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Poolradio

Kreuzfahrt und andere Hits




MeerlilaBlu










Oktober 2016


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Die Trittleiter unter Jenna geriet bedenklich ins Wanken, während sie angestrengt versuchte, nicht laut loszulachen. Haltsuchend griff sie nach den Zweigen des Ranunkelstrauchs, dem sie gerade einen gründlichen Rückschnitt verpasste. Nebenan spielten Harald und Sabine mit den zwei Enkeln im Garten. Sehen konnte man sie nicht. Dafür sorgte der vor Jahren aufgestellte Holzzaun, der auch mal wieder einen neuen Anstrich vertragen könnte.

„Ich gehe schwimmen“, verkündete Enkel Nummer eins lautstark. Er musste inzwischen so um die vier Jahre alt sein. Die Sonne schien zwar vor einem wolkenlos blauen Himmel, aber warm genug zum Schwimmen war es Jenna persönlich nicht. Die Nächte wurden Ende August schon langsam kühler, und die Wassertemperatur im übergroßen Planschbecken der Familie reichte gerade noch für ein erfrischendes Fußbad. Weiter hinein hätte sie sich nur noch im Neoprenanzug getraut. Vielleicht war das bei den Nachbarn anders. Bei zwei kleinen Kindern wurde der Pool möglicherweise durch gelegentliche Unglücke erwärmt.

„Du gehst nicht schwimmen. Das Wasser ist viel zu kalt“, sprach Harald in dem Moment Jennas Gedanken aus.

„Dann geh ich nebenan schwimmen.“ Dem Jungen war bereits eine Alternative eingefallen. Wie er auf eine solche Idee kam, war Jenna ein Rätsel. Immerhin lebten Harald und Sabine bereits seit Jahren sehr zurückgezogen, und Harald wäre eher gestorben, als unaufgefordert den Garten nebenan zu betreten.

„Da ist das Wasser genauso kalt“, improvisierte Harald. „Woher weißt Du das?“ hörte Jenna die piepsige Stimme auf der anderen Seite fragen. „Das weiß ich eben“, argumentierte der Opa pädagogisch wertvoll. „Ich frag mal nach.“ Durch die wippenden Zweige oberhalb des Zauns war Jennas Anwesenheit nicht lange verborgen geblieben. „Das tust Du nicht“, befahl Harald streng. „Blödmann“, kommentierte der Enkel. Kein Wunder also, dass sich Jenna nur mit Mühe auf der wackeligen Leiter halten konnte. Die schwere Astschere in einer Hand balancierend, versuchte sie das Gleichgewicht wiederzufinden. Gerade als sie wieder einigermaßen sicher stand, piepte ihr Mobiltelefon und kündigte eine Nachricht an. Sie hüpfte die Sprossen herunter und ließ die Schere ins Gras fallen. Sofern man das was hier wuchs noch als Gras bezeichnen konnte. Inzwischen hatte sich so viel Unkraut angesiedelt, dass die Grashalme eindeutig in der Unterzahl waren. „Tanze Tinnitus wird achtzig“, erschien auf dem Bildschirm, nachdem Jenna erwartungsvoll Helgas Nachricht geöffnet hatte. Mm. Das ihre Mutter einen neuen Tanz erfunden hatte, hielt sie für relativ unwahrscheinlich. Über Probleme mit einem Bein war Jenna informiert, aber das Helga nun auch etwas an den Ohren hatte war ihr neu. Vermutlich hatte ihr nur die Technik wieder einen Streich gespielt. Für irgendjemand stand scheinbar ein runder Geburtstag bevor. Das „tanze“ war in Wirklichkeit wahrscheinlich eine Tante. Vielleicht hatte aber auch genau die einen Spitznamen, eben weil sie Probleme mit den Ohren hatte. Da musste Jenna doch gleich mal nachfragen. „Ochherm nein“, schrieb Helga, „ich hab mich nur vertippt.“

