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Mona

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Ein letztes Mal drückte ich mein Gesicht gegen Aidans Hals, spürte seine Wärme auf meiner kalten Haut und atmete seinen mittlerweile so vertrauten Geruch ein. Es war nur eine einzige Schulstunde, die uns voneinander trennen würde: Biologie. In der Schule wurden drei Naturwissenschaften unterrichtet, von denen man mindestens eine belegen musste. Da Aidan mitten im Schuljahr an unsere Schule gewechselt hatte, konnte ihm der Direktor nur noch einen freien Platz in Chemie oder Physik anbieten. Aidan hatte sich für Physik entschieden. Sobald ich davon erfahren hatte, hatte ich ebenfalls in seinen Kurs wechseln wollen, doch weder der Direktor noch Liam hatten ein Einsehen gehabt. Liam hatte mich sogar ausgelacht mit den Worten Du wirst es überleben. Lass dem Jungen etwas Freiraum, du erdrückst ihn noch mit deiner Liebe!

So war das nicht! Ich wusste, dass Aidan mich gern an seiner Seite hatte, am liebsten vierundzwanzig Stunden des Tages. In unserer Beziehung gab es keine Zweifel. Wir vertrauten einander blind.

Beim Klingeln der Schulglocke löste sich Aidan sanft von mir und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Obwohl die Schule noch fremder sein musste als für mich, war er trotzdem der Stärkere von uns beiden. „Nur eine Stunde“, erinnerte er mich flüsternd und streichelte mir aufmunternd über die Wange.

„Sechzig Minuten“, murmelte ich.

„Dreitausendsechshundert Sekunden und in jeder werde ich an dich denken“, lächelte Aidan, was mich ebenfalls zum Lachen brachte. Hätte uns jemand belauscht, hätte er vermutlich genervt mit den Augen gerollt. Aber niemand der anderen wusste wie angsteinflößend diese Menschenmassen für jemanden war, der noch nie eine Schule besucht hatte. Das ständige Getuschel, die lauten Stimmen, Geschrei, Gekreische, Gekicher – manchmal wollte ich mir am liebsten die Hände auf beide Ohren pressen.

Es klingelte zum zweiten Mal. Aidan ließ nun endgültig meine Hand los und eilte davon. Ich ging in die entgegengesetzte Richtung und schaffte es gerade noch rechtzeitig in den Biologieraum. Winter und Dairine saßen in einer der mittleren Reihen. Ein Platz war noch bei ihnen frei, doch keine von ihnen sah zu mir auf, sodass ich es nicht wagte mich zu ihnen zu setzen. Winter war sicher froh, wenn sie mich so wenig wie möglich sehen musste. Unsicher ließ ich mich auf einen Platz in der hintersten Reihe gleiten. Die beiden Mädchen, die dort bereits saßen, blickten zuerst mich und dann einander überrascht an. Sie flüsterten irgendetwas, was ich nicht verstehen konnte, aber sicher mit mir zu tun haben musste. Ich legte mein Biologiebuch auf den Tisch und ließ meine Haare wie ein Vorhang vor mein Gesicht fallen.

Der Lehrer betrat den Raum und öffnete die Tafel. Die Leber, ihre Beschaffenheit und ihre Funktion standen auf dem Lehrplan. Wir schlugen die Biologiebücher auf und bekamen Aufgaben, die wir lösen sollten. Ich versuchte mich auf das zu konzentrieren, was ich las, aber es fiel mir schwer. Plötzlich räusperte sich das Mädchen neben mir.

„Du bist die Cousine von Mr. Dearing, richtig?“

Zögerlich drehte ich mich zu ihr um und nickte.

„Wohnst du bei ihm?“, fragte sie weiter und drehte dabei eine ihrer blonden Locken um ihren Finger.

„Ja“, antwortete ich, wobei meine Stimme ein kaum hörbares Piepsen war.

„Vielleicht könnten wir uns nach der Schule ja mal bei dir treffen“, schlug sie nun vor und zwinkerte dabei ihrer Freundin zu, die mich frech angrinste. Ich wusste, dass es keiner der beiden um mich ging, sie suchten lediglich eine Möglichkeit an Liam heranzukommen. Alleine die Vorstellung von den beiden Mädchen in dem Anwesen unserer Familie, verursachte mir eine Gänsehaut. Sie würden diesen magischen Ort mit all seinen quietschenden Dielen, staubbedeckten Möbeln und Spinnenweben nicht zu schätzen wissen. Es wären Eindringlinge in meinem Zuhause. Gleichzeitig fürchtete ich mich davor, was mit den Mädchen passieren würde, wenn sie einen Fuß über die Schwelle setzen. Winter war die Erste gewesen, die das Anwesen wieder lebendig verlassen hatte.

