Читать книгу Der Lampenschirm aus den drei Taschentüchern - Max Kommerell - Страница 4
Der Inder
ОглавлениеDas Zimmer, in dem der siebenundzwanzigjährige Doktor Nannayah Dasa frühstückte, enthielt wenig Spuren seiner indischen Heimat. Nur der Tee, der ihm über England zuging, rief ihm durch seinen Duft das üppigste Vorland vor dem ernstesten Hochland zurück. Er goß ihn aus einem gläsernen Gefäß in eine flache gläserne Tasse, der leichte, geräuschlose Teewagen bestand ebenfalls aus großen Glasflächen. Sandwichs und Teekuchen lagen darauf bereit. Der Raum war hell gestrichen, ohne Bilder; an zwei Seiten liefen niedrige Regale um. Auf einem Kanapee gewahrte man eine Decke in grellen Wollfarben, daneben eine Wasserpfeife auf einem niedrigen, schwarzen Lacktisch. Er selbst, feingliedrig, nicht groß, ganz in Grau, saß auf einem Rohrstuhl. Es war noch eine Bank da, mit schafwollenen Kissen in Naturfarbe belegt. Nichts von einem Schreibtisch; wohl aber sprang in Brusthöhe eines aufrechtstehenden Mannes eine Platte vor, verschiedene mattgefärbte Papiersorten lagen darauf, und ein Bambusbehälter barg neben anderem Schreibgerät eine Rohrfeder. Den Boden bedeckte durchaus ein Fasergeflecht. So war der Raum im Licht des schon hellen Tages nüchtern und fast schattenlos, und wäre es ebenso, wenn ihn statt dessen die künstlichen Lichtquellen an der Decke erleuchten würden, die eine viereckige Glasplatte verbarg. Auch an den Regalen waren Lichtkörper angebracht; kaum zu anderem Zweck, als damit das Zimmer abends dieselbe scharfe und gleichmäßige Helligkeit habe, die es jetzt am Morgen hatte. Diese Helligkeit ähnelte dem Denkzustand des Inwohners, und er geizte seltsam mit ihr. Man sah nämlich kaum je einen seiner europäischen Freunde diesen Raum betreten. Hier lebte er, nicht von Einheimischem umgeben, sondern als ein Auswärtiger. Womit nicht nur gesagt ist, daß er manche seiner Gewohnheiten zurückstellte, sondern daß er dem fremden Erdteil, dessen Wesen und Schicksal er sich wie ein Pensum aufgegeben hatte, seinen Alltag zu bestimmen erlaubte. Glaubte er doch, daß jeder ernste Gedanke eine Folge für das persönliche Leben habe. So verrichtete er auch vor dem Buddhakopf aus grauem Speckstein, der in der Mitte auf dem einen Regal stand und hinter dem ein sepiagrünes Tuch ausgespannt war, nichts anderes, als was jeder von uns vor einem solchen Kunstwerk tun könnte. Dieser Kopf hatte übrigens nicht den nach altgriechischer Einwirkung aufwärtsgebogenen eleganten Mund mancher solcher Figuren, sondern sehr volle Lippen, die in einem geradegezogenen Lächeln fast bis an die Nähe der Ohren reichten. Sie, übergroß gebildet, deuteten an, daß der Erleuchtete nicht spricht, sondern lauscht. Dasa liebte dieses Lächeln, das für Europäer etwas Grelles haben mußte, während ihm umgekehrt das griechische Lächeln verlegen vor dem Dasein schien. Vor dem Lachen der meisten Menschen seiner jetzigen Umgebung meinte er, daß man es ihnen höchstens verzeihen könne. Nun war sein erstes, wenn er fertig angekleidet aus der Schlafkabine in dies Zimmer trat, in dem nie die leiseste Unordnung herrschte, daß er vor diesem Antlitz seine Gedanken zur Stille brachte. Dabei faßte er den Ausdruck desselben so tief in sich, daß seine Seele ihn ebenfalls annahm, ohne daß seine Züge sich verändert hätten, und er in einen Zustand schattenlosester Heiterkeit versetzt wurde – ein Selbstvergessen, in dem er sich zu dem freiesten Selbstbesitz erholte. Er nannte es »sich selbst durchsichtig werden«. So hatte er auch heute getan, denn seinem Gesicht war noch die vollkommen straffe Glätte davon geblieben: um die Nasenwurzel Sammlung, um den fast üppigen Mund unschädliche, wohlwollende Fülle – es war reg, aber nicht angestrengt. Man mochte angesichts des dichten, gelockten Haares über der bronzenen Stirn vermuten, das menschliche Herz sei hier auf einen volleren, dunkleren Ton gestimmt.
Eine andere Gewohnheit war dem Abend vorbehalten. Er nannte sie die »Reinschrift des Lebens«. Sie bestand im inneren Wiederholen des Taglaufs nebst anderen vergangenen Dingen, die das Gedächtnis daran knüpft. Diese Gewohnheit war ihm noch teurer, und hinderte ihn eine Veranstaltung daran, so empfand er zwar kein sündhaftes Unterlassen, aber doch ernste Trauer darüber, daß ihm das Schicksal einen Abbruch an seinem Selbst auferlegt hatte. Niemals sah oder sprach er mit jemandem in der Frühe. Darum war ihm, ehe er die Schlafkammer sommers um sieben, winters um acht verließ, das Nötige schon bereitgestellt; auch die Briefe, sofern sie in der Frühe eintrafen, wurden ihm durch den Türspalt hereingeschoben. So geschah es jetzt. Er sah hin, was es sein möge, erhob sich aber nicht, sonderbar gefesselt durch ein Erinnerungsgefühl. Er suchte nach dem Anfang des Entzückens, das noch in ihm war. Es schien von einer unerwarteten Gabe zu sagen, dann sich dunkler zu stimmen, beinahe drohend. Es war geträumt, in einem Traum dieser Nacht, wo er, so schien es, von einem anderen Wesen wohltätig berührt worden war. Er suchte umsonst. Nun erst bemerkte er wirklich das Kuvert, auf das er seit einer Weile hinblickte. Es war hellgrau, länglich. Er kannte es und hob es auf. Es durfte wahrhaftig um der Schreiberin willen fordern, daß es nicht dem Bodenstaub ausgesetzt blieb. Er hatte sie seit langem verehren gelernt, doch liebte er ihre Handschrift noch immer nicht. Ohne Schwung und Weite, ängstlich klein, aufrecht, verwirrte sie die Schleifen durch willkürliche Zacken, so daß man argwöhnte, ein Mangel an Eigenart sollte durch Betonen derselben verhehlt werden. Jetzt, da er das Blatt etwas weiter weg hielt, beruhigte er sich zum erstenmal darüber: nun war die Einheit des Eindrucks da, und zwar lag sie in einer hohen Reizbarkeit, die wenig bewußt war, aber ausreichte für feine und sehr ferne Wahrnehmungen. Im gleichen Grad leidensfähig, entzog sie sich womöglich den Anlässen. Eine Grille, sogar eine unechte Eigenheit war gut genug zum Versteck. Das sagten ihm die Züge; dann sah er körperhaft und nahe zu ihm hergebogen eine Stirn, die sich um die schon grauen Schläfen zusammenzog mit dem mühsamen Ausdruck verheimlichter Kopfschmerzen. Er spürte den Blick großer, grauer Augen, die ihn forderten und suchten. Indessen las er:
»Mein sehr lieber Doktor Dasa! Unser Professor für vergleichende Seelenforschung wirkt, wie ich meine, mehr belehrend als heilsam, in verschiedenen Metropolen, wo er einen Vortrag über die Träume der Gehirnkranken in drei europäischen Sprachen zu halten hat, deren keine er beherrscht. Leider hat er ihn nicht ins Lateinische übersetzt. Das hätte für mich etwas Beruhigendes, denn ich verstehe kein Wort von dieser Sprache. Ernsthaft, ich vermisse meinen Mann in dieser ganzen Woche auf das schmerzlichste. Ich bin dem Gang der Gedanken und Gesichte ausgeliefert. Jene kommen, wann sie wollen, diese gehen nicht, wann ich will. Er ist mein unentbehrlicher Ferge und schifft mich jeden Morgen in das Land zurück, wo man wach ist. Was gibt es Selbstischeres als Güte? Auch ich bin gütig. Aus Güte fassen wir Umsinkende die Schulter eines Menschen und halten uns an ihm aufrecht. Er mißversteht es als eine liebe Gebärde und glaubt, er habe uns noch zu danken. Ich bedarf eines stillen Abends mit einigen wohldenkenden Menschen. Nicht solcher, die Ziehbrunnen sind, in die man den Eimer tief hinablassen und dann lange warten und gar arbeiten muß, bis er wieder heraufkommt; sondern solche, aus denen freiwillig, wenn auch sparsam, die Feuchtigkeit der guten Erde sickert. Ich meine: eines Abends mit solchen, die sprechen! Kommen Sie selbst, bitte, und bringen gute Bekannte mit! Stellen Sie – ich weiß nicht, warum ich dies haben muß, und zwar durch Sie – eine kleine Abendgesellschaft zusammen, so wie ich ein paar Blumen auf den Tisch setze. Nicht mehr, als was mir gerade im Garten wächst, aber mit Vernunft ausgewählt, so daß es einen Strauß gibt. Wenn’s geht, bringen Sie vielleicht auch noch etwas mit, worüber man spricht. Eine Handschrift oder dergleichen. Lieber nicht? Wie sie wollen. Ich verlasse mich auf Sie. Fürchte ich doch eher, daß Ihnen die kindische Bitte einer alten Frau zu wichtig, als daß Sie ihnen zu unwichtig erscheint. Gottlob teilen sich Spiel und Ernst bei Ihnen etwas anders als bei den meisten von uns in das Leben; und wenn ein Hund gerade den Kopf an Ihr Knie schmiegen will, so versäumen Sie vielleicht darüber einen gerichtlichen Termin. Ich erwarte keine Antwort. Absage ganz unerlaubt. Ansage überflüssig. Man muß Sie schätzen und liebhaben. Ihre Ursula Neander.«
