Читать книгу Scooter - Max Dax - Страница 5

Hyper Hyper

Оглавление

STEFAN BEUTLER Scooter sind aus einer zufälligen Zusammenarbeit entstanden.

JENS THELE Ich arbeitete als DJ und habe im Trinity und anderen angesagten Läden in Hamburg aufgelegt. Irgendwann war ich der Meinung, es sei an der Zeit, jetzt auch mal eine Platte zu machen. Einmal hatte ich es schon probiert, aber die Platte hatte keinerlei Erfolg. Ich habe dann mit H.P. über meine Idee gesprochen und er schlug vor, dass er seinen Freund Rick kontaktieren könnte. Also sind wir in dem beschissenen Panda einer Freundin nach der Arbeit nach Hannover gefahren und haben mit Rick unseren ersten Remix gemacht. Eine Adeva-Nummer – „Respect“. Und dann sind wir nachts wieder zurück und zur Arbeit.

RICK J. JORDAN Als Nächstes kam eine Auftragsproduktion von Edel. Wir sollten ein Stück mit dem Titel „Vallée de Larmes“ nachbauen, weil Edel es im Original nicht lizenziert bekam. Für dieses eine Release suchten wir lange nach einem Projektnamen. Einer sagte „Jahrmarkt“, ein anderer „Schießbude“ – aber das klang alles komisch. Schließlich meinte H.P.: „Scooter“. Wir schauten uns an: Alles klar, das ist gut, das ist catchy, das nehmen wir.

Aber man soll bekanntlich niemals nie sagen!

H.P. BAXXTER Der Name Scooter war naheliegend, weil die Melodie dieses Tracks wie eine Karussellmelodie klang. Wie auf ner Kirmes. Und wenn ich an Jahrmarkt denke, denke ich nun einmal an Autoscooter. So nannten wir die Gruppe Scooter, so einfach war das, so kam die Jungfrau zum Kind. Als Nächstes trudelte eine Anfrage ein: ob Scooter nicht auch live spielen könnten.

HOLGER STORM

H.P. hat damals noch als Telefonist bei Edel gearbeitet.

H.P. BAXXTER Meine Karriere als Popstar war ja zu Ende, bevor sie wirklich begonnen hatte. Um Geld zu verdienen, heuerte ich bei der Hamburger Plattenfirma Edel an und am Abend vor meinem ersten Arbeitstag wurde mir Jens Thele von der Personalchefin als mein Vorgesetzter vorgestellt. Der war völlig hektisch: „Hallo! Hi! Ich bin Jens – wir reden später …“ Das Gespräch dauerte keine fünf Sekunden. Ehe ich begriff, wer er war, war er schon wieder weg. Das ist Jens. Kurze Zeit später sollte er unser Manager werden – und ist es bis heute. Jens ist ein offizielles Mitglied von Scooter – nur dass er eben nicht mit auf der Bühne steht. Und durch meine Arbeit an der Basis lernte ich den Markt und seine Mechanismen kennen. Es war für mich wichtig, die Struktur der Musikwirtschaft zu begreifen. Denn früher, mit Celebrate the Nun, sah man sich ja eher als isolierter Künstler – und auf der anderen Seite steht die böse Plattenfirma, die einem Übles will und über den Tisch zieht. Erst durch meine Arbeit habe ich wirklich begriffen, dass auch Musik ein Produkt ist wie Wurst, Eier oder Fisch. Es geht um Zahlen und Verkäufe. Nur deshalb läuft die Maschinerie. Das muss man im Hinterkopf behalten, wenn man mitspielen will. Es bringt nichts, nur dagegenzusteuern.

JENS THELE Wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Also sind wir irgendwann zusammen ausgegangen. Ich merkte schnell, dass er ein Hardcoreraver ist, stundenlang tanzt und bis morgens durchsteht. Anschließend bei der Arbeit war er dann stets wieder fit.

H.P. BAXXTER Als Jens und ich uns kennenlernten, befand ich mich in völliger Raveeuphorie und beschwerte mich bei ihm, dass es in Hamburg keine anständigen Raves gibt. Jens meinte nur: Hamburg sei nicht Hannover und außerdem sei Techno völlig out, ich solle doch mal House hören. Ich dachte nur: „Hä? Spinnt der? Red du mal. Das glaube ich nicht.“ Das war ja, bevor Rave überhaupt in die Charts ging.

JENS THELE Ich war damals Gebietsleiter Nord im Vertrieb der Plattenfirma Edel. Also saß H.P. eines Tages im Büro. Ich dachte als Erstes: Was ist das denn?! Der ist ja geschminkt! Und der hat seine Haare gefärbt. Als würde er gleich vom Büro direkt auf die Bühne gehen. Ich überlegte, ob er schwul ist.