„Liam mag keine Gäste“, antwortete ich ausweichend, worauf die Beiden zu kichern begannen.

„Liam“, flötete die Blondine, als wäre sein Name Teil eines Songs. „Er wirkt nicht gerade wie ein Einsiedler. Bist du sicher, dass das nicht eher an dir liegt?“, fragte sie mich direkt.

„Warum fragt ihr ihn nicht selbst?“

„Warum direkt so unfreundlich?“

Ich wusste nicht, wie ich aus dieser Situation wieder herauskommen sollte. Meine Hände wurden feucht und begannen zu zittern, sodass ich sie unter dem Tisch verstecken musste. Ein drückender Schmerz legt sich auf meine Stirn und mein Magen begann zu rebellieren. „Ich wollte nicht unfreundlich sein“, entschuldigte ich mich kleinlaut.

„Schreibst du mir eure Adresse auf?“ Sie schob mir ein leeres Blatt über den Tisch zu. Ich starrte es an, als sei es eine giftige Schlange. Das Anwesen war mein Zuhause. Dort hatte niemand etwas zu suchen. Alles sträubte sich in mir dagegen, nach meinem Stift zu greifen und die Adresse zu notieren.

„Nein“, drang es plötzlich lauter als beabsichtigt aus meinem Mund. Meine Stimme war fest, was mich selbst am meisten überraschte. Auch die anderen Schüler drehten sich zu uns herum. Meine Kopfschmerzen waren kaum noch zu ertragen.

Die beiden Mädchen starrten mich ungläubig an, bevor sich ihr Blick verfinsterte. Sobald die Aufmerksamkeit nicht länger auf uns lag, zischte mir die Blondine zu: „Das war ein großer Fehler! Glaub mir, niemand will mich zur Feindin haben.“

Ich wollte sie weder zur Feindin, noch zur Freundin haben. Im Grunde wollte ich gar nichts mit ihr zu tun haben.

Als der Lehrer die Aufgaben einsammelte, war mein Blatt beinahe leer. Trotzdem war ich unendlich erleichtert diese schreckliche Stunde überstanden zu haben. Eilig packte ich meine Schulsachen zusammen, um aus dem Unterrichtsraum flüchten zu können. Doch plötzlich standen Winter und Dairine vor mir. Beide machten besorgte Gesichter.

„Was hat Wendy zu dir gesagt?“, fragte Winter und musste damit die Blondine meinen.

„Nichts“, wehrte ich ab.

Dairine lachte. „Irgendetwas muss sie doch gesagt haben, so wie du sie angeschrien hast.“

„Sie wollte die Adresse von unserem Anwesen“, gab ich schließlich zu.

Winter schien eins und eins miteinander zu kombinieren, denn ihr Mund formte sich zu einem erbosten Strich. „Unglaublich! Nicht nur, dass sie ihm in der Schule wie läufige Hündinnen nachrennen, jetzt wollen sie ihn auch noch Zuhause belagern.“

Dairine schmunzelte bei Winters wütenden Worten, aber sagte nichts. Stattdessen klopfte sie mir auf die Schulter. „Du hast ihr die richtige Antwort gegeben! Wird Zeit, dass jemand Wendy in ihre Schranken verweist. Sie ist ein Miststück!“

Obwohl ich unter ihrer Berührung zusammenzuckte, entspannte ich mich etwas bei ihren Worten.

Winter sah mich nicht an, als sie mir vorschlug: „Setz dich doch beim nächsten Mal zu uns!“ Es musste ihr schwerfallen und ich wusste nicht, ob sie es sagte, weil sie ein netter Mensch war und Mitleid mit mir hatte, oder weil sie sich mit mir wieder vertragen wollte. Als ich nichts antwortete, blickte sie mir doch in die Augen: „Wir sind doch immer gut miteinander ausgekommen.“

Ich lächelte sie zaghaft an. Sie fehlte mir. „Das wäre toll.“

Gemeinsam verließen wir den Biologieraum. Erst als Aidan uns entgegenkam, trennten sich unsere Wege wieder. Aidan schloss mich zur Begrüßung in seine Arme. „Wie war Bio?“