Kann man eine solche Bitte äußern, kann man ihr nachkommen? Ja, antwortete er selbst, wenn sie jenes und ich dieses tue, und wenn wir beide Glück haben! Ihm war aber, als würden sie Glück haben. Er ging aus seinem Zimmer, voll Ironie gegen das, was er zu tun hatte, und voll Gewissen gegen das Ungefähr, das ihn schon zur richtigen Wahl der Menschen anleiten würde. »Nichts dazutun ist alles, was ich dazutun kann«, und er lächelte ein wenig. In einem dunkelblauen Umhang ging er durch die Straße, die vorerst abseits vom Strom verlief. Er ging etwas anders als die anderen, weniger zielstrebend, weniger ruckweis. Er hob den Fuß kaum, setzte ihn kaum merklich auf; ein leises Wiegen pflanzte sich durch den Körper fast bis in die Schultern fort, dabei ging er nicht langsam. Die Häuser, meist stattlich und mit großen Zwischenräumen aufgeführt, hatten in der Frühe etwas Festliches. Große Rasenflächen trennten sie von den Straßen. Manche trugen auf flachen Dächern steinerne Urnen, manche hatten Vorhallen und Veranden mit stützenden Säulen; die Magnolienbäume trugen, statt der Riesenknospen, die einst nackt wie Fackeln aus dem schwarzen Holz brachen, große, fast lederartige Blätter – ein Leben ohne Rausch, wie es zu dem gesättigten, etwas faden Wohlstand dieser Häuser stimmte. Seine Gedanken glitten ab zu einer kleinen Schrift, mit der er als Zwanzigjähriger in der Heimat hervorgetreten war: Der Brunnen und die Quelle. Sie hatte von zwei Arten des Gedächtnisses gehandelt, von der vorsätzlichen Erinnerung und vom freiwilligen Einfall. Und von da aus kam er auf einen unvollständig veröffentlichten Autor des indischen siebzehnten Jahrhunderts, namens Samal, dem er seit einer Reihe von Jahren seine Sorgfalt zuwandte und dessen handschriftlich überliefertes Traktat »Die Edelsteinkette« er kürzlich herausgegeben hatte. Ohne Mühe wiederholte er sich ganze Kapitel aus seinen Schriften. Jedes tiefere Eindringen schien ihm daran gebunden, daß auswendig gelernte Sätze ungerufen im Gedächtnis auftauchten und von sich aus zu sprechen begannen. So murmelte er eben vor sich hin: »Gefährlicher als die Pflanze ist der Pflanze das Tier. Gefährlicher als das Tier ist dem Tier der Mensch. Gefährlicher als der Mensch ist dem Menschen Gott.« Und dann diese Sätze: »Der versöhnlichste Gedanke ist das Haustier. O Friede zwischen dem Sprechenden und dem Sprachlosen. O scheuer Anfang der begehrtesten Verständigung!« Er sann darüber nach, ob der Verfasser hier eigentlich sprach oder uneigentlich, die Verständigung zwischen Mensch und Gott heimlich unterlegend. Schließlich gab er sich in einer urbildlichen Vorstellung gefangen: das Tier, das mit dem Menschen lebt, kein bestimmtes Tier, erhob das Auge zu seinem Gesicht, nicht aufgestört, sondern voll Dank und bittend zugleich, als ob viel Gutes schon geschehen sei und noch viel zu geschehen hätte. Er war geborgen ...
Nun mied er die sich belebende Straße und bog ab nach dem Strom, den in tieferer Lage ein schmaler Park geleitete, vom Volk Nizza genannt. Dies Nizza mit seinem Fernprunk war ihm jetzt nicht ganz unwillkommen. Neben schmalen und runden Beeten, die sich durch das trompetende Rot der Salvien und des Blumenrohrs hervortaten, standen Azaleenbäumchen, tief im hohen Moos, schöne, weingelbe, und gegen das Wasser hin zitterte das zerfaserte Blattwerk eines Edelahornes und jungfräuliche Tamarisken. Schon jetzt in dem wissenschaftlichen Arbeitsraum anzulangen, wo er sich oft aufhielt, um an einem Gujarati-Wörterbuch zu arbeiten, stimmte schlecht zu seinen Gedanken. Ihn lüstete, den Kontrast auf sich wirken zu lassen, den die freien Improvisationen der Natur über ein Thema der Gartenkunst mit diesen vorsätzlichen Blumenräuschen hier unten bilden würden, und so schritt er den kleinen Hohlweg zum alten Schloß hinauf. Obwohl steil, schien er ihm unter den Füßen wegzurinnen, und schon schied ihn ein Dickicht von Schilf und Bambus von dem freien Umblick ab. Ein schmaler Weg endete auf einen algenübersponnenen Pfuhl, der etwas eingetrocknet war, so daß der träg hingelagerte alte Neptun, der ebenfalls begrünte, mit seinem Sockel aus Backsteinen viel zu hoch aufragte. Hinter ihm lud die Pforte einer Mauer aus rötlichem Gestein in ein enges Schattenreich. Ehe er sich dort auf einer steinernen Bank niederließ, breitete er sich den Sommermantel unter zum Schutz vor der feuchten Kühle dieses kaum je bestrahlten Steins. Zwei Schächte in der Decke, aus denen das tiefblau durchgitterte Rankenwerk wilden Efeus herabhing, triefend von Sonne, schnitten aus dem teils bemoosten, teils nackten Boden zwei große Quadrate grellen Lichtes aus. Während von der Decke manchmal Tropfen niederfielen, suchte ihn eine Reminiszenz heim, die ihm mitten in einem vielfältigen und weit abgelenkten Treiben seinen Lebensgedanken zurückgab.
Hoch, schwindelnd hoch über dem eingeschnittenen Bergtal, dessen gestufter Anstieg von saftig sprossenden Riesenwäldern umkleidet war, während die oberen Wände sich senkrecht und baumlos entgegenragten wie das Schweigen dem Schweigen, hing am Felsen das Kloster, in dem ihn der Bruder seiner Mutter zurückgelassen hatte. Er sah sich eines Mittags oberhalb der letzten Zeder, die das niedrige Gemäuer des Klostergartens noch einschloß, und zwischen den ersten Legföhren sitzend, die bucklig waren vor zuviel Ewigkeit, und sein Blick schraubte sich mit den Kreisen eines Lämmergeiers in den tiefblauen Himmel hinauf. Dann wohnte sein Geist, währenddem der Raubvogel rüttelnd an der Stelle blieb, einen Augenblick lang in dessen Haupt, und schoß in der Linie des diamantenen Blicks senkrecht abwärts auf eine schattige Stelle des Gebirgsbaches, dessen geschleuderte Schäume man sah, aber nicht hörte. Er machte nicht halt über dem Spiegel, sondern tauchte mit durchdringender geistiger Kraft unter einen vorragenden flachen Stein, wo silberne Fische mit rosa Tupfen ihr Nest hatten. Er war zugleich dort oben, tief unten und dazwischen; atmete im kühlen Feuer des glänzenden Luftraumes und in der Eisigkeit des schattigen Wassers; er fühlte in sich Zenit und Nadir, und hier wie dort sprach ein Tierherz zu seinem Herzen: verbinde uns!
Dieser Augenblick, der die Ursache einer kleinen Verspätung war, fehlte ihm bisher in der sonst lückenlosen Reihe, die er mit Sorgfalt aus seinen Gedächtnisbildern hergestellt hatte. Das Weitere, wie er nämlich eilig und doch mit behutsamem Fuß über die offenliegenden Baumwurzeln zum Kloster hinablief, war immer dagewesen. Wieder sah er seinen geistigen Vater hochaufgerichtet im einfarbigen dunkelblauen Gewand dem Diener winken, daß er gegen den Gong schlage, der die Schüler zu Bad und Reinigung vor dem Mahle berief. Da stammelte er die Frage: »Mein Vater, ist denn die Zeit? Sage es mir in der winzigen Frist zwischen dem Gongschlag und dem Herannahen der Brüder!« Er antwortete: »Ich rede dir wohl von dem Frieden Gottes, nicht aber von der Angst Gottes. Ja, sie ist!« Und wieder fragte er: »Wo aber nimmt sie ihren Anfang?« Und wieder antwortete er: »Dort, wo der dichteste Tod ist!« Es war das Wort, das, jahrelang nachhallend und wieder und wieder in seinem Inneren vernommen, ihn schließlich nach Europa trieb.
