Читать книгу Respekt - Mauritius Wilde - Страница 5

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Vorwort

»Respekt – das Wort klingt hart. Schärfe ist in seiner Knappheit. Und Klarheit. Das Wort aber hat viele Taschen. Darin sind weitere Worte: die Achtung etwa und die Scheu, aber auch die Rücksicht. Auf den ersten Blick nur lose verbunden. Und doch beieinander: in der Sorgfalt und der Aufmerksamkeit für den Abstand, den es zu halten gilt. Auch von sich selbst. Damit man genau sehen kann. Und man im anderen nicht sich selbst sucht. Damit man lernt zu achten, was sich verbirgt – das Geheimnis, das ein jeder ist, eine jede bleibt, sich und den anderen. Und man sich die Scheu bewahrt, einzudringen in den Raum der anderen. Und sich immer und immer wieder die Rücksicht abverlangt – auf ihre Freiheit, anders zu sein.« (Quelle unbekannt)

Wer wünscht ihn sich nicht: Respekt! Jeder und jede von uns braucht ihn wie die Luft zum Atmen. Es tut einfach gut, wenn Menschen mir zeigen: Ich schätze dich, du bist wertvoll. So wie du bist. Einfach weil du bist. Weil du ein Mensch bist. Der Respekt ist der Widerhall auf die Würde, die in jedem von uns wohnt.

Wie sehr wir auf Respekt angewiesen sind, spüren wir immer dann, wenn wir nicht genügend oder gar nicht respektiert werden. Wenn wir übergangen, verlacht, vereinnahmt oder manipuliert werden. Das Gefährliche daran ist, dass es passieren kann, dass wir dabei den Respekt vor uns selbst verlieren. Respekt beruht auf Gegenseitigkeit.

Mittlerweile ist ein neues und breites Bewusstsein dafür erwacht, dass wir nur friedlich und gut miteinander leben können, wenn wir versuchen, uns an Werte zu halten. Dem Wert des Respekts kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Es ist ein Wert, der sehr breite Zustimmung findet. »Nachhaltigkeit« interessiert Umweltbewusste, »Demut« spirituell Interessierte und »Liebe« ist ein Wert, der zu groß erscheint, als dass er allgemeine Umsetzbarkeit beanspruchen könnte. Anders ist es mit dem Respekt.

Ich war bei meinen Recherchen erstaunt, wie viel Resonanz dieser heute wieder moderne Wert findet. Er ist die Vision für all die, die sich eine multikulturelle Gesellschaft wünschen, in der Intoleranz keinen Platz hat. Eine Gesellschaft, in der die verschiedenen Kulturen und Milieus respektvoll beieinander leben. Er ist die Hoffnung für all die, die sich um Gewaltprävention kümmern. Für jene, die mit hilfsbedürftigen jungen Menschen und Erwachsenen arbeiten, die Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Aggressionen haben. Für Menschen, die straffällig geworden sind und um Reintegration in unsere Gesellschaft ringen.

Respekt ist ein zentrales Ziel für alle Lehrenden und Erziehenden vom Kindergarten bis zu den weiterführenden Schulen und spielt in der Werte- und Verhaltenserziehung eine große Rolle. Er wird von den Tierschützern gegenüber den Tieren reklamiert. Man erwartet ihn von den Religionen, die sich in einer modernen Zivilgesellschaft bewegen. Respektvoll sollen sie miteinander und mit allen Menschen umgehen. Er spielt im Sport eine Rolle: Das betrifft die sportliche Fairness selbst wie das Verhalten der Fans untereinander.

Respekt beschäftigt die Wirtschaftswissenschaftler und die Sozialpsychologen. Er hat Bedeutung bei den Therapeuten, in systemischen Aufstellungen genauso wie in der Ehe- und Paarbegleitung. Er ist ein beliebter Begriff in der Hip-Hop-Szene. Das ist besonders erstaunlich: Trotz ihrer oft überbordenden verbalen Gewaltinhalte steht bei der Hip-Hop-Kultur der Respekt hoch im Kurs, wird unzählige Male besungen und »gerappt«. Respekt gibt den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen ihre Würde wieder: »Respekt geht an die, die auch dich respektieren, / doch ein Text ist viel zu kurz, um es genau zu definieren / und erklären, darum ist dies nur ein Versuch, / zu komplex ist dieses Thema, da reicht nicht einmal ein Buch. (...) / Respekt geht an die, die auch dich respektieren. / Heimat ist ein Ort, wo dich Menschen akzeptieren. / Integrieren heißt sicherlich nicht Anpassungspflicht, / wichtig ist nicht Herkunft, / sondern der Mensch an sich.« (Texta – Globaler Respekt, Album: Gediegen, 1998)

Dass »Respekt« quer durch alle gesellschaftlichen Schichten und Generationen geschätzt wird, ist die große Chance dieses Wertes. Dass jungen Menschen »Respekt« wichtig ist, weist in die Zukunft. Respekt ist ein moderner Wert. Er bekommt seinen besonderen Schwung mit der Aufklärung und Immanuel Kant, der »Achtung« definiert als »ein vom reinen Vernunftbegriff des Sittengesetzes selbst bewirktes Gefühl«, ein »moralisches Gefühl«, das der Person wesentlich ist und ihre Würde begründet.

Nach der Katastrophe der Weltkriege des letzten Jahrhunderts nehmen unsere Väter und Mütter den Respekt als ein Grundrecht in die Verfassung auf, und zwar als Artikel Nummer eins: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Das Problem ist jedoch: Alle reden von Respekt. Alle wollen ihn haben – doch nicht jeder will ihn geben ...

»Respekt ist unsere Aufgabe / und nicht ’ne falsche Maske, die ich aufhabe«, sangen die Fantastischen Vier (Respekt, Album: Jazzkantine, 1994). Wie kann es aber gelingen, dass aus einer Maske gelebte Realität wird? Wie können wir die Kunst der gegenseitigen Wertschätzung erlernen? Was heißt Respekt im Alltag ganz konkret? Diese und die folgenden Fragen möchte ich gerne näher in den Blick nehmen: Was ist Respekt? Und wie geht er? Woher kommt er? Wie verschaffe ich mir Respekt? Was tue ich, wenn ich nicht respektiert werde? Wie können wir eine Kultur der Achtsamkeit schaffen? Kann ich Respekt einüben? Was bedeutet Respekt für Liebende, was für das Verhältnis der Generationen? Welche Rolle spielt er in Schule und Erziehung, welche in den Betrieben? Und wie respektiere ich Gegner und Feinde?

Das Märchen »Der Kleine Prinz« wird uns helfen, auf die Spur zu kommen. Die biblische und christliche Tradition führt uns tiefer in das Thema. Besonders der deutsche Mystiker Meister Eckhart hat wie kaum ein anderer präzise den Hintergrund dessen beschrieben, was den Respekt eigentlich ausmacht. Wie wir Mönche im alltäglichen Klosterleben versuchen, den Respekt einzuüben, möchte ich auch gerne erzählen.

»Zu komplex ist dieses Thema, da reicht nicht einmal ein Buch«. Ich will es dennoch versuchen. Mein Wunsch ist, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sich ermutigt fühlen, Respekt zu erwarten und Respekt auch zu geben. Und dass sie Freude bekommen an der Kunst der gegenseitigen Wertschätzung.

Respekt

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