Читать книгу Ist Frieden nicht möglich? - Martina Kleinlein - Страница 9
Оглавление1 Der Beginn aller Fragen
Meine Gedanken über den Frieden haben sich erst in den letzten Jahrzehnten vertieft, doch entspringen sie einem Denkprozess, der schon in meiner Kindheit begann. Der Grundstein zur Suche nach der Wahrheit wurde durch folgendes Erlebnis gelegt:
Ich hatte alles geplant. Meine Eltern waren an diesem Abend nicht zu Hause. Eine Freundin von mir hatte gesagt, es ist gar nicht so schlimm, man ist dann in einer anderen Welt - und das war es, was ich wollte. Ich wollte zu Gott, wollte vieles wissen.
Ich war 15 Jahre alt, lebte in Berlin Kreuzberg, war täglich mit Leid konfrontiert. Unter uns wohnte ein Ehepaar, dessen Mann regelmäßig seine Frau schlug. Wir hörten es jedes Mal, bis mein Vater nach unten ging und zu dem Nachbarn sagte, dass er demnächst die Polizei rufen würde, was wir dann auch taten, als die Frau wieder so schrie.
Zwei Straßen weiter von uns regierte eine Rockerbande, die Hells Angels. Ich hatte keine Angst vor denen, aber es standen immer wieder Skandalgeschichten in den Klatschblättern Berlins. Außerdem liefen Schnüffler durch die Straßen, die ihre Beine hinter sich herzogen, ausgelöst durch einen Wirkstoff im Klebstoff, der eingeatmet die Nerven zerstört, und Penner lagen mit ihren ausgetrunkenen Weinflaschen auf den Bänken am Landwehrkanal und schliefen ihren Rausch aus. Wozu all dieses Elend? fragte ich mich.
Eigentlich ging es mir ganz gut und ich kam auch mit allem zurecht. Ich hatte Erfolg beim Theaterspiel an der Schule und hatte Freunde in meiner Klasse. Außerdem vertrat ich das Amt der stellvertretenden Schulsprecherin, die sich um die Belange und Beschwerden der einzelnen Klassen kümmerte.
Dabei war es nicht so einfach, sich in Berlin durchzusetzen. Schon als Kind musste man eine große Klappe haben, denn es gab viele Straßenbanden in Kreuzberg. Meistens schaffte ich es, die Spielplätze benutzen zu dürfen, die von den jeweiligen Gruppen überwacht wurden, allerdings nur mit heftigem Wortgefecht und Drohgebärden.
In meiner Gymnasialklasse gab es einen Jungen, der alkoholabhängig war, und meine Freundinnen und ich rauchten verbotenerweise auf dem Schülerklo, weil wir noch nicht das Alter erreicht hatten, wo wir es durften. Die Lehrer hatten alle Mühe mit unseren Streichen und manche Hausaufgabe wurde schnell vor dem Unterricht geschrieben.
Unsere Nachbarin verstarb, mein erster Kontakt mit dem Tod, und beim gemeinsamen Urlaub mit Freunden tickte der Vater meiner langjährigen Freundin aus und würgte meinen Vater unter Einfluss von Alkohol, während ich daneben stand und zusah und nicht wusste, was ich tun sollte.
Dieses Erlebnis sowie die Situation in Kreuzberg brachten mich zum Nachdenken. Noch dazu lief die Ehe meiner Eltern nicht so gut. Beide waren gereizt und stritten oft, und in dieser Stimmung bekam ich ebenfalls meinen Teil ab. Bisweilen fand ich es unerträglich.
Ich dachte zurück an die Zeit mit meiner Schulfreundin, die der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage angehörte. Sie sagte, es wäre eine christliche Gemeinde und hatte mich gefragt, ob ich mit ihr käme, wenn sie Bibelstunde hätte. Dort besprachen wir mehr aus dem Neuen Testament als in der Schule. Mit elf Jahren unterschied ich nicht, ob nun irgendetwas anders wäre an den einzelnen religiösen Auslegungen, ich fand einfach die Gemeinschaft dort harmonisch und zuvorkommend. Die Feste, zu denen ich meine Freundin begleitete, waren stets auf Kinder abgestimmt mit vielen sportlichen Gewinnspielen und Leckereien. Auch sangen wir zu Weihnachten auf der Bühne zweistimmig. Es war eine unbeschwerte Zeit.
