Читать книгу Chasing the Devil - Melody Adams - Страница 7
ОглавлениеKapitel 2
Drake
„Spul das Video vor bis zum Kampf“, sagte Gregory zu Lucas, meinem Trainingspartner und Freund.
Lucas drückte den Vorspulknopf und der Film raste vorwärts.
„Halt!“, rief ich, als etwas meine Aufmerksamkeit erregte. „Spul zurück. – Ja, weiter – noch weiter – Stopp! Spiel es ab.“
„Drake, was zum Teufel soll das?“, mischte sich Gregory missmutig ein. „Wir wollen uns deinen Kampf ansehen, damit du ...“
„Still!“, fiel ich ihm ins Wort, den Blick fasziniert auf den Bildschirm gerichtet.
Auch Gregory sah nun auf den Bildschirm.
„Was soll das? Kennst du eine der beiden Schlampen, oder was? Wir wollen uns jetzt keine Weiber ansehen, die du gevögelt hast. Spule das Band weiter, Lucas!“
„Das lässt du schön bleiben, Lucas“, knurrte ich warnend.
Auf dem Bildschirm waren zwei Frauen zu sehen. Eine Blondine saß auf ihren Platz, als eine Schwarzhaarige ins Bild kam. Sie war es, die meine Aufmerksamkeit gefesselt hatte. Sie war heiß. Nein! Sie war mehr als nur heiß. – Diese Frau war eine Göttin! Ihr ultraknappes Kleid betonte ihre wahnsinnigen Beine und ihren sexy Po. Ihr langes, glänzend schwarzes Haar hing ihr beinahe bis zum Hintern hinab. Sie baute sich vor der Blondine auf, sprach sie an. Die Beiden schienen einen Streit zu haben. Dann riss sie die Blondine plötzlich vom Sitz hoch. Die Blonde versuchte zu schlagen, doch meine Göttin reagierte blitzschnell und verdrehte der Blonden den Arm hinter dem Rücken. Wer zum Teufel war sie? Irgendeine neue Kämpferin, die ich nicht kannte? Ich musste es herausfinden. Ich wollte sie. Mehr als ich je eine Frau gewollt hatte, und dabei kannte ich sie gar nicht. Doch etwas an ihr zog mich so in ihren Bann, dass ich hart wurde und mein Herz anfing zu rasen.
„Wer ist sie? Kennt jemand die Schwarzhaarige?“, fragte ich.
„Nie gesehen“, meinte Lucas. „Aber ist ne heiße Braut.“
„Finger weg!“, knurrte ich. „Die gehört mir!“
„Drake! Vergiss deinen verdammten Schwanz für einen Moment und lass uns wieder zur Tagesordnung schreiten! Du musst endlich anfangen, dich wieder mehr auf deine Karriere zu konzentrieren. Die verdammten Weiber werden noch mal dein Untergang sein“, sagte Gregory und griff nach der Fernbedienung.
„Ich will wissen, wer sie ist, wo sie wohnt, was sie macht – einfach alles“, wandte ich mich an Tamtam, der als Laufbursche und Mädchen für alles für uns fungierte.
Tamtam nickte.
„Können wir dann ENDLICH wieder zurück zu...“
„Geh mir nicht auf den Sack, Greg!“, fiel ich meinem Coach ins Wort.
„Ich hab langsam die Faxen dicke mit dir, Drake. Wenn du willst, dass ich dich weiterhin trainiere, dann ...“
„Versuch nicht, mir zu drohen oder mich zu erpressen“, sagte ich warnend.
„Greg! Drake! Hört auf, euch gegenseitig anzumachen!“, ging Lucas dazwischen. „Wie wäre es, wenn Tamtam sich darum kümmert, das Mädchen ausfindig zu machen und wir sehen uns den Kampf an, um zu sehen, was falsch gelaufen ist, damit wir endlich zur Party übergehen können. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, doch ich will hier nicht die Nacht verbringen!“
Ich nickte.
„Okay“, seufzte Greg.
„Ich bin dann mal weg“, sagte Tamtam und verschwand.
