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Kapitel 1 Grundlegendes

1.1 Kommunikationsmodelle versus reale Kommunikation

Allein geht es nicht

Es liegt in der Natur der Sache, dass es zur Kommunikation mindestens zwei braucht. Kommunikation ist eine Interaktion und lässt sich nicht im Sinn einer Handlung einer einzigen Person zuordnen, entsprechend ergibt es wenig Sinn, davon zu sprechen, dass jemand «gut kommunizieren» kann oder eine «gute Kommunikatorin» beziehungsweise ein «guter Kommunikator» ist – auch wenn das umgangssprachlich üblich ist. «Man kann nicht allein kommunizieren, handeln hingegen kann man alleine – das ist der Unterschied.»1

Es ist auch nicht möglich objektiv das «Richtige» oder das «Falsche» zu sagen, stets hat der Empfänger mitzureden. Natürlich trägt der Sender wesentlich dazu bei, ob ein Gespräch glückt oder für Verstimmung sorgt. Ebenso, wie der Empfänger etwas beiträgt.

Stimmige statt «richtige» Kommunikation

Sie drücken einen bestimmten Knopf auf der Fernbedienung, und der Fernseher spielt das gewünschte Programm. Falls das nicht funktioniert, haben Sie den falschen Knopf gedrückt, oder am Fernseher ist etwas kaputt und muss repariert oder ausgetauscht werden. So «funktioniert» technische Kommunikation.

Menschliche Kommunikation ist etwas völlig anderes. Hier entscheidet der Empfänger, was gesagt wurde.2 Die Botschaft ist ein Machwerk des Empfängers. Anders als bei der «technischen Kommunikation» ist der Empfänger nicht passiv empfangend, vielmehr konstruiert er die Wirklichkeit aus dem Gesagten aktiv.

Modelle und Landkarten

So einleuchtend und klar die Kommunikationsmodelle in den im Folgenden dargestellten Übungen erscheinen und so effektiv, wichtig und stark sie in der Anwendung sind: Sie sind mit Vorsicht zu genießen. Modelle sind nicht real. Man verwechsle daher nicht das Modell mit tatsächlicher Kommunikation: «Die Landkarte [das Kommunikationsmodell] ist nicht die Landschaft [Kommunikation], aber wenn die Landkarte in ihrer Struktur der Struktur der Landschaft ähnlich ist, ist sie brauchbar.»3 In der Realität gibt es kein Nachrichtenquadrat, kein Inneres Team, kein Riemann-Thomann-Modell und kein Wertequadrat. Menschen haben weder farbige Schnäbel noch vier Ohren. Wer es nicht glaubt, darf gerne nachschauen. Modelle sind «nur» Landkarten.

Aber wer keine Landkarte hat, verirrt sich leicht. So erscheinen Kommunikationsmodelle als hervorragende Landkarten für soziale Systeme beziehungsweise das gemeinsame Miteinander.

1.2 Kommunikationsmodelle

In diesem Abschnitt wird ein kurzer Überblick zu den hier behandelten Kommunikationsmodellen gegeben. Im jeweiligen Kapitel werden diese dann schrittweise beschrieben.

Konstruktivismus und Systemtheorie

Beide Theorien, der Konstruktivismus und die Systemtheorie, sind eng mit der Theorie der Kommunikation verknüpft und stellen die Hintergrundfolie aller Kommunikationsmodelle dar.

Der radikale Konstruktivismus besagt, dass wir die Dinge nicht direkt wahrnehmen können. Die Existenz der Welt wird dabei nicht geleugnet, nur gibt es keinen direkten Zugriff auf sie. Das gilt auch für das Empfangen einer Nachricht. Diese ist stets ein Konstrukt der Hörenden, ein Machwerk des Empfängers. Es gibt keine Schnittstelle zwischen Sendendem und Empfangendem. Noch mehr: «Die Übertragungsmetapher ist unbrauchbar, weil sie zu viel Ontologie impliziert. Sie suggeriert, dass der Absender etwas übergibt, was der Empfänger erhält. […] Die Mitteilung ist aber nichts weiter als ein Selektionsvorschlag, eine Anregung.»4 Alles, was im Gehirn passiert, ist stets eine Eigenleistung des Systems.


Die Systemtheorie besagt, dass es in sozialen Systemen unmöglich ist, eine Sache isoliert zu betrachten. Eine Äußerung isoliert und losgelöst von ihrem Kontext zu betrachten, ergibt keinen Sinn. Insbesondere kann Kommunikation, wie gesagt, als eine Handlung nicht einer einzigen Person zugeschrieben werden.

