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Kapitel 3: Am Bahnhof

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Thomas und Frederik standen am Bahnhof.

Bis auf wenige Einheimische und ein paar Touristengruppen, die mit Ihrem Gepäck zusammenstanden, war der Bahnhof menschenleer. Es war fast acht Uhr am Abend, und so gab es wenig Gründe, hier an diesem Urlaubsort um diese Uhrzeit auf größere Menschenansammlungen an diesem Bahnhof zu treffen, der als Endbahnhof mit lediglich drei Gleisen ausgestattet war; mehr um die ab- und einfahrenden Züge nicht kollidieren zu lassen, als das es notwendig war, wegen der starken Frequentierung mehrere Gleise vorzuhalten.

„Sie müssen auf Bahnsteig 3“, hatte ihnen ihr Fahrer noch erklärt, „Dort fährt jede Stunde ein Zug nach Emden, wie ich schon sagte; von dort fahren alle weg, die Richtung Heimat oder Süden wollen, und von Emden kommen sie dann auf jeden Fall auch weiter.“

Es handelte sich bei ihrem Fahrer um den Kioskbetreiber, nicht Kioskbesitzer, das hatten die beiden in ihrer 10 minütigen Fahrt herausgefunden. Sonst war die Fahrt eher langweilig verlaufen.

Die Landschaft gab nicht viel her, über das man sich hätte unterhalten können, die Kargheit der Umgebung hatte sie übermannt, und der Bahnhof lag mitten in der kleinen Stadt, bei der um diese Uhrzeit die Bürgersteige hochgeklappt waren.

Der Bahnhof war sehr alt und bautechnisch in die Jahre gekommen, die Ausstattung gab nicht viel her, passte jedoch gut zu den Ansprüchen, die man an so einen kleinen Bahnhof haben kann.

Da der Bahnhof inmitten des Urlaubsortes lag, wimmelte es hier nicht von Geschäften und Automaten oder dergleichen, denn man konnte außerhalb des Bahnhofgrundstücks überall etwas kaufen; eigentlich bekam man in der näheren Umgebung alles, was das Herz begehrt.

Lediglich ein Getränkeautomat war zu sehen und ein Automat für Snacks, außerdem gab es noch einen kleinen Kiosk, der aber geschlossen war.

Sie standen vor dem Plan mit den Ankunfts- und Abfahrtszeiten und brachten schnell in Erfahrung, dass sie noch 20 Minuten Zeit hatten.

Zeit genug dass noch etwas passieren konnte, dachte Thomas.

Sie stellten ihr Gepäck nah den Gleisen neben den Plan auf den Bahnsteig, um vorbereitet zu sein, wenn der Zug kam.

Zwischen einer der Touristengruppen zwängte sich ein Mann hindurch, und kam spontan auf sie zu, zumindest dachten sie dass.

Tatsächlich wollte der Mann nur auf den Ankunfts- und Abfahrtsplan sehen. Da der Cockerspaniel und der Businessman, letzterer war Bauleiter bei einer kleinen Baufirma, ihn mit großen Augen ansahen, blieb er vor ihnen stehen und sprach sie an.

“Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte er.

„Nein, nein“, stotterten beide, völlig überrascht davon, von einem Fremden angesprochen zu werden.

„Entschuldigen Sie, sie sehen mich so hilfesuchend an. Aus formgründen muss ich mich Ihnen an dieser Stelle vorstellen: Ich bin Polizist. Das ich keine Uniform trage liegt unter anderem daran, dass ich gerade aus dem Urlaub komme. Sie sahen so aus als könnten sie dringend Hilfe brauchen, oder wollten diese.“

Der Polizist war zivil und trug über der Sommerkleidung eine wärmende Jacke, und nichts erinnerte daran, dass er Polizist war, oder an das Erscheinungsbild, das die Polizei in der Öffentlichkeit abgab.

Frederik und Thomas hatten sich leicht erschrocken als sie angesprochen wurden; weil sie sich ja niemandem offenbaren durften. Da sie vor ihrem Hintergrund vor allem jeglichen Kontakt zur Polizei vermeiden wollten, zuckten sie zusammen als sich der Unbekannte dann noch als Polizist zu erkennen gab.

„Na, dann ist ja gut“, sagte der Polizist. „Ich dachte schon, ich könnte Ihnen helfen. Ich bin zwar auch nur Tourist, aber manchmal weiß ja ein Tourist mehr als der andere.“

Er ging zu dem Zugfahrplan und studierte die Abfahrtszeiten.

