Читать книгу Das Leiden der Anderen - Mefa Dämgen - Страница 8

Vorwort

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Es gibt Situationen im Leben, da suchen und fragen wir uns nach dem »Ursprung«.

Es gibt Situationen, da denkt man, dass das Geschehene weit von einem entfernt ist, wenn man davon hört.

Damit rechnet man absolut nicht. Es (be-) trifft meistens immer die anderen. Es gibt Geschichten vom Traum bis hin zum Alptraum. Was jedoch das Ganze verstärkt, sind reale Geschichten aus dem Leben. Ein psychologischer innerer Konflikt einer Person verstärkt das abstruse Handeln.

Und wie ist es bei Ihnen? Fühlen Sie sich sicher, weil alles in der Vergangenheit immer sicher war? Klammern Sie sich nun an das Buch, denn die Ruhe im Raum hat auch was Bedenkliches an sich. Das Licht in der Wohnung ist abgedunkelt und Sie lassen sich bequem nieder!

Die Leselampe dimmt den Raum und leuchtet zugleich der Spannung entgegen. Nun sind Sie neugierig was auf Sie zukommt. Noch besteht kein Gedanke, dass man Sie eventuell genau in diesem Moment beobachtet; sollten Sie nicht lieber Ihr Umfeld überprüfen?

Eine offene Balkontüre, ein fremdes Knarren im Gang, eine Türe, die sich bewegt und ins Schloss fällt? Gedanken schießen einem durch den Kopf. Zufall oder Schicksal? Sind Sie hier und jetzt sicher? Es sind schließlich Ihre eigenen vier Wände. Unsicher …?

Ein Schauer läuft Ihnen bei diesem Gedanken über den Rücken. Sie kennen das Gefühl, wenn Sie nachts ins Bett gehen, der erste Blick hinter die Türe den Atem stocken lässt? Der Gang zum Bett einem Hürdenlauf gleicht, abschließend mit einem Sprung, dass niemand unter dem Bett Sie greifen kann?

Jetzt kreisen die Gedanken. Es fühlt sich an, als hätte sich die Raumtemperatur abgekühlt und fremde Geräusche vermehren sich. Man ist sich nie sicher, Unbehagen stärkt dieses Gefühl.

Der Raum der Fantasie nährt die Angst und die Angst blockiert den Verstand. Gedanken schwirren in Ihrem Kopf; bewusst oder unbewusst könnte jeder potenziell ein (statistisches) Opfer sein. Wenn Ihr Verstand sich der Fantasie beugt, wird das beklemmende Gefühl Sie verfolgen. Sind Sie sicher oder von Unsicherheiten umgeben, die sie in Gefahr bringen könnten? Das alles sind Gedanken Ihrer Fantasie. Doch in der Realität könnte dies in Form von Stalking, zu Deutsch »Nachstellung«, geschehen.

Es handelt sich um ein neues Massenphänomen, das seit 2007 in Deutschland Straftatbestand ist und in den letzten Jahren auch in den Medien für ein verstärktes Interesse sorgt. Jedes Jahr erleben Tausende Menschen eine Form von Stalking, sei es online oder in Person.

Etwa 20.000 Anzeigen gehen in Deutschland jährlich bei der Polizei ein, die Dunkelziffer dürfte jedoch weitaus höher liegen. Viele sind sich außerdem gar nicht bewusst, dass sie gestalkt werden. Obwohl Stalking in unserer Gesellschaft weit verbreitet ist, halten sich hartnäckige Vorurteile. Filme porträtieren Täter häufig als verrückte Einzelgänger oder romantisieren die Besessenheit als wahre Liebe.

Hinter den Handlungen des Stalkers steht »die obsessive Fixierung auf eine andere Person, die sich in einer gedanklichen und häufig auch emotionalen Besessenheit manifestiert«. Man sagt, dass es keine Verhaltensweisen gibt, die man als typisch für Stalking bezeichnen könnte und nennen lediglich drei Verhaltensgruppen, die man gemeinhin unterscheiden kann: (1.) klassisches Stalking in Form von unerwünschter Kommunikation durch Briefe, Telefonanrufe, E-Mails, Herumstehen in der Nähe des Opfers, Nachspionieren, Beobachten (2.)bedrohliches Stalking, bei dem Telefonanrufe mit obszönem oder bedrohlichem Inhalt, Gewalt oder gar Todesdrohungen auch gegen Familienangehörige und Vandalismus zum Einsatz gebracht werden und (3.) bindungsorientiertes Stalking, das durch Geschenke, unangemeldete Besuche, »zufällige« Zusammentreffen oder das Leugnen, dass eine ehemalige Beziehung beendet ist, charakterisiert sind. Über 90 % der Opfer von Stalking sind weiblich.

Das Bewusstsein für Stalking als Phänomen, das die Lebensqualität sowie die psychische und physische Gesundheit der Opfer erheblich gefährdet, ist erst in den letzten 25 bis 30 Jahren gestiegen.