Das erfordert ein radikales Umdenken. Der Erfolg der Naturwissenschaft und Technik bestand in der Vergangenheit genau in dieser Abstraktion, in der isolierten Betrachtung. Die Biologie hat als erste Disziplin die Umwelt einbezogen. Ein Beispiel: Eine Katze hört auf, eine Katze zu sein, wenn sie isoliert im freien Weltraum untersucht wird. Hilfreich ist das Modell eines Mobiles (siehe Abbildung unten). Wenn ein Element entfernt, verrückt oder verändert wird, hat das Auswirkungen auf das ganze System. Im später behandelten Modell des Wertequadrats und bei äußeren und inneren Aufstellungsarbeiten ist die systemische Sichtweise offensichtlich.


Nachrichtenquadrat

Wenn wir miteinander in Kontakt treten, brauchen wir einen Draht zueinander. Eine Idee von Friedemann Schulz von Thun ist, dass der Draht aus vier Einzeldrähten besteht beziehungsweise der Querschnitt «quadratisch» ist. Jede Nachricht besteht demnach aus vier verschiedenen Botschaften. Eine Sach- und eine Beziehungsbotschaft, eine Selbstoffenbarung und einen Appell. Alle vier Botschaften sind gleichberechtigt zu einem Quadrat angeordnet.

Das angestrebte Ziel ist das integrale Hören einer Nachricht, also das Wahrnehmen aller vier Botschaften. Mit dem Nachrichtenquadrat hat Schulz von Thun die Denkweisen von Paul Watzlawick und Karl Bühler in einem einfachen Modell kombiniert.


Riemann-Thomann

Nach Riemann-Thomann5 gibt es vier Grundstrebungen in jedem Menschen. Je zwei davon stehen diametral zueinander. So strebt der Mensch einerseits nach Dauer und Sicherheit, andererseits nach Wechsel (senkrechte Achse). Weiter strebt er einerseits nach Nähe und Geborgenheit, andererseits nach Distanz und Abgrenzung (waagrechte Achse). Beide Paradoxien lassen sich mit entgegengesetzten Pfeilen als Achsenkreuz darstellen.

In der gängigen Literatur wird das Modell umgekehrt dargestellt als hier. Da das Streben nach Dauer an Wurzeln erinnert und das Streben nach Wechsel an Flügel, scheint mir aber eine an Wachstumsprozessen orientierte Anordnung in diesem Buch sinnvoll zu sein. Das Modell basiert auf dem Buch «Grundformen der Angst» von Fritz Riemann.


Werte- und Entwicklungsquadrat

Jedes Denken erzeugt eine Unterscheidung, so ist folgerichtig die kleinste Einheit des Denkens die Zweiheit. Das gilt auch für Werte. Jeder Wert hat stets einen Gegenwert, sonst würde er nicht existieren. So steht dem Wert «Freiheit» der Wert «Struktur» gegenüber, dem Wert «Sparsamkeit» entsprechend «Großzügigkeit».6 Jeder Wert lässt sich (aus der Sicht des Gegenwerts) entwerten. So wird aus «Sparsamkeit» «Geiz» und aus «Großzügigkeit» «Verschwendung». Die Entwertungen werden unter den Werten in einem Quadrat angeordnet.


Jeder Wert verkommt in der Reinheit zu seinem «Unwert». So führt Freiheit ohne einen Funken Struktur zu Chaos, ebenso wie Struktur in der völligen Abwesenheit von Freiheit zu Starre und Zwang verkommt. Beide Werte bedingen einander. Schulz von Thun spricht von einer Regenbogenqualität: Die reine Sonne lässt den Boden verdorren, ausschließlich Regen sorgt für Überschwemmung. Der Regenbogen entsteht nur dann, wenn beide Qualitäten gleichzeitig vorhanden sind.

Das Wertequadrat kann als Entwicklungsquadrat angewendet werden. Wer beispielsweise im Chaos lebt, liegt mit seiner Freiheit ja nicht «falsch». Es fehlt ihm «nur» an Struktur. Die Entwicklungsrichtungen verlaufen entsprechend im Quadrat diagonal von unten nach oben.

Inneres Team

Die Gesetzmäßigkeiten für beispielsweise eine äußere Teambildung, für Konfliktmanagement, Spannungsmanagement oder Koalitionen werden auf das eigene Innenleben übertragen. Die Persönlichkeit besteht in diesem Modell nicht aus einer Einheit, sondern aus verschiedenen Stimmen beziehungsweise Anteilen, die als unterschiedliche Charaktere sichtbar gemacht werden. Diese sollen als Team aufgestellt sein und sich nicht gegenseitig blockieren. Bei jeder Situation tritt ein gesondertes Inneres Team zusammen, viele Mitspielerinnen und Mitspieler sind jedoch immer wieder vertreten. Jeder Figur werden eine Rolle und eine Aussage zugeteilt. Wie bei einem realen Team gibt es ein Oberhaupt, das für Struktur sorgt und das gemeinsame Ziel im Blick behält.