Der Anfang in England wurde ihm leicht, da sein älterer Bruder dort studiert hatte und mit den englischen Regierungsbeamten zusammenwirkte. Erst dort lernte er Landschaft im strengeren Sinn sehen, Landschaft, die den Menschen bekennt, und sie wurde ihm durch die herrlichen schottischen Volksweisen aufgeschlossen. Weder die fast schluchzende Verlassenheit, die ein Ausschnitt der Erde annehmen kann, noch das wohlgeordnete, herrschaftliche Gehege war unter den Bildern seines heimatlichen Indien gewesen. Er selbst war in kein feindliches Verhältnis zu England hineingeboren und blieb den Menschen dieses Landes immer dankbar dafür, daß sie seinem Volke das Leichtere abgenommen hatten, das Herrschen. Denn das Schwerere allein war schwer genug. Dennoch muteten sie ihn in ihrer Diesseitigkeit verhärtet an, und er lernte sie niemals lieben. Wie ein Wunder schien es ihm, daß die herrlichste Liedkunst (ihm ein einziger Nachtigallengesang durch die Nacht eines halben Jahrtausends) diese Menschen immer wieder in die Schule des Entzückens nahm, sie mit sich selbst aussöhnend. In Deutschland sah er sich am Ziel. Ungleich einem Heimkehrenden, dem der Rauch des Herdes aufsteigt, sah er, der sich verstoßen wollte in die letzte Verstoßenheit des Menschen, hier den Rauch ganz anderer Brandstätten. Nirgends wurde die Frage schmerzlicher gefragt, von der er glaubte, daß sie, wenn beantworet, die einheimischen Traditionen ergänzen werde: die Frage nach dem Ich und die Frage nach dem Werden.
Indessen war er, ohne es zu merken, auf einem bequemeren Wege wieder auf die Ebene der Stadt gelangt und schritt einigen langen, gelben Institutsgebäuden zu. Sie gehörten zum Komplex eines früheren Fürstensitzes und standen auf einem ausgedehnten, in große Quadrate geteilten Rasen. Das sengende Licht, das aus der hellen, hohen Kuppel durch die grünen Kastaniengewölbe drang und gemildert zwischen den gespreizten Blättern auf Wege und Wiesen niederging, spielte dort unten zwischen Laub und Boden mit grünen Schatten; Menschen gingen in diesem durchsichtigen Bad hin und her und achteten es kaum, wie zärtlich ihnen die schrägen Strahlen Haupt und Schultern berührten. Er sah einige Studenten, zu denen er sich gerne rechnete und der äußeren Erscheinung nach rechnen durfte. Für sie freilich machte sein angeborenes Alter – ein Alter der Seele, das sich mit den Reife-Stufen des Körpers wenig änderte – einen deutlichen Abstand; sie mochten in seiner Nähe fühlen, daß ihnen die Jugend ebenso unveränderlich angeboren war. Er war ihnen gut, noch mehr aber dem großen, flachen Bassin aus grauem Sandstein in der Mitte, dessen Strahl nicht in der Höhe zerstäubte, sondern im beweglichen Guß einer niedrigen Glocke sogleich umkehrte, ohne sich zu teilen. Er wußte nichts Lieblicheres als diese dünne, gekrümmte, freiwillige, sich beständig erneuende Fläche aus Wasser ... In einem der Bibliotheksräume fand er auf einer an ihn gerichteten Postkarte die Vortrags- und Verhandlungsthemen vor, die der Orientklub zu seinen nächsten Sitzungen in Aussicht stellte. Er fand nie etwas »unter sich« und war sich nicht wichtig genug, um etwas abzulehnen. Da es den Klubisten natürlich schien, hatte er seine Mitarbeit zur Verfügung gestellt – warum sollten sie nicht versuchen, Indien zu denken, da er doch versuchte, Europa zu denken? Das Lächeln, mit dem er jetzt diese Themen durchlas, beschattete seine strenge Miene freilich mehr, als daß es sie erhellte. »Richard Wagner im Lichte der Indologie; indische Psychagogie und die Frauenemanzipation; Loslösungsriten und Mutterkomplex.« Bei dem Gewohnheitsgriff nach dem Haken der Garderobe merkte er, daß ihm sein Mantel fehlte. Gleichzeitig durchblitzte ihn der Gedanke, daß er jetzt den Baron von Glöckner-Goldeck aufsuchen müßte, den Vorstand des Klubs. Nicht eigentlich dies, sondern, daß dessen Gattin eine der Gesuchten sei. Der Gesuchten, um die ihn das Auge der Briefstellerin bat. Er vermißte den Umhang ungern; er war so etwas wie seine Art zu sein und sich zu gebaren, auf der Straße. Immerhin, er ließ ihn fahren. Jene Reminiszenz, die ihm in der steinernen Kammer zugeflossen war, wog viele Mäntel auf. Sie verließ ihn nicht mehr und schien ihm jetzt die Geburtsstunde seines Geistes zu beschreiben. Ihn reute der kleine Kaufpreis nicht. Auch mußte an diesem merkwürdigen Tag wohl eine kleine Unordnung sein! War es dies, oder war es anderes? Er ließ den Mantel, wo er war.
»Das Herz ist unterwegs.« Wer hat dies gesagt? Niemand? Er hatte es doch gehört? Vielleicht innen. Ja, es war ein Gehen in dieser Stadt ... In seiner Straße. Aber er spürte es auch in den Straßen, die er nicht sah. Es konnte in der Fronackerstraße nicht anders sein als in der Geroldseckstraße, und in ihr nicht anders als hier in der Deutschherrenstraße, wo die übrigen Häuser wohl nur gebaut waren, um die Nummer hundertdreiundzwanzig zu ermöglichen. So lebhaft fühlte er dies Gehen, daß sich ihm zum erstenmal in seinem Leben, reizend ungelenk wie jeder erste Versuch des Herzens, der Anfang eines deutschen Liedes zusammensetzen wollte, etwa so: Es geht in allen Straßen – ein Gehen wie von Blinden – die ohngefähr sich finden – von Blinden, die vergaßen – in denen leis ein Schmerz rief – es geht in allen Straßen – o liebes Ziel! Das Herz rief!
Was waren es für Begegnungen, zu denen dies Gehen unterwegs war? Ging er selbst nur mit in diesem Gehen, oder half er ihm heim? Waren vielleicht auch die Seinigen unterwegs (er nannte sie bereits die Seinigen, obwohl er nicht wußte, wer und wieviel!), und bog gleich ihrer eins um die Ecke? Oder taten sie, inniger als sonst, zu Hause ihr Tagwerk und nahmen bloß mit einem unbeschäftigten Gedanken die vorbestimmte Zusammenkunft vorweg? Er war selig. Nicht wie Vögel in der Luft, sondern umschlossener, kristallischer, wie die funkelnde Gestalt farbiger Fische in einem kühlen Wasser, wohnten die Bilder der ihm vertrauten Menschen in seinem Geist; er liebte sie ohne Absicht und Begier mit einer Art leidenschaftlicher Betrachtung, freilich sich streng dabei verbergend. Er kannte die Gebärden dieser Menschen auswendig, den Ansatz ihrer Stimme, ihr Abbrechen mitten im Satz. Er wußte, so blickten sie drein, wenn sie mit sich unzufrieden waren, so wandten sie das Haupt, wenn sie eine Freude verheimlichten. Überhaupt konnte er kein Zimmer betreten, in dem mehrere Menschen zusammen waren, ohne nicht ihre möglichen Verwicklungen, die noch gar nicht begonnen hatten, durchzuleben: eine Ahnung, die vom Schmerz begleitet war, in keinem Fall sprechen zu dürfen. Von einigen legte er liebevolle kleine Sammlungen an, ohne ihr Wissen, woselbst er Handschrift, Lichtbild, Anekdote und Beobachtung zusammentrug, nur für sich, und nichts, was irgendeinem zu nahe kam. Er hätte gern die Lebensdauer dieser ihm lieben Menschen mit der Drangabe eigener Jahre vervielfacht, wenn es angegangen wäre – so schmiegte er sich als Element um ein fremdes Wesen, und so betraf ihn die Tragik der Menschen dieses Erdteils, deren reinste und edelste es mit Blut erkauften, Fremdes abzustoßen, das Eigene zu behalten und im reinen Klang ihres Wesens schwingen zu dürfen, und dies alles nur, damit der Tod, der nur die Vergeistigung unbeschädigt läßt, gerade dies Wahrste, das eigene Wesen, achtlos beseitige. Verdiente es nicht eine Ewigkeit für sich?