Als meine Eltern davon erfuhren, dass es sich um Mormonen handelte, durfte ich nicht mehr hingehen. In den USA sind die Mormonen eine eigenständige Religion, aber hier in Deutschland wurden sie damals als Sekte bezeichnet.
Doch abgesehen von den ganzen Sektendefinitionen habe ich in späteren Jahren für mich festgestellt, dass nicht das Denken an sich zu verurteilen ist, denn jeder Mensch denkt auf seine Art anders, sondern eigentlich, wie ich mich selber dazu verhalte. Dieses Abheben von der gesamten Welt, dieses Besser-sein-wollen, das Verurteilen und sich Absondern ist doch eigentlich das, was eine Sekte ausmacht.
Sicherlich tut es einfach gut, etwas Besseres zu sein, das Selbstbewusstsein aufzufrischen, aber die Entfremdung, die dann einsetzt, wenn Personen selber fanatisch werden, ist der eigentliche Schaden. Die Beschränktheit, nur noch in eine Richtung zu sehen und andere Wege zu negieren, verschließt diesen Personen den eigenen Weg zur Selbstverwirklichung. Daran ist eine gewisse Angst schuld, wie wir später herausfinden. Die Angst, etwas falsch zu machen, versperrt uns den Weg, Gott oder das große Ganze zu erkennen.
Mitunter findet sogar ein Abschalten des Denkens statt. Was ich gefährlich finde, denn sich unter Gehorsamspflicht auf das unvollkommene Denken anderer zu stützen, verbaut jegliche Möglichkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen. Und ich meine damit nicht die Religion, sondern wie sie bisweilen ausgelegt wird. Nicht nur bei religiösen Zirkeln finden wir dieses Phänomen, sondern auch bei Vereinen, in der Familie, in politischen Gruppen, überall dort wo dominierende Personen existieren, die alle anderen beherrschen. Demnach könnte man eigentlich jede Gruppe, die Gehorsamspflicht und das Abschalten des Denkens fordert, als Sekte bezeichnen.
Aber als Kind kümmerten mich die vielen Zersplitterungen der Religionen nicht. In Deutschland ist die Kirche der Mormonen neben den evangelischen und katholischen Christen als Religion anerkannt, ebenfalls Jehovas Zeugen und die Freikirchen. Unter Buddhismus sind die Vereinigungen aus der tibetanischen Region und Zen-Buddhismus zusammengefasst, genauso wie unter Hinduismus Indien, Sri Lanka und neuzeitliche Bewegungen dazuzählen und bei den muslimischen Religionen die Sunniten, Alewiten und Schiiten - das Judentum in Deutschland nicht zu vergessen. Deutschland ist eben multikulti.
Mit meinen damaligen Augen sah ich die Kirche meiner Freundin als eine christliche Kirche, genauso wie der Religionsunterricht an der Schule christlich war. „Bete doch einfach“, sagte meine Freundin eines Tages zu mir, als ich ihr ein Problem erzählte, wo sie auch keinen Rat drauf wusste. „Du wirst sehen, wie Gott dir beisteht." Und ich musste feststellen, dass ich wie aus unsichtbarer Hand tatsächlich Hilfe bekam. In einem inneren Gespräch beim Gebet kamen mir stets gute Einfälle zu bestimmten Problemlösungen.
Atheisten mögen jetzt sagen, dass ich dies auf psychologische Art und Weise nur so deuten wollte. In der Psychologie ist es eine allgemeine Tatsache, dass das Gehirn zwischen für uns Wichtigem und Unwichtigem selektiert und dann darauf programmiert ist, das Gewollte zu sehen. Eine Reizschranke verhindert, dass unser Gehirn nicht von Eindrücken überflutet wird. Erleichternd wirkt ebenso eine gewisse Autonomie, sich ständig wiederholende Vorgänge abzuspeichern, die dann wie von selbst ablaufen, z. B. beim Autofahren.
Konzentriert man sich auf eine bestimmte Sache, wird man staunen, wie das Gehirn die Sinne lenkt. Will man ein bestimmtes Auto kaufen, wird man feststellen, dass man plötzlich viel öfters diese Autos im Straßenverkehr wahrnimmt. Genauso geschieht dies auch bei anderen Dingen, z. B. bestimmte Lebensmittel im Supermarkt nimmt man erst wahr, wenn Freunde einen darauf aufmerksam gemacht haben.