Lucas spulte das Video weiter bis zum Kampfbeginn.
Angela
Drei Tage später
Das Appartement, welches ich unter dem Namen Angela Salvatore angemietet hatte, entsprach ganz und gar nicht meinem Stil. Doch das FBI hatte es so eingerichtet, dass es zu meiner Tarnung passte. Angela Salvatore war ein Vamp, ein MMA Fan und keine FBI Agentin mit einem Tick für Waffen aller Art und Epochen. Ich vermisste mein eigenes Appartement. Ich hasste das rosa Plüschsofa und das ganze feminine Gerümpel in dieser Wohnung. Ich sehnte mich nach meiner Ledercouch und meinem XXL Flachbildschirm. Seufzend ließ ich mich auf die furchtbare Couch fallen und griff nach der Fernbedienung, um den Fernseher einzuschalten. Lustlos zappte ich mich durch die Kanäle. Am späten Nachmittag würde ich zur Arbeit gehen müssen. Angela Salvatore arbeitete als – natürlich, als Kellnerin, was sonst. Klischee hoch drei! Ich hoffte, dass ich dieses Theater nicht allzu lange durchziehen musste. Mein letzter Undercover Auftrag war im Biker Milieu gewesen. Biker Girl. Das war mehr nach meinem Geschmack gewesen. Lederkluft, glänzender Chrom und niemand erwartete von mir, dass ich auf High Heels umher stöckelte. Alles war prima gewesen, bis ich angeschossen wurde. Ich hatte mir versprochen, nicht mehr Undercover zu gehen. Und? Wie lange hatte das angehalten? Nur Wochen später saß ich hier und sollte schon wieder meinen Arsch hinhalten. Diesmal vielleicht sogar im wortwörtlichen Sinne.
Es klopfte an der Tür. Irritiert runzelte ich die Stirn. Wer mochte das sein? Niemand kannte mich hier. Vielleicht einer der Nachbarn? Oder jemand vom FBI? Ich erhob mich von der Couch und ging langsam zur Tür. Automatisch ging mein Griff zu der Waffe, welche ich auf dem Sideboard abgelegt hatte, als ich daran vorbei kam. Man konnte ja nie wissen. Mit der Waffe in der Hand trat ich an die Tür und schaute durch den Spion. Ein Mann, den ich nicht kannte, stand davor. Er trug eine Kappe mit dem Logo eines Kurierdienstes auf dem Kopf. Das war verdächtig. Kuriere waren eine beliebte Tarnung für alle möglichen Kriminellen. Attentäter. Auftragskiller usw. Ich entsicherte vorsichtig die Waffe, hielt sie hinter meinem Rücken verborgen und öffnete die Tür.
„Hallo, Lady. Ich hab eine Lieferung für Sie.“
„Lieferung? Von wem?“
Der Kurier öffnete die Karte, die auf der langen Schachtel steckte und las: „Mister Drake Rogers. So steht es jedenfalls auf der Karte.“
Er hielt mir die Schachtel entgegen.
Drake Rogers? Wie zum Teufel hat der mich gefunden?, fragte ich mich erstaunt. Und wieso schickt er mir ein Geschenk? Er hat mich doch nicht einmal angesehen?
Der Kurier räusperte sich.
„Nehmen Sie die Sendung nun an, oder nicht?“, wollte er wissen.
„Ich ... Ähm, ja. Ja, natürlich. Sorry.“
Ich nahm mit der freien Hand die Schachtel entgegen, was nicht so einfach war, mit nur einer Hand, doch in der anderen hatte ich ja noch immer die geladene und entsicherte Waffe. Etwas ungeschickt balancierte ich die Schachtel und nickte dem Kurier dankend zu.