Was, wie, auftreten? Wir sind doch ein Produzententeam!

H.P. BAXXTER Ich war angestellt als Telefonverkäufer in einem der vier Regionalbüros von Edel – und Jens war für den Telefonverkauf in Nord- und Ostdeutschland verantwortlich. Ich erzählte ihm beiläufig von Celebrate the Nun und Jens schöpfte sofort Verdacht: „Hast du dich hier eingeschlichen, um einen Plattendeal abzugreifen? Oder willst du hier wirklich arbeiten?“ Ich musste ihm klarmachen, dass ich keinerlei derartige Ambitionen habe und dieses Kapitel für mich abgeschlossen sei. Ich wollte tatsächlich einfach nur Geld verdienen. Allerdings war ich froh, dass mein Job etwas mit Musik zu tun hatte. Unser Arbeitstag begann um zehn Uhr morgens. Wir hatten noch normale Telefone, keine Headsets. Vor Arbeitsbeginn frühstückten wir alle in der Kantine und dann wurden die Listen mit den Kunden abgearbeitet. Es gab Vorgaben, wie viel die Kunden vom jeweiligen Produkt nehmen sollten. Man kannte seine Leute bald und wusste schon: Von dem einen Produkt kann ich denen nicht so viel andrehen. Dann musste man denen eben andere Platten reindrücken. So habe ich unterm Strich sehr gut verkauft. Es gab auch Wettbewerbe. Wer den Zielvorgaben am nächsten kam, erhielt eine Prämie. Ich gewann auf diese Weise einmal eine Reise nach Mailand. Und ein anderes Mal eine Fender Stratocaster – die besitze ich übrigens noch heute. Die Aussicht auf die Gitarre hat mich so motiviert, dass ich die Kunden so lange zugequatscht habe, bis sie mir alles abkauften. Es war mir auch egal, ob die alles wieder zurückschicken. Es gab auch Kunden, denen so langweilig war, dass sie einfach nur ein bisschen schwatzen wollten und mich locker eine Dreiviertelstunde von der Arbeit abhielten. Da gab es zum Beispiel Günther von der Genthiner Plattenkiste. Wohlweislich habe ich ihn beim Abarbeiten meiner Liste immer erst als Allerletzten am letzten Tag angerufen. Denn ich wusste: Wenn ich den anrufe, ist der Tag vorbei. Günther hat auch höchstens mal ein, zwei CDs abgenommen. Ich glaube, er hat nie etwas verkauft in seinem Laden. Er hat nur immer geklagt und gejammert: Die Polen rauben ihn aus – und immer wieder diese Einbrüche.

RICK J. JORDAN Da unser Remix besser lief als das Original, wurden wir von Michael Ammer, einem prominenten Hamburger Partyorganisator, gefragt, ob wir nicht auf einer seiner BILD-Szene-Partys spielen wollten. Wir zögerten: „Was, wie, auftreten? Wir sind doch ein Produzententeam und keine Band …!“

H.P. BAXXTER Nach den abtörnenden Erfahrungen mit Celebrate the Nun hatte ich mir geschworen, mich nie wieder auf eine Bühne zu stellen. Mir schwebte vielmehr so ein lässiges Produzenten-Sesselfurzer-Dasein in meinem Studio vor – ohne Reisen und den ganzen Stress. Aber man soll bekanntlich niemals nie sagen! Wir ließen uns breitschlagen und sagten den Auftritt zu.

RICK J. JORDAN Da wir bei dem Auftritt zu der A- und B-Seite unserer ersten Single noch wenigstens einen dritten Titel spielen wollten, damit das nicht ganz peinlich wird, haben wir schnell noch einen Remixansatz fertig arrangiert, von dem wir bis dahin nicht gewusst hatten, für welchen Zweck wir ihn mal gebrauchen könnten. Beim Soundcheck meinte H.P. schließlich, es sei doch scheiße, wenn er sich hinter ein Keyboard stellt, aber gar nicht spielen kann: „Ich war doch früher Sänger. Soll ich mir nicht einfach ein Mikro schnappen und den MC machen?“

H.P. BAXXTER Ich stand dann schließlich auf der Bühne und bat um ein Mikro. Ich wollte nicht dumm im Scheinwerferlicht rumstehen, während die Musik läuft, also habe ich mich als Master of Ceremonies, als MC, neu erfunden. Ich wusste ja, was ein MC auf der Bühne macht, das kannte ich noch aus Hannover. Das hat mich immer beeindruckt und in dieser Livesituation entsann ich mich dessen.

