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Kapitel 2

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Gianna hatte schon dreimal versucht, ihren Vater über das System zu erreichen, während er zum Tauchhangar unterwegs war, um sicherzustellen, dass Donovan seinem Befehl auch Folge leistete. Eigentlich hatte er auf der Brücke bleiben wollen, aber er glaubte irgendwie nicht daran, dass der Wissenschaftler seiner Anweisung auch wirklich folgte.

Bisher hatte er jeden weiteren Anruf von Gianna abgewiesen. House war die einzige Person an Bord, die über dieses Privileg verfügte. Die anderen Besatzungsmitglieder konnten sich gegenseitig abweisen, aber niemand konnte House ein Gespräch verweigern. Nicht einmal Donovan.

Das bereitete House die meiste Freude daran. Es war eines der wenigen Dinge, die er Donovan voraushatte. Da er für jedermanns Wohlergehen hier an Bord verantwortlich war, hielt House es für unerlässlich, jeden zu jeder Zeit kontaktieren zu können.

Donovan hingegen sah es als eine Methode an, die Leute zu kontrollieren.

House schüttelte den Kopf und legte seine Hand an die luftdichte Tür. Dahinter lag der Tauchhangar mit dem verschließbaren Moonpool, der den Zugang zu den eisigen Gewässern der Antarktis ermöglichte. House fühlte sich durch die dicken Ärmel seiner Winterjacke ganz schön eingeschränkt, aber angesichts der extremen Kälte, die von der anderen Seite der Tür in das Schiff drang, wollte er nicht darauf verzichten.

Es war wirklich unfassbar kalt.

Begleitet von einem Zischen und dem Wusch eisiger Luft trat House mitten ins Chaos. Jeder einzelne der acht Menschen, die in diesem Hangar stationiert waren, rannte gerade panisch umher und schrie die anderen an. House konnte von dem Durcheinander allerdings kaum etwas erkennen, denn er wurde von einem gleißenden, pulsierenden blauen Licht in der Mitte des Raums geblendet.

Ist das wieder irgendein neues Spielzeug?

Die DARPA-Ingenieure ließen sich nämlich ständig neue Spielereien einfallen, die sie dann auf dem offenen Meer testeten. Da House die Quelle des Lichts nicht ausmachen konnte, nahm er an, dass es irgendeine ihrer Erfindungen war, die gerade verrückt spielte.

Aber dann hörte er Trips Stimme durch den Lautsprecher des Hangars brüllen und ihm wurde klar, dass DARPA dieses Mal nicht dafür verantwortlich war. Irgendetwas war ganz gehörig schiefgelaufen und ganz und gar nicht zum Lachen.

Der Taucheranzug?

Mit der Hand vor dem Gesicht, um seine Augen gegen das starke Licht abzuschirmen, stieg House den Gang hinunter, ganz behutsam, eine Stufe nach der anderen. Er wollte nichts lieber, als mit Entschlossenheit und geballten Fäusten hinunterzustürmen. Denn Trip war ein fähiger Matrose, der auch unter Stress hochdiszipliniert war – besonders unter Wasser und in Schwierigkeiten. Die Tatsache, dass der Mann jetzt so schrie, beunruhigte House deshalb zutiefst.

Die Treppe bog jetzt nach links ab und führte in die entgegengesetzte Richtung. Als House auf dem Absatz ankam, warf er durch die Lichtblitze hindurch einen kurzen Blick auf das Geschehen unter ihm. Trip steckte, wie er vermutet hatte, immer noch in dem Taucheranzug. Jeder, der nicht gerade ein Terminal bediente oder zu einem Stück Ausrüstung eilte, war um das Becken der Endeavor versammelt. Was auch immer hier gerade vor sich ging, es passierte in oder um den Pool herum.

Das Becken besaß zwei beheizbare, einfahrbare Doppeltüren. Die innere Tür gewährte dem Taucher Zugang zu dem Schiff. Wenn die äußere Tür aufging, drang der Ozean hinein. Den Raum dazwischen nannten sie Fegefeuer.

Die Endeavor war der Himmel.

Der Ozean war die Hölle.

Bis er sicher sein konnte, was genau los war, musste House die Situation behandeln, als wäre sie lebensbedrohlich. Also übersprang er die letzten vier Stufen und sprintete auf die Mitte des Raumes zu. Als er gerade im Begriff war, einen Befehl zu brüllen, stocherte einer der Männer mit einem langen Metallrohr an Trips Helm herum.