Vielleicht habe ich mir die Hilfe Gottes nur eingebildet, weil ich es in diesem Moment so gesehen habe, aber vielleicht hatte ich auch eine gute Intuition für die Wahrheit. Wir können auf materieller Ebene nicht beweisen, ob es einen Gott gibt, aber es gibt Zusammenhänge und auch wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine übergeordnete Intelligenz wahrscheinlich machen. Ich glaube an einen Gott, möchte aber in diesem Buch die Fakten neutral darlegen. Frieden kann man nicht nur als Glaubensanhänger schließen, sondern auch als Atheist. Wir sind alle aus dem Ursprung entstanden, aus dem Urknall, und sind somit eine große Familie in dem großen Ganzen.
Mit elf Jahren schrieb ich ein Gedicht, das ziemlich sozialkritisch das materialistische Verhalten bemängelte, Äpfel ins Meer zu schütten, um mehr Geld zu kassieren. Dabei dachte ich an all die hungernden Menschen in Afrika, was damals schon immer in den Nachrichten gezeigt wurde. Der Vietnamkrieg mit seinen vielen Opfern und den Giftgasanschlägen der USA erschütterte mich sehr. Die damalige Hippiebewegung verurteilte diesen Krieg ebenfalls, so dass es immer wieder zu Antikriegs-Demonstrationen in Berlin kam.
Dazu die angespannte Situation zwischen Ost und West, die man im ummauerten Westberlin gut spüren konnte. Pink Floyd mit dem Song ‚Another Brick in The Wall‘ und Lieder von John Lennon für den Frieden erschallten im Radio und schürten meine Sehnsucht nach Harmonie und meinen Protest gegen Politik und Erziehung - so wie es für Jugendliche normal ist, alles zu überprüfen, zu kritisieren und sich abzugrenzen, um dann einen eigenen Weg zu finden.
Inmitten dieser Unruhen saß ich nun dort an dem besagten Abend mit meinem ganzen Protest über die letzten Monate und wollte zu Gott. Ich hatte viele Fragen. Ich betete, dass Gott mit mir sprechen sollte. Meine Eltern waren nicht zu Hause, niemand konnte mich stören. In manchen Zeitungen hatte ich Berichte über Wiedergeburt gelesen und dass es eine Seele gibt, die frei vom Körper reisen kann. Lebensverneinend war ich nicht, ich wollte mit Gott sprechen, wollte die andere Welt sehen, die gerechter und schöner ist.
Ich schluckte das erwählte Mittel mit Whisky, um die Wirkung zu verstärken, wobei ich es ziemlich eklig fand. Aber eine von meinen Freundinnen hatte es auch getan und es mir hinterher erzählt. Ich legte mich aufs Bett um zu sehen, was als nächstes geschah. Irgendwie wurde mir dann ziemlich übel. Ich begann, an meinem Vorhaben zu zweifeln. So stand ich auf, ging zur Toilette und steckte mir den Finger in den Hals.
Wie sich später herausstellte, war das nur eine Fantasie von mir gewesen, denn ich war lediglich nur bis zur Zimmertür gekommen und muss mich wohl dort übergeben haben, denn dort war später ein dunkler Fleck. Ich hoffte nun, dass ich ganz normal am nächsten Tag aufwachen würde und meine Eltern nichts bemerken würden. Aber es kam ganz anders: Ich verlor das Bewusstsein.
Während der Bewusstlosigkeit musste ich mich von meinem Körper gelöst haben, denn meine Erinnerung beginnt damit, dass ich mich schwebend an der Zimmerdecke wiederfand. Von dort aus beobachtete ich ein emsiges Treiben in meinem Zimmer. Es waren Rettungskräfte, die meinen Körper auf eine Trage legten. Danach schwebte ich hinaus und befand mich in der Luft über unserem Hof, wo der Rettungswagen parkte. Ich sah, wie die Trage in den Kleinbus geschoben wurde. Als er losfuhr, versuchte ich hinterher zu schweben. Ich kam bis zur Ecke unserer Straße, dann war es dunkel um mich herum.
Als nächstes befand ich mich in stehender Stellung vor dem Urbankrankenhaus in Kreuzberg. Jemand war bei mir. Die Person fragte mich: „Wo willst du hin? Was hast du vor?“ Ich wollte doch mit Gott sprechen und nun stand ich vor dem Krankenhaus wie im Traum ohne einen Körper. Wo sollte ich hin? „Was ist mit deinen Eltern?“ fragte die Stimme.
