Читать книгу Die Weltenzerstörer - Marion Zimmer Bradley - Страница 7
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ОглавлениеSchon wieder spürte er Schritte hinter sich.
Es war beunruhigend. Das waren nicht die Schritte und die vertraute Gegenwart seines Leibwächters Danilo. Dessen Schritte hörte er überall, wohin er ging. Er liebte Danilo, er hatte den Jungen als seinen Friedensmann und Knappen angenommen. Deshalb machte es ihm nichts aus, und er hielt deswegen auf seinem Weg nicht für einen Sekundenbruchteil inne. Dani würde auch nur dann einen mentalen Kontakt mit ihm aufnehmen, wenn Regis Gesellschaft wünschte.
Regis Hastur dachte: Ich bin zu empfindlich, und versuchte, die Schritte auszukoppeln. Wahrscheinlich hatten sie gar nichts mit ihm zu tun; wenn sie sich ihm ins Bewusstsein drängten, lag es vielleicht nur daran, dass der Besitzer der Füße und Verursacher der Schritte überrascht war, einen jungen Hastur vom Comyn-Rat zu dieser Stunde zu Fuß auf der Straße zu sehen. Regis ging unbeirrt weiter. Er war ein schlanker Mann Mitte Zwanzig von der großen körperlichen Schönheit, die alle Hasturs und Elhalyns vom Comyn auszeichnete, und sein schmales Gesicht war umso eindrucksvoller, als das zu einer Pagenfrisur geschnittene Haar nicht feuerrot war, wie sonst bei den Comyn, sondern schneeweiß.
Wenn Dani seinen Willen bekäme, würde ich niemals ohne bewaffnete Eskorte ausgehen. Was ist das für ein Leben!
Und doch musste er sich zu seinem Kummer eingestehen, dass es so war. Die alten Zeiten Darkovers, als die Comyn unangefochten durch Krieg, Aufstände und Straßenkämpfe schreiten konnten, waren für immer vorbei. Er war jetzt unterwegs, um einem Mann seiner Kaste die letzte Ehre zu erweisen, von Mörderhand gefallen in seinem siebenunddreißigsten Jahr: Edric Ridenow von Serrais. Ich habe Edric nie recht gemocht. Aber müssen wir alle sterben, wo schon so viele von uns tot oder im Exil sind? Die Häuser der Sieben Domänen stehen leer. Alle Altons sind fort. Valdir ist schon vor hundert Jahren gestorben, Kennard starb auf einer fernen Welt, Marius fiel in einem psychischen Kampf mit den Gewalten Sharras, Lew und Marja, sein letztes Kind, sind im Exil auf einem fremden Planeten. Die Hasturs, die Ridenows, die Ardais – dezimiert, verschwunden. Ich sollte ebenfalls gehen. Aber mein Volk braucht mich hier, einen Hastur von Hastur, damit es sich nicht völlig dem Terranischen Imperium ausgeliefert fühlt.
Ein Blasterschuss ist geräuschlos. Regis hörte ihn nicht, spürte jedoch die Hitze und fuhr herum. Ein Aufschrei, dem eine entsetzliche Stille folgte. Jemand rief seinen Namen. Danilo rannte auf ihn zu, den schussbereiten Blaster in der Hand. Ein Stück vor ihm blieb der junge Mann stehen und senkte die Waffe.
