen. Normalerweise gelang mir so etwas nicht besonders gut, wenn ich ehrlich bin, aber dieses Mal schien es ausnahmsweise einmal geklappt zu haben.

„Ähm, klar. Lass mich das nehmen“, sagte er und griff nach meinem Koffer und meiner Sporttasche. Langsam lief ich hinter ihm her zum Auto und musterte seinen Rücken und die trainierten Arme. Es schien kein Problem für ihn zu sein, die schweren Sachen zu tragen, ganz im Gegensatz zu mir.

Am Auto angekommen, klappte er die Kofferraumtür auf und verstaute meine Sachen darin. Dann ging er zur Beifahrerseite und hielt mir die Tür auf.

Ich wurde rot. Er hielt mir die Tür auf! Was war das denn bitte für ein Gentleman?

Verlegen huschte ich in den Wagen und setzte mich auf den Beifahrersitz.

Ich schnallte mich an und band mir schnell meinen Zopf neu, einfach bloß deswegen, weil ich nicht wusste, was ich mit meinen Händen machen sollte.

Lässig ließ Noah sich neben mir hinter das Steuer fallen und schaltete den Motor an.

Gekonnt lenkte er das Auto aus der Parklücke, die mit Sträuchern umrahmt war. Ich hätte Angst gehabt, dass die Äste das Auto verkratzen könnten, aber Noah schien sich darüber nicht im geringsten Sorgen zu machen.

Er fuhr vom Bahnhofsgelände herunter und lenkte dann auf eine Schnellstraße. Ich versuchte mich auf den Weg zu konzentrieren, um mich während der drei Monate, die ich hier verbringen würde, wenigsten einigermaßen zurecht finden zu können. Doch ich war zu nervös.

„Ist das dein Wagen?“, fragte ich schließlich, als die Stille mir zu unerträglich wurde. „Nein. Das ist das Auto von Maddie. Ich arbeite ab und zu für sie und dann kann ich den Wagen benutzen. Um Einkaufen zu fahren zum Beispiel.“

„Echt, du arbeitest für sie? Ich wusste gar nicht, dass… naja… Ich wusste gar nichts davon.“

Noah lachte.

„Ich mache das auch noch nicht so lange. Außerdem habe ich im Moment so wie so nicht so viel zu tun, da die meisten handwerklichen Arbeiten am Haus schon erledigt sind, die ich machen konnte und jetzt die Elektrik angeschlossen wird, von der ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe. Wenn es dann in die Möbelaufbauphase geht, werde ich aber wahrscheinlich wieder öfter da sein.“ Er lächelte mich freundlich an und ich lächelte zurück.

Dann schwiegen wir wieder eine Weile. Ich sah aus dem Fenster und sah mir die wunderschöne Landschaft an und schaute im Wechsel dazu immer wieder auf die Uhr. Es kam mir so vor, als wären wir bereits eine halbe Ewigkeit unterwegs, dabei waren wir gerade einmal zehn Minuten gefahren.

„Und du bist Mad’s einzige Nichte?“, fragte er mich schließlich.

Ich war etwas erstaunt, weil ich bisher immer gedacht hatte, dass ich die einzige Person wäre, die Maddie den Spitznamen Mad gab, doch offenbar hatte ich mich geirrt. Ich wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund machte mir das etwas aus.

„Ja“, antwortete ich und bemerkte den verwirrten Ton in meiner Stimme.

Jetzt kam ich mir dumm vor. Hoffentlich hatte er es nicht bemerkt.

„Sie ist die Schwester meiner Mutter“, sagte ich daher noch schnell und hoffte, dass es ihm nicht aufgefallen war.

Noah nickte und bog ab.

„Wir sind gleich da“, verkündete er und ich atmete innerlich auf.

Ich mochte ihn zwar, er war wirklich nett, aber ich tat mich immer ein bisschen schwer mit neuen Bekanntschaften und es machte mich nervös, unter fremden Leuten zu sein. Ich bevorzugte die Gesellschaft von meiner Familie oder von vertrauten Freunden, dort fühlte ich mich einfach wohler.

Wir fuhren eine alte Baumallee entlang, die direkt zu einem großen alten Haus führte.

Als ich das Haus zum ersten Mal sah, lief mir ein Schauer über den Rücken, so eindrucksvoll wirkte es auch mich.

Die Pension sah von außen aus, wie eine große, alte Villa.