Da stand denn das Haus, das reinste seiner Bauart in der ganzen Stadt. Es lag weit zurück von der Straße. Zwischen frischgeschorenem glänzendem Rasen führte ein gepflegter Weg zu ihm, der mit hellen Steinplatten regellos ausgelegt war. In den Ritzen saß Sternmoos. Die Pforte sprang etwas vor, mit flachem Dreiecksfeld und Halbpfeilern im Relief. Das zweite Stockwerk hatte fast quadratische Fenster, das erste sehr hohe. Kein Zierat störte die ruhige Vorderwand, über die ein niedriges Dach kaum vorsprang. Sie war hellrosa getüncht, nur die Einrahmung der Fenster blieb weiß. Jener Weg, der gerade lang genug war, daß ein herzlich begrüßter Gast vom Gartentor bis zum Haustor geleitet die ersten Fragen befriedigen konnte, war gekreuzt von einem schmaleren, der quer durch den Garten lief, diesem entlang rann ein Wasser, das entsprang auf einem erhöhten Feld der linken Gartenhälfte, in einem dem Boden eingelassenen Quellbecken. Um dies runde Becken standen, licht und weit gepflanzt, so daß jede der vollendeten Rosengestalten für sich betrachtet werde konnte, edle Rosenstöcke mit gelbroten Blüten und setzten sich in Zeilen bis zur Straße fort. Und auf der tieferen rechten Seite hoben mehrere Reihen schlanker Rosenbäume ihre weißen und dunkelroten Kelche um so höher hinauf. Dort bildete Buchs und Hasel einen Saum, während links eine gerade Reihe junger, hochgewachsener Pappeln den Garten begrenzte und genau an die Ecke des Hauses stieß. Die Maße dieses Hauses waren Musik, und indem der Stein in seinem eigenen Recht war, ließ er den Menschen zu sich kommen, und selbst zur Blume stand er in keinem Widerspruch. Wer auf die Rosen sah, dachte an Hände; an solche Hände, durch die die Rose nur mehr Rose wird. Der Duft war hier Gesetz, das Gesetz war ein Mensch – so dachte er, und versank in derselben grundlosen Geborgenheit, die er vorher beim Gedanken des Haustieres empfunden hatte. Wenn sich jetzt die Klinke bewegen wollte! Und sie bewegte sich! Und wenn dies gar geschähe durch sie – das Geheimnis, von dem hier alles schwieg und glänzte! Es hätte auf Dasa wie ein Wunder gewirkt. Denn wenn alle Dinge sich freiwillig zu ihrem rechten Herrn bekennen, da wird das Einfachste, und nichts anderes als das Einfachste wunderbar. Und sie war es wirklich, obwohl er sie zuerst verkannte. Denn er hatte sie noch nie in dem hellen Salzburger Leinenkleid gesehen, das blau bestickt war und Theresientaler als Knöpfe trug. Auch die Schuhe und ihr mit einer roten Kordel umschlungener Filzhut waren blau. Sie war noch vornehmer als sonst, weil sie ihrem Kleid aufgetragen hatte zu sagen, sie sei nicht vornehm. Als sie Dasa erblickte, streckte sie mit einem leisen Hervortreten ihrer überblauen Augen die Arme aus und hielt ihm lächelnd ein Papier entgegen. »Hier, sehen Sie!« Wie gern sah er sie schreiten! Sie war sehr groß, hielt die Schultern frei und aufrecht und bewegte dabei die Arme auf eine eigene Art: die Handflächen, ziemlich weitab vom Körper stehend, drehten sich von innen nach außen, von außen nach innen, während der ruhigen Schwingung des Arms. Dies gab ihrem Gang Melodie und Gesetzlichkeit. Jetzt floß das kleine Wasser an ihr vorbei, und am liebsten hätte er die Spitzen seiner Finger in dies Wasser getaucht und sich die Stirn damit besprengt, wer weiß warum. Zwar unterließ er es, aber er schien doch den Widerschein der Rosen auf dem Gesicht zu haben, denn sie fragte ihn sogleich: »Nicht wahr, meine Rosen sind jetzt schön?« Er erkannte auf dem Briefumschlag seine Adresse, zierlich auf das graue Papier gesetzt. Die Schrift war liegend, hatte den Willen zur Sorgfalt, aber doch auch etwas heimlich Atemloses. Starke Verkürzungen zeigten eine Lust, verborgen zu bleiben. Er nahm das Blatt, das sie ihm gar nicht geben wollte. Und sie dachte nicht nach, warum sie es ihm ließ. »Es ist ja nicht mehr nötig; wie hübsch, daß Sie kommen, ich war auf dem Weg zu Ihnen!« Daß dies mehr bedeute als eine Besorgung, dachte er weder, noch wünschte er es, so wenig er von dem kleinen Wasser erwartete, daß es etwas anderes spiegle als tags eine Rose, nachts einen Stern. Sie wollte das Blatt auf ihren Ausgängen für ihn abgeben, das ihn für morgen zum Mittag bat. »Sie wissen: der Orientklub ...« Was waren Gründe an diesem Tag? Sie schienen vorhanden, damit sich dies Gehen in den Straßen, damit sich dies Zueinanderstreben nicht bekennen, nicht rechtfertigen mußte. Und ihr Grüßen, leise Überraschung, errötende Freude – all dies, was ihm an einem anderen Tag nur ein geselliges Verhalten gewesen wäre, schien ihm heute ein Gedicht. Er dachte: Ist hier nicht etwas Verlorenes gerettet, die Wahrhaftigkeit der Zeichen? Wußte sie das? Hätte sie gestaunt, wenn ...? Er scheute sich, die Hecke solcher Gedanken auseinanderzubiegen, und trat, eingeladen, in den Empfangsraum.
Er glaubte noch nie in diesem ihm wohlbekannten Raum gewesen zu sein, so beklommen wurde ihm zumut. War da draußen nichts gewesen, was nicht sie verheimlichte oder verriet, so stimmte hier kaum ein Ding zum anderen, und alle Dinge hatten auch darin ihre Einheit, daß sie ihr widersprachen. »Sie essen dann bitte heute statt morgen mit uns –? Sie werden meinem Mann eine solche Freude machen!« Und sie rief eine Nummer an. Trotz der Entfernung von einigen Metern erreichte ihn die niemals gedämpfte Stimme des Gatten. »Sehr willkommen, jawohl, statt morgen. Natürlich, sehr schön!« Inzwischen hatte er für sein gestaltloses Mißbehagen einen Anlaß entdeckt, ohne daß es deswegen wich. Da war nämlich eine Pyramide von Geweihen unter der Decke, um nur ein Beispiel zu nennen, und darunter – eine zweite Pyramide aus Lichtbildern, Männer, nichts als Männer, und zwar Männer dieser Zeit. Wie unbefangen! Er kehrte sich ab, einen Rastort für sein empfindliches Auge suchend. Zu seinem Trost fanden sich zwei Engel, flach ausgeschnitten aus vergoldetem und gemaltem Holz, getragen von handfesten Goldwolken, vielleicht aus einer österreichischen Kirche? Sollte die liebenswürdige Frau aus diesem Lande der Musikalität, des Taktes und der einfachen Lebensfrömmigkeit herstammen ...? Warum flogen die Engel nicht weg? Weil sie aus Holz waren. Er staunte über die verwilderte Logik seiner Selbstgespräche. Unter den Engeln hingen zwei schlechtgemalte Porträts. Ein sitzender Greis, mit langem grauem Vollbart, wie man sich einen alten Herrn voll Wohlwollens und ohne Eigenschaften vorstellt, und eine weißhaarige Frau, stehend, mit Hunden, die sich vorbog, beide Hände auf einen Stock stützend, schön, felsenhaft. »Meine Eltern«, sagte die Baronin. »Ich erreiche den Vater nicht an Güte, aber noch viel weniger die Mutter an Kraft. Sie entschuldigen mich einen Augenblick, ich gebe in der Küche einige Änderungen an. Wie genießen Sie Orangen? Als Saft, als Frucht?« Er zog die Frucht vor. Sie ging hinaus, und leider fiel er sogleich wieder den Pyramiden anheim.
