Читать книгу Meine Zeit in Nigeria: »Everything happens for a Reason« - Maritta Hermens - Страница 8
Kapitel 2 GOTTVERLASSENE CHARITY
ОглавлениеIm oberen Stockwerk des Hauses wohnte ein einheimisches Ehepaar, welches ein Geschäft in der Stadt hatte. Dort wohnte auch ein junges Mädchen. Erst dachte Moses, es sei die Tochter des Ehepaares. Er fand aber sehr schnell heraus, dass dieses 12-jährige Mädchen das Hausmädchen war. Charity musste putzen, Einkäufe machen und Essen kochen. Moses war nicht erstaunt, dass sie so viel arbeiten musste. Kinder in seinem Dorf mussten auch mithelfen. Viele von ihnen gingen jeden Tag über 2 km weit, um Trinkwasser für ihre Familie zu holen. Oft brauchten sie fast den ganzen Tag, um das Wasser, gefüllt in alte Eimer oder Plastikbehälter, zurück in ihr Dorf zu bringen. Was ihn aber erstaunte war, dass dieses Mädchen, das Charity hieß, oft nicht richtig laufen konnte und sich bewegte, als hätte sie Schmerzen. Nach ein paar Wochen, so erzählte Moses später, habe er herausgefunden, dass sie regelmäßig von dem Ehepaar geschlagen wurde. Angeblich war das Essen nicht gut, oder sie machte ihre Putzarbeit nicht richtig. Sie erzählte ihm auch, dass sie lieber zurück zu ihrem Dorf wollte. Ihre Eltern hätten sie nie geschlagen. Moses fragte sie, wie sie hierhergekommen sei, und sie erzählte ihm, dass ihr Vater einen Mann für sie ausgesucht hatte, als sie zehn Jahre alt war. Dieser Mann war schon 40 Jahre alt, ein Freund ihres Vaters. Ihre Mutter war nicht einverstanden gewesen und hatte verzweifelt versucht, sie irgendwo anders unterzubringen, damit ihr Vater sie nicht finde. Eines Tages traf ihre Mutter eine Missionarin, sie versprach ihr zu helfen. Diese Frau sagte zu ihr: »Gib mir Charity. Ich werde sie zur Missionsschule bringen, damit sie Lesen und Schreiben lernt.« Natürlich lernte sie auch etwas von diesem weißen Gott, der so gütig sein sollte. Charity glaubte auch, dass der gütige weiße Gott sie in diese Schule gebracht hatte. Sie konnte schon etwas Lesen und Schreiben. Über diesen weißen Gott lernte sie auch einiges aus einem Buch, der Bibel. Charity wusste nicht genau, wie lange sie dort gewesen war. (Zeit hat in Afrika nicht die gleiche Bedeutung wie in anderen Ländern). Eines Tages wurde die Schule im Norden von Nigeria von radikalen Muslimen angegriffen. Diese wollten nicht, dass Mädchen zur Schule gehen. Die Missionare, es waren fünf, sagte Charity, wurden getötet und die Schulmädchen in verschiedenen Städten zum Verkauf angeboten. Das Ehepaar hatte sie dann gekauft und konnte daher mit ihr machen, was es wollte. Charity sagte immer wieder zu Moses, dass dieser Gott der weißen Menschen kein guter Gott sei.
Moses war schockiert, als er ihre Geschichte hörte. Er hatte auch in seinem Dorf schon Geschichten vom weißen Gott gehört, aber so richtig geglaubt hatte er nie daran. Sein Großvater sagte damals zu ihm: »Wir haben unseren Gott, und die Weißen haben ihren, und das ist gut so!« Er wusste, dass die Mädchen früh heiraten, aber dass sie auch verkauft werden könnten war, so glaubte er, in seinem Dorf nicht bekannt. Jetzt bekam er große Angst um seine Queeny, die er in seinem Dorf zurückgelassen hatte.
Er fühlte sich sehr hilflos. Da seine Arbeitszeit 7 Tage in der Woche, 24 Stunden umfasste und er keinen Anspruch auf Urlaub hatte, wusste er nicht, was er machen sollte. Er brauchte Tage, um zu seinem Dorf zurückzukehren. Genug Geld hatte er auch nicht gespart, um seine Familie zur Stadt zu bringen. Er wurde immer verzweifelter und betete jeden Tag zu seinem Gott um Hilfe. Sein Gott würde ihm sicher helfen, er durfte nur nicht aufhören zu beten. So war es auch bei anderen Religionen üblich, das hatte er herausgefunden. Wenn jemand betet, so wurde ihm erklärt, musste er sagen: »Gott, ich will, dass du meine Familie zu mir in die Stadt bringst! Du musst das machen!« Das war ein Befehl, keine Bitte. Nach ein paar Wochen wurden seine Gebete auf eine unglaubliche Weise erhört.
In den unteren Teil des Hauses zogen zwei weiße Frauen ein.