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3.

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Von außen machte das Restaurant einen ganz passablen Eindruck und auch im Inneren fühlte man sich tatsächlich wie auf einer Alm. Die meisten Gäste hatten sich für einen Tisch im Freien entschieden, aber das konnte im Laufe des Abends schnell zu kalt werden. Innen waren nur wenige Tische besetzt, aber es war auch ein ganz normaler Wochentag. Sie könnten sich einen Tisch aussuchen, meinte der mit der Reservierung konfrontierte Kellner und wunderte sich dann auch nur ein ganz kleines bisschen, als die Familie zielstrebig auf die Treppe zueilte. Schließlich waren im Erdgeschoß genügend Tische frei. Aber wenn Jenna schon mal da war, wollte sie auch oben auf der Galerie sitzen. Damit bekam das ganze doch erst die richtige Atmosphäre. Daniel hatte es eher auf die Türe abgesehen, die im oberen Bereich auf einen Balkon hinausführte. Bestimmt konnte man durch die Türe hin und wieder für eine Zigarettenlänge verschwinden. Leider entpuppte sich die Türe als abgeschlossen. Die Bedienung war nicht gerade begeistert von der Aussicht, mit jedem Getränk und jedem Teller die Treppe nehmen zu müssen. Entsprechend lange dauerte es auch, bis sie sich überhaupt blicken ließ. Die Getränke waren schnell ausgesucht, nur über den Speisekarten brüteten alle eine ganze Zeit lang. Jenna hätte schon gerne das Hähnchen genommen, aber wie aß man in einem Restaurant ein halbes Hähnchen, ohne sich dabei zum Trottel zu machen? Außerdem sollte es dazu Kartoffelsalat geben. Dagegen war auch eigentlich gar nichts einzuwenden, aber es gab doch regional sehr verschiedene Meinungen darüber, was in einen Kartoffelsalat gehörte und ob dieser eher kalt oder lauwarm gegessen werden sollte. Nach einem Experiment war Jenna gerade nicht, sie hatte Hunger. Lukas war bei den Schnitzeln recht schnell fündig geworden und schließlich schlossen sich Helga und Jenna an. Herbert wählte ein Gericht mit Bratkartoffeln, nur Daniel sah noch ein bisschen unschlüssig aus. „Mich reizt ja das hier“, er deutete mit dem Finger auf eine Stelle in der Speisekarte. „Mit Leberkäse, Bratwürsten, Fleischpflanzerln, Haxenfleisch und Bratkartoffeln“, las Jenna laut vor, „na wenn Du Lust drauf hast.“ „Ist das für mehrere Personen?“, wollte Herbert lachend wissen. „Nein, aber man muss sich nicht für eins entscheiden und kann von allem probieren“, rechtfertigte Daniel seine Entscheidung. „Lukas hilft Dir vielleicht mit den Würstchen, falls Du nicht alles schaffst“, ermunterte Jenna ihn.

Als das Essen aufgetragen wurde, mussten sie erst einmal Platz auf dem Tisch schaffen. Das für Daniel gedachte Fleisch hätte problemlos für die ganze Familie gereicht. Trotz Lukas Hilfe, der sich tatsächlich noch für ein Würstchen erbarmte, schafften sie nicht alles. Umso erstaunter guckten alle, als Jenna nach der Dessertkarte verlangte. „Man kann doch nicht auswärts essen gehen, ohne ein Dessert zu nehmen“, erklärte Jenna, „dann kann ich auch gleich zu Hause essen. Was meinst Du Mama?“ „Aber wirklich nur ein ganz Kleines und etwas das gut rutscht“, überlegte Helga und vertiefte sich erneut in die Karte. „Also ich trinke höchstens einen Eiscafe“, verkündete Daniel. Herbert wollte eigentlich gar nichts mehr, nur Lukas war durchaus noch für ein Eis zu begeistern. Jenna studierte immer noch die angebotenen Desserts und wusste nicht so richtig was sie wählen sollte. „Für Dich haben Sie hier jedenfalls das Passende“, witzelte sie und wies auf eine Stelle in der Karte. „Helga – eine Eiskreation mit frischen Pfirsichen“, stand da blau auf weiß geschrieben. „Warum nennen die ein Dessert denn Helga?“, wunderte sich Jenna nun. „Das ist doch ganz einfach“, erklärte Daniel im Brustton der Überzeugung. „Sag bloß, Du hast noch nie von Pfirsich-Helga gehört?“ Er verstand überhaupt nicht warum die ganze Familie schallend lachte. „Melba“, Helga piepste vor Lachen, „es heißt Pfirsich-Melba.“

Nach dem Dessert waren alle bereit zum Aufbruch. Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Im Kamin im Erdgeschoß prasselte ein gemütliches Feuer. Dass es künstlich war sah man nur wenn man näher heranging. Eigentlich hätte man gut noch ein bisschen sitzen bleiben können, jetzt wo alle satt und müde waren, aber die Heimfahrt würde noch eine ganze Weile dauern und Herbert sehnte sich nach seinem nun wohlverdienten Schlafanzug.