„Eine Verbindung von Emden in die Südsee gibt es wohl nicht“, sagte der Polizist.

Frederik blickte verstört auf, er dachte er hätte sich verhört und fühlte sich nun völlig im falschen Film.

„Sagten Sie Emden?“, fragte er, „und als zweites Wort Südsee?“.

„Ja richtig“ kam es zurück. „Sie haben recht, keine typische Verbindung von hier oben im Norden, oder?“

„Ähm, nein. Weder noch. Also ich vermute es gibt keine direkte Verbindung, noch dazu ist dies mit Sicherheit keine typische Verbindung“ sagte Frederik. „Richtung Süden fahren die Züge von dort aber alle.“

„Wo wollen Sie denn hin, oder warum wollen Sie von hier aus in die Südsee“, entfuhr es Thomas.

Der Polizist stutzte kurz. „Nun, leider ruft mich meine Arbeit aber glücklicherweise an die Südsee. Glück und Pech in einem“, antwortete er.

„Das Leben bei der Polizei muss interessant sein“, sagte Thomas, dem die Aussage des Polizisten nicht weit genug ging.

„Nun, ja, mal mehr mal weniger. Wenn man es genau betrachtet, sind die Einsätze an der Südsee eher selten, und man hat es mit mehr oder weniger schweren Verfehlungen in der Gesellschaft bzw. bei den Bürgern zu tun, denen wir im Ganzen aber natürlich wohlgesonnen gegenüberstehen“, antwortete der Polizist ehrlich und polizeitypisch.

„Mein Name ist Schmidt“, ergänzte er, und reichte erst Thomas dann Frederik die Hand.

“Der einfache Name Schmidt. Zumindest der ist langweilig und dürfte Sie nicht weiter erschrecken.“

Dem Polizist war aufgefallen, dass die beiden sich erschrocken hatten als er sich als Polizist zu erkennen gegeben hatte und seinen Ausführungen sehr interessiert mit fast offenem Mund gefolgt waren.

„Glauben Sie mir, man hat mir versprochen, dass nach meinem Urlaub an der Nordsee ein zweiter Urlaub im Süden folgen würde der wenig mit Arbeit zu tun hätte“, sagte er.

„Ermitteln Sie zufällig in einem Mordfall?“, kam es aus Frederik heraus.

Der Polizist blickte ihn erstaunt an. „Tatsächlich, ja, das tue ich. Nun, da ich bei der Mordkommission arbeite, habe ich immer etwas mit Mordfällen zu tun. In der Regel aber, wenn sie bereits geschehen sind. Dieses mal sind wir einen Schritt voraus: Es geht um einen geplanten Mord, aber machen Sie sich keine Sorgen, da wir bereits ermitteln, kann nicht mehr viel geschehen. Eigentlich dürfte ich Ihnen das gar nicht erzählen“.

Er steckte die Hände in die Taschen und blickte entspannt die Gleise herunter, womit er versuchte, wieder Ruhe in die Unterhaltung zu bringen, denn ihm war bewußt, dass die Aufmerksamkeit, wenn man von Mord sprach, bei den meisten Zuhörern – wie auch bei seinen – bei Aussprache des Wortes „Mord“ aus dem Mund eines Polizeibeamten den Höhepunkt erreicht hatte.

Er ahnte ja nicht, weshalb Herr Lichy, so hieß der Businessman und Dr. Hunt so aufmerksam und erregt mit ihm sprachen und zuhörten.

„Ich glaube Sie machen sich ein falsches Bild“, versuchte er, die beiden weiter zu beschwichtigen.

“Wir ermitteln auf dringenden Tatverdacht der Absprache zu einem Mord, das bedeutet wir haben bereits alle Verdächtigen.“

„Ach ja“, tat Thomas belanglos, „was es nicht so alles gibt“.

Es folgte die berühmte Gesprächspause, bei der keinem der Beteiligten etwas sinnvolles einfiel zu sagen, womit man das Gespräch wieder aufnehmen konnte.

Frederik und Thomas kam es vor, als dauerte die Pause eine Stunde, der Polizist hingegen sah gelangweilt aus.

„Und wo wollen Sie hin?“, fragte er.

„Wir wollen weg“, antwortete Frederik, dem der Atem weg blieb, da er bemerkte, dass die eigentliche Aufgabe der Antwort, den Polizisten zu beruhigen und etwas langweiliges zu sagen oder darzustellen, fehlgeschlagen war.

