Читать книгу Als Granny-AuPair in San Francisco - Marion Hein - Страница 4
Vorbereitung
ОглавлениеVor 50 Jahren wäre dieses Buch unter dem Namen Oma reist nach Hildesheim ähnlich aufregend gewesen. Die Welt ist kleiner geworden und Oma wird man heute auch nicht mehr so schnell. Daher reise ich ohne diesen besonderen Status nach San Francisco, um dort als Granny zu leben. Das Wort Arbeiten halte ich bislang noch für übertrieben, da alle Beteiligten etwas davon haben. Bevor ich zu sehr ins Schwärmen gerate, gibt es noch eine Hürde zu überwinden: der Visumsantrag mit Interview beim amerikanischen Konsulat. Dies ist notwendig, da ich länger als 3 Monate in den USA sein werde.
Der schriftliche Antrag ist zeitaufwändig und kurios. Neben den persönlichen Fragen, die nur meine Vergangenheit, aber nicht meine Gegenwart betreffen, muss ich auch beantworten, ob ich ein Mörder bin, mit Menschen handle, Prostitution betreibe oder an einem Völkermord teilgenommen habe. Danach dann das Interview beim Konsulat: 6 verschiedene Schalter, Terminbestätigung vorzeigen, Taschen leeren, abtasten, Taschen wieder einräumen, Fingerabdrücke (alle 10 Finger!) und nochmal Fingerabdrücke an einem 2. Schalter. Warten in einem Saal so groß wie eine Turnhalle und dann das Interview bei einer jungen Aretha Franklin. 5 einfache Fragen auf Englisch, 5 kurze Antworten und dann der erlösende Satz: Your visa is approved! Ich gehe wirklich! Ich darf ab sofort 10 Jahre lang mehrfach in die USA fahren!
Alles ist geregelt. Anke hat mir den üblichen Tagesablauf zugeschickt und jetzt weiß ich, wann das Bienchen aufwacht, isst, schläft. Bin gespannt, ob das mit mir auch so weiterläuft, oder ob Maia neue Gewohnheiten für sich entdeckt. Wie wird es sein in einem Land, das ich nicht kenne? Wie finde ich das Leben in einer Wohngemeinschaft? Die Neugierde, die Aufregung und die Vorfreude überwiegen alle kleinen Ängstlichkeiten.
Es ist Ende Dezember und ich mache mir selbst Mut. Der Neurobiologe Gerald Hüther bezeichnet das Neue als Gießkanne der Freude: Die tägliche Routine schnürt unseren Denkapparat ein wie eine Zwangsjacke. Dabei ist unser Hirn bis ans Lebensende in der Lage, sich ständig neu zu verschalten und neue Wege mit Lernerfahrungen anzulegen. Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn, die eigene Potenzialentfaltung und damit gut für die Gemeinschaft. Na dann!
Ich habe das Gefühl, dass meine Seele sich schon auf die Reise macht. Mein Körper ist durch die Schwerkraft blockiert. Zeitreise und Beamen gibt‘s ja (noch) nicht. Ich bin 1000 Jahre zu früh geboren.
So viele Abschiede. Ich bin eingehüllt von guten Wünschen, gewärmt von vielen liebevollen Umarmungen und versorgt mit einer bebilderten Anweisung für das Abenteuer (von David), einem Talismann (von Mama), einem Trostbär (von meiner besten Freundin), Fotos, einem selbstgedichteten englischen Poem und Postkarten. Mein Zimmer wird Heimat.
Ich packe: 3 T-Shirts mit langem Arm, 3-5 mit kurzem, 3 Tops, 3 lange Hosen und 2 Bermudas und zack - 21 kg. Das gibt‘s doch nicht. Wie kann sich ein Koffer so schnell füllen, wenn ich doch fast alles zurücklasse. Mein Schrank ist immer noch voll. Muss nochmal durchschauen, was sich da noch so hineingeschmuggelt hat.
Kriftel: 5 Grad / San Francisco: 16 Grad.