Während bei den ersten bekannten Fällen von Stalking prominente Persönlichkeiten Opfer waren, handelt es sich tatsächlich aber um ein weit verbreitetes Phänomen, von dem mehr nichtprominente als prominente Personen betroffen sind. Die Dauer des Stalking reicht von wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten oder Jahren.

In der Öffentlichkeit wird vor allem der Gewaltaspekt von Stalking wahrgenommen. Das kann seine Ursache darin haben, dass Gewalt schlechthin ein Thema ist, das die öffentliche Aufmerksamkeit erweckt, liegt aber auch daran, dass Stalking in vielen Fällen ein Beziehungsphänomen ist und Beziehungskonflikte widerspiegelt.

Wissenschaftler definierten fünf Typen von Stalkern:

1. Der Stalker, der zurückgewiesen wurde: Rund 50 % der Stalker sind ehemalige Partner, die sich zurückgewiesen fühlen, sich rächen wollen oder die Beziehung fortführen möchten.

2. Der Stalker, der Liebe sucht: Diese Art von Stalking trifft vor allem Prominente. Der Stalker ist überzeugt davon in einer Liebesbeziehung mit jemand zu sein, den er gar nicht kennt.

3. Der Stalker, der Gefühle falsch versteht: Hier handelt es sich um Menschen, die die Reaktionen anderer Menschen nicht richtig verstehen und interpretieren können. Sie verstehen höfliche Signale und Zurückweisung nicht.

4. Der Stalker, der Rache sucht: Rache ist bei fast allen kriminellen Handlungen, allen voran Mord, ein starkes Motiv. Der Täter fühlt sich durch die gefühlte oder tatsächliche Zurückweisung seines Opfers in seiner Integrität verletzt und möchte sich rächen. In vielen Fällen ist das Stalking nur der Auftakt zu weiteren, gewaltvollen Handlungen bis zum Mord.

5. Der Stalker, der einen Übergriff plant: Diese Täter nutzen das Stalking nur als Vorbereitung für eine weitere kriminelle Handlung wie einen sexuellen Übergriff. Durch das Stalking spionieren sie die Gewohnheiten ihres Opfers aus.

Bis zu zwei Drittel aller späteren Mordopfer eines Expartners wurden vor der Mordtat durch diesen gestalkt. In bis zu 90 % der Fälle kommt es zu Sachbeschädigung und/oder Gewalt.

Die anhaltenden Bedrohungen, Verfolgungen oder Belästigungen können bei den Betroffenen zu gravierenden physischen, psychischen und sozialen Folgen führen. Opfer von Stalking kann jeder werden - Herkunft, Alter, Geschlecht und soziales Ansehen spielen dabei keine maßgebende Rolle. Auffällig viele Stalking-Opfer sind Singles oder alleinlebende Personen.

Der Begriff »Stalking« kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie »Heranpirschen«. Tatsächlich erinnert das Verhalten an die Jagd. Der Täter/die Täterin stellt dem Opfer nach, verfolgt es, beobachtet es, bleibt dabei selbst ungesehen. Es wird mit Einschüchterung, Demütigung, Rufmord, psychischer Gewalt und sogenanntem »Gaslighting« gearbeitet. Dieser Begriff stammt aus dem gleichnamigen Film mit Elizabeth Taylor, bei dem der Ehemann seine Ehefrau mit hinterhältigen Taktiken davon überzeugt, wahnsinnig zu sein. Etwa werden Gegenstände verrückt oder ausgetauscht, Geräusche erzeugt, etc. Viele Stalker leiden unter Persönlichkeitsstörungen oder psychischen Krankheiten. Sie können mit der Zurückweisung nicht umgehen oder nehmen diese gar nicht als solche wahr.

Für die Opfer sind die Folgen verheerend. Viele von ihnen erleben massive Einschränkungen in Beruf- und Privatleben, verlieren ihren Job, ihre Freunde und ihren guten Ruf, entwickeln Angststörungen, Depressionen, Schlafprobleme, posttraumatische Belastungsstörungen und psychosomatische Beschwerden, die chronisch werden können. Einige denken sogar daran, sich das Leben zu nehmen und setzen das in die Tat um. Viele berichten davon nie wieder einem Menschen vertrauen zu können. Und einige überleben die letzte Begegnung mit ihrem Stalker/ihrer Stalkerin nicht. Oftmals ist es gerade das letzte »klärende« Gespräch, auf das sich die Opfer einlassen, um endlich Ruhe vor dem Stalker zu haben, das zum Tod führt.

Experten raten dazu möglichst frühzeitig die Polizei einzuschalten und alle Aktivitäten des Stalkers/der Stalkerin zu dokumentieren. Leider zeigt ein Blick in die Realität, dass viele Stalker trotz Verurteilung ihre Opfer weiter belästigen und tyrannisieren, bis es zum Äußersten kommt.

So bleibt von dem was einst als Liebe begann am Ende nicht mehr viel übrig. Aus dem romantischen Traum wird schnell ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt, wie die nachfolgende Geschichte zeigt.

Passen Sie auf mit wem Sie sich einlassen. Meistens ist/war jeglicher Anfang positiv, doch wie sagt man im Volksmund: Trau, schau, wem …

Das Leiden der Anderen

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