Über die neuesten Familieninterna informiert, machte sich Jenna nun auf den Weg Richtung Arbeitszimmer, um ihrem Mann Daniel die Nachricht zu überbringen. Bereits im Hausflur bekam sie nasse Füße. Im Sommer verwandelte sich Hund Dusty regelmäßig in ein Auslaufmodell. Zwischen Mai und Oktober schien die Zunge grundsätzlich außerhalb der Hundeschnauze zu hängen. Die Außentemperatur spielte dabei keine allzu große Rolle. Dusty war zu warm. Wenn Dusty zu warm war, dann hechelte er und wenn Dusty hechelte, rutschten alle anderen Bewohner auf schleimigen Speichelpfützen aus. Zwischen Oktober und Mai dominierten dafür die Hundehaare. Sobald die Heizung eingeschaltet wurde, hatte der Hund keine Verwendung mehr für das nagelneue Winterfell und verteilte es auf dem ebenso neuen Sofa. Nun aber war noch Sommerzeit. Mit den nassen Füssen weiterlaufen war keine gute Idee. Es hinterließ so unschöne Spuren auf dem Laminat. Eine Alternative war leider auch nicht in Sicht. Vorsichtig humpelte Jenna auf den Fersen weiter, um nur ja so wenig Fußstapfen wie möglich zu hinterlassen. Immerhin fiel es in ihren Zuständigkeitsbereich, den Boden hinterher wieder sauber zu bekommen. „Hast Du Dir wehgetan?“, fragte Daniel fürsorglich. „Nein, ich kann mich nur vor Lachen kaum auf den Beinen halten“, sagte Jenna und setzte an, ihm von Helgas Nachricht zu erzählen. „Sieh Dir das mal an“, unterbrach Daniel, und bog sich nun seinerseits vor Lachen. Auf dem Bildschirm seines Computers war eine Mail geöffnet. „Hallo Daniel, hallo Schmidt“, las sie. Irgendetwas lag heute wohl in der Luft, dass den Menschen die Konzentration aufs Schreiben erschwerte. Eine Kollegin hatte ihre Mail an zwei Empfänger gesendet. Statt nun aber, wie es sich gehörte, beide Empfänger anzusprechen, war Daniel gleich doppelt bedacht worden. Er konnte sich gar nicht wieder beruhigen. In der Zwischenzeit waren wenigstens Jennas Füße wieder getrocknet, und sie konnte sich wieder auf den Weg in den Garten machen. Dort war das Thema Schwimmen mittlerweile abgehakt und die Diskussion drehte sich nun um ein Dreirad. Jenna musste endlich mit diesem blöden Strauch fertig werden. Leider war Dusty ihr in den Garten gefolgt und bellte nun jeden Vogel an, der ihm begegnete. Jennas zahlreiche Ermahnungen aus schwindelerregender Höhe brachten nicht viel. Während Harald auf der anderen Seite versuchte den Lärmpegel des Kindergeschreis durch ebenso lautes Schimpfen zu senken, versuchte Jenna Dusty eher mit Drohungen zu beeindrucken. Erfolg hatten sie beide keinen. Auch wenn die Beine des recht betagten Hundes manchmal schon etwas klapprig schienen, die Stimme war noch voll und kräftig. „Wenn Du mal stirbst müssen wir die Schnauze anschließend erschlagen, sonst bellst Du dann immer noch“, murmelte Jenna aus den Tiefen des Ranunkelstrauchs. Sabine auf der anderen Seite prustete verhalten.

