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2Präsenz und Beziehung im Schulalltag

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Fragt man Schüler, was eine gute Lehrkraft mit entsprechender Autorität ausmacht, antworten sie recht einhellig beziehungsorientiert. In spontanen Befragungen (Lemme et al. 2009) antworteten die Schüler auf die Frage, welche Kriterien Lehrer auszeichnen, die sie als Autoritäten ansehen:

•Sie seien fair,

•konsequent,

•würden einen interessanten Unterricht gestalten,

•die Beteiligung der Einzelnen bemerken,

•seien bei der Sache und

•aufmerksam.

•Insbesondere hätten sie ein sichtbares Interesse an den Schülern – gerade auch außerhalb des Unterrichts – und

•seien offen für deren Anfragen.

Als autoritätsmindernd wurden wahrgenommen:

•unfaires, intransparentes Handeln,

•»Labern«,

•Kollektivstrafen,

•verbale Abwertungen,

•undurchsichtige Regeln und

•wenig anspruchsvoller Unterricht.

Lehrer erleben den Schulalltag heute als zunehmend anstrengend und herausfordernd. Sie beschreiben lustlose, unmotivierte und in zunehmendem Maße auffällige Schüler. Die Belastungen seien sowohl zeitlich als auch persönlich enorm, die Erwartungen, die von allen Seiten an sie herangetragen würden, seien sehr hoch. Nicht selten neigen Lehrer zu eskalierendem Verhalten im Umgang mit den Schülern. Die Krankenstände sind auffallend hoch. All diese Faktoren bedingen, dass sich Lehrer an ihrem Arbeitsplatz oft als hilflos erleben und ihre »Präsenz« verloren zu gehen droht (Omer u. von Schlippe 2004, 2010; Lemme et al. 2009).

Omer und von Schlippe (2010) gehen davon aus, dass alle Beteiligten an einer »sicheren Schule« interessiert sind, die sich dadurch auszeichnet, dass

•die Lehrkräfte den Schülern Schutz und Unterstützung bieten,

•mit Nachdruck gegen Gewalt und Mobbing vorgehen,

•jede Form von Gewalt und Erniedrigung vermeiden,

•um eine Atmosphäre von Ordnung und Recht bemüht sind sowie

•ein Unterstützungsnetzwerk von Eltern, Gemeindefunktionsträgern und der Mehrheit der Schülerschaft einrichten (ebd., S. 172).

»Eine der Grundvoraussetzungen für eine sichere Schule ist zuallererst das Vermögen der Lehrer … die Verhaltensregeln zu bestimmen. Diese Prämisse entspringt einer einfachen Tatsache: Wenn die Lehrer nicht fähig sind, die Verhaltensregeln zu bestimmen, so tun es die Mobber der Schule« (ebd., S. 172).

Wenn also ein Lehrer seine Autorität verliert, stellen sich viele Schüler auf die Seite derjenigen, die durch destruktives Verhalten die sozialen Regeln in der Schülerschaft bestimmen, oder sie entscheiden sich zu schweigen. Wie also kann die Autorität von Lehrern (wieder) hergestellt oder bestärkt werden, sodass deren Kraft nicht auf Drohungen, Bestrafungen, Furcht oder Gehorsam, sondern auf Präsenz, Beziehungsorientierung, Selbstkontrolle und entschiedener Anteilnahme aufbaut?



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