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Vierundzwanzigstes Kapitel

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1.

Der Gorgh ruhte auf dem mächtigen Kommandopodest der Zentrale und knurrte unwillig. Mit jeder Stunde, die verging, nahm seine Gereiztheit zu. Die Teilnahme an den Schaukämpfen, die in regelmäßigen Abständen in dem Erholungszentrum der Zwischensektion stattfanden, konnte schon lange nicht mehr dazu dienen, seine Laune aufzubessern. Trotz der Überlegenheit, die der Gorgh demonstrierte, indem er zwei Mortlats im Kampf tötete, fühlte er sich keineswegs ausgelastet. Ihm erschien es unerklärlich, dass Metrex als führender Kommandant des Schiffes, nicht ebenfalls von der steigenden Unruhe ergriffen wurde. Zweifel stiegen in ihm hoch. War es richtig, ihn als Nachfolger einzusetzen? Die wahren Hintergründe seines Denkens gestand sich der Gorgh nicht ein. Den Neid nämlich, den er auf den Kommandanten empfand, der entgegen mortlatscher Mentalität seine Triebe zu unterdrücken vermochte, wenngleich er sie ebenso intensiv empfinden musste. Die ruhige Überlegenheit und sein emotionsloses, logisches Wesen erhob diesen Krieger zum erfolgreichsten Flottenführer der gesamten Kriegsstaffel. Metrex’ Erfolge sprachen für sich. Er hatte seine Flotte durch kosmische Stürme hindurchgeleitet, ohne Schaden zu nehmen, während andere Einheiten restlos zerrieben wurden. Im Krieg gegen die Insektenvölker der Mahun-Galaxis war er es gewesen, der durch seine Intelligenz die Bastionen der Flughäutler zu knacken vermochte.

Den Gorgh verband eine Art Hassfreundschaft mit diesem Mann. Es gab Zeiten, da spielte er mit dem Gedanken, ihn zu beseitigen, da er seine Position gefährdet sah. Im Nachhinein begrüßte er jedoch den Entschluss, entgegen seiner inneren Wut gehandelt zu haben. Metrex war ein zu wichtiger Bestandteil im Gefüge der mortlatschen Kriegsmaschinerie. Dadurch, dass er ihm offiziell sein Amt zur Nachfolge anbot, würde sich Metrex zu keinerlei Intrigen hinreißen lassen. Dazu war der Kommandant zu klug und zu jung. Der Gorgh hingegen war alt. Metrex konnte warten, und die Zeit arbeitete für ihn.

Zischend öffnete sich ein Schott. Der Kommandant betrat das Innere der riesigen Zentrale. Der Gorgh winkte dem Eintretenden mit einer ungeduldigen Bewegung seiner Pranke zu. Metrex steuerte das Pult des Herrschers an und vollführte eine Ehrenbezeugung.

»Meine Geduld hat ein Ende, Kommandant«, rief der Gorgh laut. »Der Kurier wurde mit Bestimmtheit von den Zargoniern entdeckt und vernichtet. Außerdem empfinde ich es als Schande, sich vor einem Haufen kleinwüchsiger erbärmlicher Weichhäutler zu verstecken. Die Ehre unseres Volkes wird durch dieses Geschehen mehr als verletzt. Ich halte es für sinnvoll, die Zargonier aufzuspüren und in einer Blitzaktion zu vernichten. Ihr seit ein hervorragender Taktiker, Kommandant, Euch wird es doch wohl gelingen, diese ungeheure Lächerlichkeit auszumerzen.«

Metrex sah den Gorgh lange an, bevor er antwortete.

»Ihr habt also den Gedanken aufgegeben, den Aufenthaltsort des Mörders aufzuspüren.«

Der Gorgh machte eine zustimmende Geste.

»Die Gefahr, die von diesen kleinen Schiffen ausgeht ist viel größer. Wir müssen die Reste des zargonischen Volkes vernichten. Möglicherweise gelingt es uns doch, zumindest ein Wesen dieser Gattung gefangenzusetzen. Die mentalen Waffen dieser Kreaturen sind in ihrer Vernichtungskraft so gigantisch, dass wir unbedingt versuchen müssen, sie zu erforschen. Ich setze diese Aufgabe als oberste Priorität dieser Mission. Sollte sich der Kurier gegen allen Erwartungen melden, so ruft ihn zurück.«

Metrex setzte zu einer Antwort an, doch in diesem Augenblick kam ein weiblicher Offizier der Funkzentrale mit schnellen Schritten herangeeilt. Demutsvoll verbeugte sich das Geschöpf vor dem Herrscher. Danach reichte es ihm eine Folie aus dünnem, plastischem Material, in das hieroglyphenartige Zeichen geprägt waren.

