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4. Grundlagen der Kreativität in unserem Denken

Ich untersuche jetzt einige Grundlagen der Kreativität in unserem Denken. Als Einstieg behandle ich das Thema Lernen. Ich liebe einfache, scheinbar dumme Fragen: Was bedeutet das Wort Lernen?

Was ist Lernen?

In meinen Kursen höre ich meist, Lernen bedeute, sich Wissen zu merken. Wissen zu erwerben ist nur ein Teil des Lernens. Wenn Kinder gehen lernen, lernen sie kein Wissen, sondern eine Fähigkeit. Doch zurück zu der Frage: »Was ist Lernen?« Meine Definition ist: Lernen bedeutet, etwas miteinander zu verbinden. Diese Definition erhebt keinen Wahrheitsanspruch, ist aber gut geeignet, um zu verstehen, was beim Lernen vor sich geht. Wenn ein Kind sprechen lernt, verbindet es einen runden Gegenstand mit dem Wort Ball.


Im Gehirn geschieht dies durch eine Verbindung von Nervenzellen. Nervenzellen, die so genannten Neuronen, werden über Nervenverbindungen miteinander verknüpft.


Man kann Lernen damit vergleichen, dass jemand im Tiefschnee ins Nachbardorf geht. Er bahnt sich mühsam seinen Weg im Tiefschnee. Der nächste, der diesem Pfad folgt, kann in die alten Fußstapfen treten. Langsam entsteht ein Pfad, auf dem man schnell gehen kann. Je breiter der Pfad wird, desto schneller kann man auf ihm gehen, und desto mehr wird er genutzt. Beim Lernen entstehen neue Nervenverbindungen und vorhandene Nervenverbindungen werden verstärkt. Je öfter eine Nervenverbindung genutzt wird, desto dicker wird sie. Je dicker sie ist, desto schneller läuft der Transport, bis zu 30-mal schneller. Natürlich wird so eine Schnellstraße mehr benutzt und damit weiter verstärkt.

Beim Lernen werden nicht nur einzelne Nervenzellen, sondern ganze Gruppen von Nervenzellen miteinander verbunden, es entstehen Netzwerke von Nervenverbindungen. Man kann das Gehirn mit einem Fischernetz vergleichen. Ist ein Fischernetz grobmaschig, können Fische hindurchflutschen. Ist es engmaschig, verfangen sich die Fische eher im Netz. Hat jemand viel gelernt, ist das Netz der Nervenverbindungen eng und neue Informationen werden leichter mit vorhandenen Informationen verknüpft.


Ich gebe ein Beispiel für ein solches Netz. Ich habe 5 Jahre lang Deutschkurse für russischsprachige Aussiedler gegeben. Wenn ich das Wort Milch erklärt habe, habe ich das Wort mit möglichst vielen Dingen verbunden, die die Schüler schon kannten: Milch ist weiß wie Papier. Kühe geben Milch, und Kühe machen Muh, auch wenn in der Sowjetunion versucht wurde, den Kühen beizubringen, »lang lebe Lenin« zu rufen. Dann zeige ich, wie man Milch gewinnt, indem ich das Melken vorspiele. Und man kann Schokolade aus Milch machen. Mit je mehr bekannten Informationen ich das Wort Milch verbinde, desto besser ist es im Gedächtnis verankert.


Fällt Ihnen an den Beispielen für Verknüpfungen weiß, Muh, Melken, Schokolade etwas auf? Wie unterscheiden sich diese Beispiele?

Diese Beispiele sprechen unsere fünf Sinne an, weiß ist für die Augen, fürs Sehen, Muh ist für die Ohren, fürs Hören, Melken ist fürs Fühlen, Schokolade ist für Mund und Nase, fürs Schmecken und Riechen.