„Kommt ihr noch mit rein?“, fragte Helga, nachdem sie aus dem Auto geklettert war. „Warum nicht“, antwortete Jenna und stieg nun ebenfalls aus. „Aber nur noch für ein halbes Stündchen“, mahnte Daniel. Herbert war bereits ins Haus gegangen und kam nun mit dem Schlüssel für den Briefkasten wieder. „Mal sehen, ob wir Post haben“, überlegte er laut, „ich habe heute noch gar nicht nachgesehen.“ Tatsächlich segelte ein bunter Umschlag zu Boden, als Hebert den Briefkasten mit Schwung öffnete. Daniel kam ihm zuvor und bückte sich danach. „Ach, sieh mal“, rief er fröhlich, „Post von Vivaldi.“ Daniel reichte den Brief an Helga weiter. Mit den Schiffen der Vivaldi-Kreuzfahrtgesellschaft waren sie schon mehrfach gereist und wie es schien, flatterte jetzt Werbung für einen weiteren Urlaub ins Haus. „Na, guckt mal“, staunte Helga als der Brief von seinem Umschlag befreit war, „vom Herrn Windbeutel persönlich.“ Jetzt drängten sich alle fünf um das begehrte Stück Papier. „Da ist sogar ein Foto drauf.“ Lukas wies mit dem Finger auf die entsprechende Stelle. „Wie sieht der denn aus“, kicherte Jenna. „Er könnte mal eine neue Frisur vertragen“, schmunzelte Helga. Herr Windbeutel war der Familie in der Vergangenheit stets als persönlicher Reiseberater vorgestellt worden. Als sie dann aber einmal tatsächlich auf seine Hilfe angewiesen waren, hatte Herr Windbeutel seinem Namen alle Ehre gemacht. Pikiert hatte er Jenna am Telefon deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich für im Internet gebuchte Reisen nicht verantwortlich fühlte. Nun ja, das Problem hatten sie auch ohne Herrn Windbeutels Hilfe lösen können. Nachdem sie jetzt wussten, wen Jenna da am Telefon gehabt hatte, war das vielleicht auch besser so. Auf dem Foto war ein leicht korpulenter Mann mit Brille und Mittelscheitel zu sehen, der direkt aus einem vergangenen Jahrzehnt zu kommen schien. Der Mittelscheitel hätte aber auch gut ein Toupet sein können. So genau war das auf dem Bild nicht zu erkennen. Ein bisschen dümmlich grinste der Mann mittleren Alters in die Kamera und die getönten Brillengläser machten das Foto auch nicht gerade besser. Zu allem Überfluss wies ihn die Bildunterschrift auch noch als „Richard Windbeutel, geborener Kohl – Ihr persönlicher Reiseberater“ aus. „Hat er nun auch noch den Namen von seiner Frau angenommen?“, wunderte sich Herbert. „Oder von seinem Mann“, vermutete Jenna. „Der Brief ist gar nicht für uns.“ Herbert hatte den Umschlag aufgehoben, der im Trubel achtlos auf dem Boden gelandet war. „Der ist für Jenna“, stellte er fest und reichte seiner Tochter das Kuvert. „Was?“, staunte Jenna, „ der spricht noch mit mir?“ Sie hatte den armen Mann im vorigen Jahr am Telefon ziemlich zur Schnecke gemacht. Jetzt sah sie sich den Brief einmal genauer an. Merkwürdig, von den bunten Abbildungen der Schiffe oder atemberaubend schöner Landschaften, die solche Werbebriefe normalerweise zierten, war nichts zu sehen. Statt dessen war das Papier eng beschrieben. Herr Windbeutel entschuldigte sich zunächst wortreich für die Unannehmlichkeiten mit der Fluggesellschaft im letzten Jahr. Jenna überflog den Text und griff dann haltsuchend nach einer Stuhllehne. „Der hat mein Buch gelesen!