»Eine Meldung vom Kurierschiff, Herrscher«, erklärte das Mortlatweibchen. »Sie stammt von einem der Jägerpiloten.«

Fauchend fuhr der Gorgh auf. Er reichte Metrex die Folie und begann voll unterdrückter Wut auf - und ab zu laufen.

»Trotz des Verlustes der Mannschaft war die Mission ein Erfolg, wie ich sehe«, versuchte Metrex den Gorgh zu beruhigen, nachdem er die Nachricht gelesen hatte. »Die Anwesenheit eines Xenomorphs erscheint allerdings mehr als verwirrend. Hoffentlich behält der Pilot die Nerven und wartet auf unser Eintreffen.«

»Was mich beunruhigt, sind diese ständigen Niederlagen. Wir müssen uns in Zukunft etwas einfallen lassen, Metrex. Wir werden verwundbar, und das ist gefährlich.«

»Niemand kann uns gefährlich werden, Gorgh, wenn ich die Flotte leite«, erwiderte Metrex überheblich, wobei der Gorgh einmal mehr die Gefährlichkeit dieses Mannes erkannte.

»Auch Eure Fähigkeiten konnten unsere Schiffe nicht retten, Metrex. Ihr vergesst zu schnell. Das letzte Zusammentreffen mit den Zargoniern endete in einer Katastrophe.«

»Wir wurden überrascht und in einer Blitzaktion überrollt. Ein zweites Mal werde ich die Sache von langer Hand vorbereiten und sie vernichtend schlagen. Doch dazu müssen wir vor unseren Feinden am Zielort eintreffen. Der Kurier hat mit Hilfe des Xorxl die Koordinaten des Systems ausgemacht, in dem sich der Verruchte aufhält. Die zargonischen Schiffe sind schnell, aber langsamer als unsere Raumer. Gorgh, gebt den Startbefehl. Ich alarmiere währenddessen die Armada.«

»Wo bleibt Euer Mut, Metrex?«, schnaubte der Gorgh verächtlich. »Eine Kriegsarmada, um ein ärmliches System zu erobern?«

Metrex ignorierte den Hohn.

»Ich will gerüstet sein sobald die Zargonier eintreffen, um ihren Artgenossen beizustehen. Sollten mich meine Männer als Feigling ansehen, so habe ich den Trost, eine weitere Niederlage für mein Volk verhindert zu haben.«

Diese Worte hatten Gewicht. Ein Ruck lief durch den Körper des Herrschers, und er tastete an der Kontrolltafel seiner Armlehne. Ohne Zeitverlust stellte er eine Verbindung zu den anderen Schiffen der Generationenflotte her. Die Kommandanten erhielten genaueste Anweisung. Die Positronik übermittelte die erhaltenen Koordinaten in die einzelnen Rechengehirne. Metrex eilte in die Funkzentrale und stellte eine Verbindung zum Heimatplaneten her. Er befehligte ein Kontingent von über dreihunderttausend schweren Kreuzern herbei, Kriegsschiffe, waffenstarrende Festungen, nicht minder beeindruckend in ihrer Größe als die Generationenschiffe, aber weitaus gefährlicher. Zudem forderte er zusätzliche zweihunderttausend Generationenschiffe an. Auf den 2159 von Mortlats besiedelten Welten lief die Produktion von Kriegsschiffen ununterbrochen. Dies und die Fruchtbarkeit der Frauen sowie der andauernde, von Zyklen unabhängige Paarungsdrang sorgten für einen nie abreißenden Nachschub an Kriegern und Kriegsmittel.

»In zwei Zeiteinheiten in meiner Privatkabine«, knurrte der Gorgh dem weiblichen Funkoffizier zu, der sich zum Gehen wandte. Der Offizier nickte demutsvoll. Das Weibchen war paarungsbereit, dennoch schockiert von dem Wunsch des Herrschers. Wenn der Herrscher sich in einer derart aufgewühlten Phase befand, endete der Akt für das Weibchen nicht selten tödlich. Das Glühen in den Augen des Gorgh verhieß das nahende Schicksal, doch der Offizier widersprach nicht. Gehorsam bis in den Tod, so lautete das Motto der disziplinarischen Dienstpflicht.