Stur und mit unterdrücktem Zorn erklärte Danilo: »Jetzt werdet Ihr vielleicht auf mich hören, Lord Regis. Wenn Ihr noch einmal ohne angemessene Eskorte ausgeht, dann werde ich, das schwöre ich bei allen Höllen Zandrus, die Verantwortung nicht übernehmen. Ich werde meinen Eid zurückverlangen und nach Syrtis heimreisen – falls der Rat mich nicht vorher bei lebendigem Leib schinden lässt, weil ich nicht verhindert habe, dass Ihr vor meinen Augen getötet wurdet!«
Regis fühlte sich schwach und krank. Der auf der Straße liegende Tote hatte keine gewöhnliche Waffe bei sich, sondern eine Nervenpistole, die ihn zu einem – nein, nicht zu einem Leichnam, sondern zu einem pflanzlichen Wesen gemacht hätte. Alle seine Nervenbahnen wären gelähmt worden. Er hätte, mit dem Löffel gefüttert, noch vierzig Jahre am Leben bleiben können, völlig ohne Verstand. Mit zitternden Lippen sagte er: »Sie werden frecher. Das ist der siebte Attentäter in elf Monden. Soll ich zum Gefangenen in der Verborgenen Stadt werden, Dani?«
»Wenigstens schicken sie keine Messerstecher mehr nach Euch aus.«
»Ich wünschte, sie täten es«, gab Regis zurück. »Ich kann es mit jedem Messerstecher auf dieser Welt aufnehmen, und du kannst es auch.« Er sah Dani scharf an. »Du bist nicht verletzt?«
»Ein Streifschuss. Meine Arme fühlen sich an wie in geschmolzenes Blei getaucht, aber die Nerven werden heilen.« Er wehrte Regis’ besorgte Fragen, sein Anerbieten, ihm zu helfen, ab. »Ich brauche nur eine Hilfe, Lord Regis, und das ist Euer Versprechen, nicht wieder allein in der Stadt herumzulaufen.«
»Ich verspreche es«, sagte Regis. Seine Augen waren hart. »Woher hast du die Waffe, Dani? Eine vom Vertrag verbotene Waffe? Gib sie mir.«
Der junge Mann lieferte den Blaster aus. »Die Waffe ist nicht illegal, vai dom. Ich bin in die Terranische Handelsstadt gegangen und habe einen Waffenschein beantragt, mit dem ich sie hier tragen darf. Und als man hörte, wessen Leibwächter ich bin, gab man ihn mir gern – und das ist auch ganz richtig so.«
Regis wirkte beunruhigt. »Ruf einen Gardisten, um das da zu begraben.« Er wies auf den verkohlten Leichnam des Attentäters. »Ich fürchte, es hat keinen Sinn, die Leiche zu untersuchen. Es wird wie in allen anderen Fällen sein, ein namenloser Mann, nichts über ihn bekannt. Trotzdem braucht er nicht auf der Straße liegen zu bleiben.«
Regis wartete, bis Danilo einen Mann in der grünschwarzen Uniform der Stadtgarde gerufen und ihm Befehle erteilt hatte. Dann wandte er sich Danilo zu und sagte streng:
»Du kennst den Vertrag.« Seit Generationen waren Kriege auf Darkover unbekannt. Das lag vor allem an dem Vertrag, dem Gesetz, nach dem alle Waffen, die über die Reichweite ihres Benutzers hinaus wirken, verboten waren. Der Vertrag erlaubte Duelle und Überfälle, hatte aber Schlachten und Massenmorden ein Ende bereitet. Die Frage, an Danilo gerichtet, war rein rhetorisch – jedes sechs Jahre alte Kind kannte den Vertrag!
Der junge Mann antwortete nicht. Nicht einmal vor Regis’ zornigem Blick – und der Zorn eines Hasturs kann töten – senkte Danilo Syrtis die Augen.
Dann erwiderte er: »Ihr lebt und seid unverletzt. Alles andere kümmert mich nicht, Lord.«
»Aber, im Namen jedes Gottes, den du anrufen möchtest, Dani, für was leben wir?«
»Ich lebe, um Euch am Leben zu erhalten.«
»Und warum bleiben wir am Leben? Unter anderem, damit der Vertrag auf Darkover eingehalten wird und die Jahre des Chaos und des feigen Tötens nicht zurückkehren.« Regis war außer sich vor Zorn und Verzweiflung, doch Danilo zuckte nicht unter seinem wilden Starren.
Er entgegnete: »Der Vertrag würde noch viel weniger eingehalten, wenn Ihr tot wäret, Lord Regis. Ich bin Euer treuester ...« Die Stimme des Jungen brach. »Ihr wisst, mein Leben gehört Euch, vai dom cario, aber ist Euch wirklich klar, was aus dieser Welt und Eurem Volk würde, wenn Ihr tot wäret?«
»Bredu.« Regis benutzte das Wort, das nicht nur Freund, sondern auch geschworener Bruder bedeutet, und fasste Danilos beide Hände – eine seltene Geste in der Telepathen-Kaste. »Wenn das wahr ist, mein liebster Bruder, warum haben mich dann sieben Attentäter töten wollen?«
Er erwartete keine Antwort und erhielt auch keine. Danilo verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass sie aus unserem Volk stammen.«