Vermutlich war sie auch eine. Ein großes und sehr altes Gebäude, in einem schönen

Sandton gestrichen und hier und da mit Efeuranken bewachsen. Auf der oberen Etage, direkt über der großen, hölzernen Eingangstür, befand sich ein kleiner Balkon, auf den man durch eine zweiflüglige Tür gelangte, die aus dem gleichen Holz gemacht worden war, wie die Eingangstür, nur dass die Balkontür hauptsächlich aus Glasfenstern bestand. Der halbmondförmige Parkplatz vor der Villa war mit hellem, sandfarbenen Kies aufgeschüttet und links und rechts davon wuchsen hohe, alte Bäume mit wunderschönen dunkelgrünen Baumkronen.

„Wow“, hauchte ich andächtig und blickte auf das Haus.

„Es ist echt schön, oder?“, fragte Noah und parkte den Wagen auf dem Parkplatz.

„Es ist traumhaft. Wie in einem Märchen!“ Als ich begriff, wie bescheuert sich das gerade angehört hatte, wurde ich wieder rot.

Ich sollte mir wirklich besser zuhören, wenn ich redete.

Aber Noah schien es nicht gestört zu haben, oder wenn doch, ließ er sich netterweise nichts anmerken.

„Ich meine, es ist sehr eindrucksvoll“, fügte ich sicherheitshalber hinzu und wartete auf eine Antwort. Doch statt etwas zu erwidern, lächelte Noah mich nur an, mit einem Ausdruck im Gesicht, den ich als Belustigung deutete, und schnallte sich ab.

„Komm, lass uns aussteigen“, sagte er und öffnete die Autotür.

Ich ging zum Kofferraum und nahm meine Sporttasche heraus.

Meinen Koffer wollte Noah unbedingt selbst tragen.

Wir gingen quer über den kleinen Parkplatz und steuerten auf ein kleines Haus zu, das so versteckt hinter einer Reihe von Bäumen lag, dass ich es bis gerade eben gar nicht bemerkt hatte. Es war deutlich kleiner als die Villa, aber trotzdem wunderschön. Es hatte dieselbe Farbe wie die Pension und war durch einen kleinen, von Wildblumen bewachsenen Vorgarten gesäumt.

Noah stellte den Koffer neben der Haustür ab und ging dann zu einem der vielen kleineren Bäumen neben dem Haus. Er steuerte auf den vordersten Baum zu, an dem ein kleines, hübsches Vogelhaus hing und griff hinein.

Triumphierend kam er wieder zurück, einen Schlüssel in der Hand. Anerkennend nickte ich.

„Kein schlechtes Versteck“, gab ich zu und lachte.

„Das war meine Idee“, verkündete Noah stolz und grinste verschmitzt.

Er schloss die Tür auf und zog meinen Koffer aus dem Weg.

„Bitte nach Ihnen“, sagte er und machte eine übertriebene Verbeugung, bei der er in das Haus wies.

Lachend schulterte ich meine Tasche und trat ins Haus ein.

Der erste Eindruck war wirklich einladend. Links neben der Eingangstür, führte eine schmale, alte Holztreppe nach oben in den ersten Stock. Rechts neben der Tür stand ein kleines Tischchen, auf dem eine kleine Lampe und ein Telefon standen.

Dahinter, ebenfalls auf der rechten Seite, befand sich eine Tür, hinter der sich die Küche befand. Rechts neben der Treppe befand sich ein kleines Badezimmer, mit einer Dusche, einer Toilette und einem Waschbecken, und dann folgte das offene Wohnzimmer. Es war sehr gemütlich eingerichtet, in einem ländlichen Stil mit vielen weißen Möbeln und Blumen. Die Fenster reichten bis zum Boden und sahen genauso aus, wie die Balkontür der Villa.

Es war traumhaft.

„Ich sage dann mal Maddie Bescheid, dass du da bist. Sieh dich ruhig ein bisschen um, ich denke nicht, dass sie etwas dagegen haben wird. Wir sehen uns!“, sagte Noah und drehte sich um.

„Danke fürs Fahren“, rief ich ihm noch schnell hinterher.

Er drehte sich im Gehen noch einmal um und winkte mir, dann trat er durch die Haustür und ging hinüber zu der Villa.

Ich beschloss, mir noch die obere Etage anzusehen und dann meine Sachen in das Gästezimmer zu bringen.