Der Baron hatte hier seiner maskulinen Laune genügt, um dem Gesellschaftszimmer einen jagd- und ahnenstolzen Zuschnitt zu verleihen. Dasa durchschaute eine Art Rangfolge von oben nach unten, eine Art Zeitfolge (Datum und Tatort waren beigeschrieben) von links nach rechts. Zuoberst Büffelhörner, dann Elch-Schaufeln und Hirschgeweihe, zuunterst die spitzen Gabeln der Rehböcke. Mechanisch glitt sein Blick herab auf die menschlichen Ahnen, denen er zu entfliehen suchte, und die ihm gerade jetzt auferlegt schienen. Warum sah er dies auf einmal? Er wußte doch schon lang, daß der oberste dieser Männer, ein photographiertes Porträt, der Urahn des Barons war, der das Bankhaus gegründet hatte. Hatte er nicht selbst in dem Tagebuch seiner kleinasiatischen Reise geblättert und sich gefreut, wie dieser erfolgreiche Spekulant keinen Augenblick vergaß, daß der Mensch zur Vollkommenheit bestimmt sei, und wie er den Westöstlichen Divan so gründlich beherrschte. Wie hob der Vatermörder und das große zur Krawatte geschlungene Seidentuch im tiefen Ausschnitt seines Rocks die volle Form des Kinns hervor! Wie denkend war der Blick, wie frei von Gier! Im verwöhnten, geistreichen Mund eine Spur britischer Melancholie. Etwas über fünfzig mochte er sein, noch ringelte sich sein Haar frei und voll und umrahmte die Stirn auf das kräftigste. Man nahm ihm nicht übel, daß er einen Orden trug. Unter ihm einige Daguerreotypen. Man mußte diesen Gesichtern, die wie in Seelenfelder geteilt schienen, zugeben, daß ihnen das Geschäft nicht alles war, obwohl man der eckigen Stirn das geordnete Fachwerk des Innern ansah und die Blicke nicht schweiften, sondern rechneten. Aber hängende Backen und kleine, weiche Münder wiesen auf Behagen. Diese Leute waren vielleicht die Erfinder der Redensart: »Man ist auch Mensch!« Von drei Brüdern stand der eine, jüngste, aufrecht und legte biedermännisch den beiden auf der Bank sitzenden die Hand auf die Schulter. Er hatte diese Geste nötig; das Haar über der Stirn war weg, in der Wange saß eine böse Furche, die alles abwärtszog, und er blickte drein wie eine Dogge. Dafür konnten die anderen – der eine mit Kaiserbart, der andere mit einem das ganze Gesicht von Ohr zu Ohr säumenden Bartring, der Mund und Kinn frei ließ, bei den Worten »Wohlfahrt« und »Sicherheit« den Blick zuversichtlich erheben. Von nun an herrschte das Lichtbild und verewigte, was nicht zu verewigen war. Gesichter, an denen das meiste zuviel war und alles fehlte. Man suchte verlorene Teile und fand statt dessen Zutaten. Der Kneifer wurde ungern entbehrt, er goß um die Nasenwurzel etwas wie Charakter aus. Haare wuchsen nur hinter den Ohren. Aber was oben gespart wurde, sproßte verschwenderisch aus der Nase, um die Wangen und ums Kinn. Und während die bloßgelegten Flächen des Gesichts einförmig waren, gestatteten sich die Bartformen einen üppigen Reichtum an Spielarten bis zur Grille. Da gab es Männer, die ihren Mund, der mehr bei sich behielt, als er ausgab, ganz unbehaart zu tragen kühn genug waren. Dafür formierte der Bart vom Unterkinn abwärts einen stattlichen, vorspringenden Block. Es war ein Ziel des Ehrgeizes, den Schnurrbart gerade über das Gesicht hinauszukräuseln oder ihn kampflustig aufwärtszukrümmen, dem kleinen, wirklichkeitbejahenden Auge zu. Koteletten waren eine überzeugende rhythmische Unterstützung tatkräftiger Beredsamkeit. Das englische Bärtchen war der Akzent auf einem Lächeln ohne Akzent. Und wenn die Stirn haarlos in das Haupt überging, mit der tadellosen Nase fast eine Linie bildend, und das Ohr nackt aus dem geschonten Rest eines Haarbodens stach, wenn ferner das kecke Vorgreifen der Oberlippe durch den Lippenbart, und die eingekniffene Schmalheit der Unterlippe durch den etwas diabolischen Kinnfortsatz des Spitzbärtchens nur hervorgehoben wurde, entschuldigte sich das Gesicht für so viel Nacktes dadurch, daß es durchaus zur Maske wurde, glatt und undurchlässig. Stirnen wie Pulte, enthauptende Stehkrägen, vorbildliche Hautpflege, Spuren kleiner Bürstchen und zarter Wichsen – trotzdem, die Gesichter behielten etwas Mausartiges, und der Mensch beschloß (oder richtiger: der Mann beschloß, denn die Frauen hatte der Baron weggelassen, um die untere Pyramide der oberen anzugleichen) zu verheimlichen, was nun einmal zu verheimlichen war, den menschlichen Mund. Auch den Grund der Verheimlichung verheimlichte man, und sogar vor sich selber. Also Vollbart! Am liebsten so, daß die Rille zwischen Lippenbart und Kinnbart spurlos überwuchert wurde. Wie belohnte sich dieser Verzicht auf Person durch das gewaltige Opernemblem der Perserkönige, das man in die Welt und Unterwelt reckte, selbst altbabylonischen Siegeln nur wenig nachgebend! Freilich folgte auf dies üppig behaarte Geschlecht ein Schrecken der Kahlheit! War doch das Gesicht, das so lange durch die Hülle des Haares jeder Neugier entzogen war, keineswegs darauf eingerichtet, plötzlich so geschoren am Tag zu liegen. Welche Nuditäten! Wenn man von den Cäsuren einiger Polsterfalten absah, fehlte, besonders hinten, der Übergang zwischen Kopf und Leib ebenso wie der zwischen Stirn und Hinterhaupt. Ein eigentlicher Hals schien diesem Geschlecht zu gräzisierend. Der Ausdruck – ein Ausdruck voll Würde – war aus den Gesichtern herabgeglitten in die gestärkten Oberhemden. Sie selbst waren teils eckig, teils rund und bestanden aus ihren Bestandteilen. War die Natur zur Drechslerwerkstatt geworden? Nicht doch, dies alles war Fleisch und Bein. Der Baron, der ihnen vollkommen glich, wird sogleich heimkommen; man kann ihn dann sprechen und essen sehen. Der Inder dachte, humorlos wie er war: Früheren Menschen war das Leben ein goldener Ball, den niemand behalten durfte. Einer warf ihn dem anderen mit großmütigem Lächeln zu. Diesen ist es ein Raub, den sie einander aus den Taschen stehlen und, wenn sie ertappt werden, wieder in die Taschen schieben. O Taschendiebe!
Dasas Phantasie wurde krank und trieb ein verschroben pedantisches Spiel. Er verwechselte Bärte und Geweihe infolge ihrer rein emblematischen Eigenschaft. Da er aus der oberen Reihe die Regel abzog: Haupthaar, wo der Bart fehlt, Bart, wo das Haupthaar fehlt, dachte er, daß nach demselben Gesetz der Ergänzung jene oben und unten Kahlen dafür ein Gehörne haben müßten. Er verbesserte sich sogleich, konnte aber eine sellvertretende Scham, ein peinigendes Gefühl der Blöße nicht abschütteln. Was war ihre Jagdleidenschaft anderes, als daß diese durchaus und doppelt Kahlen dem Wild eifrig abzujagen suchten, was ihnen fehlte: das Gehörn? Er sah sie in einer schrecklichen Vision den Hirschen ihre Kronen mitsamt den Schädelknochen vom Kopf reißen, sie sich selbst aufsetzen und mit diesem Schmuck Tänze voll primitiver Wildheit aufführen ... Er weckte sich auf. Oben die Geweihe, unten die Köpfe. Das hing gar nicht zusammen. Aber wie waren wohl die Frauen, jene, die zu den Perserbärten, und jene, die zu den rundum Kahlen verurteilt waren? Vielleicht wie ... Vielleicht wie ...? Er unterbrach sich und fühlte einen stechenden Schmerz. Jetzt grübelte er darüber, wie es kam, daß der Mensch sein Gesicht verlor. Merkt denn das niemand? Man ruft doch jedem Menschen nach, der seine Krawatte vergessen hat! Niemand weiß, wann es geschah. Man muß es hinnehmen. Es waren die Unbewiesenen. Sie bewiesen sich im Verein. Das Glück, daß einer, der nichts ist, mit vielen, die auch nichts sind, übereinstimmen kann, stand auf ihrer sonst unbeschriebenen Stirn. Gewiß kegelten einige, alle bewahrten in ihren Schränken Goldpokale auf. Auch verloren sie nie die Urkunden mit den Siegeln der Jägervereine, der Gesang- und Tierschutzvereine, der Vereine gegen den Mißbrauch und zur Verschönerung, der Turn- und Wanderbünde, bis sich dieser Vereinstrieb in der Tat des Urenkels veredelte zur Gründung des Orientklubs. Dasa rang nach Luft. Sah sich aufs neue um. Kinderbilder! Kinder, Kinder, schrie sein Inneres. Ach, daß die Kinder fort waren. Natürlich, sie waren ja nicht aus Holz wie die österreichischen Barockengel. Wird ihnen auch jemand sagen: »Gebt acht, daß ihr nicht euer Gesicht verliert?« Auf dem Flügel eine gesprüngelte Vase mit Pyrusblüten. Er dachte gewaltsam, um sich zu erholen, eine Minute nur diesen Blütenzweig – da trat sie herein. Ihre Gestalt im Türrahmen mit der Platte voll Früchten! Das schützte ihn gegen die dickbeschalten Stirnen der Vereinsgründer. Er wünschte nun nicht mehr die Kinder herbei. Sie war alles, wenn sie so dastand – nicht ihr Leben, sondern ihr Bild. Ach, wie wehrlos war er heute gegen das Spiel der Eindrücke mit ihm! Schon hatte sie sich neben ihn gesetzt. Er fühlte den vollkommensten Widerspruch, und das Zimmer wurde ein Schicksal durch diesen. Er glaubte zu wissen, was sie litt, stumm, innen, damit sie für andere, für ihn so vollkommen sei – ja er fühlte auch mit, was sie nicht litt, was aber eigentlich zu leiden war. Ihr Hinnehmen, ihr unreines Geteiltsein. Kinder zu haben, freilich – reichte das nicht hin, damit jemand sich zu einer unreinen Teilung täglich neu entschlösse? Fehlte ihm nicht selbst etwas? Als er sie, ohne es zu wollen, fragend ansah, sagte sie: »Wissen Sie, wie es Frau Neander geht? Sie ist diese Tage allein, und da mir bekannt ist, daß gewisse wohl mehr körperliche als seelische Beklemmungen an solchen Abenden bei ihr zunehmen, habe ich vor, heute abend, wo ich gleichfalls ohne Mann bin, zu ihr zu gehen.«
Wie schön sind die Gesichter, die sich mehr als einmal am Tag vom Zufall küssen lassen! Der Zufall hatte ihm seinen Auftrag aus der Hand genommen, so sagte er nur: »Ich komme auch, und noch andere.« »Ich darf Ihnen eine Orange zubereiten, nicht? Auch die geschicktesten Männer, wozu ich Sie gern rechne, verstehen es allenfalls, die Schnitze von der Schale zu lösen, aber den Flaum, die weißen Häutchen zwischen den beiden, lassen sie darauf und halten sie gar für eßbar.« Er hatte nie eine größere Innigkeit des Nebensächlichen mit angesehen. Die Orange war geschält; die weißen Fasern, die das goldsaftige Fruchtfleisch bedecken, wurden jetzt fast andächtig von einer Hand entfernt, die weich, schmal und biegsam die anmutigsten Stellungen durchlief. Fast vergaß er über den Händen das Lächeln ihres auf diese Mühe gesenkten Gesichtes, das sich endlich hob, um ihn mit Blick und Frucht zu beschenken. Die Frucht lag auf dem Teller, im vollkommenen Zustand ihrer geteilten Ganzheit, jeder Schnitz vom anderen geschieden, aber unten zu einer Rosette zusammengeschlossen, ein Ornament. Fleisch und Saft schimmerten durch die durchsichtige Haut, die weder geritzt, noch durch weiße Flocken getrübt war. Indem sie anbot und er nahm, blitzte wieder in ihm jene Erinnerung auf, und der Traum glänzte ihn an, um sich sogleich zu verflüchtigen. Sie also war es gewesen!
