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2. Kapitel
ОглавлениеMaria, die Mutter von Jesus, Maria Magdalena und die andern Frauen buken jeden Tag Brot und kochten warme Speisen für die Armen. Viele Bedürftige kamen, aber unter ihnen waren auch viele, die ihr Hab und Gut verkauft hatten und sich hatten taufen lassen.
Die Apostel trugen die Speisen aber auch zu jenen hinaus, die nicht kamen, jenen, die alt waren und nicht gut zu Fuß, oder die krank, lahm oder blind waren und deshalb nicht zu dem Haus der Apostel kommen konnten.
Eines Tages sagte Johannes zu Petrus: »Es ist schon richtig, dass die Armen gespeist werden, aber es nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass wir unsere Aufgabe, die Botschaft Jesu zu verkündigen, vernachlässigen. Wir müssen etwas unternehmen, damit wir unsern Auftrag, den uns der Herr übertragen hat, besser erfüllen können.«
Petrus war einverstanden, es musste etwas geschehen. Als einer nach dem andern zurückkam, nachdem sie die Speisen ausgetragen hatten, wurde ihnen gesagt, sie alle sollten am Abend zu einer bestimmten Stunde zusammenkommen.
Als es so weit war, berieten sie sich und kamen zum Schluss, dass sie sich Helfer aus dem Kreis jener wählen sollten, die jeden Tag zu ihnen zur Speisung kamen. So rief man denn auch diese zusammen. Unter ihnen waren viele griechischsprachige Juden. Die beklagten sich, denn sie meinten, die Apostel würden fast nur zu den aramäischsprachigen Witwen und Kranken gehen und die andern vernachlässigen.
Petrus bestätigte dies mit großem Bedauern. Darum hätte man sie ja zusammengerufen, damit sie nun diese Aufgabe übernehmen sollten. Denn sie selber hätten keine Zeit, die stark anwachsende Gemeinde mit leiblicher und geistiger Nahrung zu versorgen.
So wählten sie sieben von jenen Hellenisten. Wenn sie aber die Speisen zu den Alten und Kranken bringen, sollten sie nicht vergessen, ihnen das Wort Gottes zu verkünden.
Die sieben Männer nahmen ihre neue Aufgabe dankbar an. Sie gingen von einem Apostel zum andern und dankten ihnen. Jeder der Apostel legte ihnen die Hand aufs Haupt, damit sie den Heiligen Geist empfingen.
Unter den sieben war einer mit Namen Stephanus. Er war wie die andern sechs Grieche, hatte sich zum Judentum bekannt, war beschnitten und hatte der Synagoge der hellenistischen Juden angehört, bevor er sich hatte taufen lassen.
Da er sehr fromm war, ging er seiner Aufgabe, die Speisen auszutragen, gerne und gewissenhaft nach. Doch er besuchte nicht nur seine Glaubensbrüder und -schwestern, sondern versuchte mit großem Eifer auch in der Synagoge, wo die griechischen Juden sich versammelten und die noch nie von Jesus, dem Messias der Juden, gehört hatten, zu bekehren. Er erzählte ihnen wie die Apostel vom Leben Jesu und von seiner Lehre und den Wundertaten, die er vollbracht hatte. So gewann auch er viele Juden.
Doch dies gefiel nicht allen. Manche wollten gar nicht hinhören und fühlten sich belästigt, andere verwickelten Stephanus in Diskussionen. Der aber war so von seinem Glauben an Christus erfüllt und redete so wortgewandt, dass sie ihm nichts entgegensetzen konnten. Doch glauben wollten sie ihm nicht. Was er da von Christus erzählte, dass er von den Toten auferstanden sei, hatte er ja nicht selber gesehen.