„Weg von den Möwen, und hin zu den Tauben“, verbesserte ihn Thomas schnell, der bemerkt hatte, dass sein Freund argumentativ in Schwierigkeiten steckte.

„Muss ich das verstehen?“, fragte der Polizist.

„Nun ja, am Meer gibt es Möwen, und bei uns in Ostwestfalen Tauben“, sagte Dr. Hunt, in der Hoffnung, mit der Aussage nicht nur das Gespräch in ruhiges Fahrwasser zu bekommen, sondern auch den Wissensdurst des Polizisten zu stillen.

„Ostwestfalen?“, sagte der Polizist und zog die Augenbraunen hoch, „Sie meinen Ostwestfalen-Lippe?“

„Ja“, sagte Thomas erstaunt. „Was finden Sie daran so interessant?“

„Nun ach ja, Ostwestfalen oder besser Ostwestfalen-Lippe…..ist meine Heimatregion.

Ich würde dort auch gerne hin, muss aber jetzt in die Südsee. Zu anderen Tauben…ähm... Möwen.“ Er lächelte.

Frederik und Thomas brachte die Aussage des Polizisten er käme aus Ostwestfalen nun völlig durcheinander.

„Was machen Sie denn beruflich. Wenn ich fragen darf“, fragte der Polizist höflich.

„Also ich bin Bauleiter“, sagte Frederik vorsichtig, aber froh, dass der Polizist das Gespräch wieder aufnahm und weiterführte.

„Und ich Psychiater“, ergänzte Thomas, der etwas blass geworden war.

„Ab und zu verbringen wir unseren Urlaub zusammen, das hat aber eigentlich Seltenheitswert. Mein Freund hier“, Thomas deutete auf Frederik, „scheut grundsätzlich meine Anwesenheit im Urlaub, da er ständig vermutet, ich könnte nicht abschalten, und ihn fortlaufend mit psychologischem allerlei nötigen.“

Dabei war es genau umgekehrt. Jede Baustelle an der sie vorbeikamen oder die ihren Weg kreuzte wurde von Frederik beäugt und kommentiert. Dieser Fakt spielte aber in dieser Unterredung nicht wirklich eine Rolle.

„Hauptsache Sie werden sich am Ende einig und schaffen es, gemeinsam den Urlaub zu verbringen und zu genießen“, sagte der Polizist, der damit vorerst genug hatte.

„Ich muss wieder zurück, der Zug kommt ja gleich. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Heimreise. Und grüßen Sie mir die Heimat.“

Frederik verbeugte sich, warum auch immer, Dr. Hunt hob noch die Hand und sagte:“Und Ihnen viel Erfolg bei Ihren Ermittlungen, und gute Reise in den Süden.“

Der Polizist ging wieder zurück zu seinem Koffer, leicht irritiert durchquerte er wie zuvor die kleine Gruppe, die so stand, dass sie ihm den Weg versperrte und er sie nicht umgehen konnte, und wartete entspannt auf das Eintreffen des Zuges.

„Glaubst Du es gibt einen Zusammenhang zu unserem Fall?“, fragte Thomas.

„Ausgeschlossen. Noch dazu weißt Du nicht, ob sich unser Freund nur verhört hat“, antwortete Frederik.

Dem Businessman war kalt geworden, da die Temperaturen immer weiter herunter gingen, je später der Abend wurde. Außerdem war es auf dem Bahnsteig fast windiger als am Strand. So öffnete er die Tasche, und holte eine Jacke heraus, die er gegen das Jacket des Anzuges tauschte, und zog sie an.

Der Cockerspaniel lachte.“Ostwestfalen, Südsee, eigentlich wäre er der richtige Ansprechpartner für uns. Wenn sich unser Freund sicher wäre. Was für ein Zufall.“

„Wir sollten nur aufpassen“, sagte der Businessman, „dass er uns nicht noch mal über den Weg läuft, denn unsere Route ist in großen Teilen bestimmt fast identisch. Unabhängig davon dass wir uns nichts haben zuschulden kommen lassen, wird er bestimmt argwöhnisch, wenn wir uns jetzt mit ihm Richtung Südsee bewegen, statt in Ostwestfalen zu landen. Da haben wir ihn ja belogen“

Thomas sah in an. „Wir haben noch 10 Minuten“, und mehr aus Spaß und um die Situation aufzulockern sagte er: „Lust auf einen Drink?“

„Du willst Dich schon wieder dem Korn hingeben nach dem Schock?“

„Ich würde auch mit Küstennebel vorliebnehmen, es kann ja nichts passieren, wenn man von der Polizei begleitet wird. ich denke das wird eine entspannte Zugfahrt.“

Beide registrierten nicht, dass der Polizist sie weiter beobachtete, denn da er bereits im Dienst war, war er aufgrund dessen, dass er sie offiziell angesprochen hatte, sehr aufmerksam auf das Verhalten der beiden geworden, und ebenfalls irritiert, genauso wie die beiden.

