Читать книгу Die Abenteuer des Huckleberry Finn - Mark Twain - Страница 21
Sie sind hinter uns her!
Оглавление»Herein«, sagt die Frau, und ich ging rein. »Nimm dir ’n Stuhl«, sagt sie.
Ich hab mich gesetzt. Sie guckte mich von oben bis unten mit ihren kleinen, glänzenden Augen an und sagt:
»Wie heißt du denn?«
»Sarah Williams.«
»Und wo wohnst du? Hier in der Gegend?«
»Nee, in Hookerville, sieben Meilen weiter unten. Ich bin den ganzen Weg gelaufen und bin halbtot.«
»Hungrig sicher auch, nehm ich an. Ich hol dir was.«
»Nee, Hunger hab ich keinen. Ich hab so ’n Hunger gehabt, dass ich zwei Meilen weiter unten auf ner Farm anhalten musste; drum hab ich keinen mehr. Deswegen bin ich auch so spät dran. Meine Mutter liegt krank im Bett und hat kein Geld und nichts, und ich komm, um’s meinem Onkel Abner Moore zu sagen. Er wohnt am oberen Dorfende, hat sie gesagt. Ich bin noch nie hier gewesen. Kennen Sie ihn?«
»Nein; aber ich kenn ja noch nicht alle. Ich wohne noch nicht mal zwei Wochen hier. Es ist ziemlich weit bis zum oberen Dorfende. Du bleibst besser die Nacht über hier. Nimm mal deinen Hut runter.«
»Nee«, sag ich, »ich ruh mich nur ’n bisschen aus, denk ich, und geh dann weiter. Ich hab keine Angst vorm Dunkeln.«
Sie sagte, sie wollt mich nicht allein gehn lassen, aber bald müsst ihr Mann hier sein, so in anderthalb Stunden, und den will sie mit mir losschicken. Dann fing sie an, von ihrem Mann zu erzählen, und von ihren Verwandten flussauf und von ihren Verwandten flussab, und wieviel besser sie’s früher gehabt haben, und dass sie nicht wüssten, ob sie nicht doch einen Fehler gemacht haben, in unser Dorf zu ziehn, statt die Finger davon zu lassen – und so weiter und so fort, dass ich schon Angst hatte, ich hätt einen Fehler gemacht, weil ich zu ihr kam, um zu erfahren, was im Dorf so vor sich ging; aber dann kam sie doch noch auf Pap und den Mord zu sprechen, und da hab ich nichts mehr dagegen gehabt, dass sie weiterplapperte. Sie erzählte dann von mir und Tom Sawyer, wie wir die sechstausend Dollar gefunden hatten (bloß, sie machte zehntausend draus), und alles von Pap, und was für ein Nichtsnutz er war, und was für einer ich, und endlich war sie dann bei meinem Mord gelandet. Ich frag sie:
»Wer war’s denn? Wir haben in Hookerville unten schon einiges von der Geschichte gehört, aber niemand weiß so genau, wer eigentlich den Huck Finn umgebracht hat.«
»Na, ich glaube, hier gibt es ne ganze Menge, die gern wüssten, wer den umgebracht hat. Manche denken, der alte Finn ist’s selber gewesen.«
»Was – wirklich?«
»Bald alle haben das zuerst gedacht. Er wird gar nicht wissen, wie nah er dran war, dass sie ihn gelyncht hätten. Aber es war noch nicht Abend, da haben sie sich’s anders überlegt; ein weggelaufner Nigger namens Jim wär’s, meinten sie jetzt.«
»Wieso der –«
Ich hab mich gebremst. Lieber bin ich still, denk ich mir. Und sie schwatzte in einem fort und hat gar nicht gemerkt, dass ich sie unterbrochen hatte.