»Ist das ...« – Regis wies auf die Stelle, wo die Leiche gelegen hatte – »... ein Terraner gewesen? So einen habe ich noch nie gesehen.«
»Ich auch nicht. Aber seht den Tatsachen ins Gesicht, Lord Regis. Sieben Attentäter allein auf Euch angesetzt, Lord Edric mit einem fremdartigen Dolch getötet, Lord Jerome von den Elhalyns in seinem eigenen Arbeitszimmer ermordet und keine Fußabdrücke im Schnee, drei der Aillard-Frauen durch einen Kunstfehler im Kindbett gestorben und die Hebammen vergiftet, bevor sie befragt werden konnten, und – die Götter mögen mich strafen, dass ich davon spreche – Eure beiden Kinder.«
Regis’ Gesicht verlor seine Härte und nahm einen Ausdruck tiefen Kummers an. Denn obwohl er die Kinder gezeugt hatte, ohne ihre Mütter zu lieben, nur um eine beschworene Pflicht gegenüber seiner Kaste zu erfüllen, trauerte er doch sehr um seine beiden Söhne, die vor noch nicht drei Monaten tot in ihren Bettchen gelegen hatten – an einer plötzlichen Krankheit gestorben, hatte es geheißen. Seine gewaltsam beherrschte Stimme war schlimmer als Tränen. »Was kann ich tun, Dani? Muss ich in jedem Schicksalsschlag die Hand eines Mörders oder eine Verschwörung sehen?«
»Wenn Ihr es nicht tut, wird es umso gefährlicher für Euch werden, Lord Regis.« Das tiefe Mitleid in seiner Stimme strafte die Barschheit seiner Worte Lügen. Immer noch barsch setzte er hinzu: »Ihr habt einen Schock gehabt. Kehrt lieber nach Hause zurück. Eure Trauer beim Begräbnis Lord Edrics, wenn man um einen wie den überhaupt trauern kann, wird seinem Andenken weniger Gutes tun, als wenn Ihr am Leben bleibt, um für sein Weibervolk und seine Leute zu sorgen!«
Regis’ Lippen wurden schmal. »Ich bezweifele, dass man für den heutigen Tag noch Mörder in Reserve hat«, war alles, was er sagte. Aber er ging ohne weiteren Protest mit Danilo.
Dann war es also ein Krieg, eine komplizierte Verschwörung gegen die Telepathen-Kaste.
Doch wer war der Feind, und warum griff er an?
Vereinzelte Vorfälle wie dieser waren auf Darkover immer wieder einmal vorgekommen, obwohl der übliche Weg war, dass man gegen seinen Feind eine Tötungsabsicht eintragen ließ. Damit verhielt man sich entsprechend dem Jahrhunderte alten darkovanischen Duell-Kodex und genoss Straffreiheit. Tötung in einem fairen Duell war kein Mord.
Regis lächelte schwach. Er hatte es sorgfältig vermieden, sich in eine der sich bekämpfenden Richtungen und Fraktionen auf Darkover hineinziehen zu lassen, seit er erfahren hatte, dass Derik Elhalyn, der nächste Erbe der Herrschaft über den Comyn-Rat, wahnsinnig war und sein Amt niemals würde antreten können.
Deshalb konnte kein Mensch auf Darkover wahrheitsgemäß behaupten, Regis Hastur von Hastur habe ihm ein Unrecht angetan. Außerdem, wie er eben zu Danilo gesagt hatte, gab es wenige, die ihm in der Führung jeder legalen Duell-Waffe gewachsen waren.
Wer mochte es sein? Leute aus dem eigenen Volk, die die Comyn mit ihrer komplizierten Hierarchie von Telepathen und Psi-Talenten aus dem Weg räumen wollten?
Oder die Terraner?
Nun, das konnte er sofort nachprüfen.
Kurz nachdem er den Posten als Chef-Verbindungsmann zwischen den Terranern und seinem eigenen Volk angenommen hatte, war er in ein Haus in der Nähe der Terranischen Zone gezogen. Es war ein Kompromiss, den er verabscheute: weder eine terranische Wohnung, die, wenn auch eng und vollgestopft, doch wenigstens Komfort und Bequemlichkeit bot, noch eine darkovanische mit Raum und Luft und frei von Trennwänden, wenn auch im Wesentlichen ohne Komfort. Noch weniger ließ sich seine Behausung mit Burg Hastur vergleichen, wo er den größten Teil seiner Kindheit verbracht hatte.
Sein Abscheu vor allen Artefakten der terranischen Technologie war so völlig kulturgebunden, dass er fast angeboren war, und sie täglich benutzen zu müssen, gehörte zu den größten Unannehmlichkeiten seines Postens. Ein einfacher Visifon-Anruf war für ihn ein langwieriger Prozess, weil er erst seinen Widerwillen überwinden musste. Das Gespräch selbst hielt er so kurz wie möglich.
»Handelsstadt-Hauptquartier, Abschnitt acht, medizinische Forschung.«
Als der Bildschirm hell wurde, verlangte er: »Abteilung für Fremd-Anthropologie«, und damit verbunden fragte er nach Dr. Jason Allison. Schließlich nahm das Gesicht eines jungen Mannes, zurückhaltend, aber sympathisch, vor ihm Gestalt an.