„Ganz okay“, antwortete ich ihm. Meine Antwort bezog sich allerdings mehr auf die letzten Minuten. „Und Physik?“

„Großartig“, schwärmte er. „Die Schule ist so viel besser als die Unterrichtsstunden in Velvet Hill. Wir haben sogar ein Experiment gemacht!“ Ich konnte ihm seine Begeisterung ansehen. Im Gegensatz zu mir empfand er den Schulbesuch nicht als lästige Pflicht, sondern als ein Stück zurückgewonnene Freiheit. Es bot für ihn eine gelungene Abwechslung zu dem tristen Alltag in der Klinik. Unsere Hände verschränkten sich miteinander, als wir zur Cafeteria gingen.

Mit unseren Tabletts suchten wir uns etwas abseits einen Platz, wo wir ungestört reden konnten. Kaum, dass wir saßen, nährte sich uns jedoch eine Gruppe bestehend aus drei Personen. Eine von ihnen war Wendy. Sie lächelte mich an, als wären wir beste Freundinnen und blieb genau vor unserem Tisch stehen. „Dürfen wir uns zu euch setzen?“, fragte sie freundlich. Ihre Drohung schien sie vergessen zu haben. Ehe ich hätte widersprechen können, nickte Aidan gutmütig.

„Danke“, flöteten die drei Mädchen im Chor und ließen sich neben uns nieder.

„Aidan, wie kommt es, dass du mitten im Jahr an unsere Schule gewechselt bist?“, fragte Wendy scheinbar interessiert. Aidan zögerte mit seiner Antwort. Ich wusste, dass er gerne die Wahrheit gesagt hätte, da er sich nicht dafür schämen wollte wer er war, aber er war klug genug, um stattdessen zu sagen: „Meine Eltern sind umgezogen!“

Auch wenn Aidan in Velvet Hill mehr Kontakte zu Gleichaltrigen geschlossen hatte als ich, war er im Umgang mit unseren Mitschülern deutlich unerfahrener. Er versuchte in jedem das Gute zu sehen und verstand nicht, dass es manchen nur darum ging sich über andere lustig zu machen.

„Und wie gefällt es dir in Wexford?“, fragte Wendys schwarzhaarige Freundin.

„Ich habe noch nicht viel außer der Schule gesehen“, gestand Aidan.

„Und wie habt ihr euch dann kennengelernt?“, lachte Wendy mit einem herablassenden Blick in meine Richtung. „Lass mich raten. Übers Internet?“

Aidan schüttelte den Kopf. Hilfesuchend blickte er mich an, doch ich war nicht so schlagfertig wie Dairine oder Winter. Anstatt Wendy zu antworten, fragte ich Aidan: „Wollen wir spazieren gehen?“

Ich hatte meinen Teller nicht einmal angerührt, worauf Wendy mich sofort ansprach: „Haben wir dir irgendetwas getan? Wenn man neu an einer Schule ist, sollte man wenigstens versuchen Freundschaften zu schließen.“

Ihre Freundin beugte sich vertraut zu Aidan und raunte: „Hat sie dir erzählt, dass sie mit ihrer Pflegeschwester in der Psychiatrie war? Du kennst doch sicher Winter, oder? Sie hat im Kunstunterricht letztes Jahr versucht ihre eigene Schwester zu erwürgen!“

Aidan war sichtlich überfordert mit der Situation. „Ich mag Winter“, erwiderte er kleinlaut.

„Ihre Schwester ist eine Mörderin!“, erinnerte ihn Wendy. „Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, suche dir neue Freunde!“ Sie beugte sich etwas näher zu ihm. „Es gibt viele Mädchen, die auf geheimnisvolle Typen stehen.“

Das war zu viel! Ich hatte das Gefühl etwas würde in meinem Inneren explodieren. Nicht nur, dass Wendy mich vor Aidan versuchte schlecht zu machen, nun flirtete sie auch noch mit ihm. Ich stieß mich mit einem Ruck vom Tisch ab, sodass dieser bedrohlich wackelte und die Getränkedosen dabei umfielen. Die Mädchen kreischten erschrocken auf. Ihre grellen Stimmen stachen wie Dolche in meinen Kopf.