„Danke.“
„Keine Ursache, Lady. Guten Tag noch.“
„Ja ... ja, Ihnen auch.“
Der Kurier wandte sich ab und ging davon. Ich presste die Schachtel gegen meinen Oberkörper und schloss die Tür mit der Schulter. Vorsichtig legte ich die Waffe auf den Garderobenschrank ab und danach das Paket. Ich starrte die Schachtel eine Weile unsicher an, dann fiel mir ein, dass die Waffe ja noch immer entsichert war. Ich nahm sie in die Hand und sicherte sie wieder, ehe ich sie mir in die Hosentasche steckte und das Paket vom Schrank nahm um es ins Wohnzimmer zu tragen. Ich konnte mir denken, was in der Schachtel war. Der Form her war es eine Blumenlieferung. Blumen von Drake ‚The Devil’ Rogers, der eigentlich gar nicht wissen durfte, wo ich wohnte, und der vielleicht zwei unschuldige Frauen auf dem Gewissen hatte. Ich schüttelte den Kopf. Zumindest war jetzt klar, dass ich meine Rolle als Angela Salvatore weiter zu spielen hatte. Ich musste herausfinden, ob Rogers wirklich ein Mörder war und ihn dingfest machen.
Ich öffnete die Schleife und hob den Deckel an. In schwarzen Satin gebettet lagen drei langstielige dunkelrote Rosen. Ein Umschlag lag ebenfalls in der Schachtel. Ich holte ihn heraus und öffnete ihn. Eine Eintrittskarte für einen Kampf, der in drei Tagen stattfinden würde und ein Zettel befanden sich darin. Ich faltete den Zettel auseinander und las.
Liebe Angela
ich hoffe, es ist okay, dass ich dich bei deinem Vornamen anspreche. Ich habe dich bei meinem letzten Kampf gesehen und seitdem bin ich davon besessen, dich kennenzulernen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du zu meinem nächsten Kampf am Samstag kommen würdest und mich ebenfalls auf die After-Show-Parts begleitest.
Drake
Ich nahm die Eintrittskarte heraus und starrte darauf. Es war ein Sitzplatz in der ersten Reihe. Exakt derselbe Platz, wie beim letzten Kampf. Ein aufgeregtes Kribbeln rann durch meinen Körper. Ich konnte mir noch immer nicht erklären, wie Drake mich überhaupt gefunden hatte. Auch war ich mir so sicher gewesen, dass er mich nicht bemerkt hatte. Er hatte nicht ein einziges Mal in meine Richtung gesehen. Wie hatte er mich nur bemerkt? Ich schüttelte den Kopf.
Scheiß drauf, Angela. Hauptsache ist doch, dass du sein Interesse geweckt hast. Das ist schließlich der Grund, warum du in dieser dämlichen Wohnung hockst.
Ich legte die Karte und den Zettel zurück in die Schachtel und schloss den Deckel. Ein Blick auf die Uhr über der Tür zur Küche sagte mir dass ich noch gut eine Stunde hatte, bis ich mich auf den Weg zu meinem neuen ‚Job’ machen musste. Ich würde die Zeit nutzen, um mir ein entspannendes Bad zu gönnen.
Drake
Ich hatte Mühe, mich auf die Vorbereitungen für meinen Kampf zu konzentrieren. Meine Gedanken wanderten wie so oft in den letzten Tagen zu Angela. Ob sie meiner Einladung folgen würde? Ich konnte mir nicht erklären, warum die Kleine mir so unter die Haut ging. Ich mochte Frauen und hatte einen ziemlichen Verschleiß, doch nie hatte ich wegen einer Frau so den Kopf verloren.
„Drei Minuten“, drang Gregorys Stimme durch meine Gedanken.
Ich nickte, auf der Stelle hüpfend und dabei Schatten boxend. Ich zwang mich, mich auf meine Atmung zu konzentrieren, als ich meine Rechte vorschnellen ließ. Dann die Linke. Gregory klopfte mir auf die Schulter.