Wir nehmen Informationen über unsere fünf Sinne auf, über Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen. Viele bevorzugen beim Wahrnehmen einen bestimmten Sinn. Der eine versteht etwas am besten, wenn er ein Bild anschaut, ein anderer will etwas darüber hören und ein Dritter begreift etwas besser, wenn er es in die Hand nimmt. Es geht nicht darum, Menschen in Schubladen zu packen, den Seh-, Hör- oder Fühltyp als solchen gibt es nicht. Es geht darum, herauszufinden, auf welche Art Sie und Ihre Kinder Informationen am liebsten aufnehmen. Dies kann man beim Lernen und bei der Kreativität berücksichtigen.

In welcher Form denken wir?

Nachdem wir betrachtet haben, was Lernen bedeutet, habe ich schon wieder eine scheinbar primitive Frage: Was bedeutet das Wort Denken? Anders gefragt: In welcher Form denken wir? Ich erkläre, was ich mit Form des Denkens meine: Ein Bildhauer macht eine Statue. Das Thema beziehungsweise der Inhalt der Statue ist ein Pferd. Die Form beziehungsweise das Material ist Holz. Was ist nun das ‚Material’ des Denkens, in welcher Form denken wir, unabhängig vom Inhalt des Denkens? Wir sind gewohnt, uns mit dem Inhalt des Denkens zu beschäftigen, die Frage nach der Form des Denkens ist nicht üblich. Wir nehmen Informationen nicht nur mit unseren Sinnen wahr, also Sehen, Hören und Fühlen, sondern denken auch mit unseren Sinnen, in Form von inneren Bildern, inneren Tönen, innerer Sprache und innerem Fühlen.


Wenn ich an meinen Urlaub auf Kreta denke, sehe ich das Meer vor mir, höre innerlich griechische Musik, erinnere mich an das angenehme Gefühl der Sonne auf meinem Körper und an das Gefühl der Entspannung, schmecke den herben Wein und rieche den wilden Salbei. Die einzelnen Anteile der Erfahrung sind durch Nervenverbindungen miteinander verknüpft, sie bilden ein Netzwerk. Ich kann mir über jeden einzelnen Anteil dieses Netzwerkes Zugang zum ganzen Netzwerk verschaffen, mich an alle Anteile erinnern. Wenn ich Urlaubsfotos anschaue, erinnere ich mich mit allen Sinnen an den Urlaub.

Innere Bilder können Erinnerungsbilder oder Fantasiebilder sein. Ich kann mir vorstellen, auf dem Mars spazieren zu gehen. Im Hörkanal kann ich innerlich mit mir selbst sprechen, mich an Gespräche, Geräusche oder Musik erinnern oder sie mir vorstellen.

Der Sinneskanal, in dem ich eine Information empfange, kann ein anderer sein als der, in dem ich die Information innerlich erlebe und abspeichere. Ich höre im Radio etwas über Afrika (Input über den Hörkanal) und stelle mir dabei Afrika bildlich vor.

Was ich gerade über die Form unseres Denkens geschrieben habe, ist die Basis des Lernens und dabei weitgehend unbekannt.

Die verschiedenen Arten, wie wir Informationen aufnehmen und wie wir sie innerlich erleben, haben immense Auswirkungen. Wir können mit einem Blick eine riesige Menge von Informationen aufnehmen. Wir können mit einem Blick das Skelett eines Dinosauriers, eine Landkarte oder ein Fahndungsfoto erfassen. Wie lange müsste jemand ein Fahndungsfoto am Telefon beschreiben, um es so rüberzubringen, dass man später die Person auf der Straße erkennt? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Und es gibt Menschen, so genannte Eidetiker, die Bilder quasi innerlich fotografieren können. Eidetiker schauen eine Telefonbuchseite kurz an, fotografieren sie innerlich, schließen das Telefonbuch und lesen die Telefonnummern vom inneren Bildschirm ab.