Endlich war auch der letzte Zweig in der überquellenden Tonne für den Grünschnitt verschwunden, und Jenna durfte sich anderen Dingen widmen. Der Rückschnitt des Gebüschs war zwar mehr als nötig, aber trotzdem heute eher eine Vermeidungshandlung gewesen. Nach drei vollendeten Büchern hatte Jenna den Vormittag vor den gähnend leeren Seiten eines Textdokuments auf dem Laptop verbracht. Ihr war einfach nichts eingefallen. Da hatte sie die Zeit auch sinnvoller nutzen können. Vielleicht würden sich ihre Gedanken am nächsten Morgen durch mehr Kreativität auszeichnen. Für heute war der Zug sowieso abgefahren. Auch Daniel hatte seine Arbeit gerade beendet und erschien in der Küche. Vielleicht sollte sich Jenna besser um das Abendessen kümmern, bevor auch Sohn Lukas hungrig auf der Bildfläche erscheinen würde. Die Schulferien neigten sich allmählich dem Ende zu. Wenn es nach Jenna gegangen wäre, hätten die Sommerferien direkt in die Herbstferien übergehen dürfen. Als Mutter fand sie Ferien fast noch entspannter, als zur der Zeit, in der sie selbst noch die Schulbank drücken musste. Wochenlang keine verschwitzten Sportsachen waschen und bügeln, keine nervenaufreibenden Fahrten von und zur Schule, und erst recht keine lästige Parkplatzsuche. Die wenigen Stellflächen, auf denen Parken erlaubt war, wurden meistens von Anwohnern besetzt. Auf dem Mittelstreifen war das Abstellen von Fahrzeugen untersagt und in den benachbarten Seitenstraßen wachten neuerdings spießige Anwohner über ihr Terrain. Zwar durfte man dort höchstoffiziell zumindest halten, aber vor einigen Wochen war ein Anzugträger aus einem der Wohnhäuser erschienen und hatte Jenna freundlich aber bestimmt gebeten, ihr Auto ein paar Meter nach vorne zu bewegen. Die Kehrmaschine war im Anmarsch und da wo Autos im Weg standen, konnte nun mal nicht gefegt werden. Einen nicht gefegten Rinnstein wollte schließlich niemand. Auf Jennas Frage wo sie denn mit dem Auto hinsollte, und ob der Mann dachte sie könne es einfach in die Handtasche stecken, wusste der Anzugträger leider auch keine Antwort.

Noch war es aber nicht soweit. Lukas hatte noch ein paar Tage Schonfrist bis das Lernen wieder losging, und Jenna durfte noch ein paar Tage darüber nachdenken, wie sie die zahlreichen Baustellen auf dem Schulweg am geschicktesten umfahren könnte.

Der Kühlschrank gab nicht mehr allzu viel her, morgen würde erst einmal Einkaufen auf dem Programm stehen. Auch dabei war Jenna, zumindest in dieser Woche, Lukas Unterstützung noch sicher. Das Grillfleisch musste sowieso weg und das Wetter stimmte. Beim Bäcker hatten sie heute auf die Schnelle ein Stangenbrot erstanden. Etwas ratlos hatten Lukas und Jena über die Auswahl an zur Verfügung stehenden Baguettes gestaunt. Sie wollten einfach nur ein Stangenbrot haben. Es gab welches mit Nüssen, oder angereichert mit scharfen Gewürzen, alternativ die Gourmet-Variante oder aber ein schwedisches Baguette. Da es als besonders locker angepriesen wurde, hatten sie sich für das schwedische entschieden. Als Abendessen würde es zusammen mit dem Fleisch reichen. Leider schien „besonders locker“ in dem Fall für „besonders matschig“ und „schwedisch“ eher für „mehlig“ zu stehen. Das Meiste landete im Abfall.

„Mein Mann arbeitet nicht in einem Zoo und ist trotzdem gebissen worden“, las Jenna am nächsten Morgen auf ihrem Mobiltelefon. Was ihre Schwester Christiane wohl damit wieder meinte. Schwager Bernd arbeitete nachts in der Notaufnahme eines etwas chaotischen Krankenhauses, aber Tiere wurden dort soweit Jenna wusste nicht verarztet. Nun war Bernd offensichtlich selbst zum Patient geworden. Wie sich nach einigen hin und her geschickten Nachrichten herausstellte, hatte ein verwirrter, vielleicht auch unter Drogen stehender Einwanderer in der Notaufnahme randaliert. Bernds Versuche ihn zu beruhigen waren schließlich darin gegipfelt, dass der Zugewanderte den Sanitäter einfach in die Hand gebissen hatte. Mit den Sitten in Deutschland war er anscheinend noch nicht vertraut. Vielleicht war er auch einfach hungrig gewesen, er hatte jedenfalls eine ordentliche Fleischwunde in Bernds Handrücken gerissen und der war nun wirklich keine Gazelle, die sich einfach von einem Löwen anfallen ließ. Bernd war notärztlich versorgt und dann nach Hause geschickt worden. Gegen Mittag sollte er zum Verbandwechsel wiederkommen. In dem Krankenhaus kannte er sich eigentlich ganz gut aus. Trotz der vielen gleich aussehenden Gänge und Flure hatte er sich im Laufe der Jahre einen Überblick über die einzelnen Stationen verschafft. Dass er sich am Mittag auf der zweiten Etage einfinden sollte fand er zwar ein bisschen seltsam, aber immerhin war Samstag. Vielleicht verteilten sich die wenigen anwesenden Ärzte auf die Stationen und betreuten von dort aus gleich mehrere Fachbereiche. Den Hinweisschildern schenkte er dann auch keine Beachtung, als er Punkt zwölf Uhr im Wartebereich der zweiten Etage Platz nahm um auf seine Untersuchung zu warten. Erst einmal passierte eine ganze Zeit lang gar nichts. Nach einer halben Stunde wurde Bernd die Warterei zu dumm. Inzwischen hatte sich ein weiterer Patient mit verbundender Hand eingefunden. Aufgerufen wurde aber niemand. Vorsichtig klopfte Bernd mit der gesunden Hand an die Tür zum Ärztezimmer.