HOLGER STORM Jens hat mich gleich zu einem Scooter-Auftritt am nächsten Tag im Hamburger Palladium eingeladen, einer Großraumdisco. Ich bin dann hingefahren und habe mir das angeguckt: Da stand H.P. in kurzer Hose und Paillettenhut und schrie ins Mikro, etwas statischer dahinter standen Rick und Ferris hinter ihrem Equipment. Zuerst war ich etwas irritiert, aber ich habe ja mit eigenen Augen gesehen, wie unheimlich die da abgingen. Ich spürte, dass da mehr geht. Und wenige Wochen später habe ich Scooter als Booker quasi angetrunken auf dem Herrenklo einer Autobahnraststätte bei Hamburg unter Vertrag genommen. Jens stand nach einem DJ-Meeting neben mir beim Pinkeln. Er meinte, dass Scooter eine neue Nummer aufgenommen hätten, „Hyper Hyper“. Jens meinte, wir sollten uns doch mal bei ihm im Büro in der Wichmannstraße treffen, dann könnte ich die Jungs auch mal näher kennenlernen. Also haben wir uns zusammengesetzt und verhandelt, Preise und Auftrittsdauer festgelegt. Und so kam eins zum anderen. Ich war dann die ersten sieben, acht Jahre als Tourbetreuer dabei.

RICK J. JORDAN „Hyper Hyper“ war zu Anfang gar kein richtiger Song von uns. H.P. hatte den Slogan im Palladium einfach über den von mir neu arrangierten Instrumentaltrack gebrüllt. Und direkt nach diesem Auftritt wurden wir von allen möglichen Leuten angesprochen, was das denn für ein geiler Song gewesen sei. Und wir sagten denen: „Nee, das war gar kein Song.“ Aber wir dachten uns: Man könnte ja einen daraus machen.

Ich stand dann schließlich auf der Bühne und bat um ein Mikro

H.P. BAXXTER Mich hat nach dem Auftritt jeder gefragt: „Was machst du da überhaupt? Das ist ja nicht Rap, aber das ist auch kein Gesang.“ „Nein, das ist MCing!“, habe ich denen gesagt: „Ein MC ist ein Jongleur mit Worten!“ Der MC muss ein Gespür für die richtige Ansprache haben. Er muss genau wissen, wann der Break kommt, und vorher so zum Publikum sprechen, dass er seinen Text genau in der Stille vor dem Break beendet. Unser Liveauftritt im Palladium schlug ein wie eine Bombe – eben wegen dieses Schlachtrufs „Hyper! Hyper!“. Keiner kannte uns, niemand hatte auf uns gewartet und nach zwei Nummern stand die Meute Kopf. Uns war klar: Wir müssen „Hyper Hyper“ aufnehmen, mit meinen MC-Ansagen und mit der ekstatischen Response des Publikums. In Hannover arbeiteten wir also noch einmal drei Tage an dem Track, der Rest ist Geschichte, das Ding wurde ein Welterfolg. Es war immer mein Traum gewesen, Popstar zu werden. Ich hatte ihn nur unterdrückt, weil ich erfahren hatte, dass es nicht funktioniert. Als sich dann aber wider Erwarten die Chance ergab, ging ich ohne zu zögern den entscheidenden Schritt vorwärts.

Da stand H.P. in kurzer Hose und Paillettenhut und schrie ins Mikro

RICK J. JORDAN Damals war „Annihilating Rhythm“ von Ultrasonic ein großer Ravehit. An einer Stelle des Tracks sagt Mallorca Lee die Schlüsselzeile „Hyper Hyper“. H.P. hatte immer einen Schlachtruf bei den Partys – und „Hyper Hyper“ hatte er gerade auf den Lippen, als wir unseren Gig im Palladium hatten.

H.P. BAXXTER Mit Parolen, die all das abdecken, sind Scooter groß geworden. Der Ausruf „Hyper! Hyper!“ manifestierte die Euphorie des Augenblicks in einem Kunstwort. Ich war ja selbst Raver, bin auf jede Party gegangen, bis zur Erschöpfung. Und wenn mir die Musik so richtig gut gefiel, schrie ich oft „Hyper! Hyper!“, um den DJ anzufeuern. Und als wir, befeuert von der Erfahrung unseres ersten Liveauftritts, unseren ersten Track produzierten, war mir klar: So muss der Track heißen – das wird der Titel, das geht gar nicht anders, alleine schon aus Respekt vor Ultrasonic. Und so begannen sich die Leute in der Raveszene, nachdem unser Song zu einem Hit geworden war, mit den Worten „Hyper! Hyper!“ zu begrüßen – statt wie zuvor mit „Hallo, hallo“. Das hat mir klargemacht, was für eine Macht die Sprache haben kann.