Er stand an seinem Koffer und der Tasche, die er bei sich trug, kratzte sich am Kopf und räusperte sich.

Er verfügte über genug Gespür, um festzustellen, dass irgendetwas mit den beiden nicht stimmte.

Es war ihm aufgefallen, das die Begriffskombination „Ostwestfalen“ und „Südsee“ bei seinen Zuhörern für Erstaunen gesorgt hatte, und er versuchte nachzuvollziehen, was Dr. Hunt und Herrn Lichy daran so seltsam fanden, was ihm aber misslang.

So nahm er sich vor, auf der Zugfahrt, die etwas über eine Stunde gehen sollte, beide noch mal anzusprechen um etwas mehr über sie herauszufinden.

Der Cockerspaniel und der Businessman hingegen zweifelten nicht daran, unauffällig gewesen zu sein:

„Ich glaube nicht das ihm etwas aufgefallen ist“, sagte der Cockerspaniel, „vielleicht waren wir etwas überrascht, aber unsere Nervosität wird er nicht bemerkt haben.“

„Du bist der Psychiater“, sagte der Businessman, „da werde ich bestimmt kein zweites Statement abgeben, wenn Du Dir so sicher bist. Ich denke, dass er nicht gemerkt hat, wie nervös wir am Ende waren und wie froh und dankbar, das er uns wieder verlasen hat.“

Sie schienen beide nicht zu berücksichtigen, dass auch die geringe Menge Restalkohol in ihrem Blut bei den beiden Spuren in der Argumentationssicherheit und in der allgemeinen Rednerkunst hinterlassen hatte.

„Mach Dir keine Sorgen“, sagte der Cockerspaniel, „meinst Du das war eine gute und kluge Entscheidung mit dem Anzug?“

„Ich habe ja gesagt, dass ich in der Südsee bestimmt keinen Anzug tragen werde, und diesen am besten als Reisekleidung verbrauchen kann.“

Sie schielten zu dem kleinen Kiosk gegenüber des Bahnhofs auf der anderen Straßenseite.

„Wenn Du noch Küstennebel holen willst, solltest Du Dich beilen“, sagte Frederik zu Thomas.

Dann kam der Zug. Der Intercity Emden – Hamburg rollte mit quietschenden Bremsen langsam Richtung Prellbock, einige Meter vorher blieb er stehen und die Türen öffneten sich. Wenige Gäste und Einheimische stiegen aus, für mehr Andrang war es schon zu spät. Die meisten hatten längst Feierabend und die Touristen waren schon Stunden vorher in ihren Urlaubsresorts angekommen.

Der Polizist wählte einen der vorderen Waggons; um ihrem Schicksal zu entgehen, und nochmals auf die Staatsmacht in Zivil zu treffen, stiegen Frederik und Thomas in einem der hinteren Waggons ein. In ihrem Abteil hatten sie die Wahl zwischen entspannten Rentnerehepaaren Platz zu nehmen, oder sich zu einer jungen Familie mit ihren drei vergnügten Kindern die zwischen sechs und sechzehn Jahren alt waren zu setzen. Die Familie war gerade dabei, Schwimmreifen, Sonnenliegen und das Reisegepäck um sich herum zu verstauen.

Sie wählten die Familie, Rentner waren ihnen zu langweilig.

Sie warteten kurz, bis die Familie sich und das Gepäck sortiert hatte, dann nahmen sie eine Sitzgruppe weiter Platz, und verstauten ihre Sachen über sich auf der Ablage.

Auch die anderen Gäste hatten zum großen Teil mittlerweile alles verstaut, und die ersten Rentner schlugen bereits ihre Reiseführer auf um sich weiter mit den Sehenswürdigkeiten ihrer Umgebung auseinanderzusetzen.

Die Kinder spielten mit einem Ball, dieser rollte unter der Sitzbank zu Dr. Hunt. Als dieser ihn in die Hand nahm, entwich die Luft unter einem lauten Geräusch aus dem Ball.