„Vergiss nicht, was wir besprochen haben. Du musst Slayer so schnell wie möglich auf die Matte schicken. Am Boden ist er schwach. Solange ihr beide aufrecht steht, ist seine Linke mordsgefährlich. Pass auch auf seine Fußstellung auf. Er verrät sich stets, ehe er zuschlägt. Er ...“
„Ja, ja!“, unterbrach ich meinen Coach. „Ich hab’s kapiert, okay?“
„Das verdammte Weibsbild ist Gift für dich, Drake“, brummte Gregory, der genau zu wissen schien, was in meinem Kopf vorging. „Du könntest der größte Kämpfer aller Zeiten sein, eine Legende, wenn dein verdammter Schwanz nicht wäre!“
„Ich bin der verdammt noch mal größte Kämpfer“, sagte ich kalt. „Und ich werde es dir gleich beweisen, wenn ich Slayer kalt mache!“
„Das hoffe ich!“, gab Gregory angepisst zurück. „Ich hab ...“
Ein Klopfen an der Tür ließ Gregory im Satz inne halten.
„Okay! Los geht’s!“, sagte er und öffnete die Tür.
Angela
Mit klopfendem Herzen saß ich auf meinem Platz und wartete darauf, dass der Hauptkampf des heutigen Abends beginnen würde, als es plötzlich dunkel wurde. Ekstatische Rufe erklangen, als Lichter durch den abgedunkelten Saal zuckten und die Titelmusik von Rogers erklang. Zu den harten Beats und unter tosendem Beifall erschienen Rogers und sein Team im Eingang, und bahnten sich ihren Weg durch die Menge. In der Mitte, die meisten seines Teams um Haupteslänge überragend, ging Rogers, Gesicht konzentriert und Schweiß auf seiner Stirn glänzend. Die Euphorie im Saal war ansteckend und ich vergaß für eine Weile dass dieser Mann des Mordes verdächtigt wurde und ich ihn ausspionieren sollte. In diesem Moment war ich genauso aufgeregt und mit Adrenalin angefüllt, wie der Rest der Zuschauer. Kurz vor dem Oktagon blieb die Gruppe stehen und Rogers Cut-Man rieb das Gesicht seines Schützlings mit Vaseline ein. Der Coach reichte den Mundschutz, den Rogers in seinem Mund verschwinden ließ, ohne aufzusehen. Dann betrat er, unter der Ankündigung des Ringsprechers, den Oktagon. Er lief eine Runde, den Fans die erhobene Faust präsentierend. Für einen kurzen Moment trafen sich unsere Blicke und mein Magen flatterte nervös. Rogers Miene verriet nicht, was er dachte oder fühlte. Dann ging sein Blick weiter und ich holte tief Luft, denn ich hatte unwillkürlich den Atem angehalten, als Rogers mich angesehen hatte.
Während des gesamten Kampfes konnte ich nicht aufhören daran zu denken, dass Rogers mich zu der After-Show-Party eingeladen hatte. Da mein Auftrag ja darin bestand möglichst nahe an Rogers heran zu kommen, konnte ich dieses Angebot wohl kaum ausschlagen, auch wenn mir bei der Aussicht beinahe schlecht vor Aufregung wurde. Ich hätte diesen Auftrag nicht annehmen sollen. Aus irgendwelchen Gründen ging mir Rogers mehr unter die Haut als mir lieb war und das war gar nicht gut. Es war sogar ausgesprochen gefährlich, nicht zu vergessen: unprofessionell. Als der Kampf vorbei war und Rogers als Sieger gefeiert wurde, wurde mir bewusst, dass ich kaum etwas vom Kampfgeschehen mitbekommen hatte. Zu sehr war ich in meinen Gedanken gefangen gewesen.
„Miss Salvatore?“, erklang eine Stimme neben mir.
Ich blickte auf in das Gesicht eines Jungen, nicht älter als sechzehn oder siebzehn. Mir fiel auf, dass er trotz seines jungenhaften Aussehens einen erstaunlich trainierten Körper hatte. Wahrscheinlich ein Nachwuchskämpfer.
„Ja?“
„Drake hat mich beauftragt, Sie zum Wagen zu begleiten.“
„Zum Wagen?“
„Ja ... ja, zum Wagen“, wiederholte der Junge, der jetzt deutlich nervös wirkte. „We-wegen der Party. Er sagte, Sie würden kommen und ...“
„Ahh, wegen der Party“, fiel ich ihm ins Wort. „Natürlich. Ich komme.“
Der Junge schien erleichtert.