»Ja, der Nigger ist nämlich in der gleichen Nacht weggelaufen, wo man Huck Finn umgebracht hat. Deswegen haben sie eine Belohnung auf ihn ausgesetzt – dreihundert Dollar. Und auch auf den alten Finn haben sie ne Belohnung ausgesetzt – zweihundert Dollar. Am Morgen nach dem Mord kam er nämlich ins Dorf und hat davon erzählt und war auch bei der Suchaktion auf der Fähre mit draußen, aber dann ist er auch gleich auf und davon. Noch vor Sonnenuntergang wollten sie ihn lynchen, aber jetzt war er ja weg. Und am andern Morgen haben sie entdeckt, dass auch der Nigger verschwunden war; sie haben rausbekommen, dass man ihn seit zehn Uhr in der Nacht, wo der Mord passiert ist, nicht mehr gesehn hat. Also haben sie’s auf den geschoben; und als sie schon an nichts andres mehr denken, kommt am andern Tag der alte Finn zurück und rennt jammernd zum Richter Thatcher, der soll ihm Geld geben, damit er ganz Illinois nach diesem Nigger absuchen kann. Und der Richter gibt ihm was, und am Abend hat er sich besoffen und war bis nach Mitternacht unterwegs mit zwei ziemlich verwegen dreinschauenden Burschen; mit denen ist er dann auch abgehauen. Seitdem ist er nicht mehr aufgetaucht, und auch niemand erwartet ihn zurück, bis etwas Gras über die Sache gewachsen ist; sie glauben nämlich jetzt, dass er seinen Jungen umgebracht und das Ganze dann so hingebogen hat, dass man glauben sollte, Räuber seien’s gewesen; und dann wollte er wohl an Hucks Geld rankommen, ohne sich noch lange mit einem Prozess rumschlagen zu müssen. Dem war das tatsächlich zuzutrauen, sagen sie. Oh, der ist gerissen, glaub ich. Wenn er ein Jahr lang nicht wiederkommt, ist er fein heraus. Man kann ihm ja nichts nachweisen; bis dahin hat sich alles beruhigt, und er kriegt dann Hucks Geld, ohne nen Finger krumm machen zu müssen.«
»Ja, das glaub ich auch, Ma’m. Dann steht ihm nichts mehr im Weg. Sind denn jetzt alle davon abgekommen, dass es der Nigger war?«
»O nein, nicht alle. Noch immer denken einige, der hat’s getan. Aber jetzt werden sie ja den Nigger bald fassen, und vielleicht können sie’s aus ihm rausquetschen.«
»Wieso – sind sie denn noch immer hinter ihm her?«
»Also – bist du naiv! Nicht alle Tage liegen dreihundert Dollar auf der Straße, und man braucht sie bloß aufheben. Ein paar glauben, der Nigger ist nicht weit von hier. Zu denen gehör ich – aber ich hab’s nicht groß erzählt. Vor ein paar Tagen unterhalt ich mich mit nem Ehepaar, das nebenan in der Blockhütte wohnt, und die zwei erzählen mir so nebenbei, dass fast nie einer auf die Insel da drüben kommt, die hier Jackson’s Island heißt. Wohnt denn da niemand? frag ich. Nein, niemand, sagen die. Ich hab nichts mehr gesagt, aber ich hab mir so meine Gedanken gemacht. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich an der Inselspitze drüben ein, zwei Tage vorher Rauch gesehn habe, also denk ich mir, nicht ausgeschlossen, dass der Nigger sich da drüben versteckt hält; jedenfalls, sag ich mir, lohnt sich wohl der Aufwand, da mal nachzuforschen. Seither hab ich kein Rauch mehr gesehn, also, denk ich, ist er wohl jetzt weg, wenn er’s war; aber mein Mann will doch mal rüber und nachsehn – er und noch einer. Er ist unterwegs gewesen, weiter oben am Fluss; aber heute ist er wieder zurück, und ich hab’s ihm sofort erzählt, wie er vor zwei Stunden gekommen ist.«