„Ja?“, fragte die junge Ärztin hinter der Tür. „Ich komme zur Untersuchung“, erklärte Bernd. „Um zwölf sollte ich da sein.“ „Und wo ist ihre Frau?“ fragte die Ärztin zurück. „Zu Hause“, gab Bernd verwirrt Auskunft. Was hatte denn nun Christiane mit seiner Hand zu tun. Vielleicht hätte er doch nicht selbst fahren sollen. „Kommen Sie nicht zum Ultraschall?“, wollte die junge Frau nun wissen. Der andere wartende Patient mit verbundener Hand verfolgte die Szene interessiert. „Ich komme zum Verbandwechsel“, sagte Bernd verwundert. „In der Nacht wurde ich gebissen und soll mich nun hier bei Ihnen melden.“ „Ich auch“, mischte sich der wartende Mann nun ein. „Die Herren sind hier in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Wenn Sie nicht schwanger sind, kann ich Ihnen leider nicht helfen und falls doch, sollten Sie sich lieber beim Zirkus melden.“ Damit schloss die Ärztin einfach die Tür. „Nett!“, sagte Bernd, „ich bin zwar nicht schwanger, aber im Zirkus sind wir hier trotzdem.“ Gemeinsam mit dem Leidensgenossen suchte und fand er schließlich doch noch die Handchirurgie, nur dass diese sich nicht auf der zweiten Etage befand.

„Da kann ich leider weiter gar nichts für Sie tun, Herr Hase“, gab der Polizist Auskunft, bei dem sich Bernd nach dem weiteren Vorgehen erkundigte. Zwar hatte man den Wahnsinnigen in der Nacht festgenommen und eine Anzeige geschrieben, aber anschließend wurde er wieder freigelassen. Bernd standen zwar einige tausend Euro Schmerzensgeld zu, aber wenn der Tollwütige die nicht hatte, würde er wahrscheinlich leer ausgehen. So war das eben. Da wollte man helfen und wurde am Ende noch bestraft. Der Bissige würde zur Belohnung bestimmt noch ein bisschen mehr Unterstützung aus der Sozialkasse bekommen. Manchmal fragte sich Bernd, ob er nicht lieber doch zum Tierpfleger umschulen sollte. Da wusste man wenigstens, von wem man gebissen wurde.

Daniel und Jenna hatten sich inzwischen zusammen mit Lukas auf den Weg in den nahegelegenen Supermarkt gemacht. „Ach guck mal, die Hasen sind auch da!“, rief Lukas, als sie Christiane und Bernd in der Gemüseabteilung bei den Rettichen stehen sahen. Bernds verbundene Hand ruhte auf dem Griff des Einkaufswagens, während Christiane sich mühte, die von Mutter Helga in Auftrag gegebenen Einkäufe zusammen zu suchen. „Weißt Du wie so ein Meerrettich auszusehen hat?“, fragte sie ihre Schwester. „Nur so ungefähr“, antwortete Jenna, „aber erzählt doch erst einmal was nun mit Bernds Hand los ist.“ „Das kannst Du prima für Dein neues Buch brauchen“, lachte Bernd. „Ich wusste ja schon immer, dass ich in einem Irrenhaus arbeite. Aber das man schwanger sein muss um dort behandelt zu werden war selbst mir neu“, berichtete er von seinen Erlebnissen im Krankenhaus. Gemeinsam setzten sie Ihren Weg Richtung Kasse fort. Wie in jedem größeren Supermarkt, gab es auch hier hinter den Kassen eine Bäckerei. „Ich muss noch ein Brot für Mama mitnehmen“, sagte Christiane und reihte sich vor der Auslage mit den Backwaren ein. Die vier anderen warteten etwas im Hintergrund. Trotzdem fragte eine eifrige Verkäuferin nach ihren Wünschen. „Wir sind alle zusammen“, rief Bernd ihr zu. „Fünf Leute für ein Brot“, kicherte Jenna. „Das klingt schon wieder fast nach Buchtitel“, amüsierte sich Bernd.