Was zur Hölle tut er da?, fragte sich House, der immer noch nicht in der Lage war, das Ereignis einzuschätzen. Doch sobald das Metallrohr die Quelle des Lichts berührte, begann dieses sofort nachzulassen und House bekam ihren Fang endlich zu Gesicht.

»Das ist ein Scherz, oder?«, fragte er fassungslos, als er dem Matrosen mit dem Metallrohr einen Blick zuwarf. »Haben Sie gerade wirklich einen Oktopus betäubt?«

Das Crew-Mitglied namens Jordan reagierte nur mit einem Schulterzucken. Genau wie House war er offensichtlich extrem durcheinander und brachte deshalb keine vernünftige Antwort zustande. Die Kreatur gab jetzt eine letzte Reihe von rhythmischen Lichtpulsen von sich, bevor sie auf den Boden des Hangars rutschte.

Einen Moment lang rührte sich niemand … solange, bis eine Stimme, die House nur äußerst ungern vernahm, aus der Luke über ihm drang.

»Fangt das Exemplar ein und bringt es sofort in mein Untersuchungslabor am Oberdeck.«

Seth Donovan!

House trat zur Seite, als Donovans Team mit einer ganzen Reihe von Ausrüstungsgegenständen heraneilten. Sie schienen eine Art mobilen Wassertank dabei zu haben. Ein Mann hielt einen Schlauch in das Wasser zu Houses Linken, während eine Frau eine Reihe von Schaltern betätigte und anschließend einen großen, roten Knopf drückte.

Es schien so, als würde das Betäubungsmittel, das dem Oktopus verabreicht worden war, nicht allzu lange wirken. Der Tank ähnelte einem umgedrehten Aquarium, aus dem drei Schläuche herausragten. Der Boden war rechteckig und wurde versiegelt, sobald die Kreatur hineingesetzt worden war. Dann strömte eisiges Antarktis-Wasser in das Gefäß.

House hörte ein Zischen und dann …

»Was zur Hölle war das, Sir?«

Er wandte sich dem Matrosen in dem Panzer-Tauchanzug zu. Trip passte mit seinem schlanken Körperbau und der dicken Hornbrille rein äußerlich viel besser zum Wissenschaftsteam, aber seine Erfahrung mit dem Panzer-Tauchanzug machte ihn zum besten Mann für diesen Job. Trip hatte auch bei einigen Verbesserungen geholfen, lange bevor sie in See gestochen waren, und hatte außerdem eine irrsinnige Menge an Tauchstunden in dem Anzug angesammelt.

Ähnlich wie Gianna war er äußerst intelligent, aber genauso wie House zog er die Freiheit, die das offene Meer ihm bot, einem Schreibtischjob oder einem Labor vor. Der junge Mann hätte sich garantiert in beiden Umgebungen hervorgetan und wäre wesentlich schneller vorangeschritten als die meisten anderen seines Alters.

Hier hat er beides, dachte House und lächelte. Trip tat sich auch auf der Endeavor hervor und hatte House auf einer Vielzahl von Gebieten beeindruckt, vor allem in Tauch-Technologie und Maschinenbau.

»Nächstes Mal«, sagte Trip, während er sich aus dem Anzug schälte, »nehme ich eine Harpune mit und gehe Speerfischen!«

House verschränkte die Arme vor der Brust und grinste, weshalb er von Trip nur einen verwirrten Gesichtsausdruck erntete.

»Willst du noch eine Weile weiterjammern oder steigst du jetzt endlich aus dem Anzug und erzählst mir, was da unten los war?«

»Sie haben nicht zugeschaut?«

House schüttelte den Kopf. »Ich war ein bisschen damit beschäftigt, das Schiff zu kommandieren und so.«

Trip lächelte und Sekunden später ertönte ein Geräusch, als würde ein überdimensionierter Schließriegel aufgeschoben werden. Als Nächstes wurden die Brust- und Rückensektionen separiert, was Trip erlaubte, sich aus dem einzigartigen atmosphärischen Tauchanzug zu schlängeln. Es war das einzige Stück Equipment dieser Art in der gesamten US-Navy.