»Kommt mit mir«, forderte er sie auf, »ich werde euch die Männer zeigen, die Jesus gesehen haben, als er noch lebte, und denen er begegnet ist nach seiner Auferstehung. Sie können alles bezeugen.«
Doch sie folgten ihm nicht. Sie sagten: »Suche dir Dümmere, die deine Märchen glauben. Unsere Schriftkundigen und Priester haben uns gesagt, dass dieser Jesus ein Irrlehrer war. Er ist nicht der Messias, der Gesalbte, den wir erwarten. Geh, du gehörst nicht mehr zu uns!«
Doch Stephanus ließ nicht locker. Er kehrte immer wieder zurück, so oft er Zeit dafür fand. Er wollte nicht verstehen, dass seine früheren Freunde nichts von Jesus wissen und sich nicht von ihren Sünden und ihrer Verstocktheit erlösen lassen wollten.
»Ihr seid halsstarrig«, warf er ihnen vor. »Ihr seid zwar beschnitten am Fleisch, aber unbeschnitten an euren Herzen, und eure Ohren sind taub.«
Als er nicht aufhören wollte, auf sie einzureden, gingen sie zornentbrannt auf ihn los. Er aber schaute zum Himmel hoch und sagte: »Ich sehe den Himmel geöffnet und den Messias zur Rechten Gottes stehen.«
»Das ist Gotteslästerung«, riefen sie und hielten ihn fest. Sie schickten einen zu Saul, von dem sie gehört hatten, dass er diese abtrünnigen Juden verfolge.
Saul schickte sofort auch jemand zu mir, ich solle unverzüglich zur Synagoge der Griechen gehen. Ich machte mich auf den Weg. Wir kamen gleichzeitig dort an. Wir sahen sofort, dass die Männer heftig auf einen einredeten, den sie festhielten, und ihn beschimpften. Saul fragte sie, was sie mit dem Mann vorhätten.
»Er ist des Todes schuldig«, sagten sie. »Er hat Gott gelästert.«
»Ist er einer von denen, die der Sekte jenes Jesus angehören, der gekreuzigt wurde?«, fragte er.
Als sie bejahten, gingen wir mit ihnen hinaus.
»Er hat nichts anderes verdient,«, sagte Saul zu mir.
Draußen vor der Mauer zogen sie Stephanus die Kleider ab und legten sie Saul vor die Füße. Dann hoben sie Steine auf und warfen sie auf Stephanus.
»Warum wirfst du nicht auch Steine auf ihn?« fragte mich Saul, als ich wie er nur zuschaute. »Als Hauptmann warst du doch wohl auch nicht so zimperlich.«
Ich glaube, er wollte mich prüfen, ob ich für sein Vorhaben, diese Sektierer zu vernichten, geeignet sei.
Also nahm ich auch einen Stein und warf ihn auf Stephanus.
Unaufhörlich prasselten die Steine auf ihn. Er war schon längst auf die Knie gesunken und konnte den Geschossen nicht mehr ausweichen.
Stephanus rief laut: »Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« Und schwer am Kopf getroffen, fiel er zu Boden.
Wir hörten, wie er sagte: »Herr, laste ihnen diese Sünde nicht an.«
Weiter flogen Steine auf ihn, selbst dann noch, als er bereits tot war.
Saul hatte regungslos zugeschaut.
»Recht ist ihm geschehen«, sagte er zu mir. »Allen sollte es so ergehen, die Gott lästern.«
Als wir die Stätte dieser Hinrichtung verließen, musste ich an die letzten Worte des Gesteinigten zurückdenken. Wie war das möglich, dass einer, der so hingerichtet wird, für seine Mörder um Verzeihung bittet? War sein Glaube so groß oder war er einfach verblendet? So weit also trieben es diese Apostel mit ihrer Irrlehre, dass die Menschen sich blindlings ins Verderben stürzten.
Dachte auch Saul so?
Auf jeden Fall, so durfte es nicht weitergehen. Dieses Übel musste an der Wurzel ausgerottet werden. Wir wollten dafür sorgen, dass diese Sekte restlos vernichtet würde.