RICK J. JORDAN

H.P. hatte immer irgendwelche ­Schlachtrufe. Einmal stand er in der Bhagwan-Nobeldisco in Hannover und brüllte plötzlich „Edelsalami!“ quer durch den Raum. Und alle dachten: Was will der Blonde jetzt schon wieder?

JENS THELE H.P. hatte dann die geniale Idee, DJ-Namen aufzuzählen. Das war gar nicht böse gemeint, führte aber zu viel Kritik aus der Szene.

RICK J. JORDAN Die Aufzählung geht auf Steve Mason zurück, der es sich auf BFBS zur Gewohnheit gemacht hatte, in seinen Sendungen immer irgendwelche Posses zu grüßen: „A big shout goes out to the Hannover posse!“ Und wir überlegten dann: Die Posse, das sind doch eigentlich wir, also grüßen wir im Gegenzug mal die DJs – Westbam, Marusha, einfach um das Prinzip einmal umzukehren. Und wir dachten, vielleicht läuft das auf den Raves auch ganz gut.

H.P. BAXXTER Die Auflistung der DJs kommt ursächlich daher, dass wir uns damals gar keine Gedanken darüber machten, wie „man“ einen Song eigentlich korrekt aufbaut. Der Song bestand zunächst aus dem Beat, dem Ausruf „Hyper! Hyper!“ und aus ein paar parolenartigen Schlachtrufen. Ich fand einfach, dass da noch etwas fehlte. Jeder Raver hat damals BFBS gehört. Und wenn man da eine Postkarte hinschrieb, auf der man seine Raverkumpels grüßte, dann las Mason diese Grußbotschaften vor. „A big shout to Robo, Kobo and Matthias in Helmstedt!“ So kam ich auf die Idee, all die DJs zu grüßen, die wir damals gut fanden. Also shoutete ich: „We want to sing a big shout to U.S. and to all ravers in the world! And to Westbam, Marusha, Steve Mason, The Mystic Man, DJ Dick, Carl Cox, The Hooligan, Cosmic, Kid Paul, Dag, Mijk van Dijk, Jens Lissat, Lenny D., Sven Väth, Mark Spoon, Marco Zaffarano, Hell, Paul Elstak, Mate Galić, Roland Casper, Sylvie, Miss Djax, Jens Mahlstedt, Tanith, Laurent Garnier, Special, Pascal F.E.O.S., Gary D., Scotty, Gizmo – and to all DJs all over the world!!“ Das fanden übrigens nicht alle der genannten DJs gut: Gerade bei Low Spirit dachten Westbam und die anderen, dass wir uns einschleimen wollten bei denen. Das war aber gar nicht der Fall. Ich war nur ein Raver. So schlau habe ich damals gar nicht gedacht.

JENS THELE Einige der aufgezählten DJs bei „Hyper Hyper“ haben rechtlich geklärt, ob sie die Platte stoppen können. Doch mit Namensnennungen werden keine Persönlichkeitsrechte verletzt. Sonst wäre die Platte definitiv eingestampft worden.

H.P. BAXXTER Der Song entstand in einem Take. Die Low-Spirit-Leute dachten, wir hätten das alles bewusst geplant, um uns in diese Szene einzuschleichen. Vor allem dieser Laarmeyer, wie hieß der noch, Laarmann von der Frontpage, der pöbelte wüst, was das alles solle: Scooter hätten nichts mit der Technoszene zu tun. Dabei waren wir nur ein paar Verrückte, die auf Raves rumtoben, und dachten: Wir machen jetzt mal einen Track.

RICK J. JORDAN Die, für die der Song eigentlich gedacht war, fanden ihn ganz schrecklich. Die fanden uns peinlich. Die, an die wir überhaupt nicht gedacht hatten, die breite Masse, fuhr hingegen total darauf ab. Wir hätten nie gedacht, dass ein Stück, das keine richtige Gesangshook hat und zweimal mittendrin aufhört, überhaupt eine Chance hat, in die Charts zu kommen.

