Читать книгу Passion - Gib mir ein Gefühl - Melanie Jezyschek - Страница 7

Kapitel 4

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Bevor Melina das Passion überhaupt richtig betreten hatte, hing Dana schon an ihr und sah sie auffordernd und neugierig zugleich an.

»Und? Erzähl! Wie war der Abend mit deinem alten Bekannten?«

Melina seufzte und verdrehte die Augen, ohne ihrer Kollegin und eigentlich guten Freundin zu antworten. Sie hatte wirklich rein gar keinen Nerv, um sich über Robin zu unterhalten. Den ganzen Tag hatte sie schon an ihn denken müssen, obwohl sie genau das nicht gewollt hatte. Dennoch war er ständig in ihren Gedanken gewesen, hatte sie beherrscht und Melina fast zur Weißglut getrieben.

Was in Teufels Namen war mit ihr los? Er war nur ein Mann wie jeder andere auch, nur dass sie ihn eben schon als Kind gekannt hatte. Na und? Warum sollte ihn das zu etwas Besonderem machen?

Melina wusste selbst, wie fad das klang, aber es war besser, als sich in etwas hineinzusteigern, das niemals geschehen dürfte. Sie musste ihn vergessen. Punkt. So einfach und gleichzeitig schwer war es. Und Dana wollte es ihr nicht leichter machen, denn sie ignorierte ihre abweisende Haltung.

»Komm schon, Süße. So schlecht kann er doch nicht gewesen sein. Oder willst du ihn nicht teilen?« Sie lachte vergnügt und stieß Melina leicht in die Seite. Beinahe hätte Melina gefaucht, sie konnte diese seltsame Reaktion aber gerade noch unterdrücken.

»Ich will ihn nicht! Er kann machen, was er will. Also lass mich jetzt in Ruhe, Dana«, erwiderte sie schärfer als beabsichtigt.

»Oh ha! Das hört sich aber nicht so an.« Dana stellte sich ihr in den Weg und hielt sie so auf. Es war das erste Mal, dass Melina sie so ernst erlebte.

»Was willst du damit sagen?«, fragte Melina. Ihre Beherrschung hing am seidenen Faden. Sie mochte es überhaupt nicht, bedrängt zu werden. Wenn sie nichts sagen wollte, dann sagte sie nichts, damit musste man leben.

»Dass du dich nicht so angehört hast, als ob es dir wirklich egal ist, was er macht und mit wem.« Dana musterte sie mit leicht zusammengekniffenen Augen. »Er ist dir nicht so egal, wie du es gerne hättest, stimmt’s?«

Melina presste die Lippen fest zusammen und hielt dem Blick ihrer Freundin stand. Sie würde nicht antworten. Sollte Dana sich doch ihre eigene Meinung bilden, das interessierte sie nicht.

»Denk doch, was du willst.« Sie drängte sich an Dana vorbei und achtete nicht darauf, ob sie ihr wieder folgte oder nicht. Letzteres wäre ihr lieber, da sie ihre Ruhe haben wollte. Als wäre das alles nicht schon kompliziert genug. Warum musste Dana sich auch noch einmischen?

Tief durchatmend zwang sich Melina zur Ruhe. Es brachte ihr überhaupt nichts, wenn sie jetzt den Kopf verlor und die ganze Zeit über angespannt war. Das würde man ihr nur später bei ihrem Auftritt ansehen und das konnte sie nicht zulassen. Sie brauchte den Job – ohne das Geld kam sie niemals über die Runden.

»Hey, Süße! Sei doch jetzt nicht eingeschnappt!«, rief ihr Dana hinterher und holte sie ein, bevor Melina das Hinterzimmer des Clubs erreichte, wo sich die Tänzerinnen umzogen.

Seufzend wandte sie sich Dana zu. Die konnte ja überhaupt nichts dafür, dass es ihr mies ging. Daran war sie ganz allein Schuld. Dana war nur sie selbst und sonst hatte Melina auch rein gar nichts gegen die Neugier ihrer Freundin, nur heute nicht. Nicht nach der Nacht mit Robin, die so ganz anders verlaufen war als ihre üblichen One-Night-Stands. Sie wollte einfach nur vergessen und nicht wie sonst beherzt über die Fähigkeiten der männlichen Stehkraft lästern.