Die Treppe knarrte leise, als ich die Stufen hinaufging, und aus irgendeinem Grund gefiel erinnerte es mich an einen dieser alten Filme, die ich in meiner Kindheit immer an Weihnachten gesehen hatte. Ich schaute hinter jede Tür im Obergeschoss und entdeckte ein zweites Bad mit Wanne, das Schlafzimmer von Tante Maddie und ein weiteres Zimmer. Es war ganz am Ende des kleinen Flures und es war das einzige Zimmer, das noch übrig war, also musste es sich um das Gästezimmer handeln, was für die nächsten Monate mein Zimmer sein würde.

Aufgeregt drückte ich die Klinke herunter und stieß die Tür auf. Sprachlos blieb ich im

Türrahmen stehen. Das Zimmer war fast doppelt so groß wie Maddies eigenes Zimmer, hatte einen großen, in die Wand eingelassenen Kleiderschrank und ein wunderschönes, weißes Metallbett. Auf dem Bett waren haufenweise pastellfarbene Kissen gestapelt und davor lag ein wunderschön gemusterter Teppich.

Die Vorhänge waren ebenfalls weiß und wölbten sich im Wind, der durch die gekippten Fenster in das Zimmer strömte.

In der Ecke stand ein kleiner, schlichter Schreibtisch mit einer Zeitschrift darauf und auf der Kommode an der Wand lagen Handtücher für mich bereit.

Aufgeregt, wie ein kleines Kind, rannte ich die Treppe wieder hinunter und holte mein Gepäck. Mühsam versuchte ich es die Treppe hochzutragen, was mir letztendlich auch gelang. Ich zog meinen Koffer hinter mir her und legte ihn dann zusammen mit meiner Tasche vor den Kleiderschrank auf den Boden.

Ich wollte gerade mit dem Auspacken beginnen, als es an der Tür klopfte.

Ich drehte mich um und sah Maddie im Türrahmen stehen. Strahlend ging ich auf sie zu und ließ mich von ihr umarmen.

„Da bist du ja endlich!“, sagte sie auf ihre fröhliche, ausgeglichene Art und musterte mich von oben bis unten.

„Ich weiß, dass man das nicht sagen sollte, wenn man sich nicht unbeliebt machen möchte, aber du bist wirklich groß geworden, Lory!“ Ich lächelte und sah Tante Maddie an.

Sie hatte sich nicht wirklich verändert. Lediglich ihre kastanienbraunen Krauselocken waren länger geworden und sie hatte ein paar freundliche Lachfalten um die Augen herum bekommen.

Sonst sah sie aus wie vor ein paar Jahren auch schon. Sie trug einfache Jeans und ein bunt gemustertes T-Shirt von irgendeinem no name Laden.

Dazu hatte sie meist Sandalen oder Flip Flops an, zumindest im Sommer.

Heute waren es die Flip Flops.

„Wie findest du dein Zimmer?“, fragte sie mich und sah sich im Raum um. „Oh, es ist wundervoll! Wirklich, ich werde mich hier sehr wohl fühlen. Es ist unglaublich, dass es so viel größer ist, als dein eigenes!“ Maddie lächelte mich erfreut an.

„Du kennst mich doch, ich mag es lieber klein und gemütlich. Aber es freut mich sehr, dass es dir gefällt!“, sagte sie und lächelte noch breiter.

„Was hälst du davon, wenn ich dir mal die Pension zeige? Du brauchst allerdings ein wenig Fantasie, um dir das Endergebnis vorzustellen, denn sonst wirst du wohl nicht viel mehr als eine staubige Baustelle sehen.“

„Das kriege ich schon hin“, sagte ich aufgeregt und sah aus dem Fenster zu dem Haus hinüber. Um genau zu sein liebte ich es, mir solche Dinge vorzustellen. Ich stellte mir immer vor, wie ich die Räume einrichten würde und das machte mir unglaublich viel Spaß.

„Na also, dann lass uns gehen“, sagte Maddie und ging mit mir die Treppe hinunter und dann hinaus.

Wir liefen hinüber zu der alten Villa und meine Tante stieß die Tür auf. Ich wunderte mich, warum sie nicht abschloss, allerdings, was gab es auf einer Baustelle schon zu holen?