Bei dem Stichwort Eltern bewegte sich mein Geist direkt zu einem Raum, wo ich einen Schlauch für eine Magenspülung eingeführt bekam. Ich sah mich von oben und hörte Würgelaute. Ärzte fragten mich, was und wieviel ich eingenommen hatte. Ich antwortete klar und deutlich, doch die Ärzte fragten mich immer wieder. So antwortete ich immer wieder. Aber sie verstanden mich nicht, obwohl ich klar und deutlich sprach.
Dann wurde mir plötzlich bewusst, dass ich gar nicht in meinem Körper war. Ich antwortete von der Decke aus, wo ich neben meiner Begleitperson saß. In diesem Augenblick wurde es um mich wieder dunkel.
Ich erwachte liegend in einem kleinen Zimmer, von dem aus ich hinaus auf den Flur sehen konnte. Das war doch die Notstation mit dem Behandlungszimmer, wo mir der Magen ausgepumpt worden war! Meine Eltern waren inzwischen gegangen, kamen aber, um mich abzuholen. Als wir dann nach Hause fuhren sowie in den nächsten Tagen, nahm ich die Welt ganz anders wahr: sie war farbintensiver, schöner anzusehen, fast wie ein Leuchten. Ab diesem Zeitpunkt war die Natur eine schöne Zufluchtsstätte für mich.
Das unbeabsichtigte Out-of-Body-Erlebnis warf nun viele Fragen auf. Zu der damaligen Zeit gab es so etwas nicht. Meine Eltern waren felsenfest davon überzeugt, dass ich mir alles nur eingebildet hatte. Auch wenn ich noch so oft sagte, dass ich die Zimmer im Krankenhaus wiedererkannt hatte und alles von oben mit angesehen hatte, war es für sie unvorstellbar. „ Ja wirklich, ach du glaubst das!“ Aber ich wusste, was ich gesehen hatte.
Nach dem Vorfall redete meine Familie auf mich ein, wie es dazu hätte kommen können. Was hatte mich zu dieser Tat getrieben, mein Leben solch einer Gefahr auszusetzen. Ich nahm erst einmal Abstand von Gott und konzentrierte mich auf meine Ausbildung. Aber dass etwas anderes existierte außer der realen äußeren Welt, wusste ich jetzt genau. Aber meine karitative Einstellung blieb. Das Leben sah ich fortan als Geschenk. Hier haben wir die Möglichkeit, unser Bewusstsein zu vervollkommnen und auf unserem Weg der Selbstverwirklichung voranzuschreiten.
Damals lagen bei meiner Oma Frauenzeitschriften herum, die ich gerne durchblätterte. Dort las ich Berichte von Menschen, die sich außerhalb ihres Körpers befanden, wenn sie für kurze Zeit tot waren und wiederbelebt wurden, zum Beispiel beim Herzstillstand oder beim Ertrinken. Jahrzehnte zurück konnte es solche Berichte nicht geben, da es noch keinen Defibrillator gegeben hatte. Deswegen gibt es auch keine Überlieferungen davon. Nun gab es sie vermehrt.
R. A. Moody, ein Krankenhausarzt, sammelte solche Nahtod-Berichte in seinem Buch ‚Leben nach dem Tod‘. Dort fand ich mein Out-of-Body-Erlebnis bestätigt. Vielen Kranken war es während einer Reanimation so wie mir ergangen, dass sie sich bewusst außerhalb ihres Körpers bewegten, aber wieso und warum so etwas möglich war, konnte ich mir nicht erklären. In der Bibel gibt es Aussagen über eine Seele, doch über Näheres z.B. wie sie beschaffen ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Jetzt hatte ich noch mehr offene Fragen.
Ein anderes Ereignis bestätigte mein Out-of-Body-Erlebnis: Bei einem Schülertreffen wurde ich gefragt, ob ich LSD probieren will. Ich willigte ein. Wie man heute weiß, sind die außergewöhnlichen Erlebnisse chemischen Vorgängen im Gehirn zuzuschreiben. Ich sah verschiedene Farben durch die Luft schwirren, sah mich in die Vergangenheit versetzt, wo ich mit ägyptischen Göttern kommunizierte. Und dann hatte ich wieder das Gefühl, aus meinem Körper herauszutreten, denn ich hatte die Augen geschlossen, sah aber mein ganzes Zimmer wie mit offenen Augen vor mir. Doch trotz alledem hatte ich kein Bedürfnis, dieses Erlebnis zu wiederholen. Zu fantastisch erschien es mir, zu wirklichkeitsfremd.