Das «Innere Team» geht in dieser Form auf Friedemann Schulz von Thun zurück (2005).

1.3 Der Moment der Praxis

Kommunikationspsychologie – Theaterpädagogik

Geist und Körper. Das Potenzial beider Welten liegt in ihrer strukturellen Kopplung: Körperlich wird das ausgedrückt, was in der geistigen Welt geschieht. Die Folge ist eine Wirksamkeit, die keine der beiden Welten für sich alleine, abgetrennt von der anderen, erreichen könnte.

Theorie und Praxis – verstehen und handeln

Das handelnde Erleben, das Nachstellen von Modellen enthält einen doppelten didaktischen Sinn. Auf den ersten Blick scheint die Theorie in der Praxis angewendet zu werden. Zum Beispiel: Man stellt sich entsprechend den Ohren um das Nachrichtenquadrat auf (vgl. Abschnitt 3.3, S. 51 und 3.4, S. 54), das eigene Innere Team wird sichtbar und zum Leben erweckt, und man selbst wird zum Oberhaupt seines Inneren Teams. Die Modelle werden dabei im wahrsten Sinn des Worts begreifbar und anschaulich. Auf den zweiten Blick erzwingt das handelnde Erleben ein tieferes Verständnis. Papier kann sehr geduldig sein, aber die Praxis hat Fragen an die Theorie. Es ist ein vernetzendes Hin und Her zwischen Praxis und Theorie: Man spielt, man denkt nach und diskutiert, man macht etwas, und man reflektiert wieder. Ein Wechselspiel zwischen beiden Gehirnhälften ist die effektivste Form des Lernens überhaupt. In diesem Sinn sei ausdrücklich zum Spielen mit dem Modell aufgefordert. Dabei braucht man keine Angst vor Fehlern zu haben. Wer alles richtig machen will, tut sich schwer oder macht vielleicht gar nichts mehr. Das gilt ganz allgemein und im Besonderen für das Zwischenmenschliche – für die Kunst, einander stimmig zu begegnen und miteinander zu kommunizieren.

Der Körper ist schneller

Wir geben verbal, also mit Sprache, abstrakte Zisch- und Grunzlaute von uns und bezeichnen damit Gegenstände und Handlungen. Wir sind so sehr an diese Abstraktion gewöhnt, dass wir «Baum» sagen und dabei vergessen, dass wir, nur weil wir das Wort sagen, noch keinen realen Baum vor uns haben. Es ist dasselbe wie der Unterschied zwischen einer Speisekarte und dem realen Essen. Der Empfänger muss die Zisch- und Grunzlaute erst entschlüsseln und eine Bedeutung konstruieren. Das Verbale ist abstrakt und distanziert und – sehr langsam.

Der Körper spricht hingegen unmittelbar und direkt. So ist und wirkt eine Berührung unmittelbar. Wer eine Kampfsportart beherrscht, weiß um die Geschwindigkeit des Körpers. Noch bevor der Geist den Angriff wahrgenommen hat, hat der Körper bereits reagiert.

Stärken und Gefahren von theatralen Methoden

Handeln wirkt tiefer und nachhaltiger, als wenn «nur» geredet wird. Die Stärke der handlungsorientierten Didaktik entsteht unter anderem dadurch, dass Handeln stets zu einer Entscheidung zwingt. Theatrale Methoden sind dadurch mächtiger als Worte, aber nicht automatisch «besser». Auf der Bühne jemanden bloßzustellen, ist schlimmer, als wenn es «nur» unter vier Augen geschieht.

Auch wenn Spielfreude und Bewegung normalerweise ein lustvolles und herzliches Miteinander ermöglichen, kann es sein, dass einzelne Übungen jemandem zu nahe gehen. Bitte beachten Sie: Kommunikation ist ein Spiel mit dem Feuer. Wir alle benötigen eine soziale Struktur, ein soziales Umfeld, um uns in der Welt zurechtzufinden. Wer sich mit Kommunikation auseinandersetzt, der setzt sich auch mit den sozialen Beziehungen auseinander. Daher mag jede und jeder Teilnehmende auf zwei Dinge achten: einerseits auf die Gruppe, andererseits auf sich selbst. Wem eine Übung zu nahe geht, der möge sich daraus unauffällig zurückziehen.

