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Kapitel 6

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An einem dieser windigen und regennassen Septembertage, die das baldige Ende des Sommers am See ankündigten, setzte sich Isabel im Fahrgastraum des Katamarans in einen Sessel und schaute zum Fenster hinaus. Der Bodensee hatte seine einzigartige Farbpalette gegen tristes Grau in allen denkbaren Stufen eingetauscht. Ein dunkles Wolkenband hing schwer über dem Schweizer Ufer. Viele kleine Schaumkronen auf dem Wasser jagten wie eine Horde wildgewordener Schwäne hintereinander zum Ufer. Ein einzelnes Segelboot schaukelte unter Motor dem Hafen von Bottighofen entgegen. Die Segel hatte der Skipper längst eingeholt. In gelber Regenkleidung umfasste er das Steuerrad und trotzte dem Nass von allen Seiten.

Bald würde die Fähre Konstanz erreichen. Eigentlich hatte Isabel gar nicht fahren wollen. Erstens verursachte der Gedanke, bei diesem Wetter aufs Wasser zu gehen, Bauchgrimmen und zweitens war ihr überhaupt nicht nach Feiern zumute. Bang dachte sie an die vielen Leute, die oberflächlichen Gespräche, die fremden Gesichter – aber wenigstens wollte sie Lena zu deren 40. Geburtstag gratulieren. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie die vergangenen Tage ohne die Freundin überstanden hätte.

Im geschützten Konstanzer Bundesbahnhafen war von dem Sturm auf dem See draußen fast nichts zu spüren. Als der Katamaran anlegte, regnete es immer noch. Isabel zog die Kapuze ihres Anoraks über die Haare und drückte die Rosen, die sie für Lena gekauft hatte, an sich. Dann reihte sie sich ein in den nicht enden wollenden Lindwurm von bunten Regenschirmen, der sich von der Mole zur Hafenstraße und in die Fußgängerzone schlängelte. Der Sturm zerrte an den Schirmen und trieb neben gelbbraunen Blättern Plastik-, Bäckertüten und Einweg-Getränkebecher vor sich her. Die Herbstblumen, die solches Wetter gewöhnt waren, hatten ihre Blüten geschlossen. Kein Vogelgezwitscher war zu hören. Windböen heulten und rauschten durch die Gassen, rüttelten an den Ketten der festgebundenen Tische und der gestapelten Stühle der Straßencafés. Isabel bog in eine Seitengasse ab und marschierte weiter durch die Altstadt zu Lenas Wohnung.

Durchnässt kam sie an, und als Lena öffnete, fielen sich die Freundinnen in die Arme. »Schön, dass du es geschafft hast zu kommen. Gut gemacht, meine Liebe.« Mit ihren Worten spielte Lena auf Isabels Stimmung noch vor wenigen Stunden an. Isabel hatte Lena telefonisch gratuliert und gesagt, dass sie nicht zu ihrer Feier kommen könne, weil der Blues sie mal wieder niederdrücke. Isabel hatte Lenas Enttäuschung gespürt und sich gezwungen, aufzustehen und die Fahrt auf sich zu nehmen. Nun sagte sie lächelnd: »Lena, du warst so oft für mich da in letzter Zeit, da musste ich mich einfach aufraffen.«

»Ich freu mich, dass dir das gelungen ist. Die Abwechslung wird dir bestimmt guttun.«

»Mal sehen«, antworte Isabel wenig überzeugt und folgte Lena zögernd. Im Wohnzimmer und in der Küche drängten sich befreundete Mütter, Mitarbeiterinnen und Kolleginnen von Lena. Stimmengewirr und lautes Lachen empfing die beiden.