»Lord Regis, welch unerwartetes Vergnügen! Was kann ich für Euch tun?«
»Zunächst einmal kannst du die Formalitäten vergessen«, antwortete Regis. »Dafür kennst du mich schon zu lange. Und dann – würdest du zu mir herüberkommen?«
Er hätte sich seine Frage leicht über den Apparat beantworten lassen können. Regis war jedoch Telepath und hatte schon in jungen Jahren gelernt, sich nicht auf die Worte oder das Gesicht des Sprechers, sondern auf das »Gefühl« einer Antwort zu verlassen. Er glaubte nicht, dass Jason Allison ihn belügen würde. So weit, wie er jemandem, der nicht seiner Kaste angehörte, Vertrauen und Sympathie entgegenbringen konnte, vertraute er dem auf Darkover geborenen Jason und mochte ihn. Aber auch wenn Jason nicht log, wich er ihm vielleicht aus, bemäntelte die Wahrheit, um ihn nicht zu verletzen, oder redete über etwas, von dem er nichts wusste.
Jason kam. Nach den ersten höflichen Worten der Begrüßung und Erkundigung sah Regis dem jungen Terraner gerade in die Augen und sagte:
»Du kennst mich seit langer Zeit und weißt, dass ich kein Dummkopf bin. Sei aufrichtig gegen mich, Jason. Herrscht irgendwo im Terranischen Imperium die Meinung, Telepathen machten mehr Ärger, als sie wert seien, und – auch wenn das Imperium nicht gerade einen Preis auf unsere Köpfe setzen wird – dass man offiziell keine Tränen vergösse, wenn wir einer nach dem anderen ausgelöscht würden?«
»Großer Gott, nein!«, rief Jason. Regis hörte die Worte nicht einmal. Was er hörte, war der vollkommen ehrliche Schreck, die Verneinung und die Entrüstung im Geist des jungen terranischen Mediziners.
Dann waren es also nicht die Terraner.
Er bohrte jedoch weiter, nur um sein eigenes Gewissen zu beruhigen.
»Ist es nicht möglich, dass du noch nicht davon gehört hast? Nicht in deinem Abschnitt? Ich weiß zufällig, dass die Fremd-Anthropologie versucht hat, mit einigen von uns zusammenzuarbeiten.«
»Auch nicht in den anderen Abschnitten«, erklärte Jason fest. »Die Raumhafen-Verwaltung interessiert sich überhaupt nicht dafür. Die wissenschaftlichen Abteilungen – nun, sie sind eifrig dabei, eure Matrix-Technik zu erforschen. Es ist ihnen klar, dass Darkover einzigartig ist, ein Reservoir von Psi-Talenten, wie es Ähnliches, soweit uns bekannt, in der ganzen Galaxis nicht wieder gibt. Ihnen wäre es eher zuzutrauen, dass sie euch alle zusammentreiben und in – nicht gerade in Käfige stecken, aber in Schutzhaft nehmen, damit sie euch nach Herzenslust studieren können.« Er lachte.
»Vielleicht wäre das gar keine schlechte Idee«, erwiderte Regis bitter. »Wenn es so weitergeht, bleibt auf Darkover kein einziger Telepath mit Laran-Gaben am Leben.«
Jasons Grinsen verblasste. »Ich habe vor Monaten ein Gerücht gehört, dass ein Attentatsversuch auf dich gemacht worden ist. Da es immerzu Duelle gibt, habe ich das nicht ernst genommen. Dann ist es wahr? Ist wieder so etwas vorgekommen?«
»Du weißt es also nicht.« Regis erzählte es ihm. Langsam wich die Farbe aus dem Gesicht des jungen Terraners. »Das ist schrecklich. Ich kann nur sagen, dass niemand von den Terranern dahinter steckt. Und wer sonst könnte denn einen Grund haben?«
Das war natürlich die Frage, dachte Regis. »Der mächtigste Geist im Universum, die größten Psi-Talente auf Darkover sind immer noch verwundbar gegen Messer, Kugel oder Laserstrahl. Ich könnte ein dutzend Namen nennen, angefangen mit der Bewahrerin Cleindori bis zu meinem Cousin Marius Alton, der vor zwei oder drei Jahren starb.«
»Und ohne die Telepathen«, sagte Jason langsam, »haben wir keinen Schlüssel zu den Matrix-Wissenschaften Darkovers und keine Hoffnung, jemals einen zu finden.«
»Außerdem fällt unsere Welt und unsere Ökonomie ohne Telepathen auseinander«, stellte Regis fest. »Wer profitiert davon?«
»Ich weiß es nicht. Viele Interessengruppen sähen es gern, wenn euer Planet für den kommerziellen Export und Import geöffnet würde. Aber der Kampf dauert schon drei oder vier Generationen, und das Terranische Imperium hat immer den Standpunkt vertreten, ein Planet habe das Recht, über seine Zukunft selbst zu entscheiden. Diese Leute haben nicht mal mehr eine Lobby auf Darkover. Schließlich gibt es andere Welten.«
Regis hörte auch den unausgesprochenen Teil des Satzes: Es gibt andere Welten, aber nicht mit einem großen Raumhafen und einer nennenswerten Terranischen Kolonie. Darkover war ein Kreuzungspunkt zwischen dem oberen und dem unteren Arm der Galaxis. Sein Raumhafen war doppelt so groß wie auf vergleichbaren Planeten, fünfmal so groß wie der einer gewöhnlichen Klasse-B-Welt, um das Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Ein Angelpunkt – und es gab Leute, die eine solche reife Pflaume nicht ungepflückt sehen konnten.