Auf der Suche nach Antworten gelangte ich in einen buddhistischen Tempel. Mönche sangen Texte in fremden Sprachen. Die Atmosphäre war friedvoll und harmonisch, teilweise mysteriös, doch es blieb bei einem einmaligen Besuch, denn meine Fragen wurden kaum beantwortet. Dafür besorgte ich mir ein Buch über Buddhas Lehren in meiner Sprache.
Meine Oma hatte stets eine gelassene Einstellung und sagte des Öfteren zu uns: „Wie es ist, so ist es, und wie es kommt, so kommt es.“ Sie hatte das richtige Gefühl, sich mit allem abzufinden, was in ihrem Leben geschah. Meine Mutter und ich ärgerten uns damals nachträglich über Vorfälle, wobei wir wussten, dass es nichts bringt, außer dass wir uns die Nerven aufreiben.
Die Welt des Buddhismus eröffnete ganz andere Pforten. Der beschriebene Weg des Erhabenen sollte das Leid der Menschen vermindern. Aber erst sehr viel später verstand ich diese Lehren besser. Allem zu verzichten erschien mir damals doch etwas zu hart für mein junges Leben. Ich wollte eine Familie und Kinder, wollte leben und genießen. Doch war ich voll mit guten Vorsätzen, z.B. Hass und Gier zu vermeiden und meinen Charakter positiv zu stärken. Wie Konfuzius schon sagte: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.
Erst sehr viel später erfuhr ich, dass Buddhisten wie der Dalai Lama immer wieder geboren werden. Sie erkennen in ihrem neuen Körper alle Utensilien aus dem früheren Leben wieder, wie Brille, Essgeschirr, Schuhe usw. Also fand ich wieder die Bestätigung, dass etwas aus dem Körper austritt und bestehen bleibt.
Als ich meine Ausbildung als Krankenschwester begann, hatte ich die Möglichkeit, sterbende Menschen in den letzten Minuten ihres Lebens zu begleiteten. Ich sah am Monitor, wie der Puls immer weiter runter ging, bis der Patient schließlich gar nicht mehr atmete und das Herz stehen blieb. In diesem Moment fühlte ich die Präsenz einer Energie im Raum. Es war, als wäre der Raum kühler und ich bekam jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ein Lufthauch dieser Energie mich berührte. Ich verabschiedete mich in Gedanken und wünschte der Person viel Glück im weiteren Leben. Denn ich wusste ja, dass etwas den Körper verlässt, was nach dem Tode noch gegenwärtig ist. Mein Vater hat als Kind sogar seinen Großvater an seinem Bett gesehen, als dieser verstarb, obwohl dieser weit entfernt wohnte.
Aber immer noch fehlten mir die richtigen Antworten, woraus die Seele besteht und was die Seele eigentlich ist. Als ich dann meinen Mann kennenlernte und meine Tochter geboren wurde, befasste ich mich mehrere Jahre kaum noch mit diesen Themen. Erst als die Ehe auseinander ging und ich alleinerziehende Mutter war, begann ich erneut Fragen zu stellen.
Damals war der Atomreaktor in Tschernobyl defekt und erstmals wurden Bürger mit den negativen Auswirkungen der Atomkraft konfrontiert, die sich direkt auf das Leben jeder einzelnen Person bemerkbar machten. Ich musste aufpassen, dass meine Tochter nicht draußen spielte, weil das Gras verseucht war. Frische Milch war verseucht. Plötzlich stellte ich mir vor, wieviel mehr Schaden die Atombombe auf Hiroshima verursacht hatte. Noch Wochen nach Tschernobyl musste man auf die Milch aufpassen. Die radioaktiven Messwerte wurden in den Nachrichten bekannt gegeben. Aus den Wäldern sollte man noch Jahre später keine Pilze essen, weil der Kadmiumanteil gefährliche Werte aufwies.