Die Bühne als Schutzraum

Bei aller Ernsthaftigkeit wird in den Übungen auch viel gelacht. Wichtig ist, dass die Teilnehmenden wissen, dass sie sich auf einer Bühne befinden, wo sie sich in einer bestimmten Rolle erleben und ausleben können, dürfen und sollen. Die Bühne wird zum Schutzraum, zum Spiel- und Experimentierfeld.

Um den Schutzraum zu verdeutlichen und vom «normalen Leben» abzugrenzen, können «materielle Zitate» (vgl. Kapitel 7.3, S. 126 f.) helfen. Das sind Gegenstände (Schal, Taschentuch, Stift, Schere, Computermaus und so weiter), die eine Verkleidung ersetzen. Die Teilnehmenden schlüpfen so in eine bestimmte Rolle und legen diese Rolle nach dem Spiel zusammen mit dem «Zitat» wieder ab.

Langsamer ist besser

Die Kunst einer stimmigen Kommunikation besteht nicht darin, bei seinem Gegenüber auf bestimmte «Knöpfchen» zu drücken und ihn damit zu manipulieren. Wer das tut, reduziert sein Gegenüber auf eine triviale Maschine7. Das erscheint erschreckend, dennoch wird mit diesem Menschenbild in der Wirtschaft ganz alltäglich gearbeitet, speziell in der Werbebranche.

Im vorliegenden Werk geht es um Persönlichkeitsentwicklung. Es geht darum, sich selbst und die anderen besser verstehen zu lernen. Und das braucht Zeit und darf auch Zeit brauchen. Es geht um das Spiel des Lebens – das Spiel mit der Umwelt und mit sich selbst. Langsamer ist besser.

Weniger ist mehr

In meinen Kursen und Vorlesungen höre ich häufig, dass das Nachrichtenquadrat bereits bekannt ist, und die Teilnehmenden würden lieber etwas Neues erfahren. Doch schon bei der ersten Anwendung, etwa bei der Nachfrage, welche Schnäbel sich gerade geäußert haben (Sach-, Beziehungs-, Appell- oder Selbstkundgabeschnabel), herrscht Unklarheit. So schreibt Friedemann Schulz von Thun, der Konstrukteur des Nachrichtenquadrats: «Während sich der Fortschritt der gedanklichen Einsichten in Siebenmeilenstiefeln vollzieht, folgen die Gefühle und das Verhalten noch dem alten Trott und kommen nur im Schneckentempo, Millimeter für Millimeter, hinterher. Und so sind viele Lernziele […] im Wesentlichen nur durch Selbsterfahrung und Verhaltenstraining erreichbar.»8 Es scheint, dass im Moment der Praxis das Wissen um Kommunikation nicht zur Verfügung steht. Es ist wie mit der Musik: Eine Tonleiter ist schnell gelernt, aber damit zu improvisieren beziehungsweise die Töne stimmig anzuwenden, fällt schwer.

Falls Sie Kursleiterin oder -leiter sind: Passen Sie bei der Planung eines Kurses auf, dass sie diesen nicht mit Inhalten überfüllen. Weniger ist mehr. Der «Stoff» in diesem Buch reicht für mehrere mehrtägige Seminare.

Doppelte Durchführung der Übungen

Die meisten Übungen sollten mindestens zweimal durchgeführt werden. Das hat einen tieferen Grund: Um ein Muster zu erkennen, braucht man mindestens zwei oder drei Beispiele. Einmal ist in diesem Fall keinmal. Für Maschinen ergibt eine Wiederholung keinen Sinn. Zweimaliges Speichern erzeugt keine höhere Datendichte und keine erweiterte Sicherheit. Die zweite Speicherung überschreibt einfach die erste. Bewusstseinssysteme hingegen brauchen mehrere Beispiele, um eine Regelmäßigkeit zu erkennen. Eine Übung noch einmal mit einer anderen Person durchzuführen, bedeutet nicht, dass es beim ersten Mal nicht geklappt hat und man jetzt noch mal ranmuss, etwa im Sinn einer maschinellen Produktion. Nein, der menschliche Geist braucht weitere Beispiele, um zu wachsen, um Strukturen zu erkennen und diese auszubilden. Ohne Wiederholungen gibt es keine Muster, keine Struktur, und ohne Muster und Struktur wird es schwierig, Wissen aufzubauen und auszubilden.

Wenn eine Übung ein zweites Mal durchgeführt wird, so wirkt es nur für einen äußeren Beobachter als Wiederholung – für das erlebende Subjekt läuft intern nie das Gleiche ab, weil seine Wahrnehmung und damit es selbst sich geändert hat. Menschen können sich erinnern, sie können ihre Perspektive verändern – Maschinen nicht. Haben Sie also keine Angst vor Wiederholungen.