Um den Unterschied zwischen den verschiedenen Wahrnehmungskanälen beim Lernen weiter zu beleuchten, stelle ich Ihnen gleich eine Frage: Welcher Buchstabe kommt im ABC vor dem P? Was haben Sie getan, um die Antwort zu finden? Wir lernen das ABC meist, indem wir es vor uns hersagen. Wenn wir einen bestimmten Buchstaben im ABC suchen, spulen wir quasi ein inneres Tonband zurück bis zum A und sagen uns die Buchstaben der Reihe nach vor, bis wir beim P angekommen sind. Eine mühsame Prozedur. Manche spulen das innere Tonband nur ein Stück bis zum M zurück und sagen sich »M, N, O, P«. Wenn wir den Lernstoff auf einem inneren Tonband gespeichert haben, bekommen wir in jedem Moment nur eine Information und diese nur in einer bestimmten Reihenfolge. Man kann jemanden, der Informationen vom inneren Tonband abruft, mit einer Person vergleichen, die auf einem Acker mühsam eine Kartoffel nach der anderen aufhebt, um eine bestimmte Kartoffel zu finden. Dagegen schwebt ein Mensch, der Informationen vom inneren Bildschirm abruft, wie in einem Ballon über dem gleichen Acker und hat alle Informationen gleichzeitig mit einem Blick zur Verfügung. Und er kann sich Details wie mit einem Zoom näher holen und genauer betrachten.

Mit Spaß lernen

Man kann mit Spaß lernen. So ist Lernen am effektivsten. Stress, Anstrengung und Zwang erschweren das Lernen und Denken. Wir wurden vom lieben Gott für den Urwald konstruiert. Wenn im Dschungel ein Tiger auf uns zukommt, schalten die Stresshormone das Gehirn aus. Man bekommt Kraft zum Kämpfen oder zum Weglaufen. Langes Theoretisieren darüber, ob der Tiger ein Männchen oder Weibchen ist, ist in dieser Situation ungünstig. Leider verbinden viele Lernen mit Stress. Stresshormone sind Lern- Denk- und Kreativitätskiller. Am sinnvollsten ist es, wie Kinder spielerisch mit Freude und Neugier zu lernen. Mit Freude zu lernen hat zwei Vorteile: Es ist effektiver und es macht mehr Spaß.

Was bedeutet verstehen?

Wie gesagt, liebe ich scheinbar einfache Fragen. Was bedeutet das Wort verstehen? Anders gefragt, was passiert im Gehirn, wenn Sie ein Wort, das Sie lesen oder hören, verstehen? Ein Beispiel: Das Wort djerewo. Wenn Sie kein Russisch können, verstehen Sie dieses Wort nicht. Ich sage nun das Wort auf Deutsch: Baum. Was ist der Unterschied, woran erkennen Sie, dass Sie das Wort Baum verstehen? Wenn ich das Wort Baum verstehe, verbinde ich das Wort mit dem Bild eines Baumes. Ich sehe, höre, fühle oder rieche innerlich einen Baum.


Was passiert nun, wenn ich »kein Baum« sage? Um dies zu verstehen, mache ich mir ein Bild eines Baumes und streiche den Baum in der Vorstellung durch. Bei diesem Beispiel ist das nicht problematisch, aber wenn ich mir sage: »Nur nicht an den leckeren Himbeerkuchen denken«, habe ich ein Problem. Ich kann den Satz nicht verstehen, ohne an den Himbeerkuchen zu denken. Und damit hat der arme Himbeerkuchen wenig Chancen, lange zu überleben. Unser Gehirn kann Negationen wie nicht, ohne, kein, zahnlos, eisfrei, unschön schwer verstehen. Denken Sie jetzt nicht an ein blaues Känguru! Woran haben Sie gerade gedacht? Problematisch ist zu sagen: »Nur keine Angst!« Um dies zu verstehen, spürt man Angst, ein Gefühl der Enge in der Kehle, in der Brust oder im Bauch. Es ist sinnvoller zu sagen: »ruhig bleiben. Besonders tückisch sind Sätze wie »nicht fallen lassen!« Wer dies einem Kind sagt, das ein Glas in der Hand hält, kann schon Schaufel und Besen holen. In diesem Satz steckt der Befehl fallen lassen! Es ist sinnvoll, Dinge, die wir erreichen wollen, in der positiven Form zu formulieren. Also statt: »Ich will nicht unkreativ bleiben« besser: »Ich will lernen, kreativ zu werden«.