HOLGER STORM Wenn ein Discjockey damals in den Neunzigern „Hyper Hyper“ gespielt hat, brach unter den Tanzenden regelmäßig eine Ekstase aus, wie ich sie seitdem nicht mehr erlebt habe – und zwar egal wo man war und besonders in Großraumdiskotheken auf dem Lande. Bei „Hyper Hyper“ sprangen die Leute im wahrsten Sinne des Wortes auf die Tische und sind ausgeflippt. Es war unglaublich. Man hatte das Gefühl, dass die Disco explodiert.

Man hatte das Gefühl, dass die Disco explodiert

H.P. BAXXTER Wir waren selbst überrascht, dass „Hyper Hyper“ so einen Erfolg hatte. Witzigerweise wäre er um ein Haar nicht bei Edel erschienen, weil Michael Haentjes, der oberste Chef, strikt dagegen war. Er befürchtete, dass es zu Neid unter den Kollegen führen könnte – als Telefonverkäufer bist du, obwohl du eigentlich die Kohle reinbringst, auf der untersten Stufe der Hackordnung, nur eine Stufe über der Putzfrau. Jens hat wichtige Überzeugungsarbeit geleistet und auch Andrés Heyn, der damalige Justiziar von Edel, hat uns in dieser Situation sehr geholfen. Und kaum war das Problem gelöst, ging „Hyper Hyper“ durch die Decke. Die Maxi verkaufte am Tag zeitweise 40 000 Exemplare. Bald kam Michael Haentjes ins Büro und sagte zu mir: „H.P., du kannst hier nicht mehr sitzen. Du musst deine nächste Platte machen!“ Ich wollte da aber nicht weg, ich wollte auf mein geregeltes Einkommen nicht verzichten. Meine acht Jahre am Hungertuch hatte ich noch nicht vergessen. Ich dachte: Wenn das ein One-Hit-Wonder ist, sitze ich danach wieder auf der Straße. Also haben Michael und ich einen Deal abgeschlossen: Ich blieb angestellt, wurde aber bei vollem Lohnausgleich beurlaubt. Mein Gehalt wurde mit Lizenzen verrechnet. Das Modell lief die kommenden anderthalb Jahre so. Ich dachte immer: Das alles ist morgen wieder vorbei. Und es kam ja derbe Kritik und Hohn von allen Seiten. Die Musikmedien haben fast ausnahmslos gegen Scooter gepöbelt. Doch wer auf Platz 1 der Beliebtheitsskala ist, ist auch auf Platz 1 der Hassskala. Das musste ich erst einmal begreifen.

Ich dachte immer: Das alles ist morgen wieder vorbei. Und es kam ja derbe Kritik und Hohn von allen Seiten.

HEINZ STRUNK An „Hyper Hyper“ kam man ja gar nicht vorbei – Schrott, Trash, Quatschkram. So haben wir das wahrgenommen. Man hat das ja auch gar nicht ernst genommen. Wir alle dachten, dass Scooter ein saisonales Phänomen seien, das sich nach „Hyper Hyper“ erledigt haben würde. Ein One-Hit-Wonder, vollständig im Uncoolen verortet. In meinem Umfeld fanden das tatsächlich alle lächerlich – wenn man sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, darüber zu reden. Scooter waren weit von ­allem entfernt, was wir selbst gemacht haben oder gut fanden. Mir ging das alles am Arsch vorbei, ich habe daher auch gar nicht nach ­einer Erklärung für das Phänomen Scooter gesucht. Das kam erst später, als wir begannen, Scooter zu schätzen. Heute denke ich: Wenn der Song eine andere Hookline als „Hyper Hyper“ gehabt hätte, wäre es unter Garantie nichts geworden. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Songs sind diese magischen zwei Kunstwörter „Hyper Hyper“. Damit hat H.P. damals voll ins Schwarze getroffen. Das Entscheidende war nicht die Aufzählung der DJ-Namen, sondern das Shouten von „Hyper Hyper“.

KAI BUSSE Einmal fuhr ich mit H.P. im Auto durch Hamburg und an der Ampel schrie irgendein Ochse „Hyper! Hyper!“ durch das heruntergekurbelte Fenster. Ich bin richtig zusammengezuckt und fand das ganz schlimm. Aber H.P. war da ganz entspannt – als schwebte er einfach darüber.


Titelseite Pop Rocky, 1995. Bild: Thorsten Buhe (Foto), mit freundlicher Genehmigung des Pop Rocky Verlags/ Vision Media GmbH


Zur Zeit der großen Raves in Hannover: H.P.s typisches Ausgeh-Outfit. Bild: privat



Das erste offizielle Scooter-Pressefoto. Bild Katja Ruge


Backstage nach dem historischen ersten Auftritt im Hamburger Palladium. Bild: Fabian Posselt

Scooter

Подняться наверх