Читать книгу Tax Compliance - Markus Brinkmann - Страница 114

1. Vorbemerkung und Begriffsbestimmung

Оглавление

62

Beim Risikofrüherkennungssystem handelt es sich aufgrund der Kodifizierung in § 91 Abs. 2 AktG um einen Pflichtbestandteil der Unternehmensorganisation von Aktiengesellschaften. Konkret wird in § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht des Vorstands geregelt, geeignete Maßnahmen zu treffen, d.h. insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Basierend auf der allgemein anerkannten Ausstrahlungswirkung ist diese Verpflichtung auch dem Pflichtenkreis der Geschäftsführer von Gesellschaften anderer Rechtsform zuzurechnen.[83]

63

Während – wie in Rn. 31 ff. dargestellt – das Risikomanagementsystem „die Gesamtheit aller organisatorischen Regelungen und Maßnahmen zur Risikoerkennung und zum Umgang mit den Risiken unternehmerischer Betätigung“[84] umfasst, stellt das Risikofrüherkennungssystem auf die Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen ab und ist somit lediglich ein integrierter Teilaspekt des Risikomanagementsystems.[85]

64

Unter dem Begriff bestandsgefährdende Entwicklungen werden nachteilige Veränderungen von Risiken verstanden, die in der Lage sind, den Fortbestand des Unternehmens zu gefährden. Dabei handelt es sich nicht um statische Risikozustände, sondern um Negativentwicklungen. Demzufolge können als bestandsgefährdende Risiken z.B. risikobehaftete Geschäfte, Unrichtigkeiten in der Rechnungslegung oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften angesehen werden, die eine wesentliche Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft haben können. Wesentliches Kriterium für die Kategorisierung als bestandsgefährdendes Risiko ist, dass dadurch insbesondere das Insolvenzrisiko der Gesellschaft erheblich gesteigert oder hervorgerufen wird.[86]

65

Wesentliche Aufgabe des Risikofrüherkennungssystems ist es, dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung so frühzeitig Kenntnis über bestandsgefährdende Entwicklungen zu verschaffen, dass diese noch rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen können, um eine konkrete Bestandsgefährdung zu vermeiden.[87] Folgt man der herrschenden Meinung im juristischen Schrifttum, so ist aus § 91 Abs. 2 AktG keine Pflicht zur Einrichtung eines umfassenden Risikomanagements abzuleiten. Die Pflicht zum umfassenden Risikomanagement kann sich vielmehr aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten eines Geschäftsleiters gem. § 93 Abs. 1 AktG und § 43 Abs. 1 GmbHG ergeben.[88] Dennoch sollte ein angemessenes Risikofrüherkennungssystem ein Mindestmaß an Maßnahmen aufweisen. Zu diesen Maßnahmen sind insbesondere die Festlegung der Risikofelder, die zu bestandsgefährdenden Entwicklungen führen können, die Risikoerkennung und Risikoanalyse, die Risikokommunikation, die Zuordnung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben, die Einrichtung eines Überwachungssystems und die Dokumentation der getroffenen Maßnahmen zu zählen.[89] Die konkrete Ausgestaltung und der Detaillierungsgrad des RFS sollten jedoch individuell nach der Größe, Komplexität und Branchenzugehörigkeit des jeweiligen Unternehmens sowie nach der Frage, ob ein Kapitalmarktzugang besteht, ausgerichtet werden.[90]

Tax Compliance

Подняться наверх