Dessen ungeachtet erklärte Jason: »Ehrlich, ich glaube nicht, dass es jemand im Imperium oder in der Zone ist, Regis. Dann würde die Sache nämlich anders angefasst. Wer einen Bulldozer besitzt, braucht keine Schneeschaufel. Das ist eine getarnte Aktion und ungewöhnlich ekelhaft.«
»Ich bin geneigt, dir zuzustimmen. Nun muss ich sehen, ob noch andere Strohhalme im Wind sind«, sagte Regis. »Die Ermordung sämtlicher Telepathen würde nichts an unserem Verhältnis zum Imperium ändern. Wir wollen nicht Teil davon sein, und wir wollen uns nicht von eurer Technik überschwemmen lassen. Dieser Meinung ist der größte Teil des Volkes. Wenn jemand versucht, es von dieser Meinung abzubringen, müsste es mir gelingen, das herauszufinden. Inzwischen ...«
»Inzwischen fällt es in meine Verantwortlichkeit, dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr von euch ermordet werden. Schutzhaft mag keinen Sinn haben. Nicht bei euch ...« Jason lächelte und setzte hinzu: »Ihr verdammten, dickköpfigen Isolationisten, zu denen ich auch gehöre. Aber es wäre eine Hilfe, wenn wir für die zusätzliche Mühe, die es kosten wird, euer Verschwinden zu verhindern, etwas anzubieten hätten.«
»Ich kann etwas anbieten«, erwiderte Regis ernst, »und es ist etwas, das wir nicht gern geben. Doch die Matrix-Wissenschaften müssen auf jeden Fall davor bewahrt bleiben, dass sie aus Mangel an Telepathen aussterben. Ich gebe uns selbst, Jason. Auch da draußen gibt es Telepathen.« Seine Geste umschrieb den Nachthimmel und die unzähligen Sterne. »Vielleicht nicht so viele wie auf Darkover und nicht mit so vielen Talenten. Du weißt ja, dass wir die Laran-Gaben vor dem Zeitalter des Chaos gezüchtet haben. Wir sind damit zu weit gegangen; wir leiden unter Inzucht. Suche für uns andere Telepathen, Jason. Stelle fest, wie sich die darkovanischen Telepathen – wenn überhaupt – von denen auf Terra oder Vainwal oder dem vierzehnten Planeten von Bibbledygook unterscheiden. Wenn es uns gelingt, als Kaste zu überleben, und wenn es möglich ist, andere in unseren Fähigkeiten auszubilden – dann kann dieser Sache vielleicht Einhalt geboten werden. Wir allein halten Darkover aus dem Strom der Entropie heraus – und ob es dir gefällt oder nicht, das Imperium ist ein entropischer Prozess, und ich werde nicht noch einmal mit dir über ethische Fragen streiten – ja, und deshalb müssen wir auf unserem Posten bleiben. Wir haben unser Zeitalter des Chaos gehabt«, setzte er hinzu. »Ich kann dir die radioaktiven Krater in der Verbotenen Stadt zeigen. Unsere Welt ist nicht primitiv oder barbarisch, Jason. Sie ist das, was übrig geblieben ist, nachdem wir die Grenzen des so genannten Fortschritts erreicht hatten, und die wenigen, die es überlebten, haben gelernt, wovor man sich dabei zu hüten hat. Suche uns Telepathen, Jason, und du hast das Wort eines Hasturs, dass du erfahren wirst, was und warum wir sind!«