“, teilte sie ihrer Familie mit. „Im Ernst?“, fragte Daniel. „Lass mal sehen“, forderte Lukas und nahm seiner Mutter den Brief aus der Hand um ihn nun seinerseits zu lesen. Dann brach er in lauten Jubel aus. „Die laden uns ein! Die laden uns echt alle ein!“ Lukas hüpfte vor Aufregung durch das Wohnzimmer seiner Großeltern. „Wohin laden die euch denn ein?“, wollte Helga erstaunt wissen. „Nicht nur uns, euch auch“, stellte Jenna klar, nachdem ihr die Bedeutung des Textes bewusst wurde. Entgegen aller Befürchtungen, bewies die Reederei Humor und wollte die Fünf persönlich kennenlernen. Bevor man weiter darüber nachdenken würde, Jennas Bücher auch an Bord der Schiffe anzubieten, sollte die Familie zur Unterhaltung der Gäste an Bord beitragen. Mit Rücksicht auf Lukas wurde die Einladung für die Herbstferien ausgesprochen. Anscheinend hatte man Gefallen an Herberts trockenem Humor gefunden, denn er sollte jeweils in den Vormittagsstunden über das Bordradio von seinen Erlebnissen erzählen. Dabei würde ihm natürlich ein erfahrener Moderator zur Seite stehen. Die Sendung sollte „Herzhaftes mit Herbert“ heißen und im Gespräch wollte man sowohl auf seine kulinarischen Vorlieben, als auch auf seine lustigen Erlebnisse an Bord eingehen. „Den Rest der Zeit haben wir dann frei?“, fragte Lukas freudig. „Sieht ganz so aus“, strahlte Jenna. „Und wir sind wirklich eingeladen?“ Daniel konnte es noch gar nicht fassen, während Helga schon im Kalender blätterte. „Ich muss gleich mal nachsehen, wann ich zum Friseur kann“, erklärte sie. „Wohin fahren wir überhaupt?“ wollte Herbert wissen. „Diesmal fliegen wir nach Venedig“, strahlte Jenna. „Hat Herr Windbeutel denn diesmal wenigstens eine renommiertere Fluggesellschaft ausgesucht?“, fragte Lukas, „oder sollen wir uns darum diesmal lieber gleich selbst kümmern?“ Wie es schien, hatte der Reiseberater die leidige Diskussion um die Fluggesellschaft nicht aus seinem Gedächtnis verbannt und vorsichtshalber einen Flug gebucht, bei dem niemand befürchten musste, die Maschine würde den eher kurzen Weg bis Venedig nicht schaffen. „Wo schlafen wir denn? Gib den Brief nochmal her“, forderte Lukas und griff nach dem Schreiben. „Vielleicht kommen wir jetzt zur Besatzung auf Deck drei. Wie auch immer. Bei euch schlafe ich jedenfalls nicht. Das wird nun wirklich ein bisschen zu eng.“ Lukas vertiefte sich in Herrn Windbeutels Brief, um sich mit den Details der geplanten einwöchigen Reise zu beschäftigen. „Welches Schiff ist es denn nun?“ unterbrach Herbert die einkehrende Stille. „Ich lese ja noch“, brummte Lukas hinter dem Briefbogen. „Hier steht es. Eine Woche auf Vivaldi Donna. Was sagt ihr jetzt? Wir sehen das Schiff unserer allerersten Reise wieder.