»Ist schon gut, Dana.« Melina zwang sich ein halbwegs glaubhaftes Lächeln auf die Lippen, das ihre Freundin nur widerwillig akzeptierte. Dennoch konnte sie Dana ansehen, dass sie einsah, dass Melina nicht über die vergangene Nacht reden wollte. Zum Glück. Sie wusste nicht, wie sie den Abend überstanden hätte, wenn Dana sie weiter bedrängt hätte.

»Dein Auftritt findet heute eine halbe Stunde eher statt. Leon hat irgendwelche besonderen Gäste, die er damit heiß machen will, bevor sie dann in die Bar gehen.«

Während sie Danas Worten zuhörte, lief Melina zu ihrem Spind und packte ihre Tasche hinein.

»Kein Problem, dann kann ich eher gehen, ist mir nur recht«, erwiderte sie, froh darüber, dass nichts mehr von ihrer kurzen Auseinandersetzung zu spüren war.

Dem Wunsch des Clubbesitzers Leon nachzukommen, würde ihr keine Probleme bereiten. Zwar würde sie dadurch weniger Zeit zur Einstimmung im dichten Gedränge der Gäste haben, dennoch kam ihr der frühe Feierabend gelegen. Vielleicht blieb sie auch noch im Club, um sich privat zu amüsieren, oder sie zog woanders um die Häuser. Das würde sie entscheiden, wenn es soweit war. Obwohl Letzteres sicher nicht verkehrt war, da ihr hier nach ihrem Auftritt die Männer meistens sehr nah kommen wollten und danach stand ihr heute wirklich nicht der Sinn. Sie wollte nur abschalten und tanzen war das beste Mittel.

Der Schweiß stand ihr auf der Stirn, als Melina das Podium mit der Stange verließ. Heute war das Passion brechend voll, doch das war nichts Ungewöhnliches in einer Samstagnacht. Sie hoffte jedoch, dass niemand von ihnen bemerkt hatte, dass sie nicht ganz bei der Sache gewesen war. Obwohl Melina alles gegeben hatte, hatte sie die Anspannung nicht ganz abschütteln können. Das Tanzen vor ihrem Auftritt hatte zwar etwas geholfen, dennoch war es ihr nicht so leicht gefallen, abzuschalten und ihren Job zu machen.

»Das war super, Süße.« Dana, die wie immer auf sie wartete, lächelte ihr zuversichtlich zu, was Melina erleichtert aufatmen ließ und einen Teil ihrer Spannungen löste. Sie wollte sich nicht vorstellen, was Leon sagen würde, wenn es nicht so gewesen wäre. Zwar war er ihr gegenüber immer freundlich gewesen, aber er konnte auch anders, was als Chef eines Clubs wohl zu erwarten war.

»Musst du noch hierbleiben?«, fragte sie Dana, während sie den Weg zum Hinterzimmer einschlug.

»Oh je«, hörte Melina statt einer Antwort und blieb verwirrt stehen.

»Was ist denn?« Sie drehte sich um und folgte Danas Blick in die Menge. Was sie sah, gefiel ihr ganz und gar nicht.

Groß, imposant und mit einem Blick, der zeigte, dass er keine Lust auf Spielchen hatte, kam Robin immer näher. Melina konnte nicht sagen, ob ihr Herz schneller schlug, weil er auf sie zukam, als wäre er ein Raubtier und sie seine Beute, oder ob es schlichtweg an seiner Gegenwart lag. Am liebsten wollte sie wegrennen, aber ihre Beine wollten sich nicht von der Stelle bewegen und sie konnte ihm nur entgegenblicken. Gleich war er bei ihr. Sie hatte keine Chance mehr zu fliehen.

»Mel.« Seine Stimme glich einem Knurren. Noch nie hatte sie ihn so wütend erlebt, doch dieses Aggressive und Männliche ließ ihre Beine weich werden.