„Gut. Wenn Sie mir bitte folgen würden.“
Ich erhob mich von meinem Sitz, meine Handtasche fest gegen meinen Körper gepresst, und folgte dem Jungen durch die Menge zu einer Metalltür am Ende des Saals. Er öffnete die Tür und deutete mir, voran zu gehen. Zwei bullige Türsteher erwarteten mich draußen. Sie sahen nicht gerade vertrauenserweckend aus, doch das sollten sie wohl auch nicht. Sie nickten mir zu, sagten jedoch kein Wort, als ich an ihnen vorbei ging. Ich war froh, dass ich meine Waffe in der Handtasche hatte. Für alle Fälle.
Der Junge war jetzt an meiner Seite und ich folgte ihm zu einem schwarzen SUV. Ein Fahrer stand neben dem Wagen und nickte mir grüßend zu, ehe er die Tür öffnete um mich einsteigen zu lassen. Der Junge setzte sich auf den Beifahrersitz und wandte sich zu mir um, als der Fahrer den Wagen anließ.
„Die Fahrt dauert etwa zwanzig Minuten. Da ist eine Minibar – falls Sie ... falls Sie etwas trinken möchten.“
„Danke. Ich könnte tatsächlich einen Schluck vertragen“, sagte ich und öffnete das Barfach.
Die Party fand in einem Fitness Center statt, wahrscheinlich trainierte Rogers hier. Der Junge, der mich hierher gefahren, und sich mir als Tamtam vorgestellt hatte, begleitete mich zum Eingang. Zwei bullige Typen fungierten als Türsteher. Sie musterten mich abschätzend, dann nickten sie Tamtam zu und machten Platz. An Tamtams Seite betrat ich das Gebäude. Drinnen waren schon eine Menge Leute versammelt. Sie standen in Gruppen, Drinks in ihren Händen und diskutierend – hauptsächlich über den Kampf.
„Kommen Sie!“, sagte Tamtam und bahnte sich einen Weg durch die Menge.
Ich folgte ihm, meinen Blick unauffällig durch die Eingangshalle gleiten lassend. Von Rogers war nichts zu sehen. Entweder befand er sich in einem anderen Raum, oder er war noch gar nicht hier. Letzteres erschien mir wahrscheinlicher. Sicher würde er erst einmal verarztet werden, dann würde er duschen und sich umziehen, ehe er hier seinen Auftritt machte. Ich versuchte, die unwillkommenen Gedanken an Rogers unter der Dusche zu verdrängen. Der Kerl war ohne Zweifel ein Hingucker, doch wahrscheinlich war er auch ein sadistischer Killer. Ich hatte die Leiche der geschändeten Frau mit eigenen Augen gesehen, wusste, wozu der Täter fähig war, und es sah nun einmal alles danach aus, dass die Tat von Rogers begangen wurde. Zwei Frauen in seinem Umfeld tot – ermordet – das war ein wenig zu viel für blanken Zufall.
Wir betraten einen großen Raum, der wahrscheinlich sonst für Aerobic oder so genutzt wurde. In der Ecke hatte man eine Bühne aufgebaut, auf der eine Band ihre Instrumente aufbaute und verkabelte. Im Moment lief noch Musik aus der Stereoanlage, die in einer anderen Ecke stand. Es gab zwei Stände, an denen Getränke ausgeschenkt wurden.
„Möchten Sie etwas trinken?“, fragte Tamtam, wobei er es vermied, mich direkt anzusehen. Der Junge schien für einen Kämpfer verdammt schüchtern zu sein.
„Ja, das wäre nett.“
„Okay.“
Tamtam marschierte auf den nächstgelegenen Stand zu und ich folgte ihm. Es waren nur wenige Leute in diesem Teil des Fitness Centers. Wahrscheinlich warteten sie alle im Eingang um den Champion begrüßen zu können, wenn er auftauchte.
Die Frau am Getränkestand sah gelangweilt von ihrem Handy auf als Tamtam sich räusperte.