Gruppeneinteilung und «Wir-Gefühl»

Fast alle hier beschriebenen Übungen finden in Gruppen statt. Für das entstehende «Wir-Gefühl» der Gruppe ist es hilfreich, wenn immer die Teilnehmenden zusammenarbeiten, die sich am wenigsten kennen. Die Aufforderung könnte etwa so lauten: «Bildet bitte Gruppen mit Leuten, die ihr noch möglichst wenig kennt. Zieht bitte bewusst in die Fremde!» Diese Aufforderung lässt den Teilnehmenden die Wahlfreiheit und hat zugleich viele Vorteile:

•«Gleich und Gleich gesellt sich gern!» Der Mensch strebt nach Sicherheit und nach Nähe. Das ist menschlich, begünstigt in einem Kurs jedoch eine Grüppchenbildung. Wenn nach Unvertrautem statt Vertrautem gesucht wird, entstehen neue Gruppen.

•Stellt man sich die Gruppe als die Summe einzelner Pflanzen (Teilnehmende) vor, so sind manche von Beginn an schon recht eng zusammengewachsen (etwa ein Ehepaar), andere sind hingegen noch isoliert. Möchte man, dass die gesamte Gruppe zusammenwächst, ist es eine effektive Strategie, wenn immer die Pflanzen zueinander finden, die bisher am wenigsten miteinander zu tun hatten. Auf diese Weise entsteht in der Gruppe schnell ein «Wir-Gefühl».

Kommunikation schafft die Fäden und die Vernetzung zwischen den Teilnehmenden. Als Leiterin oder Leiter können Sie die Kommunikationsstruktur im Kurs mitgestalten. Zwar können Sie ein «Wir-Gefühl» nicht erzwingen, jedoch günstige Bedingungen dafür schaffen.

•Im Heimatgebiet (vgl. Kapitel 6.4, S. 108) fühlt man sich geborgen und sicher, aber meist lernt man mehr in der Fremde. «Reisen bildet», und zwar durch die Erfahrung mit fremdem Gedankengut. In einem Kurs oder einem Workshop bedeutet das für alle Teilnehmenden eine Erfahrung mit anderen Bewusstseinssystemen.

•Der Mensch ist ein Subjekt. Grundlegend für jegliche Kommunikation beziehungsweise deren Modelle ist die Subjektivität: Jeder Mensch ist anders, denkt anders und erlebt anders. Dieselbe Äußerung kann auf verschiedene Menschen völlig anders wirken, weil jede Person einen anderen Hintergrund hat, anders denkt und andere Erfahrungen gemacht hat.

•Um Strukturen zu erkennen, bedarf es mehrerer Beispiele (vgl. «Doppelte Durchführung der Übungen», S. 18). Wer immer mit denselben Personen zusammenarbeitet, der kann schwerlich erkennen, was individuell und persönlich ist und was von allgemeiner Natur ist. Wer nur mit einem Menschen zusammenarbeitet, der kann auch nur aus den mit diesem Menschen gemachten Erfahrungen seine Wirklichkeit konstruieren. Mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern kann mehr «Datenmaterial» gesammelt werden, um Wissen und Strukturen aufzubauen.

Leitungsrolle

Behalten Sie als Leiterin oder Leiter stets die Gruppe im Blick und bleiben Sie bei den Übungen außen vor. Sie sind Leiterin oder Leiter und nehmen nicht direkt teil an der Übung. Nur so können Sie von außen intervenieren. Achten Sie auf die Dynamik im Raum. Die Gruppe kann (als System) ihr eigenes Handeln und Erleben nicht von außen beurteilen. Sie hält häufig nur den unmittelbaren Moment für sehr wichtig, hat wenig Gespür für zeitliche Abläufe und verliert sich gerne in Einzelheiten. Wenn Sie als Spielleiterin oder Spielleiter nicht auf das gesamte Seminar blicken, tut es niemand. So wird nach Ablauf eines erfolgreichen Lehrgangs von der Gruppe häufig die Besonderheit der Teilnehmenden betont. Hingegen werden Ihre Klarheit als Leiterin oder Leiter und Ihr strukturelles Handeln eher nicht wahrgenommen. Last but not least: Es ist leichter, zu zweit eine Gruppe anzuleiten. Als alleinige Leiterin oder alleiniger Leiter stehen Sie (in Ihrer Rolle) auch allein da.

Kommunikation sichtbar machen (E-Book)

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