Verdammt! Reiß dich zusammen, Melina!

Sie straffte ihre Schultern und hob ihren Blick. Niemals würde sie zeigen, was er in ihr auslöste.

»Hey. Sorry, aber wir haben keine Zeit. Man sieht sich.« Melina wollte sich umdrehen, sich Dana schnappen und weggehen, doch sie kam nicht weit. Ein fester Griff um ihren Arm hielt sie zurück.

»Hau nicht wieder ab.«

Tief durchatmend wandte sie sich ihm wieder zu. Sie musste die Ruhe bewahren und es irgendwie schaffen ihn loszuwerden. Zur Not konnte sie zwar auf die Sicherheitsleute des Clubs zurückgreifen, aber sie wollte Robin nicht in unnötige Schwierigkeiten bringen.

»Ich hau nicht ab«, widersprach sie und wand sich in seinem Griff. Er ließ sie sofort los, behielt sie aber genau im Auge. Als würde er sofort wieder einschreiten, sollte sie auch nur andeuten, dass sie wegging.

»Ach nein? Was war dann das gerade eben? Oder das heute Morgen?«, fragte er. Dabei konnte sie für einen kurzen Augenblick Verletztheit in seinem Gesicht erkennen. Sofort meldete sich wieder das schlechte Gewissen in ihr. Vielleicht hätte sie ihm doch eine Nachricht hinterlassen oder warten sollen, bis er aufgewacht war, um sich zu verabschieden.

Nein. Es war besser so gewesen. Robin machte mit seinem Auftritt hier alles nur noch schlimmer.

»Ich bin gegangen, na und? Ich habe nie behauptet, dass wir jetzt ein Paar sind oder so. Du warst nur ein One-Night-Stand, okay?« Sie verdrehte die Augen und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue abwartend an, während es in ihrem Bauch verdächtig kribbelte. Verräter.

Robin kam ihr einen Schritt näher.

»Das ist nicht dein Ernst, oder? Was ist aus dir geworden?«

»Eine erwachsene Frau«, erwiderte sie lächelnd.

»Wohl eher eine Schlampe«, korrigierte er und entfernte sich wieder ein Stück von ihr. »Das hätte ich nie von dir erwartet. Du bist nicht mehr meine Mel, du bist eine Fremde. Gefällt dir dein Leben? Sieht nicht so aus, aber mit deiner Einstellung wirst du es nie schaffen, da rauszukommen.« Ein letzter Blick, der seine ganze Abscheu verdeutlichte, dann drehte er sich um und verschwand.

Melina fühlte sich, als hätte er sie geschlagen. Ihr war ganz schlecht und nur mit Mühe konnte sie sich auf ihren wackeligen Beinen halten.

»Was ist das denn für ein Arsch? Nur gut, dass du ihn fallengelassen hast, also wirklich!«

Danas Schimpftirade nahm sie nur am Rande wahr. Immer wieder hörte sie Robins Stimme und wie er sie als Schlampe bezeichnete.

Gott, er hatte sogar recht! Sie benahm sich wie eine billige Nutte, es fehlte nur noch, dass man sie für den Sex bezahlte.

Ihr entwich ein Schluchzen, als ihre Beine unter ihr einknickten. Bevor Dana sie rechtzeitig stützen konnte, saß sie auf dem Boden und zog die Beine an ihren Oberkörper. Tränen liefen ihre Wangen hinab.

Was war nur aus ihrem Leben geworden? Ihren Träumen, ihren Wünschen? Nie hatte sie vorgehabt, in einem Club das Appetithäppchen für die Stripperinnen zu sein. Oder jede Nacht mit einem anderen Kerl in die Kiste zu steigen. Musste wirklich erst Robin ihr das klarmachen?

Erneut stieg ein Schluchzen in ihrer Kehle auf, während Dana neben ihr auf sie einredete. Melina nahm sie nicht wahr. Wie auf einer kaputten CD hörte sie immer wieder Robins eiskalte Worte, die ihre Tränen weiter anheizten.