„Können wir ...“ er wandte sich unsicher zu mir um. „Was möchten Sie denn trinken?“
„Ein Bier wäre fein.“
„Können wir zwei Bier haben?“
Die gelangweilte Blondine nickte und holte zwei Flaschen aus dem Kühlschrank.
„Braucht ihr Gläser?“, fragte sie, die Flaschen vor uns hinstellend.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein“, erwiderte auch Tamtam.
Er nahm den Öffner, der auf dem Tresen lag, und öffnete eine Flasche, um sie mir zu geben, ehe er sein eigenes Bier öffnete.
„Ich ... ich soll Ihnen Gesellschaft leisten, bis ... bis Drake kommt.“
„Okay. – Was denkst du, wann er hier auftaucht?“
„Och! Keine Ahnung. In ’ner Stunde oder so. Vielleicht auch später.“
Seufzend nahm ich einen Zug von meinem Budweiser. Das konnte ja heiter werden. Jetzt musste ich hier, wer weiß wie lange warten, bis der Kerl endlich erscheinen würde. Und der Junge war mein Babysitter. Im Grunde tat er mir leid. Es schien klar zu sein, dass er sich in seiner Rolle als Aufpasser nicht wohl fühlte.
„Hey! Tamtam! Das war ein ganz respektabler Kampf, letzte Woche, Mann!“, erklang plötzlich eine dunkle Stimme.
Ein drahtiger Typ mit Glatze und Tattoos am ganzen Körper klopfte meinem Babysitter auf die Schulter.
„Danke, Barry“, erwiderte Tamtam und zeigte ein etwas verlegenes Lächeln. „War ja kein schwerer Gegner.“
„Jeder fängt klein an, Junge“, erwiderte Barry. „Und so schlecht ist der Flying Dutchman nicht. Er hat eine ziemlich gute Rechte und er ist schnell auf den Beinen. – Doch du warst taktisch wirklich gut. Du solltest stolz sein und deine Leistung nicht klein reden. Du wirst es nach oben schaffen, da bin ich mir sicher.“
„Danke, Mann. Das ... das ist nett.“
Tamtam errötete. Barry lachte dröhnend und schlug Tamtam heftig auf den Rücken.
„Junge, du bist vielleicht ein Löwe im Käfig, doch außerhalb musst du noch ein bisschen härter werden. Du hast eine wunderschöne Lady an deiner Seite und alles was du kannst ist stammeln und rot werden.“
Tamtam errötete noch tiefer. Jetzt tat er mir wirklich leid. Auch wenn dieser Barry recht hatte. Tamtam musste mehr Selbstbewusstsein entwickeln, wenn er im Leben zurechtkommen wollte. So viel war auch für mich deutlich, auch wenn ich den Jungen kaum kannte.
„Sorry, Lady, hab ganz vergessen, mich vorzustellen. Ich bin Barry.“
„Angela“, erwiderte ich, seine ausgestreckte Hand annehmend.
„Was führt eine Klassefrau wie dich an diesen Ort?“, wollte Barry wissen. „Sicher nicht unser Babyboy hier.“
„Drake hat sie eingeladen“, erklärte Tamtam.
Barry zog eine Augenbraue hoch.
„Soo, hat er das?“
„Ja, das ist richtig“, erwiderte ich.
„Sein vorsichtig, Süße“, sagte Barry ernst. „Drake ist ein Herzensbrecher. Du scheinst in Ordnung zu sein. – Ich meine ... anständig. Nicht wie die Schlampen, die er sonst so abschleppt.“
„Danke, ich nehme das als Kompliment“, sagte ich.
Meine Tarnung war offensichtlich doch nicht so gut, wie ich gedacht hatte. Ich hatte mir Mühe gegeben, die ‚Schlampe’, wie Barry es so charmant ausgedrückt hatte, zu spielen, doch offenbar war mir das nicht so ganz geglückt. Ich hoffte, dass ich wenigstens Rogers besser in meiner Rolle überzeugen konnte. Wenn er denn endlich einmal auftauchen würde.