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(e) Rechtsfolge

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Abgesehen von der Ebene der tatbestandlichen Voraussetzungen können Compliance-Maßnahmen auf der Ebene der Rechtsfolge Bedeutung erlangen, wobei zwischen Ahndungs- und Abschöpfungsteil der Geldbuße zu differenzieren ist.

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Obwohl die Abschöpfung nach h.M. dem Nettoprinzip folgt und insofern tatbezogene Aufwendungen vorteilsmindernd in Ansatz gebracht werden können (vgl. § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG: „wirtschaftlicher Vorteil“),[247] müssten im Rahmen der Saldierung Compliance-Maßnahmen an sich unberücksichtigt bleiben.[248] Denn die hiermit verbundenen Aufwendungen werden unabhängig von der Ordnungswidrigkeit getätigt und sind der Sache nach „Sowieso-Kosten“.[249] Allerdings deuten empirische Befunde darauf hin, dass auch in Bezug auf den Abschöpfungsteil die Installierung von Compliance-Maßnahmen mindernd in Ansatz gebracht werden kann.[250]

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Im Rahmen des Ahndungsteils können Compliance-Maßnahmen demgegenüber sowohl im Hinblick auf das Merkmal der „Bedeutung“ der Ordnungswidrigkeit als auch auf den „Vorwurf“, der den Täter trifft, relevant werden (vgl. § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG). Obwohl es um unterschiedliche Aspekte geht, bestehen Wechselbezüge: Die Bedeutung der Tat nimmt mit dem Grad des Vorwurfs zu und umgekehrt fällt der Vorwurf umso größer aus, je bedeutender die Ordnungswidrigkeit ist.[251]

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Dem Merkmal der Bedeutung liegen erkennbar generalpräventive Zielsetzungen zugrunde,[252] weshalb entscheidend ist, inwieweit durch eine Sanktionierung generalpräventiv künftige Aufsichtspflichtverletzungen verhindert werden. Insbesondere bei strukturell ungenügender Compliance, die fortwährend Zuwiderhandlungen herausfordert oder in der Vergangenheit bereits herausgefordert hat, kommt der Ordnungswidrigkeit eine größere Bedeutung zu.[253] Ferner besteht ein Zusammenhang zwischen dem Merkmal der Bedeutung und dem Rang der betroffenen Rechtsgüter, da es anders zu werten ist, ob infolge einer Aufsichtspflichtverletzung lediglich Eigentum und Vermögen oder sogar Leib und Leben geschädigt werden.[254] Mildernd dürfte demgegenüber ins Gewicht fallen, wenn der Inhaber im Anschluss an eine Tat nunmehr Compliance-Programme erstmalig installiert oder zumindest verbessert, da angesichts eines solchen Nachtatverhaltens generalpräventive Bedürfnisse schwinden.[255]

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Das Merkmal des den Täter treffenden Vorwurfs adressiert den Gedanken der Tatproportionalität. Zum gesetzlichen Tatbestand zählende Umstände sind ebenso wie beim strafrechtlichen Doppelverwertungsverbot nach § 46 Abs. 3 StGB nicht berücksichtigungsfähig.[256] Daher kann zwar nicht auf die in fehlender oder unzureichender Compliance liegende Aufsichtspflichtverletzung als solche, wohl aber auf deren Intensität abgestellt werden: Je gravierender der Verstoß oder je stärker der Vorsatz- oder Fahrlässigkeitsgrad, desto mehr wird man dem Inhaber die Tat individuell zum Vorwurf machen können.[257] Sanktionserhöhend dürfte sich insbesondere auswirken, wenn der Inhaber Compliance lediglich im Sinne eines Windowdressings betreibt, da hier ein prinzipiell taugliches Instrument zur Sicherung von Normkonformität zweckentfremdet wird.[258] Umgekehrt mag sich mildernd auswirken, wenn der Inhaber aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht das Optimum an kostenintensiver Compliance betreiben konnte, die Unternehmen an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bringen kann.[259]

Unternehmensstrafrecht und Unternehmensverteidigung

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