»Meine lieben Frauen, hört bitte mal her. Das ist Isabel, meine beste Freundin. Wir kennen uns schon seit unseren gemeinsamen Tübinger Tagen. Wir haben lange in einer WG zusammengewohnt. Schon damals waren wir das Dreamteam und unzertrennlich. Wir haben uns geschworen, Freunde fürs Leben zu bleiben.« Lena machte eine kurze Pause und lachte Isabel an. »Nun hat Isabel es ohne mich in Tübingen nicht mehr ausgehalten und ist im Frühjahr auch an den Bodensee gezogen.«

»Willkommen!«, tönte es gleichzeitig aus mehreren Kehlen, und die Frauen klatschten in die Hände. Als es wieder ruhig wurde, verkündete Lena: »Hauptkommissarin Isabel arbeitet bei der Wasserschutzpolizei in Friedrichshafen, also nehmt euch in Acht!« Dann drückte sie Isabel ein Glas Prosecco in die Hand, griff nach ihrem eigenen und rief fröhlich in die Runde: »Lasst uns auf unsere Freundschaft trinken mit dem Trinkspruch, mit dem Isabel und ich seit Jahren anstoßen: In dubio Prosecco! Prost!«

Alle lachten, prosteten sich zu und begannen, wieder durcheinanderzuquatschen. Isabel beteiligte sich nur wenig an den Gesprächen, auf Fragen antwortete sie meist einsilbig. Sie lehnte bereits einige Minuten an einer Wand – einen freien Sitzplatz hatte sie nicht ergattern können –, als sich Lenas Mitbewohnerin Natalia zu ihr gesellte. Die hat mir gerade noch gefehlt, schoss es Isabel in den Sinn. Sie konnte Natalia nicht besonders gut leiden und hatte Lena schon gefragt, wie sie es mit einer dermaßen oberflächlichen und nur auf Äußerlichkeiten bedachten Person überhaupt aushielt. Da plapperte Natalia auch schon los: »Na, Isabel, wie geht’s dir denn so? Lena hat erzählt, was passiert ist, und ich hab’s auch im Radio gehört.«

Beim Klang ihrer Stimme richteten sich sämtliche Härchen in Isabels Nacken auf. »Es geht so, liebe Natalia. Hast du etwas anderes erwartet?« Isabel schaute kampfeslustig direkt in Natalias kunstvoll bewimperte und geschminkte Augen. Sie verspürte wenig Lust, dieser Plaudertante Einzelheiten preiszugeben. Doch Natalia gab nicht so schnell auf, sie musterte Isabel neugierig, schürzte ihre vollen Lippen und sagte: »Du siehst ein bisschen mitgenommen aus, Isabel. Vielleicht solltest du dir etwas Schönes gönnen. Ich kenne einen tollen Salon, da kannst du dich wieder aufmöbeln lassen.«

»Danke, Natalia, das ist nichts für mich«, sagte Isabel und nippte an ihrem Prosecco.

»Ach, ich dachte ja nur, du hättest es …«

Bevor Natalia ihren Satz zu Ende sprechen konnte, kam Lena und sagte: »Natalia, du hast doch sicher nichts dagegen, wenn ich dir Isabel kurz entführe.« Schon packte sie Isabel am Arm und zog sie mit sich fort. Dankbar blickte Isabel die Freundin an. »Danke. Du, ich kann das gerade noch weniger als sonst! Für so ein Gelaber hab ich momentan überhaupt keinen Nerv.«

»Das habe ich mir gedacht, als ich euch zwei gesehen hab. Darum bin ich ja gekommen. Setz dich hierher zu meinen Kolleginnen und zu meiner Yogalehrerin«, sagte Lena und drückte Isabel auf das Sofa neben eine Frau mit tiefschwarzen langen Haaren und buntem Baumwollkleid. Die Frau unterbrach ihr Gespräch, senkte lächelnd ihren Kopf und fixierte Isabel aus dunkel umrandeten Augen. Dann faltete sie ihre Hände vor der Brust und begrüßte die Neue mit: »Namasté.«

Isabel lächelte zurück, und da sie nicht wusste, ob sie auf den Gruß mit einem »Ohm« antworten sollte, entschied sie sich für ein freundliches Nicken. Für die Yogini schien das in Ordnung zu sein und die Sache damit erledigt. Sie wandte sich wieder den anderen Frauen der Runde zu und schwärmte weiter von ihrer Reise nach Sri Lanka zu ihrem spirituellen Meister. Isabel lauschte der Unterhaltung ohne besonderes Interesse. Am liebsten hätte sie sich wieder davongeschlichen, doch Lena zuliebe hielt sie tapfer durch.