In meinem Buch Effektiv und mit Leichtigkeit lernen behandle ich, wie man effektiv und mit Spaß lernen kann.

Sich an kreative Momente erinnern

Nachdem ich Sie mit dem Thema, wie unser Gehirn arbeitet, genervt habe, gebe ich ein Beispiel dafür, wie man diese Informationen für die Steigerung der Kreativität nutzen kann.

Ich hatte einmal einen Künstler in meiner Beratung, der in Tränen aufgelöst erzählte, dass er seit zwei Jahren keine Inspiration mehr habe.

Ich habe ganz ‚harmlos’ gefragt: »Wie war es denn, als die Inspiration noch kam?« Die Veränderung bei dem Klienten war dramatisch: Er richtete sich auf, seine Augen fingen an zu leuchten und mit kraftvollen Gesten unterstützt sagte er: »Da kam die Energie über meine Füße und Beine in den Körper und dann in die Arme und Hände.«

Unsere Sprache hat eine magische Kraft. Wenn ich Sie bitte, nicht an ein blaues Känguru zu denken, müssen Sie an ein blaues Känguru denken, um den Satz zu verstehen. Wenn ich Sie frage, »können Sie sich an einen Moment in Ihrem Leben erinnern, als Sie kreativ waren, als Sie etwas Neues gemacht haben, als Sie fantasievoll waren«, erinnern Sie sich wahrscheinlich an kreative Momente in Ihrem Leben und kommen so in einen kreativen Zustand.

Übung: Sich an einen kreativen Moment erinnern

Können Sie sich an einen Moment in Ihrem Leben erinnern, als Sie kreativ waren, als Sie etwas Neues geschaffen haben, als Sie fantasievoll waren, als Sie viele Ideen hatten? Wie haben Sie sich gefühlt, was haben Sie gemacht, wie war Ihr Blick, Ihre Atmung, Ihre Körperhaltung? Machen Sie sich dieses Erlebnis möglichst intensiv zugänglich.

Intuition

Kreative Menschen haben meist einen guten Zugang zu ihrer Intuition. Was ist die Intuition und wo kommt sie her? Die Intuition kann auf den riesigen Schatz an Erfahrungen zurückgreifen, den wir im Laufe unseres Lebens gewonnen haben. Auf einem Gemüsemarkt misstraue ich intuitiv dem einen Händler, während ich einem anderen vertraue. Ich kann dies nicht rational begründen. Dennoch ist die Intuition nicht irrational. Ich habe im Laufe meines Lebens viele Menschen kennengelernt. Diese Erfahrungen sind im Unbewussten gespeichert. Und die Intuition schöpft aus dem großen Erfahrungsschatz des Unbewussten.

Bewusst und unbewusst

Was bedeutet das Wort unbewusst? Unter bewusst verstehe ich alles, dessen ich mir im Moment bewusst bin. Wenn ich Sie frage, wie sich Ihre große rechte Zehe anfühlt, werden Sie sich Ihrer rechten Zehe bewusst. Vorher war Ihnen das Gefühl Ihrer rechten Zehe wahrscheinlich nicht bewusst. Die meiste Tätigkeit unseres Gehirns ist uns nicht bewusst. Wir machen sie, ohne bewusst auf sie zu achten. Zum Beispiel atmen wir auch, wenn wir schlafen. Alles, was wir gut beherrschen, machen wir normalerweise unbewusst. Oder können Sie beschreiben, wie Sie Ihren Mund beim Sprechen des Worts Kreativität bewegen?