Nach drei Stunden nahm die verbliebene Flotte der fünfhundert Generationenschiffe Fahrt auf, hielt sich jedoch mit Unterlichtgeschwindigkeit im Raum. Das Gefüge des Raum-Zeit-Kontinuums wurde stark erschüttert, als in zweihundert Lichtjahren Entfernung eine gewaltige Armada aus dem Zwischenraum heraus materialisierte. Eine Stunde später traf sich die gewaltige Flotte zum Rendezvous im Weltall. Informationen und Befehle wurden ausgetauscht, bevor diese in den scheinbar größten Krieg ihrer Geschichte zog. Ihr Gegner war eine Rasse, die den Krieg verabscheute und keine materiellen Waffen besaß. Diese Tatsache traf die Herrenrasse der Mortlats bis zum tiefsten Kern ihrer Seele. Um Ehre und Stolz wiederherzustellen galt es, die Weichhäutler aus diesem Universum zu tilgen.

Die Menschheit auf dem Planeten Erde, Lichtjahre entfernt, bisher unbeachtet vom kosmischen Geschehen und vollkommen ahnungslos, hätte aufgrund seiner jungen Kultur nicht einmal gegen ein einziges jener Gigantenschiffe nur die Spur einer Chance zur Gegenwehr.

Die Menschheit ahnte nichts von dem drohenden Inferno.

»Es ist Wahnsinn, was du zu tun gedenkst, Schwester«, drang das Kollektiv der zargonischen Überlebenden auf sie ein. »Du gefährdest dein Ego sowie die Frucht. Du darfst dich nicht allzu sehr vergeistigen. Was du getan hast war gefährlich genug, wir hätten dich fast verloren. Du brauchst Ruhe.«

Carai wusste, dass die Sorgen ihrer Gefährten berechtigt waren. Aber einmal mehr erkannte sie, dass sie gegen den Willen ihres Volkes handeln musste, um an das Ziel zu gelangen.

»Ihr habt recht«, gab sie zurück. »Aber sagt mir bitte, was ich tun soll. Ich weiß nicht mehr, an welchem Ort ich mich befand, als ich mit Zodiacs Ego zusammentraf. Nur die Einkehr in das innere Selbst kann mich führen. Mir ist bewusst, dass eine derart intensive Meditationsphase meine Kräfte auszehrt, und ich vergesse auch nicht das Leben in mir. Aber wir beide sind nur unvollkommene Teile ohne IHN. Er ist in großer Gefahr, und vielleicht sind alle Bemühungen umsonst. Aber solange ich fühle, dass er noch lebt, muss ich handeln. Uns bleibt keine Zeit zum Ruhen, Brüder und Schwestern. Ich muss das Schiff manuell steuern, während mein Ego die Entfernung durch die Unendlichkeit zu überwinden sucht. Es bleibt in meinem Körper, Freunde, eine weitere Trennung würde ich nicht überleben. Aber mein Geist muss sich erinnern, die unendliche Ferne spüren, die Pfade finden, die es beschritt und fluchtartig wieder verließ. Ich bitte euch, mich nun nicht mehr zu stören. Ihr wisst selber, dass ihr damit mein Ego gefährden würdet.«

Sie spürte, wie ihre Artgenossen sich zurückzogen, sich abkapselten und eine Art Beratung durchführten. Nach längerem Warten spürte sie erneut Kontakt.

»Wir verstehen deine Beweggründe, Schwester, finden es aber traurig, wie du Raubbau mit deinen Kräften treibst. Du lässt dich nicht bekehren, und wir wollen es auch gar nicht mehr. Du bist anders als wir, ebenso wie Zodiac es ist. Ihr seid eine neue Generation, die leben muss, damit unser Volk weiterbesteht. Wir haben dich als Führerin unseres Volkes ausgewählt, Carai. Es ist wichtig für unsere Art, dich nicht zu verlieren. Deshalb werden wir bei dir sein, wohin dein Weg dich auch führt. Viel Glück, Schwester.«

Carai empfand tiefste Rührung bei diesen Worten. Die Ehrung, die ihr zuteilwurde, bürdete ihr gleichzeitig alle Verantwortung für die Zukunft auf. Sie durfte nicht scheitern bei dem, was kommen würde. Eine Zeitlang ließ sie den Gedanken, die Geschicke ihres Volkes weiterleiten zu dürfen, auf sich einwirken. Die stärkenden Impulse des Kollektivs drangen auf sie ein und stärkte sie.

Ihr Körper erschlaffte, doch die Hände lagen an den Kontrollen des Steuerpults. Die Koordination von Seele und Leib war der schwierigste Bestandteil ihres Vorhabens. Doch nur auf diese Weise konnte sie den Weg durch die Unendlichkeit finden, der sie zu dem Geschöpf führte, das sie liebte. Zodiac.

Zodiac - Gejagter zwischen den Welten VI: Schlachtfeld Erde

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