Neben Daniel und Schwiegervater Herbert war Bernd nun der dritte Verletzte unter den männlichen Vertretern der Familie. Herbert hatte einem Nachbarn freundlicherweise beim Schleppen eines Sofas geholfen, und besagter Nachbar hatte ebenso freundlich einfach losgelassen, als es ihm zu schwer wurde. Das hatte böse Folgen für Herberts linken Arm, in dem es durch die ungleich verteilte Last merkwürdig geruckt hatte. Es war ihm zwar nichts Schlimmeres zugestoßen, aber den Arm musste er vorerst schonen. Was nun genau bei Daniel zu den Beschwerden in der linken Schulter geführt hatte blieb offen, da er jeden Besuch bei einem Arzt standhaft verweigerte. Auch eine nähere Betrachtung durch Schwiegervater Herbert, der in jungen Jahren seine Erfahrungen als Rettungssanitäter gemacht hatte, lehnte Daniel ebenso ab, wie einen Besuch bei Bernd in der Notaufnahme. Lieber ließ er sich von Jenna verarzten und forderte alle paar Tage den Kauf einer neuen Salbe, die im Werbefernsehen angepriesen wurde. Als er einsehen musste, dass auch tägliches Einreiben von Arm und Schulter seine Schmerzen nicht lindern konnte, begann im Fernsehen glücklicherweise die Übertragung der olympischen Sommerspiele. Jeder Athlet schien an dem ein oder anderen Körperteil mit bunten Klebestreifen versehen zu sein. Wenn sogar Hochleistungssportler das trugen würde es auch ihm helfen, überlegte Daniel und beauftragte Jenna mit dem Kauf der selbstklebenden Bänder. Glücklicherweise gab es die sogar gerade aktionsbedingt im Supermarkt und Jenna konnte sich den zusätzlichen Weg in die Apotheke sparen. Allerdings leider nur in Pink. Jenna gefiel die Farbe ausgesprochen gut. Daniel machte normalerweise einen Bogen um alles was auch nur im Entferntesten nach rosa aussah, zumindest soweit es seine eigene Kleidung betraf. In diesem speziellen Fall heiligte aber der Zweck die Mittel. Allerdings bestand er darauf, die Klebestreifen soweit zurecht zu stutzen, dass die kurzen Hemdsärmel das leuchtende pink tagsüber verdeckten. Schließlich war den Temperaturen nach immer noch Hochsommer. Der hatte sich in diesem Jahr zwar reichlich spät, dafür aber umso heißer eingefunden. Meteorologisch hätte zwar längst Herbst sein müssen, aber dafür war im Frühling ja auch noch Winter gewesen.

„Kommt ihr morgen auch mit zum Baumarkt?“ Inzwischen war Christiane mit dem Brotkauf fertig und wieder zu den anderen gestoßen. „Morgen ist Sonntag“, wunderte sich Jenna, „was soll ich da in einem Baumarkt. Haben die nicht sowieso geschlossen?“ „Mama und Papa möchten neue Gartenmöbel und morgen ist offener Sonntag. Könnte doch ganz lustig werden“, erklärte Christiane, die sich schon mit der ganzen Familie beim Probesitzen sah. „Ich fürchte, Daniel hat noch reichlich Büroarbeit aus seinem Urlaub aufzuholen. Daraus wird bestimmt nichts“, überlegte Jenna. Daniel nickte. Es warteten noch haufenweise ungelesene E-Mails auf ihn. „Na, ich dachte ja nur“, sagte Christiane, „ihr könnt es euch ja noch überlegen.“ Auf dem Parkplatz trennten sich ihre Wege für heute.

