Читать книгу Die verlorene Generation - Martin Danders - Страница 4
1. Kapitel (1923-1938)
Оглавление1923 wurde ich in Königsberg in Ostpreußen geboren. Mein Vater, F., war ein Buchhalter, der während der Weltwirtschaftskrise lange arbeitslos war. Meine Mutter, M., war eine ehemalige Landmagd, die ursprünglich aus Nordhessen stammte. Meine Schwester C. ist zwei Jahre älter als ich. Für beide Frauen war ich das Wichtigste auf der Welt, deswegen beschützten sie mich fürsorglich vor allem Bösem. Vielleicht übertrieben sie ihre Besorgnis ein wenig, aber ich fühlte mich in meiner Welt ganz wohl.
Unsere Familie wohnte in einer bescheidenen Mietwohnung im Zentrum von Königsberg. Wir hatten genug Geld, um ein erfülltes Leben zu leben. Wir waren keine Reiche, aber das ist bekanntermaßen auch nicht unbedingt notwendig. Meine Eltern wünschten sich nichts sehnlicher, dass sowohl ich als auch meine Schwester später studieren werden. Deswegen gab ich im Gymnasium mein Bestes, insbesondere weil in meiner reinen Jungenklasse einige blaublütige Söhne waren. Wenn der Lehrer die Liste seiner Schüler durchging, wurde auch jedes mal der Titel, Name und Beruf des Vaters genannt. Wenn ich dann an der Reihe war, versank ich immer vor Scham in den Boden, denn mein Vater war weder ein Adliger noch ein promovierter Akademiker.
Als 14-Jähriger gewann ich 1937 in einem Preisausschreiben eine zweiwöchige Ostseefahrt auf dem Kreuzer ´Emden´. Ich freute mich riesig über meinen Gewinn, da Segeln und Schiffe meine große Leidenschaft waren. Die Stimmung auf der ´Emden´ war großartig, denn noch war Frieden. Niemand von der Mannschaft ahnte, welches Schicksal sie später ereilen wird. Die ´Emden´ fuhr unter voller Bewaffnung, da sich die politische Lage in Europa mittlerweile maßgeblich verschlechtert hatte. Ungefähr 1000 Mann mussten morgens zum Apell antreten. In meiner Koje hörte ich um 5 Uhr im Lautsprecher folgende Durchsage: „Reise, reise, aufstehen! Die ganze Pier steht voller nackter Weiber! Der Bäcker von Laboe ist da!“ Schnell sprang ich aus der Koje und zog meinen Matrosenanzug an. An Deck wehte ein eisiger Wind, sodass ich schnell wach wurde. In den Tagen auf See lernte ich den Drill bei der Marine kennen, den ich absolut in Ordnung fand und der mich für mein weiteres Leben stark geprägt hatte. Auch die Gemeinschaft unter den Seeleuten war für mich beeindruckend. Vom dritten Offizier wurde mir das ganze Schiff gezeigt, dabei sah man mir sicherlich meine Begeisterung an. Wieder hatte man einen sicheren Kandidaten für die Kriegsmarine gefunden. Die Stimmung an Bord änderte sich abrupt, als die Emden außergewöhnliche Anweisungen erhielt und ihre Alarmbereitschaft erhöhte. Damit war meine Zeit auf der ´Emden´ sofort beendet, denn man wollte wegen mir kein unnötiges Risiko eingehen. Nachdem wir den nächsten Ostseehafen erreicht hatten, brachte man mich zum Bahnhof und setzte mich in den nächsten Zug nach Königsberg. Dort angekommen fuhr ich mit der Straßenbahn nach Hause zu meiner Familie. Meine Mutter war natürlich froh, mich wieder im Armen halten zu können. Da mich die Fahrt auf der ´Emden´ sehr beeindruckt hatte, beschloss ich nach dem Abitur Nautik zu studieren, um später mal ein Offizier oder Kapitän bei der zivilen Seefahrt zu werden.
Meine Kindheit und Jugend in Ostpreußen war sehr schön. Niemand redete über einen möglichen Krieg. Ich war Mitglied in einem Segelverein und häufig mit einem Starboot auf der Ostsee unterwegs. Im Sommer badete ich oft mit meinen Kumpels am schönen Ostsee-Strand. Von unserer Jungengruppe war ich der schnellste Schwimmer.
Meine Eltern waren beide Sozialdemokraten, die aber politisch nicht aktiv waren. Wie es sich für einen Sohn gehört, dachte ich ähnlich wie sie. Ich hatte viele Freunde, die teilweise auch adelig waren. Mit den Mädchen war es schwierig in Kontakt zu kommen, weil sie ein anders Gymnasium besuchten. Aber ich bemerkte früh, dass ich ein großes Interesse am anderen Geschlecht hatte.