Rechte und linke Gehirnhälfte

Unser Gehirn ist in die linke und in die rechte Gehirnhälfte geteilt. Lange Zeit glaubte man, dass die linke Gehirnhälfte für den rationalen Verstand, die rechte Gehirnhälfte für Gefühle, Intuition und Kreativität zuständig sei. Diese Ansicht lässt sich nicht mehr aufrechterhalten. Ich halte diese Aufteilung jedoch als Metapher für sinnvoll. Das heißt, wir haben unseren rationalen Verstand und unsere Gefühle. Um kreativ zu werden, ist es günstig, beides zu nutzen, den Verstand und die Gefühle.

Synästhesie

Wir nehmen unsere Umwelt über unsere Sinne Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken auf und wir denken mithilfe unserer Sinne in inneren Bildern, inneren Geräuschen, Gesprächen und Musik, innerem Fühlen, Riechen und Schmecken.

Nun gibt es, gerade bei Künstlern, einen interessanten Sonderfall, die sogenannten Synästhesien. Synästhetiker erleben etwas gleichzeitig in verschiedenen Sinnen, die gleichsam miteinander verkoppelt sind, die Sinne überlappen sich. Ein Synästhetiker sagt etwa: »Sie heißt Elisabeth oder Barbara, auf jeden Fall ist es ein rosa Name, er riecht leicht nach Schwefel und an den Rändern ist er scharfkantig.«

Ein synästhetischer Musiker sieht ein Bild und hört dazu innerlich Musik. Ein synästhetischer Maler hört Musik und sieht dabei Bilder. Der Musiker Miles Davis schrieb: »Ich sehe Farben und Dinge beim Spielen.«

Ausführlichere Informationen zum Thema Synästhesien finden Sie in dem faszinierenden Buch: Farben Hören, Töne schmecken. Die bizarre Welt der Sinne von Richard E. Cytowic.

Legasthenie

Ein weiterer interessanter Sonderfall sind Legastheniker. Der Forscher Ronald D. Davis sagt, dass Legasthenie keine Krankheit ist, sondern eine Fähigkeit. Legastheniker können ein mechanisches Uhrwerk, ein Molekül oder das Sonnensystem gleichzeitig aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Einstein war nicht genial, obwohl er Legastheniker war, sondern weil er Legastheniker war. Ausführlichere Informationen zur Legasthenie finden sie in dem spannenden Buch: Legasthenie als Talentsignal von Ronald D. Davis.

Systemisch denken

Viele Menschen denken nur in Zusammenhängen von Ursache und Wirkung. Etwa, dass eine Vase umfällt, weil jemand dagegen stößt. Wenigen Menschen ist das Denken in Systemen vertraut. In Systemen wirken viele Faktoren zusammen, die Veränderung eines Faktors kann zur Veränderung aller anderen Faktoren und des ganzen Systems führen. Ich gehe in Kapitel 7 ausführlich auf das Thema System ein.

Prozessorientiert, in Prozessen denken

Viele Menschen denken, sprechen und schreiben in Verdinglichungen, das heißt, sie benutzen für etwas, was sie tun, ein Hauptwort, sie behandeln, was sie tun, wie einen Gegenstand. Menschen, die beim Sprechen Verdinglichungen benutzen, denken oft in starren Kategorien. Sie haben Probleme, Beziehungen, keine Motivation, Streit, Krankheiten, Komplexe. Sie erkennen oft zu wenig, dass sie etwas verändern können. Sie glauben, dass man dynamische Prozesse wie Kriminalität oder Krankheiten nur durch Verbote oder Operationen abschaffen könne. Die moderne Physik scheint Philosophen wie Heraklit zu bestätigen, die eine dynamische Sicht der Realität haben. Heraklit sagte, dass alles fließt, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann, da das Wasser ständig wechselt.