Im Haus war es angenehm kühl. Wenn man durch die Haustür hereinkam, stand man zu aller erst in einer kleinen Eingangshalle. Sie hatte hellen Marmorboden und eine weiße Tapete mit einer schönen Bordüre. Von der Eingangshalle gingen zwei weiße Türen ab und an der linken Wand stand eine alte Treppe. Sie war breit und hatte ein verschnörkeltes Geländer, das perfekt in dieses Haus zu passen schien.

„Die unteren Räume sind alle schon fertig renoviert, nur die Einrichtung fehlt noch. In der oberen Etage sind alle Räume noch unfertig, also noch keine Tapete noch keine fertigen Böden und so weiter. Und der Rohrbruch war zum Glück nur im Keller, hat also nicht wirklich viel Schaden angerichtet. In den Keller kommt man übrigens nur von außen. Willst du mal eine der Zimmer sehen?“, fragte mich Maddie und zeigte auf eine der weißen Türen.

„Klar“, sagte ich und nickte.

Wir gingen zu einer der Türen und Maddie öffnete sie.

„Also, der Plan ist, in jedem der sechs Zimmer einen Schlafbereich, einen kleinen Wohnbereich, ein Badezimmer und eine kleine Kochzeile bereit zu stellen. Die Gäste können sich dann selbst etwas zu Essen machen oder alternativ auch in den Ort fahren, wo es ein paar wundervolle Restaurants gibt“, erklärte Maddie begeistert und zeigte mir, wo welche Möbel stehen sollten.

„Wenn man reinkommt, dann soll erst einmal ein kleiner Schrank hier an der Wand stehen, wo man seine Sachen verstauen kann. Hier geht es dann ins Bad, wenn du möchtest kannst du da auch mal reinschauen, da ist aber auch noch nichts drin, außer der Fliesen.“ Ich warf einen kurzen Blick in den großzügig geschnittenen Raum und lief dann wieder meiner Tante hinterher, die gar nicht aufgehört hatte, zu reden.

„Hier um die Ecke soll dann ein schönes, großes Doppelbett stehen, vielleicht ein

Himmelbett, was meinst du?“

Ich nickte und stellte es mir bildlich vor. Ja, das würde wirklich toll aussehen. „So und hier soll dann ein kleines Zweiersofa und ein schöner Sessel stehen. Hier vielleicht ein kleiner Fernseher und dort vorne an der Wand die Kochecke. Essen kann man entweder auf der Terrasse, oder man setzt sich auf Hocker, die ich an die Küchenzeile stellen möchte, sodass man sie gleichzeitig auch als Tisch benutzen kann. Wenn man im Obergeschoss wohnt, dann kann man natürlich auch auf dem Balkon essen, den jedes Zimmer dort hat.“

Wow, das waren viele Informationen auf einmal.

„Das hört sich wirklich großartig an, Mad.“

Sichtlich erleichtert lächelte Maddie mich an.

„Danke“, sagte sie und fuhr sich durch ihre Haare.

„Ich freue mich schon auf den Moment, wenn ich die ersten Möbel aufbauen und an ihren Platz stellen kann. Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis endlich alles fertig sein wird und die ersten Gäste kommen können.“

Ich nickte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass es nicht besonders einfach war, so ein großes Haus zu renovieren und vollkommen umzukrämpeln. Aber es passte zu Maddie, sich ein solch großes und Kreativität forderndes Projekt zu suchen. Sie liebte die Herausforderung und sie brauchte immer eine Aufgabe, der sie nachgehen konnte, sonst wurde sie unzufrieden und ein bisschen verrückt. Na ja, verrückt vielleicht micht unbedingt, aber so hat es meine Mom jedenfalls ausgedrückt.

„Die anderen Räume zeige ich dir dann ein anderes Mal, wenn es dort schon etwas zu sehen gibt, in Ordnung? Ich habe nämlich ziemlich Hunger und ich würde sagen, zur Feier des Tages gehen wir beide jetzt erst einmal in einem tollen Restaurant zu Abend essen.“

„Das klingt wunderbar“, sagte ich und versuchte mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Es schien mir schon Ewigkeiten her.

„Okay, ich werde nur noch schnell duschen und mich umziehen, dann können wir los“, sagte Maddie und legte mir ihre Hand auf meine Schulter.

„Ich freue mich, dich endlich mal wieder hier zu haben, Lory“, sagte sie.

„Ich freue mich auch“, sagte ich.


Weil du nur einmal lebst

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