Am Rücken und an den Beinen waren kleine Stahldüsen angebracht, die es dem Piloten ermöglichten, mühelos durch das Wasser zu treiben, und all das ohne ein separates Antriebssystem – in etwa wie ein Unterwasser-Jetpack. Den Anzug zu steuern, war nicht so einfach, wie Trip es aussehen ließ. House hatte es ein einziges Mal versucht – auf eine Wette mit dem leitenden Ingenieur der Endeavor hin – und hatte vor der gesamten Mannschaft kläglich versagt.

Verflucht seist du, Buddy.

Chefingenieur Marcus Buddy Malone war ein noch älterer Seebär als House. Er war Anfang siebzig, konnte aber selbst Leute, die vierzig Jahre jünger waren, mühelos in die Tasche stecken. House hatte ihn aufgrund ihrer gemeinsamen Zeit an Bord der Harry S. Truman als Chefingenieur angeheuert. Buddy hatte dort denselben Titel innegehabt, bevor er vor über zehn Jahren in den Ruhestand gegangen war, und House traute im Umgang mit Maschinen niemandem mehr als ihm. Außerdem schadete es nicht, dass sie beide aus Georgia kamen und eingefleischte Bulldog-Fans waren.

Go Dawgs!

Ein Techniker zu Houses Rechten bediente jetzt die Winde, die den Tauchanzug in der Luft hielt, während er ihn mit Trip darin vorsichtig zu dessen Andockpunkt nahe dem Pool herumschwenkte. Währenddessen erzählte der Taucher, was ihm widerfahren war.

»Im Ernst, Captain, mit dem Ding – was auch immer es ist – ist nicht zu spaßen! Da war ich nun, kurz über dem Meeresboden und plötzlich – Wumms – hat es mich angefallen und sich an meinen Helm gekrallt.«

House lachte leise.

Trip hatte wirklich eine blühende Fantasie. Er liebte überzogene Geschichten, Filme, Bücher und Graphic Novels.

»Du meinst also«, sagte House mit erhobener Augenbraue, »dass die Krake dir einen Kuss geben wollte? Ist es das, was dich so verrückt macht?«

Trip riss die Augen auf. »Von wegen, Sir. Sehen Sie doch mal, was das Ding mit meinem Helm gemacht hat!«

House musterte den Mann ein paar Sekunden, und ihm wurde bewusst, dass da echte Angst in seinem Gesicht zu lesen war und dass er außerdem Probleme beim Sehen hatte. Doch er wollte es nicht ansprechen. Falls Trip noch Sehschwierigkeiten haben sollte, wenn er ihn das nächste Mal traf, würde er ihn zum Schiffsarzt schicken müssen.

Als House sein Augenmerk von dem verschreckten Taucher auf dessen Helm verlagerte, war er kurzzeitig sprachlos, denn der Oktopus hatte es allem Anschein nach geschafft, mit seinem papageienschnabelartigen Kiefer tiefe Furchen in die robuste Oberfläche des Anzugs zu ritzen. In all den Jahren auf See hatte House so etwas noch nie zuvor erlebt.

Er musste unbedingt herausfinden, was da genau sein Schiff geentert hatte.

»Check den Anzug komplett durch und mach eine Meldung, sobald du kannst. Falls du fit genug dafür bist.«

Trip wirkte beleidigt. »Nur, weil ich mich ein bisschen erschreckt habe …«, er blinzelte mehrmals heftig, »heißt das noch lange nicht, dass ich meine Arbeit nicht erledigen kann, Captain.«

House gefiel die Einstellung des Mannes, aber tief im Inneren war er etwas besorgt. Er mochte Trip, und je besser er ihn kennenlernte, desto weniger hatte er etwas dagegen, dass seine Tochter ihn mochte.

House wandte sich ab und sah sich nach Donovan und dessen Team um. Er knurrte verärgert, als er keinen von ihnen finden konnte. Sie hatten also ein Besatzungsmitglied in Not im Stich gelassen, und das alles im Namen der Wissenschaft. Das Erste, was House tun würde, sobald er Donovan ausfindig gemacht hatte, war, ihn wissen zu lassen, dass er ihm am liebsten ein zerbrochenes Reagenzglas in den Arsch schieben würde. Auf diesem Schiff kümmerte man sich um einander! Die See war Richter und Geschworene in einem und in manchen Fällen sogar der Henker. Sie alle hier an Bord waren ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Er fauchte. »Donovan!«

***

Da House nun gezwungen war, sämtliche Treppenstufen zum Oberdeck wieder hinaufzusteigen, war er nicht gerade bester Laune, als er bei den Männern ankam. Donovans Team hatte den Hangar über den Frachtaufzug betreten. Damit transportierten sie im Allgemeinen den Großteil ihres sperrigen oder schweren Equipments durch das Schiff. Der nächstgelegene Aufzug lag aber leider weiter vorn am Bug.