Dr. Hunt hob den Ball hoch und sagte:

“Ich bin Psychiater“

„Gut das eben nicht mehr passiert ist auf dem Bahnsteig bei Deinen eloquenten Aussagen“, sagte Herr Lichy zu Dr. Hunt, „Tolle Entschuldigung, besser Du trinkst keinen Alkohol mehr“.

„Und ich Bauleiter“, fügte er der vorangegangenen Aussage seines Gegenübers laut hinzu, so dass es die Familie hören konnte, „es tut uns leid, aber unser Psychiater hat nun mal heute eine ausgesprochene Zerstörungswut“

Thomas sah in sprachlos an.

„Das ist keine Entschuldigung“, sagte er laut.

„Stimmt“, kam von den Eltern zurück, die nun wirklich davon ausgingen, Dr. Hunt hätte dem Ball absichtlich die Luft heraus gelassen.

„Wie lösen wir jetzt das Problem?“, sagte Dr. Hunt.

„Ich weiß ja nicht, welches Problem Sie haben, aber wir lösen das bestimmt nicht. Was ist mit unserem Ball? Das Sie Psychiater sind und Ihr Freund Bauleiter ist wirklich keine Entschuldigung.“ Die Eltern waren nun zu Recht sauer.

„Darf ich Sie aufklären?“, grinste Herr Lichy und stand auf.

„Mein Freund hier ist tatsächlich Psychiater, und ich tatsächlich Bauleiter“.

„Soweit waren wir schon“, kam es aus der Ecke der Eltern.

„Das wäre alles“, sagte Herr Lichy, grinste noch mehr und setzte sich wieder.

„Nun bist Du an der Reihe“ raunte er seinem Freund zu, „meinst Du, Du kommst da lebend raus?“

„Wenn Du so weiter machst, bestimmt nicht!“, sagte Dr. Hunt, und es war ihm anzumerken, dass er mit der Situation leicht überfordert war. Er stand auf, immer noch hielt er den Ball in seinen Händen und sah Frederik verzweifelt an.

„Also, ich wollte Ihnen nur mitteilen….“

„….das Sie Psychiater sind, wissen wir“ sagten die Eltern, nun leicht irritiert.

„Also, ich…“, er warf den Ball zurück zu den Kindern, eins der Kinder fing den Ball auf und sah seine Eltern traurig an.

„….ich wollte ihnen damit nur sagen, dass ich nichts dafür kann“ sagte er.

„Wir verstehen zwar nicht, was Sie als Psychiater rettet, für den Schaden an einem Ball nicht belangt werden zu können, aber das werden Sie uns sicher gleich erklären.“

„Also…“, holte Dr. Hunt wieder aus.

„Hat der getrunken?“ fragte die Frau ihren Mann, laut genug, dass es Dr. Hunt und Herr Lichy, aber auch die anderen Gäste, die in der Nähe saßen hören konnten.

Die Mundwinkel von Herrn Lichy gingen immer weiter nach oben, während er sein Gesicht in seinen Händen vergrub. Er konnte sich kaum noch halten vor lachen.

„…ich bin Psychiater“, sagte Dr. Hunt, und Herr Lichy brach in schallendes Gelächter aus.

Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, sagte er: „Richtig, außerdem wollte er Ihnen nur mitteilen, dass er kein Halbstarker ist, der irgendwelche Bälle kaputt sticht. Zudem ist er stolz auf seinen Beruf“, er grinste, „Das war eigentlich schon alles.“

„Womit noch nicht bewiesen wäre, dass das keine Absicht war, aber wir kommen der Wahrheit näher“. Die Eltern beruhigten sich.

„Und warum, wenn Sie doch kein Halbstarker sind, machen Sie dann irgendwelche Bälle kaputt?“

„Der ist einfach in meinen Händen kaputt gegangen“, sagte Dr. Hunt nun kleinlaut, „ich kann wirklich nichts dafür.“

„Wir glauben Ihnen“, kam aus der Ecke der Eltern, die sich wieder ihren Kindern zuwandten.

„Geschafft“, sagte Herr Lichy zu Dr. Hunt, „wir haben Dich rausgehauen. Und ich kenne nun das perfekte Alibi: Ich kann es nicht gewesen sein, ich bin Psychiater!“.

„Danke für Deine Hilfe“, sagte Dr. Hunt, der nun auch ein wenig grinste.

Ein Schaffner betrat nun das Abteil, und der Zug setzte sich in Bewegung.

Die Psychologie von Möwen und Tauben

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