Читать книгу Dies irre Geglitzer in Deinem Blick - Matthias Politycki - Страница 6

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Dritte Sorte

Dieser schwüle Nachmittag damals, als dann abends der Blitz einschlug

Jahr für Jahr blasser wir beide und

vielfältiger, einsilbiger, herber.

Deine Hand immer leichter,

wenn sie auf der meinen liegt.

Dein Blick immer schwerer,

wenn er auf den Dingen

so lange ruht, bis er

auch deren Rückseite sieht,

die Leere auf der Rückseite der Dinge.

Aber an unseren großen Tagen,

da strahlen wir wie eh und je –

Und als ob du nach all den Jahren sogar

meine ungeschriebnen Gedichte lesen könntest,

stürmst du plötzlich herein

und blitzt mich mit

all deinem Übermut an:

»Wär’s nicht toll, du, wenn heut abend

so ein richtig großes Gewitter käm’?«

Baldurs Blau

Heut früh,

durch Jalousettenritzen drang ein allererstes Licht,

heut früh verschlug es mir so gründlich

die Sprache, weil du nicht neben mir,

weil du nicht mit mir aufgewacht warst,

daß mir mucksmäuschenstill,

Zeile für Zeile,

das endgültige Gedicht aufdämmerte.

Es hieß »Baldurs Blau«,

das weiß ich noch,

und es begann damit,

daß ich dir eine Insel schenken wollte,

obwohl ich noch nicht mal das Geld hatte,

dir die Yacht zu kaufen,

ach was: die Überfahrt mit ’nem Kanu,

um überhaupt hinzukommen.

Ich hatte nur das Gedicht.

Irgendwo kam darin vor, daß deine Augen

so blau wären –

so blau waren –

so blau sind wie –

Wie gern hätte ich dir

zumindest das Gedicht geschenkt.

Doch als ich schließlich auf Zehenspitzen

zum Fenster ging und die Jalousette kippte,

polterte die Sonne ins Zimmer.

Ich hatte es gründlich vermasselt.

Yuccapalmenanfall

Gerade eben träumte ich offenen Auges

von meiner Yuccapalme. Sah sie

in all ihrer mäßigen Pracht vor mir steh’n,

wo sie die letzten zwanzig Jahre

gestanden. Bis sie eines Tags dann doch,

ganz ohne Sang und Klang,

für immer verschwand.

Wie ich erwachte, standest du vor mir,

die mir die Palme einst geschenkt,

und strahltest mich so übermäßig an,

daß ich mit einem Male wußte,

wie ich dich sehen würde, wenn du –

wenn du nicht mehr mit mir –

wenn du mal nicht mehr bist.

Geteilt haben

das Vertrauen ineinander

die Sorge umeinander

das Lachen übereinander

dann gibt es noch immer nichts zu bereuen

Dies irre Geglitzer in Deinem Blick

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