Der Tauchhangar befand sich am Heck des Bootes auf dem untersten Deck, zusammen mit dem Maschinenraum. Donovans Labor war seinen Anweisungen gemäß auf dem Oberdeck errichtet worden und über ein Netzwerk aus Korridoren mit anderen Labormodulen verbunden. Der ansonsten ungenutzte Platz war besiedelt von Stahlcontainern, die von oben wie Bienenwaben wirkten.

Es war der einfachste Weg, von Punkt A zu Punkt B zu gelangen, ohne sich der eisigen Außenluft aussetzen zu müssen. Sämtliche Innenräume der Endeavor waren beheizbar. House hatte nichts gegen solche Annehmlichkeiten, denn seine Leute arbeiteten besser, wenn sie weniger Stress ausgesetzt waren.

Wärme ließ eine Antarktis-Mission weniger schrecklich erscheinen, und da auf dem Oberdeck bereits für zusätzliche Arbeitsbereiche gesorgt war, waren die Quartiere der Besatzung etwas großzügiger ausgefallen. Alles im Bauch der Endeavor war demontiert und erneuert worden. House hatte sich ein beeindrucktes Pfeifen nicht verkneifen können, als er seine eigene Unterbringung für die nächsten drei Monate zum ersten Mal besichtigt hatte.

Weder House noch seine Tochter wollten in nächster Zeit irgendwo hin. Ohne Karen hatte keiner von beiden einen Grund zur Heimkehr, oder auch nur ein Heim. Beide hatten befristete Verträge mit DARPA unterzeichnet, in der Hoffnung, dass diese nach Abschluss der Mission verlängert würden.

Der Gedanke daran, wieder voll und ganz auf See zu sein, noch dazu mit seiner Tochter an seiner Seite, entlockte ihm unwillkürlich ein Lächeln.

Was ihm das Lächeln allerdings wieder verdarb, war die Tatsache, dass Donovan ihn offenbar ignorierte. Er hatte den Mann bereits dreimal angerufen und das ohne Erfolg. Entweder hatte das hochmoderne Kommunikationssystem versagt oder der Wissenschaftler hatte seinen Ohrstöpsel einfach herausgenommen.

House war sich sicher, dass Letzteres der Fall war, denn Gianna hatte ihm mehrfach versichert, dass die Anlage nicht kleinzukriegen war. Gemeinsam mit einigen Freunden aus der Heimat hatte sie sich persönlich darum gekümmert. Diese Freunde, so war ihm versichert worden, hätten das System unfehlbar und idiotensicher gemacht. Er hätte sich nur gewünscht, dass sie seriöse Programmierer gewesen wären und keine kriminellen Hacker. Gianna war eine Meisterin beider Fächer.

***

Donovan und sein Team leerten gerade das mobile Aquarium und ließen das Meerwasser achtlos zu Boden fließen, da die Abflussrinnen zu ihren Füßen sämtliche Überschwemmungen verhindern würden.

Hochkonzentriert widmete sich Donovan seiner Aufgabe, ohne auch nur einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden. Dieses Exemplar war zwar nicht genau das, wonach sie gesucht hatten, dennoch verfügte es zweifellos über dasselbe hochwirksame Nervengift wie seine Cousins. Ungeachtet dessen, was dieser Oktopus wirklich war, würde er seinen Zweck erfüllen. Er würde Fortschritt herbeiführen.

Mit Gummihandschuhen und -schürzen bekleidet, breiteten sie den Kraken vorsichtig auf dem Untersuchungstisch aus und fixierten seine Gliedmaßen. Sie mussten sich Zugang zu seiner Speicheldrüse verschaffen, um das Tetrodotoxin entnehmen zu können. Falls dieses Geschöpf tatsächlich mit der blaugeringelten Variante verwandt war, gehörte sein Gift zu den tödlichsten der Welt und musste deshalb mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden.

Donovan überprüfte sein Skalpell, dann machte er sich mit ruhiger Hand an die Arbeit.

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