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Alte Hure, Fressmaschine, überdimensioniertes Etwas, Hurenbock – wie kann man das nur sagen?

Mülleimer, widerliche, ekelerregende Absteige.

Auf YouTube gibt es ein Video, das von einem örtlichen Fernsehsender gemacht wurde und auf dem ein bärtiger Zucchero – äußerlich ruhig und friedfertig, aber innerlich ein Vulkan – wie eine Furie auf eine Dame einschimpft, die, anstatt seinem Konzert zu lauschen, damit beschäftigt ist, zu essen und auf ihrem Handy herumzutippen. Wir befinden uns im edelsten, aber unauthentischsten Teil Sardiniens. Hotel Cala di Volpe, 850 geladene Gäste, die mehr als 1 000 Euro pro Person für Abendessen und Konzert bezahlt haben. Sugar ist rückfällig geworden, denn er kehrt fünf Jahre nach dem ersten Mal erneut an den Ort des Verbrechens zurück, wo er damals schon seine Darbietung mit Beleidigungen und Grimassen in Richtung der nicht mehr ganz jugendlichen Zuhörerschaft gewürzt hatte. Er kehrt nach einer »halben« Ewigkeit zurück, tut, als ob nichts gewesen wäre – und macht schließlich dort weiter, wo er einst aufgehört hat: »Cala di Volpe, möge Gott euch segnen und vergeben.« Und dann, gleich darauf: »Ich bin nur wegen des Geldes hier, denn ihr geht mir auf die Nerven.« Musik, Lieder, Blues, bewusste Lüsternheiten. Aber auch Unaufmerksamkeit. Wie kann das angehen bei Leuten, die mehr als zwei Millionen gute alte Lire ausgegeben haben?

Er, der wenig beachtete Zucchero, geht in die Luft: »Ich sehe jene Dame, die fortlaufend simst. Die mich nicht einmal ansieht, die unbeeindruckt mit ihrem Getippe fortfährt. Bis ich es an einem gewissen Punkt leid war und es ihr gesagt habe. Bitte, lass dieses Handy in Ruhe. Es war ein snobistisches Verhalten, wie soll ich es anders ausdrücken? Und sie hat mir als einzige Antwort den Stinkefinger gezeigt. Fuck you. An diesem Punkt bin auch ich wütend geworden und habe gesagt, was mir einfiel. Wenn Beppe Grillo es gesagt hätte, hätten wahrscheinlich alle gelacht. Stattdessen ist ihr Begleiter aufgesprungen und hat mit einer Zitrone oder mit einer Flasche geworfen, in der Aufregung erinnere ich mich nicht mehr genau an die Reihenfolge der geworfenen Gegenstände, und ich habe es ebenso gemacht.« Mit einer Bierflasche. Einer leeren, so scheint es.

Ab jenem Moment bricht ein kleines Inferno los. Sugar beruhigt sich nicht und lässt Sätze los, die in ihrer Substanz zensurbedürftig, aber in ihrer Form, offen gesagt, unwiderstehlich sind: »Ihr reichen Frauen mittleren Alters, die ihr stinkt wie Heringe …«, »Ohrfeigt euch gegenseitig, wenn ihr nicht wisst, wie ihr euch vergnügen sollt …«, »Leckt mich am A …, ihr hässlichen Dummköpfe …«, »Geht mir nicht auf den Sack, bewegt euren Hintern …« und ein: »Ihr Reichen seid doch innerlich tot, und heute Abend habt ihr nur Scheiße gegessen …«, das wiederum die Küchenchefs erzürnt.

Eine Rauferei und dann wieder Musik, Maestro.

Am folgenden Tag findet sich alles in der Zeitung. Zucchero gibt Edmondo Berselli gegenüber zu, »ein wenig übertrieben zu haben«, aber er habe auch mildernde Umstände geltend zu machen: »Ich komme schließlich von der Straße, alle wissen das. Unter Freunden verwenden wir Schimpfwörter praktisch liebevoll: ›Komm her, du Stück Scheiße‹, ›Was treibst du da, Hurensohn?‹ Und es ist wirklich nicht schwer, nachzuvollziehen, dass es nicht das Schönste auf der Welt ist, mit Herzblut Musik zu machen und zu singen, während das Publikum isst. So war es für mich ganz natürlich, den Ton und den Rhythmus ein wenig zu verschärfen. ›Bewegt euren Hintern ein wenig und kommt tanzen.‹ Das ist mein Stil, ob es jemandem gefällt oder nicht. Meinen Fans gefällt es. Es wäre viel einfacher gewesen, die normale Show zu absolvieren: Guten Abend, meine Damen und Herren; Danke für den Applaus; Auf Wiedersehen im nächsten Sommer. Meine Aufgabe ist es, zu unterhalten, ich hätte es gerne, dass alle tanzen. In einem Hotel, neben einem Pool, mit Leuten, die vielleicht Rock nicht mögen oder nichts davon verstehen, ist dazu etwas mehr nötig als in einem Stadion oder einer Veranstaltungshalle. Ich arbeite mit Sarkasmus, mit Ironie: Ich bin nicht einer für den Nachtclub, bin kein Schnulzensänger, kein Schlagersänger, ich habe ein sanguinisches Temperament.«

Daran lässt sich nicht rütteln!

Wie immer polarisiert Zucchero Sugar Fornaciari. Wer ihn vorher bereits hasste, dem hat er einen weiteren Grund geliefert, das zu tun. (»Er hat über 180 000 Euro bekommen und ergeht sich dann in Beleidigungen?«, ist noch die zärtlichste Abrechnung mit ihm, die man in den Blogs lesen kann); wer in ihm jedoch eine Persönlichkeit mit Blues in der Seele, der Einstellung eines Rockers und dem Sound eines Popmusikers sah, hat mit viel Vergnügen beobachtet, wie er in die Rolle des Rächers schlüpfte und Sachen sagte, die viele hätten sagen wollen (»Wer von uns hat sich noch nie gewünscht, jene unerträglichen Reichen, die sich in Selbstdarstellung ergehen und für gottgleich halten, ein ›Leck mich am A …‹ entgegenzuschleudern?«, war dann etwa zu lesen).

Alles wie gehabt, wie auch immer man es sehen möchte. Auf jeden Fall immer gegen den Strom – manchmal auch gegen den gesunden Menschenverstand. Oder, um den Titel eines wunderschönen und unterschätzten Films von Stefano Leali zu zitieren: Im Segelboot gegen den Wind.

Massimo Cotto

Zucchero

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