„Meinst Du nicht, sie brauchen unsere Hilfe beim Transport der Gartenmöbel?“, fragte Daniel am späten Sonntagvormittag, als die Familie noch immer am Frühstückstisch saß. „Mhm“, murmelte Jenna und biss noch einmal von ihrem Croissant ab. „Daran habe ich gar nicht gedacht.“ Eilig tippte sie eine Nachricht an Christiane in ihr Telefon. Familie Hase beteuerte es würde schon gehen. Anderenfalls würden sie sich eben melden. Nachdem Christiane sich mit Bernd, Sohn Tobias, Mama Helga und Papa Herbert auf den Weg gemacht hatte, hielt sie Jenna per Textnachricht über die Geschehnisse in und um den Baumarkt auf dem Laufenden. Allem Anschein nach war weder die Verladung der Gartenmöbel, noch deren Transport ein Problem, denn nur wenig später erschien „es ist vollbracht“ auf dem Bildschirm des Telefons. Daniel, der seine Arbeit beendet hatte, packte nun doch die Neugier. „Sollen wir mal gucken fahren?“ „Was gucken?“, fragte Jenna überrascht. „Na die neuen Gartenmöbel“, sagte Daniel und griff schon nach dem Autoschlüssel.

„Wir kommen erst wenn alles fertig ist“, scherzte Jenna, als Hebert ihnen die Haustür öffnete. Herbert winkte die Neuankömmlinge erst einmal durch in den Garten. Dort bot sich ein merkwürdiges Bild. Bernd las sorgfältig die Aufbauanleitung der neuen Gartenmöbel. Auf Grund seiner Verletzung delegierte er die jeweiligen Arbeitsschritte aber mit genauen Anweisungen an Christiane. Die stand mitten in der heißen Sonne und schraubte im Schweiße ihres Angesichts etwas zusammen, das schon entfernt an eine Gartenbank erinnerte. Moralisch wurde sie dabei von Mutter Helga unterstützt. Von den Enkeln Christopher und Tobias fehlte jede Spur. Auch Vater Herbert hatte sich vorsichtshalber wieder ins Haus verzogen. Wenn er schon selbst nicht mit anpacken konnte, wollte er auch nicht zusehen. Lukas beschäftigte sich lieber mit Hund Paul. Jenna wurde von Bernd gleich als zu inkompetent eingestuft und durfte nur die Teile festhalten, die Christiane sorgfältig verschraubte. Schließlich hatte Jenna nicht die Anleitung gelesen. Daniel ignorierte mal wieder die Schmerzen in seinem Arm und eilte zu Hilfe. Da aber auch er ohne einen Blick in das schon etwas lädierte Papier zu Werke ging, wurde er sofort von Bernd ausgebremst. Es handelte sich um eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, da konnte Daniel doch unmöglich schon die rechte Armlehne montieren, während Christiane noch mit der linken beschäftigt war. Immerhin musste selbst Bernd irgendwann einsehen, dass die Arbeitsschritte absolut identisch waren und reichte Daniel eine Schraube. Selbst Jenna durfte ihrer Schwester schließlich beim Transport des fertigen Möbelstücks auf Herberts und Helgas Terrasse helfen. Die Männer konnten ja nicht schwer heben.

Die neuen Gartenmöbel machten sich toll auf der Terrasse. Nur die Überdachung war eigentlich nicht dafür ausgelegt, ein halbes Wohnzimmer zu überspannen. So ganz im Freien sollten die neuen Möbel aber doch nicht stehen, dann musste das Ganze eben ein bisschen zusammen gerückt werden. Das allerdings hatte zur Folge, dass zwei der Sitzplätze nur von Säuglingen belegt werden konnten. Wer längere Beine hatte, hätte sie höchstens auf dem niedrigen Beistelltisch deponieren oder seinem Sitznachbarn auf den Schoß legen können. Säuglinge gab es in der Familie leider keine mehr und waren auch unter etwaigen Besuchern nicht zu erwarten. Es half alles nichts, Herbert würde das Dach verlängern müssen. So bequem die schicken Bänke mit den weichen Kissen auch waren, die Füße gehörten trotzdem nicht auf den Tisch.

Da nun aber schon einmal die gesamte Familie versammelt war, sprach Helga gleich eine Einladung für die nächste Woche aus. Das Wetter war schön, Helga hatte Namenstag und so könnte man auch gleich die neuen Gartenmöbel einweihen.


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