Da der Mensch den Drang hat, noch von Paradiesesstunden auf die Hölle hinabzublicken, von Geburt aus ein Wendehals, so blickte er jetzt, ehe der Nachgeschmack der unvergleichlichen Frucht auf seiner Zunge ganz verging, zu den kahlen Stirnen der Pyramide hinüber, als ob das beharrliche Unisono ihrer Lebenslüge an sein Ohr schlüge. »Mein Mann hatte diese Bilder seiner Ahnen mit großer Liebe zusammengestellt.« »Und Ihre?« »Die sind nicht darunter. Ich tat sie in ein Album, ich finde es hübsch, dereinst für die Kinder; daß ich selbst viel in diesem Album blätterte, kann ich nicht behaupten.« Er meinte, es gäbe schlimmere Unterlassungen. Sie: »Wie ich hereinkam, blickten sie sehr aufmerksam auf diese Leute und jetzt eben wieder. Mißfällt Ihnen etwas daran?« »Das wäre zuviel gesagt«, log Dasa. Sie merkte es. »Es sind dies sicher zum Teil hochverdiente Männer. Aber mir fällt bei diesen Sammlungen auf, wie plötzlich aller seelische Ausdruck aus den Gesichtern entweicht. Fast möchte man eine Jahreszahl dafür aufstellen.« Dasa fragte, an welche Jahre sie denke. Sie antwortete: »Ich vergreife mich vielleicht in der Zahl, aber ich denke, so in den vierziger Jahren.« »Das kommt daher, daß Goethe starb«, sagte Dasa kurz. Worauf sie erwiderte: »Wenn ich Sie so ansehe, scheint mir nicht, daß Sie mit meinem unentwickelten Verstand spielen. Aber wie kann das Weggehen eines einzelnen Menschen, sei er auch groß, das Leben der anderen so herabstimmen?« »Wenn der Musikant weggeht«, sagte Dasa, »ehe die andern von ihm spielen lernten, so nimmt er mit sich die Musik aus dem Leben fort. Goethe – hier weiß niemand, wer er war, man kann ihn nur vom Osten her verstehen. Er war kein Gesetzgeber, sondern öffnete sich dem Gesetz des Lebens und überlieferte es. Er war der frömmste aller Menschen, die hier gelebt haben. Und wohl der letzte, der das Wort Liebe aussprechen durfte.« »Können denn die Menschen nur lieben, wenn sie es bei Dichtern lesen?« fragte sie nach einem betretenen Schweigen. »Ich bildete mir ein, Dichtung wäre unnachahmlich, und die Menschen müßten sich auf ihr eigene Art behelfen.« Wie stark war die Lockung für ihn, gegen diese Frau ganz aufrichtig zu sein. »Etwas ist in allen Gefühlen, das dient, wenn man es zähmt; und etwas, das niemals dienen will. Dies, das nie dienen will, haben alle jene beleidigt, jene Menschen des sichern Lebens. Was bei ihnen Liebe heißt, ist Schutz vor der Liebe. Ein Liebesverbot geht durch dieses Jahrhundert, von dem niemand spricht und in dem alle einig sind. Und was drücken die Gesichter aus, die dort drüben? Sie wollen gelten, statt zu sein. Geltenwollen ist die stärkste Leidenschaft des Mannes, viel stärker als seine Liebe. Kann es aber Liebe geben, wo man gelten will?« Unsicher fragte sie: »Meinen Sie, daß diese Menschen kein Glück in ihren Ehen hatten?« »Doch! Zuviel.« Er wollte das nicht sagen, aber ein stiller Glücksschauer kam über ihn, sobald er mit ihr sprach wie mit sich selbst. »Man muß ein großes Herz haben, um es in täglichen kleinen Ausgaben nicht zu erschöpfen, sondern es zurückzubehalten, damit man es wieder ganz schenkt. Statt dessen arbeitet der Mann und will es abends behaglich.« Inzwischen hatten sich beide erhoben, sie war einer Obliegenheit wegen im Begriff, hinauszugehen, aber das Gespräch hielt sie noch. Es wurde leis geführt, so daß sie ihm einen Schritt entgegentrat und beinahe flüsterte: »Das ist doch schön?« »Nein«, sagte er leise und hart. Aufsehend glaubte er eine Verstimmung in ihrem vorher sehr jungen, hörlustigen Gesicht wahrzunehmen, die seine großen Formen schärfer vortreten ließ und sie älter machte. Er setzte hinzu: »Es ist wie mit einer Geige. Man muß geübt haben. Und doch spielen, als ob man noch nie gespielt hätte. Es gibt immer nur eine einzige Stelle, die gegriffen werden darf, keine Haarbreite daneben – gar der Druck, der Schwung der andern Hand – eine Notwendigkeit unter tausend Möglichkeiten! Tun wir nicht, als brauche man das köstliche Ding nur unters Kinn zu nehmen und mit dem Bogen zwischen Schrauben und Steg hin und her zu fahren? Ja, wir sind unmusikalisch, aber nicht, weil wir so spielen, sondern weil wir dies unser Spiel in der Ordnung finden.« »Heißt das«, sagte die Baronin etwas empfindlich, »weil wir glücklich sind?«
Das Abstellen eines Motors, kräftige Tritte und die sich öffnende Tür enthoben ihn der Antwort. »Wahrhaftig, wir leben in einer großen Zeit!« rief der Baron von Glöckner-Goldeck aus, indem er ihm seine beiden gedrungenen Arme entgegenstreckte. Erweicht durch die Blicke der Hausfrau, war Dasa bereit, jeder Behauptung Einlaß zu gewähren. Aber die große Zeit pochte jetzt zu jäh an das Tor seines Herzens, und er sagte zunächst guten Tag. Der Baron ließ sich nicht darausbringen. »Eben habe ich mit den Stadtverordneten eine private Vorführung des Films ›Trance am Orinoko‹ besucht. Ich, ein Bankier und doch wohl entschiedener Großstadtmensch, erlege ein paar Groschen, und sogleich bin ich Karaibe, oder was weiß ich, und nehme teil an den Orgien eines Naturvolkes. Grandios! Die Extreme der Menschheit küssen sich in mir. Ich meine nicht in mir persönlich, in jedem von uns. Wie? Wollte schon lange darüber mit Ihnen sprechen, Dasa! Gestern war übrigens Sitzung. Weitere Zuschüsse für die Neuinszenierung der Nibelungen sind bewilligt – doch wohl auch nach Ihrer Auffassung die gewaltigste Effulguration des mythischen Bewußtseins in der Gegenwart. Wie? Ich ließ mir von unserem vortrefflichen Intendanten Kuhlhorst die Maschinenräume zeigen, lag selber angeschnallt auf den gläsernen Wannen, in denen die Rheintöchter herumgeführt werden. Die Fischschwänze sind elastisch und können mit Zehendruck reguliert werden. Alles ganz wirklich, damit der Mensch diesen Mythos über sich hereinbrechen sieht. Jeder kann etwas dazu tun. Ja, mein Guter, wir leben in einer großen Zeit!« Er nickte seiner Frau mit willenskräftiger Innigkeit zu und tätschelte ihre Wangen. Sie öffnete die Tür in das Speisezimmer, das bis zu halber Höhe mit grünem Rupfen bespannt war. Hier war alles rein. Kommoden und Eckschränkchen sehr zarter Form mit gekrümmten Flächen; ein paar kolorierte Stiche aus der Revolutionszeit. Mit dem Seufzer beschäftigter Tüchtigkeit ließ sich der Hausherr nieder, und seine Schildkrötensuppe löffelnd, mußte Dasa ab und zu nach dem Schädel hinübersehen, der jene Reihe von vorher so würdig fortsetzte. Tadelloses Gebiß, blitzendes, wasserhelles Auge, unermüdliche Kiefer! Sie jedoch aß matt; Dasa merkte, daß ihr erst beim Hereintragen der Weingläser und der Kristallflasche freier zumut wurde. Bis dahin kaute sie an ihrer Lippe – die einzig unvollkommene Gebärde, die man an ihr entdeckte. In der zu besprechenden Frage war Dasa dem Vorstand des Klubs so gefügig, daß dieser stürmisch das vollkommenste Einverständnis feststellte. Gern hätte sich Dasa erhoben, aber ein Hummer kam auf den Tisch, so gewaltig, daß auch die Herrin sich Mut antrinken mußte. Als sie das schlanke Glas an ihren Mund setzte, fuhr der Baron, der soeben erfolgreich eine Schere bearbeitete, mit der Frage heraus: »Aufrichtig, Doktor, wie denken Sie über die Höllenstrafen?« Dasa, der über die gepflegtesten Tischsitten verfügte, ließ jetzt die Gabel aus der Hand auf den Teller fallen. Sonst hätte er wohl tausend Jahre leben können, ohne daß ihm dies unterlaufen wäre. Er wurde hochrot. Wie wird ihr zumute sein? Doch nein, sie schenkte ihm Wein zu, und sie anblickend, überzeugte er sich, daß infolge ihrer Sicherheit und Güte das, was man Situation nennt, weiter bestand und daß er von ihr gebeten war, auf die Frage des Hausherrn zu antworten. Er gehorchte. »Ich habe, wenn Sie verzeihen, noch nie viel darüber nachgedacht. Aber in welcher Richtung wünschen Sie, daß ich darüber nachgedacht haben möge?« Er wußte wohl, immer würde ihm, wenn er je das Wort Höllenstrafe läse oder vernähme, die aufgerichtete Gabel mit einem Stück weißem, in Mayonnaise getauchtem Krebsfleisch und der so kau- als redselige Rachen des Hausherrn erscheinen, wobei dieser Rachen dann wieder an den aufgesperrten Höllenrachen der Mysterienspiele erinnern würde, in welchem mancher arme Sünder verschwindet.