Ich war so unruhig geworden, dass ich nicht mehr stillsitzen konnte. Ich musste was mit meinen Händen tun; so hab ich ne Nadel genommen und wollt sie einfädeln. Meine Hände haben gezittert – es war hoffnungslos. Als die Frau mit Reden aufhörte, sah sie hoch, und sie guckte mich ganz komisch an und hat ein bisschen gelächelt. Ich hab die Nadel und den Faden weggelegt und tat interessiert – und ich war’s auch – und sag:
»Dreihundert Dollar sind ne Stange Geld. Hätt doch bloß meine Mutter die! Fährt Ihr Mann heut abend noch rüber?«
»Aber sicher. Er ist mit dem Mann, von dem ich dir erzählt habe, in die Stadt und will ein Boot besorgen und schaun, ob sie noch ne Flinte leihen können. Nach Mitternacht wollen sie rüber.«
»Könnten die nicht besser sehn, wenn sie bis am Tag warten?«
»Klar. Aber dann kann der Nigger doch auch besser sehn, oder? Nach Mitternacht schläft er wahrscheinlich, und sie können durch den Wald schleichen und im Dunkeln sein Lagerfeuer umso leichter aufspüren, wenn er noch eins hat.«
»Da hab ich nicht dran gedacht.«
Die Frau guckte mich weiter so komisch an. Ich hab mich kein bisschen mehr wohlgefühlt. Auf einmal sagt sie:
»Was hast du gesagt, wie du heißt, Kleine?«
»M-Mary Williams.«
Irgendwie kam’s mir vor, als hätt ich vorher nicht Mary gesagt, deswegen hab ich nicht hochgesehn; kam mir vor, als hätt ich Sarah gesagt; deswegen war ich ziemlich durcheinander und hatte Angst, dass man’s mir vielleicht ansah. Hätt doch bloß die Frau noch was gesagt! Endlich sagt sie:
»Kleine, ich denk, du hast Sarah gesagt, wie du reingekommen bist?«
»Hm, ja, hab ich. Sarah Mary Williams. Sarah ist mein erster Name. Einige nennen mich Sarah, einige Mary.«
»Ach – so ist das?«
»Hm-m, Ma’m.«
Ich fühlte mich jetzt wieder wohler, aber trotzdem wär ich lieber aus dem Haus gewesen. Ich hab mich noch immer nicht getraut hochzugucken.
Aber da hat die Frau wieder drauflos geschwätzt, was für schwere Zeiten das sind, und wie ärmlich sie leben müssten, und wie die Ratten hier rumspazieren, als würd denen das Haus gehören und so weiter und so fort, und da war’s mir wieder wohler. Mit den Ratten hatte sie recht. Alle Naslang hat eine ihre Schnauze aus einem Loch in der Ecke gesteckt. Sie müsste was griffbereit haben, wenn sie allein war, um nach denen zu werfen, sagte sie, sonst würden die ihr keine Ruhe lassen. Sie zeigte mir eine Bleistange, die zu einem Knoten gekrümmt war; mit der war sie sonst ne gute Schützin, sagte sie, aber sie hätt sich vor ein, zwei Tagen den Arm verrenkt und wüsst jetzt nicht, ob sie noch richtig werfen kann. Trotzdem hat sie auf ne Gelegenheit gelauert und warf auch gleich nach ner Ratte, aber sie traf weit daneben und schrie »autsch!«, der Arm tat ihr so weh. Dann wollte sie, dass ich es bei der nächsten probiere. Lieber wär ich verschwunden, eh ihr Alter wieder zurück war, aber ich hab’s natürlich nicht gezeigt. Ich nehm also das Ding, und bei der ersten Ratte, die ihre Nase rausstreckt, hab ich abgezogen, und wär die geblieben, wo sie war, wär sie ziemlich futsch gewesen. Das war erstklassig, sagt sie, und bestimmt würd ich aus der nächsten Matsch machen. Sie ist zu dem Bleiklumpen hin, schnappt ihn, trägt ihn zurück und bringt einen Strang Garn mit, bei dem ich ihr helfen soll. Ich halt meine beiden Hände hoch, und sie wickelt das Garn drum rum und schwätzt weiter von ihren Angelegenheiten und ihrem Mann seinen. Aber auf einmal hört sie mitten im Satz auf und sagt:
»Hab ein Auge auf die Ratten. Am besten, du legst das Blei in dein Schoß, griffbereit.«