“ „Ich muss das gleich Christiane erzählen“, rief Helga und verschwand ungeachtet der späten Stunde Richtung Nachbarhaus. „Weißt Du inzwischen wo wir schlafen werden?“, fragte Daniel und versuchte über Lukas‘ Schulter einen Blick auf das Geschriebene zu erhaschen. „Ha“, jauchzte Lukas und warf vor Freude die Hände in die Luft. „Drei Balkonkabinen. Eine für Oma und Opa. Eine für euch und eine ganz für mich alleine! Und alle nebeneinander.“ „Das ist natürlich sehr großzügig“, fand Herbert. Helga erschien wieder im Wohnzimmer. Hinter ihr drängten die Hases von nebenan sich durch die Tür. „Das ist ja der Wahnsinn“, beglückwünschte Christiane den frischgebackenen Radiostar. „Wir kümmern uns natürlich um Dusty wenn ihr weg seid“, bot sie ihrer Schwester im gleichen Atemzug an. „Warum kommt ihr nicht einfach mit?“, wollte Jenna wissen. „Ein paar Tage frei bekommt ihr doch ganz bestimmt.“ „Wer soll sich denn dann um Dusty kümmern? Paul und Pfötchen können wir auch nicht alleine lassen“, sorgte sich Christiane um die Haustiere. „Fahrt mal ruhig“, beruhigte Sohn Christopher, „ich habe sowieso keine Ferien. Außerdem mache ich mich da ganz bestimmt nicht zum Horst“, lehnte er seine Teilnahme an der Reise ab. „Ja meinst Du ich?“, warf sein Bruder Tobias ein. „Ich habe Ferien und helfe Dir dann lieber hier mit den Tieren.“ „Das kommt überhaupt nicht in Frage“, beeilte sich Christiane zu sagen. „Wenn wir fahren, kommst Du schön mit. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, was hier los sein würde, wenn ihr beide alleine bleibt.“ „Lass doch“, grinste Bernd, „dann brauchen wir wenigstens nur eine Kabine.“ „Quatsch. Lukas hat eine für sich alleine“, erinnerte Daniel. „Tobi kann bei Lukas schlafen.“ Die beiden Cousins sahen sich seufzend an. „Ich dachte es wäre ein Urlaub“, murmelte Lukas. „Klingt ja nach ganz viel Spaß“, fürchtete auch Tobias und verdrehte die Augen. „Wohin fahren wir eigentlich?“, wollte nun auch Bernd wissen. „Venedig, Santorini, Rhodos, Dubrovnik“, zählte Lukas auf. „Dann brauche ich einen neuen Bikini“, Christiane verschwand zur sofortigen Internetrecherche. „Buchst Du dann gleich morgen früh für uns auch so eine Balkonkabine und die Flüge?“, rief sie ihrer Schwester im Davoneilen noch zu. Jenna nickte. „Hoffentlich vertrage ich das alles“, bekam Bernd nun doch ein bisschen kalte Füße. „Aber sicher“, beruhigte Schwiegervater Herbert, „wenn ich das kann, kannst Du das auch.“ „Na dann“, meinte Bernd zweifelnd. Die Geschichten von Herberts Seekrankheit waren ihm bestens bekannt. „Rufen Sie mich doch gleich am Morgen früh bitte zurück“, flötete Helga ins Telefon. Die verbliebenen Familienmitglieder schauten Oma Helga verwirrt an. „Ich brauche dringend einen Termin für frische Strähnen. Vor dem zwölften noch. Da fliegen wir nämlich schon.“ Helga hatte sich vorsichtshalber schon einmal mit dem Anrufbeantworter im Frisiersalon unterhalten. „Für heute reicht’s“, erklärte Daniel und lotste Frau und Sohn Richtung Auto.



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