Irgendwann kamen die Frauen auf das Schiffsunglück vor Friedrichshafen zu sprechen, über das auch die Konstanzer Zeitungen berichtet hatten. Eine von Lenas Kolleginnen wandte sich an Isabel und fragte: »Bist du die Freundin von Lena, die mit auf dem Boot war? Lena hat da mal etwas erzählt.«

Isabel war mit ihren Gedanken gerade bei Thomas und damit weit weg gewesen und zuckte nun zusammen. »Ähm, ja«, antwortete sie widerwillig, strich sich eine Locke aus dem Gesicht, nahm einen Schluck und drehte das Glas in ihren Händen.

»Was, echt? Du warst bei dem Unglück dabei? Krass!« Die Besucherin, die bisher Isabel gegenübergesessen war, sprang sofort auf und griff nach ihrer Handtasche.

»Cool! Erzähl doch mal«, rief eine andere, und Isabel wäre am liebsten im Erdboden versunken. Die Neugier dieser Frauen zu befriedigen war das Letzte, wonach Isabel der Sinn stand.

»Das muss ich gleich in meine Story posten. Darf ich ein Foto von dir machen?« Die Frau hatte inzwischen ihr Smartphone gefunden und hielt es Isabel vors Gesicht.

»Lass das!«, sagte Isabel scharf, hob ihren Arm, und für einen Moment sah es aus, als würde sie ihr das Handy aus den Händen schlagen. Doch Isabel fuhr nur mit ihrer Hand über ihr Gesicht und wischte die Schweißtropfen ab, die sich gebildet hatten. Oder waren es Tränen? Egal. Isabel merkte, wie sich ein Panzer um ihr Innerstes legte und sie langsam erstarrte. Genau vor solchen Situati­onen hatte sie sich gefürchtet. Sie senkte ihre Hand wieder, umklammerte ihr Glas und begann plötzlich zu zittern. Trotz Dröhnen in ihrem Kopf hörte sie ein Knirschen. Das Glas zerbarst in ihren Händen, etwas Warmes rann zwischen ihren Fingern hindurch. Wie durch einen Schleier registrierte sie, dass Lena auf sie zustürzte. Sie senkte den Kopf und betrachtete ihre Hände. Alles rot, blutrot. Ihr Blut. Dann sank sie auf dem Sofa zusammen. Alles war mit einem Mal wieder da: das Wasser, das Rauschen, der Kampf, Carl, der Schmerz in ihrer Lunge …

Es war mucksmäuschenstill geworden im Zimmer. Erschrockene Gesichter starrten auf Isabel und Lena. »Isabel, hörst du mich?«, rief Lena, packte die Freundin an den Schultern und schüttelte sie. Nun tätschelte sie Isabels Wangen und rief noch einmal: »Isabel! Hörst du mich?« Als sie keine Antwort bekam, nahm sie ein Wasserglas, das halb voll auf dem Tisch stand, und schüttete es Isabel schwungvoll ins Gesicht. Dann schlug sie kräftiger auf Isabels Wangen … abwechselnd rechts und links.

In dem Moment öffnete Isabel die Augen und sagte: »Hey, du tust mir weh.« Sie richtete sich auf, fuhr sich mit einer Hand über Stirn und Gesicht und zwang sich zu einem Lächeln. Sie schüttelte ihre Locken und verkündete in die Runde: »Alles okay, Mädels. Sorry, war nur ein kleiner Schwächeanfall.«

»Du hast dich geschnitten«, sagte Lena und zeigte auf Isabels blutende Finger. »Komm mit ins Bad, da ist Verbandszeug.« Damit zog sie Isabel hoch und verließ mit ihr das Zimmer. Zurück blieben überraschte, teils besorgte und teils auch enttäuschte Gesichter.

»Es tut mir so leid, Lena. Nun hab ich dir auch noch deine Geburtstagsparty vermasselt. Ich hätte nicht kommen dürfen, niemals …«, jammerte Isabel.