„Spinnst du?“, fauchte Wendy, während sie versuchte sich die Cola von ihrer weißen Bluse zu wischen. Sie schmiss die leere Dose wütend in Richtung meines Gesichts. Ich wich ihr aus, bevor ich beide Hände flach auf den Tisch schlug. Wendy ließ sich von mir nicht einschüchtern und erhob sich ebenfalls. Wir fixierten einander wie zwei Raubtiere, bevor sie aufeinander losgehen.

„Psycho!“, zischte sie.

Meine Faust landete direkte auf ihrer Nase, die ein leises Knacken von sich gab, bevor Blut wie eine Fontäne aus ihr hervorschoss. Es war, als würde mich die dunkelrote Farbe nur noch wütender machen und sich völlig über mein Bewusstsein legen.

„Niemand beleidigt mich“, schrie ich sie an. Obwohl ich spürte wie mein Mund sich bewegte, hatte ich nicht das Gefühl, dass er meinem Willen gehorchte. Meine Stimme hörte sich so fremd an. Ich schien auf nichts von dem, was passierte, mehr Einfluss zu haben. Mein Körper und meine Stimme agierten alleine und alles was ich tun konnte, war zuzusehen – völlig willenlos.

Andere Schüler kamen angelaufen, um mich von Wendy zu zerren, doch niemand schaffte es. Aidan verdrehte die Augen und begann am ganzen Körper zu zittern. Ich spürte wie ich völlig aus meinem Körper verdrängt wurde.

Endlich gelang es Lucas Mona von der blutüberströmten Wendy herunterzuziehen. Er schüttelte sie an beiden Schultern. „Was ist los mit dir“, schrie er sie verständnislos an, wobei der Schrecken ihm ins Gesicht geschrieben stand. Monas Augen waren leer und ausdruckslos. In dem Moment hechtete Aidan an ihre Seite.

Die ist doch gemein gefährlich!“, brüllte eine von Wendys Freundinnen und deutete anklagend auf Mona. Auch Winter und Dairine waren hinzugekommen.

Das gibt ein Gespräch bei Mr. Sutherland“, meinte Dairine besorgt.

Ich hole Liam!“, rief Winter und rannte los. Niemand von ihnen verstand, was mit der sonst so ruhigen Mona geschehen war. Sie hatte Wendy angegriffen und verletzt. Wenn sie ganz viel Pech hatte, würde der Direktor sie sofort der Schule verweisen.

Sie steht völlig neben sich. Bevor sie mit dem Direktor sprechen kann, muss sie erstmal auf die Krankenstation“, entschied Aidan und zog Mona an sich. Lucas und Evan gingen voraus, um ihnen einen Weg durch die aufgebrachte Schülermeute zu bahnen, während Dairine Mona von der anderen Seite stützte.

Ich saß mit hängendem Kopf und feuchten Fingern seit einer guten halben Stunde vor dem Direktor. Er warf mir vor, dass ich ein Mädchen schwer verletzt hätte und er so etwas an seiner Schule nicht dulden könnte. Das Dumme war nur, dass ich mich an nichts davon erinnern konnte. Der einzige Beweis dafür, dass er die Wahrheit sprach, war das getrocknete Blut unter meinen Fingernägeln. Liam saß auf dem Stuhl neben mir.

„Mr. Sutherland, meine Cousine hat es nicht leicht. Ihre Eltern sind beide tot und ihre Großmutter ist erst vor kurzer Zeit gestorben. Sie geht zum ersten Mal auf eine öffentliche Schule“, versuchte er mich zu verteidigen.

„Ich bedauere ihr Schicksal, aber das ist keine Entschuldigung! Ich muss die Sicherheit der anderen Schüler gewehrleisten können.“

Wenn er mich der Schule verwies, würde ich Aidan nicht mehr sehen können. Verzweifelte Tränen stiegen mir in die Augen und ich blickte flehend den Direktor an. „Es tut mir leid“, schluchzte ich.

„So etwas wird bestimmt nicht noch einmal vorkommen“, versicherte Liam.

Mr. Sutherland schüttelte unnachgiebig den Kopf. „Ich kann bei ihr keine Ausnahme machen, nur weil ihr Cousin zufällig als Lehrer an unserer Schule unterrichtet.“

„Dann suspendieren Sie Mona für eine Woche, um ein Zeichen zu setzen, aber verweisen Sie das Mädchen bitte nicht direkt der Schule. Sie tut sich schwer Freundschaften zu schließen. Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient?“

Der Direktor machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und schien mit sich zu ringen. Er warf mir einen prüfenden Blick zu. „Du befindest dich doch noch in Therapie, oder?“

Ich nickte eilig. Als ich zuletzt die Schule verlassen hatte, war es auf meinen Wunsch hin geschehen und nicht weil ich irgendetwas verbrochen hatte.