***

Er war von sich selbst schockiert. Er war nicht mit dem Vorhaben ins Passion gegangen, Melina zu beleidigen. Und doch hatte er genau das getan. Obwohl das schlechte Gewissen schon an ihm nagte, als er auf den Weg zum Ausgang des Clubs war, machte er nicht kehrt. Auch wenn seine Worte hart gewesen waren, sie spiegelten zumindest einen Teil der Wahrheit wider.

Melina hatte sich sicherlich nie ein Leben in diesem Club gewünscht. Oder immer wieder neue Männer in ihrem Bett, die nie länger als eine Nacht blieben. Er fragte sich, was aus dem kleinen Mädchen geworden war, das früher von einem Prinzen auf einem Schimmel geträumt hatte. Wo war diese, seine Melina hin? Er glaubte nicht, dass sie von sich aus so geworden war. Irgendetwas steckte dahinter, doch wie sollte er die Ursache herausfinden, wenn sie ihn von sich stieß?

Vielleicht war sein Auftritt auch zu aggressiv gewesen, aber er hatte die Wut nicht beherrschen können. Dass sie einfach normal weitermachte, nachdem sie ihn am Morgen ohne ein Wort verlassen hatte, war für ihn unerträglich. Man konnte es Kränkung nennen, verletzten Stolz, alles traf zu. Und doch war Robin sich sicher, dass viel mehr hinter Melinas Verhalten steckte. Sie hatte einen Grund und den hatte er herausfinden wollen. Nun war es wahrscheinlich zu spät dafür. Er hatte alles versaut.

Warum ihm diese Erkenntnis im Herzen wehtat, war leicht für ihn zu beantworten. Den ganzen Tag hatte er genug darüber gegrübelt, aber jetzt war er sich sicher. Obwohl Melina ihn fallen gelassen hatte, die Nähe zwischen ihnen in der vergangenen Nacht hatte er sich nicht nur eingebildet. Er hatte sich in sie verliebt. Ihr Wiedersehen hatte viel tiefere Gefühle in ihm geweckt als nur die Freude darüber, seine alte Freundin wiederzutreffen. Und falls er nicht total blind war, dann war es nicht nur ihm so gegangen. Vielleicht täuschte er sich und Melina hatte wirklich nur ihren Spaß mit ihm haben wollen, für so schlecht hielt er seine Menschenkenntnis jedoch nicht, erst recht nicht bei ihr. Etwas hinderte sie daran, sich zu öffnen. Wenn er nur wüsste, was.

»Verdammte Scheiße!«, fluchte er, weshalb er einige überraschte Blicke von Leuten erntete, die den Club gerade betraten.

So leicht konnte er noch nicht aufgeben.

Er blieb stehen und verharrte einige Sekunden. Dann drehte er sich mit Schwung um und lief den Weg, den er soeben gegangen war, wieder zurück, bis er zuerst Melinas Freundin und dann sie selbst sah.

Stocksteif nahm er das Bild, das sich ihm bot, in sich auf. Melina saß am Boden, die Beine an sich gezogen, während ihre Schultern bebten und ihre Freundin sie zu trösten versuchte. Sofort wurde der Klammergriff um sein Herz noch fester und das Atmen fiel ihm schwerer.

Sie weinte. Wegen seiner Worte?

Robin rang mit sich. Einerseits wollte er zu ihr und sie in den Arm nehmen, um sich zu entschuldigen. Andererseits war dieser Gefühlsausbruch vielleicht auch gar nicht so schlecht und sie dachte endlich darüber nach, was sie wirklich wollte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie glücklich wurde. Es musste nicht unbedingt mit ihm sein. Aber dieses Leben, das sie momentan führte, konnte niemals das sein, was für sie bestimmt sein sollte. Sie hatte Besseres verdient.

Widerstrebend entschied er sich dafür, nicht zu ihr zu gehen. Er würde sich etwas überlegen, aber heute würde er ihr Zeit für sich lassen. Hoffentlich war das kein Fehler.

Passion - Gib mir ein Gefühl

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