»Hör bloß auf mit dem Quatsch und halt still, du Schusseltante, du.« Vorsichtig tupfte Lena die Schnittwunden an Isabels Händen ab. »Halb so schlimm, hat im ersten Moment böser ausgesehen, als es ist.« Mit einer Pinzette entfernte sie einen winzigen Glassplitter aus der Handfläche, besprühte die Wunde mit Desinfektionslösung und klebte ein Pflaster darauf. Weitere kleine Streifen klebte sie um Isabels Finger. »Sodale. Das hätten wir. Du kannst deinem Pascha bestellen: Die nächsten Tage wird’s nix mit Spülen«, scherzte Lena und drückte die Freundin an sich.

»Danke, Lena, aber du tust Thomas unrecht. Er hat sich schwer gebessert während der vergangenen Tage. Er hat sich um mich gekümmert, war richtig aufmerksam, hat ständig nach mir geschaut, mir zu trinken gebracht, sogar Essen eingekauft«, stammelte Isabel.

»Na, dann hat das Ganze wenigstens etwas Positives, wurde auch allerhöchste Zeit.«

Schulter an Schulter und Kopf an Kopf saßen die Freundinnen schweigend auf dem Rand der Badewanne, als plötzlich die Tür aufsprang und Lenas sechsjähriger Sohn Ben hereinstürmte, die Kinder der anderen Mütter im Schlepptau. Mit zornrotem Gesicht sagte er: »Mama, der Tim hat ›Arschloch‹ zu mir gesagt!«

»Stimmt ja gar nicht!«, widersprach der Junge, der offensichtlich Tim hieß.

»Doch, hast du!«, schrie Ben und streckte dem Jungen die Zunge heraus. Dann wandte er sich wieder seiner Mutter zu und klagte: »Außerdem hab ich Hunger.«

»Paul hat auch Hunger«, pflichtete ihm ein kleinerer Junge bei.

»Ludwig hat Durst!«, meldete ein Junge, dessen untere Gesichtshälfte braun verschmiert war, und schob sich ein Stück Schokolade in den Mund.

»Boris mag Burger!«

So schallte es munter durcheinander, und unwillkürlich musste Isabel lächeln. Lena erhob sich, setzte ihre Strenge-Mama-Miene auf und verkündete: »So, hier erst mal alle Hände waschen! Gleich gibt’s Essen.« Zu Isabel gewandt, sagte sie seufzend: »Jetzt wird’s ernst. Wenn die kleinen Plagegeister hungrig sind, kennen sie kein Pardon.« Mit Blick auf Isabels nassen und blutverschmierten Pullover fügte sie hinzu: »Dein Pulli hat was abbekommen. Nimm dir einen sauberen aus meinem Schrank, du weißt ja, wo die sind.«

Isabel sah Lena dankbar an. »Lieb von dir, danke, Lena, mach ich. Aber du, ich hab überhaupt keinen Bock auf weitere Fragen und schon gar nicht auf Small Talk. Ich verdrück mich und geh gar nicht mehr rein. Kannst du mir das verzeihen?«

»Da gibt’s nichts zu verzeihen. Ich versteh dich«, sagte Lena, während sie die Reste der Heftpflaster in den Mülleimer räumte und Pinzette und Schere in Sicherheit brachte. Dann sah sie Isabel an. »Am liebsten würde ich mit dir allein weiterfeiern. Mit dir durch Klubs und Kneipen ziehen wie früher. Auch mir gehen die Mädels heut irgendwie auf die Nerven.«

Erleichtert atmete Isabel auf, schlang ihre Arme um Lena und sagte: »Ich melde mich wieder. Und entschuldige bitte die Unruhe und den Aufruhr, die ich in deine Bude gebracht habe. Ich wollte wirklich nicht so viel Aufmerksamkeit auf mich ziehen, wo doch heute dein Geburtstag ist. Und natürlich nochmals danke für alles, Lena.«

