Читать книгу London für Helden - Matthias Politycki - Страница 9
ОглавлениеVom Palm Tree wechselten wir zum Perseverance3,
vom Perseverance gleich weiter zum Royal Inn on the Park,
zum Carlton Arms, zur Railway Tavern,
eh wir so richtig drin waren,
schauten wir schon, daß wir weiterkamen,
selbst von einem Trinkfachgeschäft namens Lord Tredegar
und seinem bärbeißigen Mundschenk,
der uns mit Anekdoten und Witzen
den Weg nach draußen zu verstellen suchte,
selbst von seinem einzigen Stammgast,
der uns mit deutschen Wortbrocken
und Kenntnissen zur Ausrüstung der Wehrmacht
zum Stillstand bringen wollte,
ließen wir uns nicht aufhalten.
Als wären wir auf der Flucht gewesen.
Dabei waren wir auf der Suche
nach dem einen, dem erlösenden Schluck.
Nach der einen, der erlösenden Erkenntnis.
Vor lauter Verkostungseifer, ex und hopp,
vergaßen wir erst mal alles andre,
hatten keinen Blick für Schnörkel und Kringel
altehrwürdig englischer Kneipenkultur,
schließlich hatten wir ’ne Aufgabe,
hatten ’n Ziel. Doch was wir auf jeden Fall
und immer wieder mitbekamen
und in aller Deutlichkeit:
Ob auf der Kohleattrappe im Kamin
’n künstliches Feuer flackerte oder
riesige Fliesenbilder
an der Wand hinterm Tresen ragten,
ob dicke Blondinen in lustigen Rüschenblusen und
erstaunlich kurzen lustigen Röckchen
zum Karaokesingen und Klatschen animierten
oder ’n gesetzter Herr zur quiz night,
ob’s nach vielen Runden Jägermeister roch oder
nach ’ner Tracht Prügel,
ob der Barkeeper aus Australien kam und selber ausgiebig
’n Kopf über Berry Good Ale4 schüttelte
oder ob die Wirtin jede Bestellung mit ’nem immergleich
barschen »O.k., darling« quittierte,
ob Old Speckled Hen aufgetischt wurde,
Dog’s Bollocks oder Polar Bear5,
schlußendlich schmeckte alles nach Skunk Triple FFF6
oder, ganz eigentlich, jawohl,
nach altem Feudel.