Читать книгу London für Helden - Matthias Politycki - Страница 7
ОглавлениеWir begannen natürlich
mit ’nem Royal London,
das offensiv malzig,
im Abgang nach altem Feudel schmeckte,
und ’nem London Pride
(»Whatever you do take pride«),
das erst recht malzig
und im Abgang nach …
ja, nach was denn schmeckte?
Nach verranztem Murmeltier?
’nem räudigen Kater?
Nach Ziegenbock?
Wir nahmen die Sache ernst und
machten uns ’nen Arsch voll Gedanken;
schließlich wollte’s der Pfalzgraf
mit ’nem Achselzucken abtun,
mußte dann allerdings zugeben,
daß er sich seit Jahr und Tag
um die einheimischen real ales herumgetrunken hatte,
die seien ihm von Anfang an suspekt gewesen,
die schmeckten bestenfalls very British,
wären nicht kompatibel mit ’ner Kontinentalkehle,
die löschten keinen Kennerdurst.
Aber bitte, schon gut,
er sei zu allem bereit.
Und werde den Abend, mir zuliebe,
komplett mit Britenbier bestreiten,
wär ja gelacht, wenn man nicht auch damit
am Ende auf der Zielgeraden landen würde,
aber hallo!
Wo waren wir stehengeblieben?
Bei ’nem London Gold
(»In a field of its own«),
das verflucht malzig am Gaumen klebte
und im Abgang …?
Jetzt aber wirklich mal im Ernst!
Wir schmeckten
und schmeckten
und schmeckten,
kamen freilich nur immer wieder auf
alte Feudel.
Auf feuchte alte Feudel.
Feuchte alte Feudel, die man nachm Wischen
nie or’ntlich ausgewaschen hatte.
Während ’ne Rentnerband ihren Platz im Eck bezog
und nach Begrüßung etlicher grau-
und weißhaariger Herrschaften im Publikum
(die sich später, einer nachm andern,
als Sänger enttarnten und der Reihe nach
mit auf die Bühne durften, um dort ein,
zwei Lieder aus ihrem Repertoire zu geben;
der offizielle Sänger der Gruppe
fungierte als Conferencier) –,
während ’ne Rentnerband nach Begrüßung
auch der grau- und weißhaarigen Groupies
den altbekannten Daddeljazz anstimmte,
berieten wir uns übern Abbot Ale,
die Brauerei nannte’s »casked conditioned beer«,
(»When you’re ready you’ll find it«),
der erste Schluck hart wie ’ne persönliche Kränkung,
bis zum letzten Zug vermuteten wir
’ne Fichtennadelkomprette am Boden des Glases.
Dann lieber Arkell’s labbriges JRA1,
’ne Art Altbierbowle für Schnabeltassentrinker
und solche, die’s werden wollten,
lauter leere Schlucke,
’ne einzige Durststrecke,
wir lachten empört auf, und
weil wir uns darüber gar nicht beruhigen wollten,
schrieb ich Wort für Wort vom Zapfhahn ab,
was darauf an Vollmundigem zu finden.
Denn jetzt wollten wir’s wissen.
Mittlerweile hatte rund um uns
’n Geschunkel und Geschiebe und in dessen Zentrum
’n offensiv fröhliches Daddeldirty-Dancing angehoben;
der amtierende Sänger,
’n gutgelaunter Glatzkopf mit Pförtnerbrille,
imitierte John Travolta,
allerdings in Zeitlupe,
’n Rudel gut betankter Tanzbären im Publikum tat’s ihm –
nach Kräften mitbrüllend und
jeden, der nicht im Rhythmus wackelte,
von der Seite militant anfaunend –,
tat’s ihm nach.
Wir nuckelten noch ’n paar Takte
an unserm Sherlock Holmes Ale2 rum
(hatte’s überhaupt
nach irgendwas schmecken wollen?),
stellten die Gläser artig
aufm Tresendeckchen ab
und wechselten zum nächsten Pub.
Denn wir wollten’s wissen.