Alleinerziehend mit meiner Tochter drehte sich mein Denken nur darum, wie ich uns beide durchbringen konnte. Ich rauchte und schaffte es nicht aufzuhören. Das zehrte am Geld. Außerdem musste ich die Miete, das Auto und unseren Lebensunterhalt bestreiten. Ich war gezwungen, meinem Rauchen Einhalt zu gebieten, um Geld zu sparen. So reduzierte ich auf 6-7 Zigaretten am Tag. Nach einiger Zeit rauchte ich nur noch die schwächeren Sorten. Aber ich konnte nicht aufhören. Mein Geist war viel zu aufgewühlt, um die Kraft und die Gefasstheit dafür aufzubringen.
Da ich im Schichtdienst arbeitete, musste ich eine Pflege für meine Tochter für die Arbeitszeiten außerhalb der Kindergartenzeit finden. Das Jugendamt zahlte diese Zeit. Mein Denken drehte sich um bestimmte Wünsche und um Schutz, denn es war nicht immer leicht, sich als Frau durchzuboxen. Da erblickte ich ein Buch im Buchladen. Es war ein Buch über Hexerei. Dort stand geschrieben, dass die Hexen sich in einer liebevollen Gemeinschaft gegenseitig helfen und anderen Gutes tun wollen. Außerdem gab es bestimmte Rituale, die zum Schutz und zur Erfüllung bestimmter Wünsche dienten.
Ich wendete sogleich einen Schutzzauber an, der mein Kind vor Unheil schützen sollte. Wenn man allgemein einen Wunsch hat z. B. gegen Krankheit, zum Schutz vor bösen Einflüssen, dann kann solch ein Zauberspruch Sicherheit vermitteln, wenn ich mich auch frage, woher denn die Hilfe kommt. Letztendlich doch auch aus dem großen Ganzen.
Aber bei bestimmten Zaubersprüchen, wo es darum ging, andere Menschen gegen ihren Willen zu beeinflussen, hielt ich inne. Ich stellte mir vor, dass ich selbst von unsichtbaren Kräften zu Reaktionen getrieben würde, die ich sonst vermieden hätte, einfach indem irgendwelche Leute, die ich vielleicht noch nicht einmal persönlich kannte sondern nur vom Sehen, einen Zauberspruch gegen mich aussprachen. Vielleicht wäre ich plötzlich aggressiv, obwohl ich es gar nicht sein wollte, oder ich würde anderen etwas antun, obwohl ich es gar nicht wollte. Davon abgesehen, dass man daran glauben muss. Denn was wir vom Leben mitbekommen haben, ist ein eigener Wille, und kann dieser überhaupt beeinflusst werden?
Aber würde es funktionieren, dann wäre es in meinen Augen Gedankenmanipulation. Eine eindeutige Einschränkung der Freiheit einer Person, die offensichtlich ohne gefragt zu werden einfach marionettenhaft benutzt würde, so zu handeln, wie es andere wollen, nur damit diese Personen ihre materiellen Wünsche befriedigen können.
Ich habe nichts gegen Hexen und Heilkräuter, gegen helfende Rituale, aber Kriminalität findet sich überall. Die Gebrüder Grimm haben Märchen aus Überlieferungen zusammengetragen, in denen es von Hexen und Zauberern nur so wimmelt, die andere vergiften, verzaubern oder gar essen wollen wie beim Kannibalismus. Deshalb habe ich die Hexerei nach zwei Wochen wieder aufgegeben.
Manche Menschen meinen, dass sie selbst etwas tun dürfen, während sie anderen das Recht dazu absprechen. Sie lieben in erster Linie nur sich selbst und wollen alles so ändern, wie es für ihr eigenes Glück notwendig ist, ohne auch nur im Geringsten an die Auswirkungen auf andere zu denken.
Dies geht vielleicht privat bis zu einer bestimmten Grenze gut, aber Ungleichheit im Gesetz oder in den moralischen Regeln schafft immer nur Unfrieden z.B. bei der Sklavenbewegung. Die Natur des Menschen ist es, frei zu sein. Wann immer Menschen Sklaven waren, haben sie sich aufgelehnt, um die ungerechten Zustände zu beenden. Die Unterdrückung der Schwarzen in Amerika und Europa, die versklavten Juden in Ägypten - das Unrecht wurde bekämpft. Dies ist ein Stück Frieden: Unrecht zu vermeiden! Dafür gibt es in der heutigen Zeit die UNO, die sich mit solchen Fragen befasst und eigens dazu eine Aufzählung von Menschenrechten zusammengestellt hat, um den Frieden auf der Welt zu gewährleisten.