Japaner benutzen für Erfolg und Qualität keine Hauptwörter, sondern Verben. Statt Erfolg sagen sie »ständig erfolgreicher werden«. Auch Kreativität ist kein Ding, sondern ein Prozess: Wir schaffen etwas Neues.

Natürlich ist es oft in Ordnung, Verdinglichungen zu benutzen. Manchmal hindern uns Verdinglichungen daran, zu erkennen, dass wir etwas verändern können. In diesen Fällen kann man die Verdinglichungen hinterfragen. Wenn jemand sagt: »Ich bedauere die Entscheidung, mich von meiner Frau zu trennen«, kann man fragen: »Was hindert Sie daran, sich neu zu entscheiden?«

Ganzheitlich, Körper, Verstand, Gefühle und Seele

Viele Menschen denken in starren Gegensätzen von gut und schlecht. In der Realität gibt es selten nur zwei Möglichkeiten. Eine Frau ist schwanger oder nicht schwanger, halbschwanger gibt es nicht. Meist gibt es viele Zwischenformen, es gibt nicht nur schwarz und weiß, es gibt auch grau und viele andere Farben. Oft gibt es einen Zusammenhang zwischen Gegensätzen, Tag und Nacht, Leben und Tod ergänzen und bedingen sich gegenseitig.

Ich denke ganzheitlich, das bedeutet, ich sehe den Körper, den Verstand, die Gefühle und die Seele als eine Einheit. Und ich nehme weniger isolierte Fakten wahr, sondern erlebe Dinge im Zusammenhang.

Was ist NLP, das Neurolinguistische Programmieren?

Mein Hauptarbeitsmittel ist NLP, das Neurolinguistische Programmieren. Was ist NLP? Die traditionelle Psychologie lehnt sich an das Denkmodell der Medizin an. Sie untersucht Kranke, sucht nach einer Diagnose, das heißt, sie will herausfinden, was nicht funktioniert, gibt dem Fehler einen Namen und will die Krankheit kurieren oder reparieren. NLP hat einen grundsätzlich anderen Ausgangspunkt. NLP untersucht Menschen, die etwas erreichen, und will deren Erfolge nachvollziehbar machen. NLP ist damit nicht nur für psychisch ‚kranke’ Menschen interessant, sondern für jeden, der sein Leben oder seine Arbeit verbessern will.

NLP entstand in den USA. Die Gründer des NLP, der Linguistik-Professor John Grinder und der Student Richard Bandler, untersuchten Anfang der 70er Jahre die Arbeitsweise der erfolgreichsten Psychotherapeuten der USA. Diese Therapeuten, vor allem der Gründer der Gestalttherapie Fritz Perls, die Familientherapeutin Virginia Satir und der Arzt und Hypnose-Therapeut Milton Erickson, waren für ihre erstaunlichen Erfolge berühmt. Sie hatten völlig unterschiedliche therapeutische Konzepte und schienen auf den ersten Blick nichts gemeinsam zu haben. Bandler und Grinder untersuchten die Sprache dieser Startherapeuten. Und sie fanden eine ganze Reihe von Sprachmustern, die alle diese Therapeuten benutzten. Als Bandler und Grinder anfingen, diese Sprachmuster anzuwenden, hatten sie ähnlich beeindruckende Erfolge bei der Psychotherapie.

Bandler und Grinder erkannten bald, dass ihre Entdeckungen nicht nur für den Bereich der Psychotherapie Bedeutung besaßen. Sie ließen sich auch auf andere Gebiete übertragen. Bandler und Grinder begannen, die Vorgehensweise von erfolgreichen Menschen aus anderen Gebieten zu untersuchen. Sie nahmen das Verhalten von Managern, Verkäufern, Wissenschaftlern und Sportlern unter die Lupe. Sie untersuchten die verschiedensten Arten menschlicher Tätigkeit. Und sie konzentrierten sich dabei vor allem auf die Denkprozesse von Menschen, die etwas besonders gut erreichten. Dabei entdeckten sie verblüffend wirksame Methoden, wie man zum Beispiel Phobien auflösen kann.