„Nun gut“, seufzte Mr. Sutherland und erhob sich aus seinem Stuhl. Er reichte Liam seine Hand. „In einer Woche kann sie wieder zur Schule kommen, aber nur auf Ihre Verantwortung hin. Kümmern Sie sich um Ihre Cousine und sorgen Sie dafür, dass so etwas nicht noch einmal passiert, sonst werde ich über eine Kündigung nachdenken müssen.“

Liam schenkte ihm sein freundlichstes Lächeln, als er ihm die Hand schüttelte. „Sie werden es nicht bereuen!“

Mr. Sutherland reichte mir zum Abschied ebenfalls die Hand. „Denk darüber nach, was du getan hast und ich erwarte, dass du dich bei Wendy entschuldigst, sobald du sie das nächste Mal siehst. Haben wir uns verstanden?“

„Ja, Sir“, erwiderte ich kleinlaut, während mir Tränen über die Wangen rannen. Wie sollte ich eine Woche ohne Aidan aushalten? Aber am meisten quälte mich, dass ich etwas getan haben sollte, woran ich nicht die geringste Erinnerung hatte. Das Letzte, was ich wusste, war, dass Wendy sich zu Aidan gebeugt hatte. Danach war ich angeblich auf sie losgegangen.

Liam legte beschützend seinen Arm um meine Schultern, als er mich aus dem Zimmer des Direktors führte. Kaum, dass die Tür hinter uns zufiel, wich sein verständnisvoller Gesichtsausdruck einem wütenden Funkeln in seinen Augen. Er führte mich zu seinem Auto, um mich nach Hause zu fahren. Der Motor heulte auf, als er mit quietschenden Reifen vom Parkplatz schoss.

„Was ist in der Cafeteria passiert?“, brüllte er, wobei er sich am Lenkrad festklammerte, als würde er es auseinanderreißen wollen.

„Ich weiß es nicht“, schluchzte ich verzweifelt.

„Das kannst du jemand anderem erzählen! Du hättest das Mädchen beinahe in Stücke gerissen!“

„Sie hat sich an Aidan rangemacht!“

Liam lachte ungläubig auf. „Ist das alles? Was würdest du tun, wenn Aidan dich betrügt? Einen Massenmord begehen?“

„Aidan würde mich niemals betrügen!“, schrie ich aufgebracht, auch wenn ich genau wusste, dass es nicht das war, worauf Liam hinausgewollt hatte.

„Dann verstehe ich nicht, warum du so ausrastest!“ Er sah mich scharf an. „Ist etwas in meiner Abwesenheit passiert, von dem ich nichts weiß?“

Ich dachte an die vielen verunglückten Versuche ihn wiederzubeleben. Jedes Mal war die schwarze Magie in meinen Körper gefahren und hatte sich wie Gift in mir ausgebreitet. Es war nicht das erste Mal, dass ich die Kontrolle verloren hatte. Aber sonst war ich nur in Ohnmacht gefallen und hatte niemandem etwas angetan. Zumal ich in der Schule keinen Zauber gewirkt hatte.

„Alles hat seinen Preis“, murmelte ich leise.

Liam fuhr zu mir herum. „Was soll das heißen?“

„Du bist doch derjenige, der mich gezwungen hat schwarze Magie zu benutzen!“, warf ich ihm vor. „An unseren Händen klebt Blut! Vielleicht hast du eine neue Chance im Leben bekommen, aber ich nicht!“

„Kannst du dich bitte deutlicher ausdrücken?“ Er war immer noch wütend, aber ich hörte auch die Sorge in seiner Stimme.

„Wer einmal mit der Finsternis in Berührung gekommen ist, kann sie nicht so einfach wieder von sich abschütteln.“

„Ich weiß, dass du zusammengebrochen bist, als du mich wieder ins Leben zurückgerufen hast. Ist dabei noch mehr passiert?“

Ich wünschte ich hätte ihm darauf eine Antwort geben können, aber ich wusste es selbst nicht. Irgendetwas hatte sich in mir verändert.

Schattenschwestern

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