Der Baron erklärte sich näher. »Wir sind uns natürlich einig, daß es dergleichen nicht gibt. Aber wir haben inzwischen die Aufklärung überwunden und sind über den Fortschritt fortgeschritten. Der Gedanke der Hölle ist nicht wahr, aber wirksam. Und wir Männer des männlichsten Zeitalters beurteilen einen Gedanken nach seiner Wirksamkeit. Ich frage Sie also noch einmal genauer: Was, meinen Sie, steckt hinter den Höllenstrafen?« »Eine Erfahrung!« versetzte Dasa wenig freundlich. »Ich verstehe!« sagte der von Glöckner-Goldeck, denn er verstand nicht. »Paradox, aber geistreich, und eigentlich genau das, worauf ich hinaus will. Sie meinen eine Einsicht in die menschliche Natur. Scheint Ihnen da nicht die christliche Hölle, wenn man sie mit den Höllenvorstellungen des Orients vergleicht, einer Verbesserung zu bedürfen?« Obwohl Dasa ungern Vorstellungen verbesserte, antwortete er leider mit »Vielleicht«. Er neigte sehr zur Wahrhaftigkeit, doch widerfuhr ihm beim Sprechen das Eigene, daß ihm das Wort durch den Gesprächspartner vorgemessen wurde. Jetzt flüsterte er sich zu: es ist ja noch jemand da, und gewann sich folgendes ab: »Über die Mauer der christlichen Klöster blickend, glaube ich zu verstehen, daß alles Werden jenseits des Todes abgelehnt werden soll. Hölle und Himmel zeugen beide von der Unwiderruflichkeit des Lebens hier, zumal des die Summe ziehenden letzten Augenblicks. Das ist hart, aber was vermag der Schauende gegen die Härte der Schau?« Der Baron wiegte sein Haupt: »Eine nachdenkliche, feinsinnige Bemerkung. Ich verstehe die Ironie Ihrer Aussage.« Dasa war froh, mißverstanden zu sein, und ließ den Hausherrn fortfahren. »Irre ich nicht, so gleicht die östliche Vorstellung mehr unserem Fegefeuer, und eben darum arbeitet sie den Erziehungsgedanken so trefflich heraus. Das Volk freilich ist dumpf und bedarf des Terrors, dafür ist die christliche Hölle gut. Dem Gebildeten ist ein abgestuftes und befristetes Strafsystem angemessen.« Er räusperte sich. Zum Verständnis dieses Räusperns gehört, daß der Baron nicht eifriger in Versammlungen redete, als er Auto fuhr, welche Leidenschaft auf seine Gesprächsform einwirkte. Wenn er stark sprach, sah er starr geradeaus, in Atempausen schob sich der Unterkiefer etwas vor, und man glaubte die Hände um ein unsichtbares Steuer bewegt. Vor allem war sein Räuspern am Ende einer Phrase einem Warnsignal ähnlich: Sein Gegenüber möge ja nicht diesen Einhalt zu eigener Rede mißbrauchen in unbefugtem Querfahren.
»Orientalisieren wir also (fuhr der Baron zuversichtlich fort) die Hölle, damit der Staatsgedanke mehr hervortritt. Wille und Zucht sind die Leitbegriffe, die wir der Menge zuliebe in Bilder umsetzen. Nicht ein Zuchthaus mit lebenslänglichen Strafen (Sie erraten unschwer, daß ich darunter die christliche Hölle verstehe), sondern eins, aus dem man wieder herauskommt: eine ins Jenseits verpflanzte Besserungsanstalt mit freilich harten Bußen. Denn ohne einen ihm eingebrannten Denkzettel bessert sich ein schlechter Charakter nicht. Ich stelle anheim, daß die einzelnen Bußen dem Vergehen in anschaulicher Weise angemessen seien nach dem neuesten Stand der Charakterforschung.« (Mit einem Blick auf Dasa und neuem drohendem Räuspern:) »Gestatten Sie, daß ich Ihren Einwand vorwegnehme. Sie werden sagen, daß der ganz Ungebildete für diese Hölle noch nicht fortschrittlich genug denkt. Gut, lassen wir ihn so lange wie möglich im Köhlerglauben seines Höllenterrors.« Und mit einer Miene, die nicht geringer war als die eines Polizeipräsidenten, fügte er hinzu: »Und wir wissen mehr als die alten Kardinäle und Kirchenväter, weil wir nicht die Menschheit, sondern die Familie verklagen. Wie wäre es (er versuchte seine Stimme zu dämpfen, wodurch eine Art artikuliertes Schnarchen entstand), wenn unsere neuen Höllenrichter bei solchen Verbrechen, die erweislich auf Anlage zurückgehen, Vater und Großvater – ja auch die Mütter«, sagte er auf einen unsicheren Blick seiner Gattin hin, und patschte ihr zufrieden auf den schönen Arm – »aus den voreilig eingenommenen himmlischen Logen herunterzerren würden? Die Vorfahren hätten dann für den Delinquenten einen großen Teil seiner Höllenstrafe abzusitzen.« Schweigen. Er sah sich triumphierend um, schwenkte die Korbflasche und goß Spumante ein, sich die Stirn wischend. »Ich sprach wohl etwas lange, aber Sie glauben nicht, verehrter Dasa, wie sehr mich Ihre Einwände gefördert haben. – Warum sagst du denn gar nichts, Liebling? Du bist wohl zu sehr mit der Süßspeise beschäftigt, um dich unserer Hölle anzunehmen?« In der Tat hatte die Angeredete, von dem Sermon über Höllenstrafen nicht völlig gebannt, den kleinen goldenen Löffel mehrmals mit Mokkakreme beladen und wischte sich, lieblich erschrocken, mit der Serviette eine Spur vom Munde ab. Ihr Lachen unterschied sich von dem Geräusch, mit dem er seine Bemerkung begleitete, etwa so, wie sich von einer Rätsche, die Bauernbuben im Kornfeld schwingen, die Terz eines Glokkenschlags unterscheidet, der über dasselbe Kornfeld hinwandert. Dann wurde sie ernst und sagte: »Ich verstehe die Hölle nicht. Eine noch so verwischte Spur von Seele lesen wir in jedem menschlichen Auge. Sie ist das Angebind Gottes vom ersten Atemzug. Wie sollte er nicht Wege wissen, nach dem letzten Atemzug eine erstickte Bereitschaft für sein Licht zu beleben – anders als durch Schreck und Marter.« Der Baron sagte lächelnd zu Dasa: »Ihr entging, daß wir von der Hölle nur als einem Als ob sprachen!« Ihm aber löste ihr offener Sinn die Zunge: »Ich kann Ihnen zu dem, was Sie eben aussprachen, gnädige Frau, nur ein Wort meines Weisen anführen, dessen Gedanken ich seit Jahren in mir bewege. Es heißt so: Das Licht hat kein Brecheisen, es leuchtet nur, alldurchdringend, und kehrt nirgends um, als wo ihm der Eintritt verwehrt wird.« – »Prächtiges Wort, wahrhaft klassisch in seiner Einfachheit!« keuchte der Baron noch eben, dann fuhr er auf ein Klingelzeichen an den Apparat, und während er in virtuosem Tempo Zahlen und Zeichen hervorwirbelte, die dem spannenden Jargon der Hochfinanz angehörten, wurden folgende Worte zwischen den beiden gewechselt, halblaut, mit Rücksicht auf das Telephongespräch. Sie: »So meint Ihr Weiser, daß ein Geschöpf wirklich Gott von sich aussperren kann und also stärker ist als er?« Er ausweichend: »Er wußte alles, er war der Löwe Gottes, der von Gott gezähmte, in dessen Mähne seine Hand spielt, wenn sie feiert.« Sie konnte den ungemilderten Ernst seiner Miene nicht enträtseln. Nur verstand sie, daß sie kein Leid persönlicher Art ausdrückte, sondern einen hohen geistigen Schmerz. Er fuhr fort: »Manchmal verstehe ich, warum man von Heiligen oder Helden überliefert, sie seien in die Hölle gestiegen. Es sind diejenigen, die Gott fanden, und dennoch hinabsahen in das Grauen der Natur. Denen selbst der Stein nicht zu sehr Stein war, als daß sie ihn nicht nach seiner Geschichte gefragt hätten, und die die Ohnmacht der Seele kannten, die sich in erlittener Verdüsterung Stufe um Stufe unter den Stein hinabstößt, knirschender Schmerz des Widerspruchs, dessen nur fähig ist, was auch fähig wäre bei Gott zu sein.« Und als sie sich enttäuscht abwandte mit den Worten: »Ich kann nicht glauben, daß sich eine Seele Gott versagen kann«, erwiderte er: »Nur die Stärksten und Liebendsten dürfen überhaupt den Gedanken einer Hölle zu denken wagen. Wir andern haben dafür keine Minute, da uns Kräfte fordern, die noch der Erhebung fähig sind.« Ein herrlicher Blick dankte ihm. Beide Gespräche, das mit Zahlen fechtende und das Herz und Welt versöhnende, waren zu Ende. Der Hausherr starrte vor sich hin und schien über fast astronomischen Größen zu brüten; da sagte sie noch ganz unvermittelt: »Ich schrieb neulich einer verheirateten Kusine, die viel zu leiden hat, ein unbedingter Einsatz rentiere sich immer. Glauben Sie nicht auch?