Und genau in dem Moment lässt sie den Klumpen in mein Schoß fallen, und ich klatsch meine Schenkel über ihm zusammen, und sie schwätzt weiter. Aber bloß so ne Minute. Dann nimmt sie mir das Garn ab und guckt mich fest, aber sehr freundlich an und sagt:
»Komm schon – wie heißt du richtig?«
»Wa-Was?«
»Wie du richtig heißt. Bill oder Tom oder Bob? – oder wie?«
Ich glaube, ich hab gezittert wie Espenlaub und hab kaum mehr gewusst, was tun. Aber ich schaff es noch rauszubringen:
»Bitte machen Sie sich nicht lustig über ein armes Mädchen wie mich. Wenn ich hier störe, geh –«
»Nein, das tust du nicht. Setz dich und bleib, wo du bist. Ich tu dir nichts und erzähl auch niemand was weiter. Erzähl mir einfach dein Geheimnis und vertrau mir. Ich behalt’s bestimmt für mich; sogar helfen will ich dir. Und mein Alter auch, wenn du willst. Hör mal, du bist als Lehrling ausgerissen – das ist alles. Da ist doch nichts dabei. Und schon gar nichts Unrechtes. Man hat dich schlecht behandelt, und da hast du beschlossen abzuhauen. So was! – Mein Kind, ich würd dich doch nicht verpetzen! So, und jetzt erzähl mir alles – sei ’n braver Junge!«
Ich hab ihr also gesagt, es hätt kein Zweck, ihr noch länger was vorzuspielen, und ich wollt auch jetzt sofort mein Herz erleichtern und ihr alles erzählen, aber sie dürft nicht von ihrem Versprechen abrücken. Und da hab ich ihr lang und breit erzählt, mein Vater und meine Mutter sind tot, und das Gericht hat mich einem knausrigen alten Farmer in die Lehre gegeben, dreißig Meilen vom Fluss weg auf dem Land, und dieser Farmer hat mich so schlecht behandelt, dass ich’s nicht mehr ausgehalten habe; der ist jetzt für zwei Tage verreist, und die Gelegenheit hab ich benutzt und ein paar alte Kleider von seiner Tochter geklaut, und dann bin ich ausgerissen und die dreißig Meilen in drei Nächten hergekommen; nachts bin ich marschiert, und am Tag hab ich mich versteckt und geschlafen, und der Beutel mit Brot und Fleisch, den ich von zu Haus mitgenommen habe, hat mir den ganzen Weg gereicht, es war wirklich genug. Und bestimmt wird sich jetzt mein Onkel Abner Moore um mich kümmern, deswegen hab ich mich ja auch auf den Weg nach Goshen gemacht.
»Goshen – Kind? Das ist doch nicht Goshen. Das hier ist St. Petersburg. Goshen liegt zehn Meilen weiter oben. Wer hat dir denn gesagt, das sei Goshen?«
»’n Mann halt, den ich im Morgengrauen getroffen hab, als ich grad in den Wald reinwollte zum Schlafen, wie sonst auch. Wo der Weg sich gabelt, soll ich nach rechts abbiegen, hat er gesagt, und dann wär ich nach fünf Meilen in Goshen.«
»Der war bestimmt besoffen. Der hat dir genau das Falsche gesagt.«
»Hm, ja, benommen hat er sich schon wie ’n Betrunkner, aber das ist ja jetzt auch egal. Ich muss weiter. Noch vor Tagesanbruch will ich in Goshen sein.«
»Wart nen Moment. Ich geb dir noch was zu essen mit. Vielleicht kannst du’s brauchen.«
Sie brachte mir was und fragt mich auf einmal:
»Sag mal – wenn ne Kuh auf dem Boden liegt, mit welchem Teil steht sie dann zuerst auf? Sag schnell was – überleg nicht lange. Mit was steht sie zuerst auf?«
»Mit dem Hintern, Mami.«
»Gut. Und ein Pferd?«
»Mit dem Kopf, Mami.«
»Und wo hat ein Baum am meisten Moos?«
»Auf der Nordseite.«
»Und wenn fünfzehn Küh an einem Hang weiden, wie viele fressen dann mit dem Kopf in der gleichen Richtung?«
»Alle fünfzehn, Mami.«
»Na, ich glaube, du hast wirklich auf dem Land gelebt. Hab schon gedacht, du willst mich wieder verkohlen. Wie heißt du jetzt richtig?«
»George Peters.«