Als Isabel vor die Tür trat, nahm sie erst mal einen tiefen Atemzug, presste die Luft hörbar aus und hob prüfend die Hand. Von den Bäumen und Dächern tropfte zwar noch das Wasser, aber der Regen hatte aufgehört. Sie blickte auf die Uhr. Ihr blieb genügend Zeit bis zur Abfahrt des nächsten Katamarans. Sie schlenderte durch die Gassen der Altstadt Richtung Hafen und fand sich plötzlich vor dem Konzilsgebäude wieder. Hier, wo vor 600 Jahren Kardinäle einen neuen Papst gewählt hatten, der die Spaltung der abendländischen Christenheit beenden sollte, hatte vor einem Vierteljahr die Affäre mit Carl begonnen. Geschickt hatte er den gemeinsamen Ausflug nach Konstanz eingefädelt. Er hatte darauf bestanden, dass sie ihn zu einer Tagung begleitete, und auf dem Nachhauseweg war es dann geschehen. Eine heiße Welle durchflutete Isabels Körper. Die Erinnerung an die wilden Minuten zwischen den Rebstöcken loderte auf in ihr. Würde Carl inzwischen reagieren, wenn sie ihn ansprechen oder berühren würde, fragte sie sich, als sie sich der Seeseite des massiven Gebäudes näherte.

Auf der Terrasse wischten korrekt gekleidete Kellner bereits Tische und Stühle für kommende Gäste trocken. Isabel blieb stehen, ließ den Blick schweifen und fixierte dann die »Imperia«, die sich langsam um die eigene Achse drehte. Schon interessant, dass die spärlich bekleidete Schöne auf der ältesten Pegelmessstation Baden-Württembergs steht und dort auch heute noch der Konstanzer Pegel gemessen wird, den wir Wasserschützer täglich verfolgen, dachte Isabel. Der Künstler Peter Lenk hat nicht gegeizt und sie mit weiblicher Sinnlichkeit überreich ausgestattet. Gerade zeigte die knapp zehn Meter hohe Statue Isabel ihren üppigen Betonbusen, und sie erinnerte sich, wie völlig nüchtern und offensichtlich unbeeindruckt von ihren Reizen Thomas ihr das neue Wahrzeichen der Stadt erklärt hatte: »Die weibliche Figur mit der Narrenkappe soll eine Kurtisane darstellen und eine satirische Anspielung auf das Konstanzer Konzil sein«, dozierte er damals. »Imperia war die Geliebte von weltlichen und kirchlichen Würdenträgern. Die zwei nackten Winzlinge, die sie auf ihren Händen trägt, stellen Papst und Kaiser dar.«

Seinerzeit hatte Isabel ihm scherzhaft geraten, statt Philosoph lieber Stadtführer zu werden. Denn der belesene Thomas wusste außerdem, dass der Bildhauer die Gestalt nach einem literarischen Vorbild seines Lieblingsdichters Balzac geschaffen hatte. Balzacs Roman »La belle Imperia« erzählte von einer Kurtisane, die während des Konzils als mächtige Geliebte triebgesteuerte Würdenträger um den Finger gewickelt und zu lächerlichen Witzfiguren degradiert hatte. Isabel war beeindruckt, hatte sich seine Sätze eingeprägt und später Lena erzählt. Köstlich amüsiert hatten sie sich damals.

Während Isabel wieder fasziniert die Drehbewegung der neun Meter hohen Edelprostituierten verfolgte, holte sie sich die Symbolik erneut ins Gedächtnis. Mächtige Männer als lächerliche Zwerge, vollständig ausgeliefert ihren Trieben, Spielbälle in den Händen einer Frau. Maßlos übertrieben dargestellt zwar, und doch könnte ein wahrer Kern darin stecken: Die Frau ist es, die groß und stark und souverän und mächtig ist, sie beherrscht ihre Libido. Darüber lohnte es sich nachzudenken …

Bevor Isabel sich abwandte, um zur Anlegestelle des Katamarans zu gehen, zwinkerte sie der Imperia verschwörerisch zu: Die Frau ist die Siegerin, die Meisterin ihrer Triebe. Du machst mir Mut, du Wundersame. Auch ich kann wieder zur Herrin meines Schicksals werden.

Seerausch

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