Bandler und Grinder gaben ihren Methoden schließlich den etwas hochtrabend klingenden Namen Neurolinguistisches Programmieren.

Neuro steht für unser Nervensystem, das heißt, für die Art, wie wir Informationen mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen und wie wir sie innerlich verarbeiten. Vor allem beschäftigt sich NLP mit unserem Sehen, Hören und Fühlen und mit unseren inneren Bildern, Gefühlen und Gesprächen. NLP beschäftigt sich mit unserer Art zu denken. Wie ich schon erwähnt habe, denken wir in Bildern, in Selbstgesprächen und in Gefühlen, auch wenn uns die Art unseres Denkens nicht immer bewusst ist.

Die Bezeichnung linguistisch im Namen NLP steht für den Einfluss der Sprache auf unsere Kommunikation, unser Denken und unsere Wahrnehmung und damit auf unser Handeln. Ich gebe ein Beispiel für die Auswirkungen unserer Sprache auf unsere Wahrnehmung. Nehmen wir an, eine Firma geht in Konkurs und zwei Kollegen werden arbeitslos. Das Ereignis selbst ist für beide das gleiche. Nun bezeichnet der eine dieses Ereignis als einen Beweis dafür, dass er ein Versager ist. Der andere bezeichnet das Ereignis als eine Herausforderung, eine Chance, etwas Neues anzufangen. Wer von den beiden wird sich besser fühlen, mehr Energie bei der Suche nach Arbeit haben und mehr Chancen, etwas Neues zu finden? Es macht einen großen Unterschied, ob man ein Ereignis als Beweis für sein Versagen oder als Herausforderung bezeichnet.

Das Wort Programmieren in der Bezeichnung NLP steht für die Möglichkeit, die Art zu denken und zu handeln zu verändern, etwas zu lernen. So ist es sinnvoll, seine Ziele positiv zu formulieren. Statt zu sagen, man will keine Angst haben, kann man sagen: »Ich will ruhig bleiben«.

Ich selbst mag die Bezeichnung »Neurolinguistisches Programmieren« nicht, sie klingt mir zu bombastisch. Für mich steht NLP für Neue Lebensperspektiven.

Der Ein Minuten Kurs NLP

Betrachten wir das Thema NLP aus einer weiteren Perspektive, der Perspektive des Ein-Minuten-NLP-Kurses:

1. Fragen Sie sich, was Sie erreichen wollen. Damit setzen Sie sich ein Ziel. Viele Menschen sind eher an Problemen interessiert als an Zielen. NLP ist zielorientiert. Im Grunde gibt es keine Probleme. Ein Problem ist ein auf den Kopf gestelltes Ziel. Anders ausgedrückt: Man kann jedes Problem in ein Ziel umformulieren. Zum Beispiel: Ich kann kein Englisch, ich bin krank, arbeitslos, obdachlos kann man umwandeln in: Ich will Englisch lernen, gesund werden, eine Arbeit, eine Wohnung finden.

2. Fragen Sie sich, was Sie tun können, um Ihr Ziel zu erreichen. Damit suchen Sie eine Lösung.

3. Bleiben Sie in dem, was Sie tun, flexibel, bis Sie erreicht haben, was Sie wollen. Das bedeutet, dass Sie, wenn etwas nicht funktioniert, nicht immer wieder mit noch mehr Kraft das Gleiche tun, sondern auch andere Wege ausprobieren, Ihr Ziel zu erreichen.

Der Ein-Minuten-NLP-Kurs klingt primitiv und hat es doch in sich. Ich wundere mich immer wieder, wie machtvoll diese Fragen sind.

Mein Buch Neue Lebensperspektiven ist eine Einführung ins NLP und in die Lebenskunst.

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