Читать книгу Populär - Mit Mord zum Erfolg - Martin Cordemann - Страница 9
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ОглавлениеIch bin mehr der unauffällige Typ.
Sie kennen das: der, dem die Nachbarn sowas nie zugetraut hätten.
Der immer brav ist.
Den Hund nicht tritt.
Die Kinder nicht verhaut.
Die Frau nicht schlägt.
Falls er eine hat.
Haben solche Leute Frauen?
Ich weiß es jetzt gar nicht.
Ich glaube, normalerweise nicht.
Ich denke, sie leben bei ihrer Mutter.
Bis zu deren Tod.
Oder in einer Wohnung.
Mehrfamilienhaus.
Unauffällig.
Grüßen immer nett die Nachbarn.
Machen keinen Krach.
Kriegen nach 10 keinen Damenbesuch.
Bringen immer brav den Müll runter.
Gehen immer schön zur Arbeit.
Pünktlich.
Tun nichts Böses.
Nichts Auffälliges.
Denken die Nachbarn.
Bis sie dann eines Tages in der Zeitung lesen, dass sie neben einem Massenmörder gewohnt haben, der in seiner Wohnung heimlich Holländerinnen verspeist hat.
„Das hätte ich nie von ihm gedacht!“
„Er war so ein ruhiger Typ!“
„Der konnte doch gar nicht kochen!“
Plötzlich sind alle überrascht.
Auch bei Terroristen.
Die Todespiloten vom 11. September.
Da hätte niemand gedacht, dass die sowas tun würden.
Die waren immer nett.
Haben nie was Schlimmes gemacht.
NA WAS DENKT IHR DENN???
DASS DIE MIT NEM SCHILD: „SELBSTMORDATTENTÄTER!“ DURCH DIE GEGEND LAUFEN?????
Manchmal zweifele ich den Verstand der Menschen echt an!
Ich meine, NATÜRLICH verhalten sich solche Leute unauffällig.
Sie wären doch bescheuert, wenn sie es nicht täten.
Ooooookay, sie sind auch bescheuert durch das, was sie dann tun.
Aber wenn sie sich auffällig verhalten würden, würden sie damit doch ihr großes Ziel gefährden.
Also ist es doch ganz klar, dass die nach außen hin so tun, als wären sie die netten Moslems von nebenan.
Auch wenn sie gerade die Vernichtung der Welt planen.
Bei den anderen ist das vielleicht was anderes.
Aber... vielleicht auch nicht!
Eigentlich, wenn man’s genau nimmt, ist Unauffälligkeit heute das auffälligste Verhalten überhaupt.
Denken Sie mal darüber nach.
Wer wohnt bei Ihnen auf der Etage?
Oder in der Straße?
Sie kennen die Leute.
Wenn auch nur flüchtig.
Überlegen Sie sich das mal.
Wer von denen bastelt gerade in seinem Hobbyraum an einer Atombombe?
Der Proll, der seine Frau und seine Kinder verdrischt?
Die Omi, die ihren Mann im zweiten Weltkrieg verloren hat?
Der unauffällige Kerl, der morgens pünktlich aus dem Haus geht und abends pünktlich wieder kommt, der immer höflich grüßt, mit dem man aber außer „Hallo“ noch kein Wort gewechselt hat?
Oder der Langhaarige mit den versifften Klamotten?
Wen von denen würden Sie am ehesten verdächtigen?
Okay, wenn der Proll irgendwann seine Frau und deren Geliebten absticht und dann in den Knast wandert ist niemand wirklich überrascht.
„Wie der schon ausgesehen hat.“
„Immer nur im Unterhemd ist der rumgelaufen.“
„Der hat schon am Morgen nach Alkohol gestunken.“
Seien wir ehrlich, Kneipenschlägereien und vielleicht das Umbringen der eigenen Familie sind wahrscheinlich das größte, was so jemand erreichen kann.
Und: Wahrscheinlich tut er nicht mal das!
Wahrscheinlich ist er nur frustriert über sein Leben.
Und während er seiner Frau eine scheuert, weil die es gerade mit seinem besten Freund getrieben hat und die Nachbarn kurz davor sind, die Polizei anzurufen, baut irgendein unauffälliger Unbekannter ganz in der Nachbarschaft eine Bombe, die den ganzen Stadtteil in Schutt und Asche legen kann.
Oder reinigt peinlichst penibel seine im Internet ersteigerte Uzi.
Und bereitet sich darauf vor, an einem sonnigen Morgen aus der Tür hinaus zu treten, wie immer mit seiner Aktenmappe, wie gewohnt über die Straße zur Bushaltestelle zu gehen, wie gewohnt zur Arbeit zu fahren, wie gewohnt in sein Büro zu gehen und dann einfach mal mit seiner Waffe alle seine Kollegen umzubringen.
Aber vielleicht auch nicht.
Vielleicht geht er wirklich nur zur Arbeit.
Ist ein höflicher Mensch.
Hält sich zurück.
Spricht wenig mit Menschen.
Sieht abends harmlos fern.
Putzt sich die Zähne.
Geht ins Bett.
Steht morgens auf.
Führt ein langweiliges Leben.
Und hat keinen einzigen bösen Gedanken.
Man weiß es nicht.
Erst hinterher.
Wenn es zu spät ist.
Aber dann... ist es zu spät!