»Also, denk dran, George! Vergiss es nicht und erzähl mir, du heißt Alexander, bevor du gehst, und red dich dann nicht raus, du heißt George-Alexander, wenn ich dich erwische. Und komm ja einer Frau in dem alten Kattunzeug nicht zu nah. Als Mädchen machst du dich ziemlich miserabel, aber vielleicht fallen Männer auf dich rein. Und noch was, Kind – wenn du ne Nadel einfädelst, halt nicht den Faden still und hol die Nadel her; halt die Nadel still und steck den Faden durch – so wie’s ne Frau beinah immer macht; bloß Männer machen’s immer andersrum. Und wenn du nach ner Ratte oder sonst irgendwas wirfst, klemm ne Zehenspitze nach oben und wirf mit der Hand übern Kopf, so ungeschickt wie du nur kannst, und wirf sechs oder sieben Fuß an deiner Ratte vorbei. Und aus der Schulter musst du werfen, mit steifem Arm, als wär da eine Angel, in der sie sich dreht – wie ein Mädchen; nicht aus dem Handgelenk und Ellbogen wie ein Junge, der mit dem Arm nach der Seite ausholt. Und merk dir, wenn ein Mädchen was im Schoß auffängt, wirft sie die Knie auseinander; sie klatscht sie nicht so zusammen wie du bei dem Bleiklumpen. Ich hab gemerkt, dass du ein Junge bist, wie du die Nadel eingefädelt hast; alles andre hab ich mir bloß noch ausgedacht, um auch sicherzugehn. Marsch ab jetzt zu deinem Onkel, Sarah Mary George Alexander Peters, und wenn du mal in der Patsche sitzt, lässt du der Mrs. Judith Loftus – das bin ich – ein Wort zukommen, und ich werd tun, was ich kann, um dir rauszuhelfen. Geh jetzt immer den Uferweg lang, und das nächste Mal, wenn du lostrabst, nimm Schuh und Socken mit. Der Uferweg ist steinig, und bestimmt hast du dir die Füße wundgelaufen, wenn du nach Goshen kommst.«
Ungefähr fünfzig Yard bin ich am Ufer flussauf; dann hab ich umgedreht und bin zu meinem Kanu zurückgeschlichen, das ein ganzes Stück unterhalb von dem Haus lag. Mit einem Satz bin ich rein und machte, dass ich wegkam. Ich fuhr so weit stromauf, dass ich gut die Inselspitze erreichte, und bin dann rübergeschwenkt. Den Sonnenhut hab ich ausgezogen, ich wollt jetzt keine Scheuklappen aufhaben. Und wie ich ungefähr in der Flussmitte bin, hör ich, wie die Turmuhr losschlägt; ich halt an und horche; schwach, aber deutlich kommt der Ton übers Wasser – elf Uhr. Als ich an der Inselspitze anschlug, hab ich nicht mehr gewartet, um zu verschnaufen, sondern bin gleich losgerannt in den Wald zu meinem alten Lager und machte an einer Stelle, die hoch und trocken war, ein großes Feuer.
Dann bin ich wieder zum Kanu geflitzt und mit aller Kraft zu unserm Versteck, anderthalb Meilen weiter unten, gepaddelt – und leg da an und spurt durch den Wald und den Hügel rauf und in die Höhle rein. Jim lag in tiefem Schlaf auf dem Boden. Ich hab ihn laut geweckt:
»Steh auf, Jim, Tempo! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Sie sind hinter uns her!«
Jim hat nicht mal eine Frage gestellt und auch kein Wort gesagt; aber an der Art, wie er die nächste halbe Stunde geschuftet hat, war zu sehn, was er für ne Angst ausstand. Inzwischen hatten wir unsre ganze Habe auf dem Floß verstaut, und es lag jetzt startbereit unterm Weidendach, wo wir’s versteckt hatten. Wir machten dann zuerst das Lagerfeuer in der Höhle aus und ließen danach alle Kerzen draußen verschwinden.
Ich stieß das Kanu ein Stückchen weit vom Ufer weg und hab mich erst mal umgesehn, aber wenn da irgendwo ein Boot war, hätt ich es doch nicht sehn können; weil, bei Sternenlicht und Schatten kann man nicht gut sehn. Dann holten wir das Floß und glitten im Schatten flussab, vorbei an der totenstillen Inselspitze, und keiner sagte ein Wort.