« Der Hausherr fuhr auf, starrte sie an wie ein Wunder und fragte: »Was sagst du von Einsatz und rentieren?« »Ach, Artur, ich meinte nicht solches; ich hatte nur Lydia und den Landeshauptmann im Sinn.« Sogleich vergrub er wieder sein Haupt in die wuchtigen Fäuste. Und Dasa flüsterte von neuem: »Was mich bei solchen Gesprächen, selbst mit zarten und nachdenklichen Menschen, hemmt, ist dies, daß ich einen Betriff nicht besitze, den hier jedermann besitzt, den Begriff der Person. Ich glaube nämlich, daß er eine vorübergehende, freilich von uns leidenschaftlich festgehaltene Täuschung des Lebens ist. Darum ist der Tod ein so großer Schmerz. Gegründet scheint mir dieser Begriff durch gewisse Worte des Christus, der damit die Welt verwandelte und die Menschen um unendliches Leid und Glück bereicherte, zumal um den schmerzlichen Reim der Liebe: ich und du.« Den Hausherrn durchfuhr es, als ob sein Gast zu seiner Frau du gesagt hätte. Geistesgegenwärtig verblieb er in seiner grüblerischen Stellung und lauerte. »Meinen Sie wirklich?« »Erschreckt es Sie?« »Nein, aber ich fasse es nur halb. Ich will es überdenken.« Dagegen hatte der Baron nichts, nachdem er durch das beiderseits fortgeführte Sie beruhigt war. Aber statt im Schatten seiner Zahlen weiter zu dichten, sagte er mit Laune: »Ganz unter uns, Dasa – Sie glauben doch nicht wirklich an so etwas wie Hölle?« In Dasa stieg der Verdruß über eine so hornhäutige Seele auf, und er sann auf eine abweisende Antwort, die wohl seinem Besuch ein unfreundliches Ende bereitet hätte. Wieder begegnete er ihrem Auge, das, blauer als je, nichts als Güte war. Und ihm sprang eine Antwort über die Lippen, fertig, ehe er sie gedacht hatte: »Allerdings, ich glaube an die Hölle der ungetanen Taten.« Diese Antwort war überraschend genug, um das Gespräch, das der empfindliche Gast nicht mehr ertrug, ohne Schroffheit abzuschneiden. Nach einiger Verlegenheit holte der Gastgeber zu einem Antrag aus. Als Herausgeber des Kluborgans »Der mütterliche Osten« erinnere er daran, daß man jetzt die Nummer vorbereite, die Dasas Aufsatz über die mythische Erzählung »Gott und die Geige« enthalte. Der Verfasser habe angeordnet, daß der Wortlaut der Erzählung, die er handschriftlich besitze, in der Guayana-Sprache beigefügt werde; und die Nachbildung sei bereits in seinen, des Herausgebers, Händen. Ohne sich auf das Anrecht eines solchen im mindesten zu berufen, sondern aus Freundschaft und Liebe zur Sache bitte er nun Dasa, ihm dies eigenartige Kulturdokument zu übersetzen, und zwar (wozu der gemütliche Moment förmlich einlade) jetzt und hier. Dasas Einwand, daß er das kostbare Manuskript nicht bei sich trage, war sogleich behoben, der Baron holte mit triumphierendem Lächeln die Reproduktion aus seiner Aktenmappe. Was half es, daß Dasa sich anbot, die Übersetzung am anderen Morgen dem Sekretär des Barons in die Maschine zu diktieren? Die bekannten blauen Sterne vergrößerten sich, die edle Gestalt neigte sich bittend. Denn obwohl sich die Hausherrin ein empfindsames Beobachten abgewöhnt hatte, war sie doch vom Mißverhältnis des letzten Gesprächs betroffen. »Und du, Hedwig, läßt uns dazu den Mokka ins Zirbelzimmer bringen!« Während der Hausherr eine ihm von Dasa geschriebene Briefkarte hervorzog, gewann dieser Zeit, den ihm neuen ansprechenden Raum aufzufassen. Nicht die Hörner, sondern die Häute der Waldbewohner waren hier verwandt, ohne daß man etwas dagegen haben konnte, höchstens den Mangel an Gebirge, das eigentlich als Horizont in solche Räume hereinschimmern müßte. Die Wand bestand aus Zirbelholzbohlen mit einer Maserung aus Kreisen, die eine zittrige Hand ineinander gezogen zu haben schien. Wenig unterschied sich das Braun der Täfelung vom Braun des Hirschleders, aus dem sowohl ein großes Sofa wie die Stühle bestanden, deren Lehnen mit weißen Beinknöpfen gesäumt waren. Ein heller Tonofen in der Ecke hatte einen kuppelförmigen Aufbau. Auf dem Schreibtisch, ebenfalls aus Zirbelholz, stand ein Bild des Hausherrn in seiner Ausbildungszeit: rauchend saß er unter umhergeworfenen Büchern, mit einem gutmütigen Ausdruck der Hilflosigkeit, die menschlicher wirkte als seine jetzige unbeirrbare Selbstbejahung. Daneben ein Strauß von Zittergras. Ein größerer von Blutbuchenlaub stand in einem Zinnkrug auf dem Tische – und eine Reihe solcher Zinnkrüge auf Eckbrettchen. Alles schien ihm das Wesen der Besitzerin auszusprechen: Landvornehmheit, doch ohne Land; und Luxus, der sich verbirgt. Sie mochte geboren sein, einem großen Anwesen vorzuwandeln, vielleicht gar, es wirklich zu leiten. Doch waren solche Eigenschaften ihr nicht bewußt und vollends nicht zu einem Können und Üben entwickelt, so daß sie bloß als Huld in ihrem Wesen lagen.
Der Baron hatte lange genug die Briefkarte Dasas studiert, um sie jetzt mit überlegener Miene vorlesen zu können. »Liebling, damit du einen Begriff hast. – Die Erzählung ist, so wie sie vorliegt, kein Märchen, weder ein indisches noch ein jüdisches, noch eines der Zigeuner, vielmehr ein Alterswerk des Autors, den ich mir zu erforschen vorgenommen habe, Samal. Als solches möchte ich es in meinem Aufsatz erweisen. Ich bringe es in Zusammenhang mit dem Titel: Der Webstuhl, den ich im Nachlaß für eine Reihe von fünf Erzählungen und Betrachtungen vorgesehen finde, die – sämtlich in Versform – von Frauen handeln. Eine fehlte. Auf sie verwies der Titel: Das Krummholz und das gerade Holz, was sowohl ein Musikinstrument als auch Himmel und Erde bezeichnen kann. Das Stück fesselt auch in anderer Hinsicht. Was zuerst ein Geschlinge neuerer Überlieferung um einen alten Stamm scheint, sich dann aber als eine völlige Umbildung alles Alten im neuen Geist erweist, hat sich nicht etwa selbst gemacht. Ein abseitiger Denker nähert sich dem Verständnis durch die altertümliche Einkleidung. Er hat die Wanderung und Vermischung der Sagen, deren wahre Einheit er selbst ist, geschickt nachgeahmt. Indem die indische Laute durch die Geige der Zigeuner ersetzt wird, wird die Stiftungsfabel zu einer Rechtfertigung des Wandervolkes. Eigentlich ist sie jedoch ein Schöpfungsbericht, in dem als philosophischer Kern indischer Provenienz die Selbstzerteilung Gottes in die Welt noch zu erraten ist. Die Frau endlich, ihr Wissen und ihr Leid, das gehört persönlich dem Dichter an, der mich hie und da an Oscar Wilde und an Novalis erinnert, und es hätte genügt, damit ich auf ihn verfallen wäre, auch wenn ich nicht den sinnfälligen Beweis gefunden hätte.« »Und was war dieser?« fragte die Baronin. »Ich fand die Handschrift unter den Besitztümern eines Klosters, wo man sie als dem vierzehnten Jahrhundert angehörig hoch in Ehren hielt. Doch eine Miniatur (sie zeigt einen umfallenden großen Baum und eine Frau, die verzweifelt ihre Hände in die Luft wirft) verriet mir sofort die viel spätere Entstehung. Kaum hatte ich einige Reihen gelesen, so erkannte ich am Stil meinen Autor mit Gewißheit und fand ihn außerdem als Anagramm dem Text eingestaltet, nicht nur seinen Namen, sondern den Zusatz: einer wird finden.« »Und wie vermuten Sie, daß die Handschrift in die Hände der Mönche kam?« »Keineswegs durch Zufall, gnädige Frau! Diese deutende, im Sinn der menschlichen Seele deutende Behandlung feierlicher Motive schien vielleicht dem zarten Manne selbst bedenklich. So überließ er dem Schicksal, in wessen Hände es das seltsame Werk spielen werde, ohne daß es den Sinn einfacher Menschen verwirre.« Und nicht ohne Bangen, die hörbegierige schöne Frau möchte hie und da an einer Ähnlichkeit ihres eigenen Lebens erschrecken, begann Dasa eine Prosaauflösung aus dem Stegreif wie folgt: