Читать книгу 666 Der Tod des Hexers - Micha Krämer - Страница 8
ОглавлениеKapitel 4
Sonntag, 8. August 2021, 16:55 Uhr
Betzdorf/Villa Schmitz
Als Thomas Nina zu Hause absetzte, war es beinahe schon fünf Uhr nachmittags. Die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel und stach unerbittlich.
„Wir sehen uns dann morgen früh im Büro“, verabschiedete sie sich, warf die Wagentüre zu und sah dem roten Porsche hinterher, wie er langsam vom Hof rollte, während sie zum Haus ging. Entfernt hörte sie Kindergeschrei und -gejohle. Dann ein Platschen. Sie bog deshalb vor der Haustüre ab und nahm den Weg, der um das Haus herum in den großen Garten hinter dem Anwesen führte. Der Garten der 80er-Jahre-Villa grenzte direkt an den Wald. Doch da, wo bis vor einem Jahr noch große dunkle Fichten gewesen waren, erstreckte sich nun über eine Fläche von mehreren Fußballfeldern eine mondähnliche, braungraue Wüstenlandschaft, aus der lediglich noch die Stümpfe der toten Bäume ragten. Zwei trockene Sommer und Tausende kleiner Borkenkäfer hatten den fast hundertjährigen Bäumen den Todesstoß verpasst. Den Rest hatte eine riesige Erntemaschine erledigt. Innerhalb von zwei Tagen war der Wald verschwunden. Wahrlich ein Jammer. So wie hier sah es fast überall im Westerwald aus. Kahlflächen und abgestorbene Bäume, wohin das Auge reichte. Fast dekadent mutete da der große Pool an, der sich an die Terrasse der Villa anschloss und in dem der kleine Matteo gerade mit einem Platscher nur knapp neben seiner Schwester Chiara landete. Nina war schon froh, dass die Zwillinge mittlerweile schwimmen konnten. Dennoch achteten sie und Klaus peinlichst darauf, dass die beiden nicht unbeaufsichtigt im und um den Pool herum spielten. Von Klaus war allerdings weit und breit nichts zu sehen, und die einzige Erwachsene, die das Planschen hätte beaufsichtigen können, schien zu schlafen. Sarika lag, lediglich mit einem Bikini bekleidet, bäuchlings auf einer der Liegen und sonnte sich. Ihr Blick war zur Seite gerichtet. Wegen der großen Sonnenbrille konnte Nina nicht wirklich sehen, ob die Augen des großen und ausgesprochen hübschen Mädchens geöffnet oder geschlossen waren.
Nina setzte sich auf die Liege neben sie und betrachtete die Achtzehnjährige einen Moment. Die ansonsten sehr helle Haut des Mädchens schimmerte bereits rötlich. Besonders die rechte Schulter, die nicht von den langen, dunklen Haaren bedeckt war, sah beängstigend aus. Das war bereits ein ausgewachsener Sonnenbrand.
„Sarika? Hallo, Liebes …“, flüsterte Nina und stupste sie mit dem Finger an. Doch außer einem Grunzen, welches sogar irgendwie recht lustig klang, und einem Zucken kam da nichts. Sie musste wohl ein wenig rabiater werden.
„Sarika, aufwachen“, sagte sie nun etwas lauter, rüttelte an dem Mädchen und zog ihr mit der anderen Hand die Sonnenbrille ab. Sarika schreckte auf und hielt sich die Hand vor die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen.
„Was … wie?“, fragte sie und starrte Nina ziemlich verpeilt an.
„Du, Sari … Ich will ja nicht meckern, aber findest du das ’ne tolle Idee, hier halb nackig in der prallen Sonne zu pennen?“, musste Nina jetzt mal die besserwisserische Stiefmutter raushängen lassen.
„Ähm, wieso … stört’s dich?“, fragte das Mädchen verdattert.
„Nee, eigentlich nicht. Aber du solltest dich entweder in den Schatten legen oder dir was anziehen. Du siehst nämlich schon aus wie ein gekochter Hummer“, erklärte Nina den Grund ihrer Sorge. Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie nun zum Beckenrand und begrüßte die planschenden Zwillinge mit jeweils einem dicken Schmatzer.
„Ohh, die Frau Hauptkommissarin beehrt uns mit ihrem Besuch“, hörte sie Klaus von der Terrassentüre her rufen.
Klang da eine Spur Vorwurf mit? War der sauer, weil sie wieder einmal am Wochenende bei der Arbeit gewesen war? Dem Gesichtsausdruck nach nicht. Vielleicht war es mehr ihr schlechtes Gewissen, das sie das glauben ließ. Sie sah kurz zu Sarika, die aufgestanden war und sich vom Beckenrand ins Wasser gleiten ließ. Das fast zu erwartende Zischen, wie wenn man glühendes Eisen ins Wasser tauchte, blieb aus. Dennoch sah der Rücken ihrer Stieftochter nicht wirklich gesund aus.
„Ich zieh mich schnell um und komm dann zu euch in den Pool“, beschloss Nina und ging zu Klaus, der immer noch in der geöffneten Türe zum Wohnzimmer auf sie wartete.
„Magst du nicht erst mal was essen?“, fragte Klaus, als sie sich an ihm vorbeizwängte und ihm einen Kuss auf den Mund drückte.
„Ähm, ja, was gibt es denn?“, erkundigte sie sich, da sie außer den trockenen Keksen vorhin im Besprechungsraum der Wache noch nichts gegessen hatte.
„Vanillewaffeln mit heißen Kirschen und Schlagsahne“, antwortete er.
„Hui, ihr lebt hier nicht schlecht, wenn ich mal nicht zu Hause bin“, fand sie und folgte ihm dann in die Küche.
Als sie Minuten später zurückkam, war Sarika nicht mehr im Pool. Auf dem Tisch neben der Liege, auf der sie vorhin geschlafen hatte, lag aber noch immer ihr Handy. Vermutlich würde sie also gleich wiederkommen. Es gab noch einiges zu klären. Ninas Gedanken waren noch immer bei der Arbeit. Sie konnte, wenn sie einen Fall wie diesen bearbeitete, nicht einfach nach Hause fahren und dann in den Privatmodus wechseln. Noch dazu, wenn jemand aus ihrem unmittelbaren Umfeld in die Sache involviert war. Dass Sarika irgendetwas mit dem Tod von Fabrice zu tun haben könnte, wollte Nina nicht glauben. Zum Ersten, weil sie ihrer Stieftochter eine solche Tat nicht zutraute, und des Weiteren war die Reaktion, als Nina ihr am Morgen von dem eventuellen Ableben von Fabrice berichtete, ziemlich eindeutig gewesen. Sie glaubte Sarika mittlerweile so gut zu kennen, dass sie merkte, wenn das Mädchen sie anflunkerte. Ihre Reaktion auf die Todesnachricht war echt gewesen. Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass sie und Sarika Redebedarf hatten. Klaus hatte Nina vorhin in der Küche von Sarikas blutverschmierter Jacke berichtet, die morgens im Flur gelegen und die er mit in die Waschmaschine geworfen hatte. Sarika hatte Klaus gegenüber erwähnt, dass das Blut von Fabrice stamme. Wie es schien, hatte die Band sich am Abend auf der Fete von ihrem Sänger getrennt. Oder er von ihnen. So genau wusste Klaus das nicht. Nina hingegen wollte es genau wissen. Sie brauchte, um in dem Fall weiterzukommen, jede Antwort und alle Informationen, die sie kriegen konnte.
Bei dem Teamgespräch vorhin auf der Wache hatte Thomas etwas gesagt, das Nina zwar ihm gegenüber als Unfug bezeichnet hatte, das ihr aber dennoch zu denken gab. In dem Video, in dem Fabrice zugab, ein Hexer oder Zauberer zu sein, hatte er die vier Mädels aus seiner Band ebenfalls der Hexerei bezichtigt. Vermutlich nur dummes Geschwätz. Thomas glaubte jedoch zu wissen, dass es bei den mittelalterlichen Hexenprozessen übliche Praxis gewesen sei, den Delinquenten die Namen der anderen vermeindlichen Hexen und Ketzer zu entlocken, um diesen dann ebenfalls den Prozess zu machen. Thomas war davon überzeugt, dass die Mädchen in Gefahr waren. Nina wollte das nicht glauben, dennoch ging es ihr aber auch nicht aus dem Kopf. Was, wenn Sarika das nächste Opfer sein könnte? Sie mussten diesen Irren, falls es ihn gab, finden, bevor er erneut tötete. Heikes These, die Tat sei nur eine Inszenierung, um vom wahren Motiv abzulenken, wollte Nina nicht ausschließen, hielt sie aber dennoch für den Holzweg.
Als Thomas die Haustüre aufschloss, roch er es bereits. Alexandra hatte gebacken. Doch wie es schien, war niemand zu Hause. Noch nicht einmal die beiden Wuffis Alba und Oscar begrüßten ihn wie sonst. Das Haus war komplett verlassen und wirkte wie ausgestorben. Er ging ins Wohnzimmer und sah durch den Erker hinaus in den Garten. Keine Spur von den Kindern, den Hunden oder seiner Liebsten. Er bemerkte das offen stehende Gartentürchen, durch das man in das Naturschutzgebiet gelangte, das direkt an sein Grundstück grenzte. Dann entdeckte er sie in einigen Hundert Metern Entfernung unten im Tal. Seine Lieben traten gerade aus dem Wald auf die Wiese. Sein Magen meldete sich mit einem üblen Knurren. Es wurde Zeit, dass er endlich was zu essen bekam. Er ging in die Küche und entdeckte die beiden mit Tüchern abgedeckten großen Schüsseln auf der Anrichte. Vorsichtig hob er zuerst das eine und dann das andere Tuch hoch. Kekse und nochmals Kekse stellte er enttäuscht fest. Beide, wie es schien, mit Schokolade. Die einen mit bunten Streuseln, die anderen ohne. Er widerstand der Versuchung. Kekse hatte es eben auch schon im Besprechungsraum gegeben, und ebenso wie dort hielt er sich auch hier zurück. Im Kühlschrank, den er im Anschluss unter die Lupe nahm, wurde er dann fündig. In einem Glasbehälter mit grünem Plastikdeckel entdeckte er ein bereits gebratenes Grillsteak vom Vorabend und einen Rest Nudelsalat. Super, das passte ihm gerade in den Kram. Von den leckeren Keksen könnte er sich dann morgen welche mit auf die Arbeit nehmen.
„Papa, Papa, guck mal, wir haben Blumen gepflückt, die man essen kann“, stürmte Leah, gefolgt von den beiden Hunden, in die Essküche, als er gerade den benutzten Teller in die Spülmaschine stellte.
Thomas blickte auf das Grünzeug in den Händen seiner Tochter. Kinder kamen ja manchmal auf Ideen … unfassbar!
Er hob sie auf den Arm und drückte sie.
„Nein, Schatz, Blumen aus dem Wald kann man nicht essen. Da bekommst du nur Bauchweh.“
„Leah, der Papa hat keine Ahnung. Das ist Sauerampfer, den kann man sehr wohl essen, nachdem man ihn gewaschen hat“, fiel Alexandra, die ebenfalls von dem Grünzeug in Händen hielt, ihm jetzt auch noch in den Rücken.
„Sauerampfer? Bist du dir sicher?“, fragte er ungläubig.
„Jepp. Ganz sicher. Damit machen wir heute Abend einen leckeren Salat“, erklärte sie. Thomas nickte, obwohl er sich nicht sicher war, was er davon halten sollte. Am besten, er würde das gleich mal im Netz recherchieren. Bei Alex wusste man in solchen Dingen nie.
Als Thomas am nächsten Morgen das Büro betrat, saß Nina bereits an ihrem Schreibtisch und las auf dem Monitor. Es roch nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Das war sehr gut. Da musste er sich schon nicht darum kümmern, welchen zu kochen.
„Moin, Kübler“, begrüßte sie ihn, sah dabei nur kurz auf und widmete sich dann wieder ihrer Lektüre. Er hängte seine Jacke an die Garderobe, stellte seine alte Ledertasche neben dem Schreibtisch ab und bediente sich dann wie jeden Morgen erst einmal an der Kaffeemaschine.
„Und, gibt es was Neues?“, erkundigte er sich, nachdem er an seinem Platz saß und damit begann, seine Tasche auszuräumen.
„Der Obduktionsbericht von Fabrice Gladenberg ist da“, antwortete sie.
„Es ist also jetzt sicher, dass es sich um den vermissten Fabrice handelt“, schlussfolgerte er aus Ninas Aussage.
Nina nickte und murmelte etwas, das wie ein „Ja“ klang.
„Und?“, fragte er nach. Er hasste es, wenn man Leuten alles aus der Nase ziehen musste. Konnte die Kollegin nicht einfach mal innehalten und ihn in einem netten, knappen Gespräch ins Bilde setzen? So wie man das unter befreundeten Kollegen tat?
„Wie, und?“, antwortete sie stattdessen ziemlich patzig.
„Na … Was steht drin?“, wurde er deutlicher.
„Keine Ahnung, Kübler, ich komme ja nicht zum Lesen, weil du mir ständig dazwischenquatschst“, antwortete sie noch pampiger. Thomas ballte die Faust. Ninas morgendliche Launen waren gelegentlich nicht auszuhalten. An Tagen wie heute bereute er es, dass sie sich wieder ein Büro teilten. Er hätte dem nie zustimmen dürfen, als Kriminalrat Dirken vorschlug, dass er und Nina der Effektivität wegen wieder in ein gemeinsames Büro ziehen sollten. Er schloss die Augen und atmete mehrmals tief ein und aus. Dann, als er sich wieder etwas beruhigt hatte, startete er den Laptop. Während das Gerät hochfuhr, packte er sein Frühstück aus. Er liebte es, morgens in aller Ruhe im Büro zu frühstücken und dabei erst einmal einen Blick in die Zeitung zu werfen. Eine Ruhe, die es zu Hause bei zwei schulpflichtigen Kindern, kläffenden Hunden und seiner hyperaktiven Frau nur selten gab. Er öffnete die Brotdose und hob vorsichtig die oberste Scheibe des Vollkornbrotes an, um zu sehen, was sich darunter befand. Käse und Wurst, stellte er zufrieden fest, nahm die Stulle und biss hinein. Während er kaute, holte er die zweite Kunststoffdose aus seinem Ranzen, öffnete sie und stellte sie neben das Telefon auf den Schreibtisch. Die Kekse hatte er sich am Abend zuvor bereits selbst eingepackt. Als Nachtisch quasi. Was in der Welt geschah, interessierte Thomas nicht wirklich, weshalb er die ersten Seiten der Zeitung direkt überschlug und sofort mit dem Regionalteil begann. Es war ja schon irgendwie makaber. Auf der zweiten Seite mit den Nachrichten aus der Region wurde von dem Open-Air-Konzert „Rock am Hang“ berichtet. Eines der drei Fotos zeigte die Band Witchwar mit Frontmann Fabrice Gladenberg, Gitarristin Sarika Zielner und einem weiteren Mädchen mit Gitarre. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein Bericht über das Feuer an der roten Kapelle in Friesenhagen, bei der ein laut der Presse bisher noch nicht identifizierter Leichnam gefunden worden war. Wie nahe Leben und Tod doch manchmal beieinanderlagen! Auf der linken Seite war der junge Kerl noch voller Leben gewesen … und rechts bereits tot.
Nina hatte morgens früh noch nie etwas essen können. Sie schielte zu Kübler, der ihr gegenüber an seinem Schreibtisch saß, Zeitung las und zwischendurch immer wieder an seinem Brot knabberte. Konnte der das nicht zu Hause machen? Jeden Morgen das gleiche Drama. Noch bevor der Kollege einen Handschlag tat, war der schon beim Frühstück.
„Der Kopf des Jungen wurde mit einem Beil vom Rumpf getrennt. Der Täter hat wohl mehrmals zuschlagen müssen. War anscheinend ziemlich stumpf, das Ding. An den zersplitterten Halswirbelknochen konnte Wagner trotz der Brandspuren Rostpartikel feststellen“, lies sie ihn jetzt einfach einmal an dem, was sie gerade gelesen hatte, teilhaben. Thomas verzog das Gesicht und legte sein angeknabbertes Pausenbrot zurück in seine Frühstücksbox. Ein Umstand, der Nina das erste Lächeln für den noch jungen Tag entlockte.
„Klingt nach dem Beil, das wir hinter der Kapelle gefunden haben. Da war ja auch noch Blut dran“, erzählte er nichts Neues. Nina war schon gestern davon ausgegangen, dass es sich um ein Tatwerkzeug handelte. Die Frage war nur, warum der Täter es zurückgelassen hatte.
Sie sah zu Kübler, der in Gedanken versunken aus dem Fenster schaute.
„Was überlegst du?“, erkundigte sie sich.
„Boah … der arme Kerl“, meinte er nur und griff dann wieder nach seinem Brot.
„Angeblich hat er davon nichts mehr gemerkt, da er da bereits tot war“, wusste sie.
„Aha. Und woran ist er nun gestorben?“, wollte Kübler wissen und legte die Zeitung beiseite.
„Sieben Messerstiche in den Brustkorb“, berichtete sie.
„Puhhhh … Das nenne ich mal übertötet. Der Bursche wurde mehrmals erstochen, enthauptet und dann noch verbrannt“, zählte Kübler auf, schloss den Deckel der Brotdose und steckte sie zurück in seine Tasche.
„Ja. Vorher hat er … oder sie … ihm noch den rechten Daumen und den Zeigefinger zerquetscht“, berichtete sie ein weiteres abscheuliches Detail, stand dann auf und stibitzte sich einen Keks von Küblers Schreibtisch.
„Hat Alex gestern mit den Kindern gebacken“, berichtete Kübler stolz.
Nina hielt inne und besah sich den Keks.
„Und was ist da drinnen?“, erkundigte sie sich vorsichtig. Wenn ihre Freundin Alexandra backte, kochte oder auch nur Essbares einkaufte, musste man auf der Hut sein. Alexandra liebte es, Dinge auszuprobieren. Hinzu kam ihr Ökotick. Wurst ohne Fleisch, veganer Käse, Salat aus Wiesenblumen und, und, und.
„Ganz normal, was da halt so rein muss. Mehl, Butter, Zucker und so“, erklärte Kübler.
„Und was ist der Unterschied zwischen den herzförmigen mit bunten Streuseln und den Monden ohne Streusel?“, war Nina immer noch nicht überzeugt.
„Na, was wohl? Die einen haben Streusel und die anderen nicht. Die Streusel hat Leah draufgemacht“, antwortete Kübler.
Nina tunkte ihren Keks kurz in den Kaffee und probierte dann davon. Er war lecker und fluffig und wesentlich besser als die Industriekekse im Besprechungsraum.
„Was steht denn heute so an?“, wollte Kübler wissen.
„Um neun ist Teambesprechung mit Staatsanwalt Lambrecht. Anschließend fahren Heike und ich noch mal zu Frau Gladenberg“, zählte sie auf und merkte sogleich, wie der Gedanke an den Besuch bei der Mutter des verstorbenen Fabrice ihr wieder aufs Gemüt drückte.
„Und was mach ich?“, hakte Kübler nach.
Nina nahm die Namensliste vom Schreibtisch, die Sarika ihr gestern Abend noch gegeben hatte, und reichte sie Thomas.
„Das ist eine Liste aller Personen, die am Abend vor der Tat mit unserem Opfer gemeinsam gefeiert haben. Die telefonierst du zusammen mit Sandra ab, bestellst die Leutchen ein und befragst sie. Am besten, du fängst da gleich schon mal mit an“, wies sie ihn an.
Thomas überflog die Liste und sah dann erstaunt auf.
„Da steht auch deine Stieftochter drauf“, stellte er fest.
„Ich weiß. Deshalb führen ja auch Sandra und du die Befragungen durch und nicht ich“, erklärte sie ihm. Nina hatte gestern Nachmittag noch lange mit Sarika über Fabrice und die Umstände seines Todes gesprochen. Sie war erstaunt zu hören, dass ihre Stieftochter bereits über den brennenden Holzpolder mit der geköpften Leiche Bescheid wusste. Wie es schien, war der Bruder ihrer Freundin Selina einer der Feuerwehrleute gewesen, die den Brand gelöscht hatten. Dass die Leute in den Käffern auch immer so viel tratschen mussten, ärgerte sie. Es gab nun mal auch Täterwissen, das im Kreise der ermittelnden Beamten bleiben musste. Wenn selbst Sarika schon wusste, was an der Kapelle in Friesenhagen passiert war, dann wusste es nun vermutlich auch schon das ganze Dorf. Alles in allem sehr ärgerlich.
Sie sah, wie Thomas zum Hörer griff.
„Lass mal. Vielleicht solltest du doch noch warten“, entschied sie sich um.
Er sah sie fragend an.
„Wie jetzt? Warum das denn?“, blaffte er genervt.
„Planänderung. Wir beide fahren jetzt und sofort zu Frau Gladenberg. Ich möchte es hinter mich bringen, bevor sie es von irgendwem anders erfährt“, entschied sie. Ihre Kollegin Heike, die lediglich eine halbe Stelle innehatte, würde erst um kurz vor neun in der Dienststelle erscheinen. Die Besprechung dauerte mindestens eine Stunde. Hinzu kam die Fahrt bis Harbach. Nein, wenn Kübler jetzt damit begann herumzutelefonieren, um die Jugendlichen zu der Befragung herbeizuzitieren, musste er ihnen zumindest im Ansatz den Grund dafür sagen. Dass ein Mensch in dem Feuer an der Kapelle verbrannt war, wussten die vermutlich eh schon alle, da der Dorffunk bestens funktionierte. Nina wollte nicht, dass Frau Gladenberg über Dritte vom Tod ihres Sohnes erfuhr.
„Meinst du, wir sind dann bis um neun zur Besprechung wieder hier?“, jammerte Kübler, von dem sie wusste, dass er am liebsten den ganzen Tag an seinem Schreibtisch hockte, um seine Arbeit von hier aus zu erledigen. Thomas fuhr nicht gerne raus zur Kundschaft.
„Ist mir egal. Dann müssen die anderen halt kurz auf uns warten. Ich möchte der Frau jetzt sagen, was mit ihrem Sohn ist, bevor sie es von jemand anderem erfährt“, beschied sie ihn, griff ihre Wagenschlüssel und stand auf.
Der Anruf von Kriminaloberkommissar Thomas Kübler kurz nach elf war für Sarika nicht überraschend gewesen. Nina hatte ihr bereits am Vorabend erklärt, dass Thomas oder eine Kollegin sie anrufen würde, um sie zu einer Zeugenbefragung vorzuladen. Sarikas vor zwei Jahren verstorbene Mutter war Anwältin gewesen. Sie kannte den Unterschied zu einer Befragung als Zeugin und einem Verhör als Beschuldigte. Nina hatte ihr eingeschärft, die Wahrheit zu sagen und auch das Blut auf ihrer Jeansjacke zu erwähnen. Die gewaschene und zwischenzeitlich bereits wieder getrocknete Jacke steckte in einem Müllbeutel, den Sarika mit zur Wache nehmen würde. Obwohl von dem Blut nichts mehr zu sehen war, würden die Spezialisten der Polizei es noch nachweisen können. Es war besser, direkt mit offenen Karten zu spielen, alles ehrlich zu erklären, anstatt etwas zu verschweigen und nachher doof aufzufallen.
Ninas Antwort auf die Frage, warum sie denn überhaupt noch einmal aussagen müsse, wo sie ihr doch schon alles erzählt hatte, war ihr nach kurzer Überlegung dann auch einleuchtend gewesen. Nina war ihre Stiefmutter. Das, was sie zu Hause besprachen, blieb innerhalb der heimischen vier Wände. Damit man später Nina und auch Sarika kein Gemauschel, Verschleierung oder sonst etwas vorwerfen könnte, musste ihre Aussage von einem anderen Beamten, mit dem sie weder verwandt oder verschwägert war, aufgenommen werden.
Dass Sarika Fabrice geschlagen hatte, tat ihr mittlerweile leid. Es war auch normal gar nicht ihre Art, auf andere Menschen einzuprügeln. Doch der Typ hatte sie dermaßen provoziert und beleidigt, bis bei ihr eine Sicherung durchgebrannt war. Was Fabrice ihr alles an den Kopf geworfen hatte, bekam sie in ihrem dusseligen Hirn schon gar nicht mehr zusammen. In Erinnerung waren ihr noch die „blöde Bitch“, die „Möchtegern-Gitarristin“ und die „Assi-Combo“ geblieben. Als Letztere hatte er die Band bezeichnet, mit der er, das Mega-Gesangstalent, von der Minute an nichts mehr zu tun haben wollte. Der Typ hatte echt gemeint, dass er für die Band zu gut sei. Dabei war er der einzige Schwachpunkt von Witchwar gewesen. Klar, er hatte auch die Texte zu der von ihr komponierten Musik geschrieben. Aber die waren ebenfalls durch die Bank einfach nur kacke und unterste Schublade.
Gestern Morgen hatte sie noch gedacht, dass sie einfach einen neuen Sänger oder eine Sängerin suchen müssten, damit es mit der Band weiterging. Mittlerweile, nachdem jetzt klar war, dass Fabrice tot war, glaubte sie nicht mehr an die Weiterführung des Projekts Witchwar. Fast ein Jahr Probe, Hunderte Stunden, in denen sie geübt und die Songs entwickelt hatten, waren nach nur drei Auftritten im Endeffekt für die Katz gewesen.
Im nächsten Frühjahr machten sie und Selina ihr Abitur. Danach würden ihre Wege sich vermutlich trennen. Lena war bereits fertig mit der Schule und begann demnächst ein Studium in Frankfurt. Fortan würde die Schlagzeugerin nur noch am Wochenende Zeit haben, da sie die Woche über ein Zimmer in der Mainmetropole bewohnte. Fabienne Luca, die Rhythmus-Gitarristin der Band, studierte BWL in Siegen und dachte seit Wochen laut über ein Auslandssemester in den USA nach. Nein, wenn Sarika ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie zugeben, dass die Band bereits Geschichte war, bevor es richtig begonnen hatte.
Obwohl sie in der letzten Nacht wegen des Sonnenbrandes und der ganzen blöden Gedanken kaum geschlafen hatte, fühlte sich Sarika, als sie die Polizeiwache in der Friedrichstraße betrat, hellwach und topfit. Vermutlich lag es daran, dass sie total aufgeregt war, obwohl sie ja eigentlich gar nichts getan hatte. Mit dem Mord an Fabrice hatte sie nichts zu tun und musste sich eigentlich daher auch keine Sorgen machen. Über die Sprechanlage meldete sie sich bei dem uniformierten Beamten an der Pforte an. Dann wartete sie brav, bis eine Polizistin in Zivil sie abholte. Gesehen hatte sie die Frau schon mal, die sich ihr als Kriminaloberkommissarin Sandra Frings vorstellte. Sie folgte ihr zu einem Raum in der zweiten Etage, in dem Kübler bereits wartete. Auf dem Tisch vor ihm lag ein Schreibblock, daneben ein Mikrofon. In der Ecke entdeckte sie eine Kamera. An der Wand rechts von ihr gab es eine große verspiegelte Scheibe.
„Hallo Sarika, schön, dass du so schnell Zeit für uns hast“, begrüßte Kübler sie freundlich und mit Du und reichte ihr die Hand.
Auf dem Weg hierher hatte sie überlegt, wie sie ihn ansprechen sollte. Normalerweise duzten sie sich, wenn sie sich trafen. Thomas war ein Freund ihres Vaters und ihrer Stiefmutter. Gelegentlich hatte sie auch schon mal auf deren Kinder aufgepasst, wenn Inge und Hans Peter keine Zeit hatten, weil sie wieder mal mit dem Wohnmobil durch die Weltgeschichte fuhren.
„Ja, kein Problem. Ist doch selbstverständlich“, erklärte sie und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr anbot. Zu ihrer Verwunderung blieb die Polizistin nicht bei ihnen, sondern ließ sie mit Kübler allein. Sarika kannte Thomas Kübler seit nunmehr anderthalb Jahren. Praktisch seit dem Tag, als sie nach Betzdorf gekommen war. Er war ihr nicht unsympathisch. Nein, das nicht. Dennoch wurde sie nicht wirklich warm mit ihm. Der Typ hatte das, was man im Volksmund auch gerne mal als einen Stock im Arsch bezeichnete. Auf den ersten Blick ein Spießer. Ein Klischeebeamter aus dem Bilderbuch. Andererseits war der aber auch mit einer total durchgeknallten Hippietussi verheiratet. Was nun so gar nicht passen wollte. Kurzum, sie wurde aus Kübler nicht schlau. So locker wie gerade hatte sie den Typen überhaupt noch nicht erlebt. Vielleicht war da doch etwas dran, dass Leute auf der Arbeit ganz anders waren als in ihrem privaten Umfeld. Andererseits hätte sie aber auch gedacht, dass es in diesen Fällen genau andersherum wäre. Zu Hause der lustige Familienpapa und im Dienst ein aalglatter Beamter. Bei Kübler schien das umgekehrt.
„Magst du einen Kaffee oder ein Wasser?“, fragte er nun sogar. Mit so einem Service hatte sie bei der Kripo nun gar nicht gerechnet.
„Ein Kaffee wäre toll … aber nur, wenn es keine Umstände macht.
„Nee, kein Problem. Mit Milch?“, erkundigte er sich.
Sie nickte und sah ihm hinterher, wie er den Raum verließ. Ihr Blick fiel auf die verspiegelte Wand rechts von ihr. Ob da jetzt jemand dahinterstand und sie beobachtete? War das mit dem Kaffee vielleicht nur ein Trick, um zu sehen, was sie tat, wenn sie alleine im Raum war? Vielleicht hockten da jetzt sogar mehrere Polizeibeamte und begafften sie. Bei dem Gedanken wurde ihr mulmig.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Kübler mit zwei Tassen in den Händen und einer Brotdose unter den Arm geklemmt zurück. Er schob Sarika eine der Tassen hin, öffnete den Deckel der Brotdose und bot ihr dann noch einen Keks an.
„Umsorgt ihr eure Gäste immer so?“, fragte sie erstaunt und bediente sich. So ein Keks würde schon nicht schaden.
„Nein, nur die netten“, erwiderte er und zeigte dann auf die Tüte neben ihrem Stuhl.
„Was ist denn in dem Müllbeutel?“
Sarika erklärte es ihm knapp, doch er unterbrach sie bereits nach den ersten Sätzen.
„Okay. Ich denke, darüber reden wir dann offiziell, wenn es so weit ist. Ich starte jetzt erst einmal die Aufnahme und dann legen wir los“, meinte er und wollte bereits auf eine Taste neben dem Mikro drücken.
„Ähm, Thomas, muss ich dich, wenn du das aufnimmst jetzt siezen oder …?“, wollte sie auf Nummer sicher gehen.
Er lächelte.
„Nee, wir sind hier ja nicht in der Politik oder auf der Schauspielschule“, antwortete er und startete dann die Aufnahme.
„Befragung der Zeugin Sarika Zielner. Anwesend KOK Kübler. Sarika, du weißt, dass du hier derzeit lediglich als eine Zeugin vernommen wirst und dass du die Wahrheit sagen musst?“, belehrte er sie.
Sarika schluckte und nickte. Thomas lächelte und deutete auf das Mikro.
„Es wäre hilfreich, wenn du mit Ja oder Nein antwortest, da das Mikrofon dein Nicken nicht hört“, meinte er.
Sie beugte sich vor und sprach langsam und deutlich in das Mikrofon.
„Ja, das habe ich verstanden.“
Dann forderte Kübler sie auf zu erzählen, was an dem Abend vorgefallen war. Von Anfang an. Sarika holte tief Luft und begann an dem Punkt, als sie nach dem in ihren Augen ziemlich verpatzten Auftritt die Open-Air-Bühne verließ. Sie erzählte alles und wurde dabei von Minute zu Minute ruhiger. Kübler machte sich währenddessen eifrig Notizen. Einige Male unterbrach er sie, um nach einer Uhrzeit oder einem Namen zu fragen. Bei den Zeiten war Sarika sich ziemlich unsicher, da sie den ganzen Abend und auch in der Nacht nicht ein einziges Mal auf eine Uhr gesehen hatte. Als Kübler, nach etwas mehr als einer Stunde, die Befragung für beendet erklärte, war sie total erleichtert. Nur wenige Sekunden, nachdem er mit einem weiteren Knopfdruck an dem Mikro die Aufnahme beendet hatte, wurde die Türe geöffnet und Nina trat ein. Sie lächelte und schien zufrieden. Sarika war nun davon überzeugt, dass zumindest sie hinter der verspiegelten Scheibe zugehört hatte.
„Siehst du, Liebes? War doch gar nicht so schlimm“, meinte ihre Stiefmutter und wandte sich dann an Thomas.
„Sandra holt gerade die nächsten zwei Kandidatinnen hoch. Mach du bitte mit Selina Marksdorf weiter, ich bringe Sarika und den Jungen in der Zeit hoch zu Torsten, damit er die beiden erkennungsdienstlich behandelt“, sagte sie und stibitzte sich ebenfalls noch einen der Kekse aus der Plastikdose.
Sarika erschrak bei ihren Worten.
„Wie … wieso, erkennungsdienstlich?“, erkundigte sie sich irritiert.
„Das ist reine Routine. Wir brauchen eure DNA und Fingerabdrücke, um sie mit eventuellen Spuren am Tatort oder an Fabrice abzugleichen“, erklärte Nina ruhig.
„Aber …“, versuchte Sarika einzuwenden, doch Nina fiel ihr ins Wort.
„Sarika, das ist ein ganz normaler Vorgang, deine Daten werden auch nur für diesen Fall gespeichert und anschließend wieder gelöscht. Das kann euch Torsten aber im Labor noch mal genauer erklären.“
Sarika folgte ihrer Stiefmum auf den Flur und erfuhr nun, wen diese mit „dem Jungen“ gemeint hatte.
„Hallo Sarika“, grüßte Leon Balke sie und strahlte irgendwie total begeistert.
„Ach, du“, antwortete sie nicht gerade erbaut. Im selben Moment tat es ihr aber bereits leid, dass sie ihn nicht ein wenig freundlicher begrüßt hatte. Leon war ja im Grunde ganz nett. Ein stiller Typ, der sich, bedingt durch seine Art eben halt wunderbar für das Klassenopfer prädestinierte. Dennoch war er hilfsbereit, stets freundlich und hatte sie in der Nacht nach der Party nach Hause gefahren.
„Danke noch mal fürs Nachhausebringen“, schlug sie deshalb nun direkt mal einen versöhnlichen Ton an.
„Keine Ursache. Hab’ ich gerne gemacht. Lag ja auch auf dem Weg“, erklärte er, während sie Nina die Treppe hinauf in die Etage unter dem Dach der Wache folgten. Das Labor der Kripo war kleiner, als Sarika sich das vorgestellt hatte, und auch überhaupt nicht mit den Kriminallaboren zu vergleichen, die sie aus dem Fernsehen von CSI und den anderen Krimiserien kannte. Kriminalhauptkommissar Liebig, dem sie ebenfalls schon einmal bei der Geburtstagsfeier ihrer Stiefmutter begegnet war, klärte sie noch einmal über ihre Rechte und den Datenschutz auf. Dann nahm er sowohl von ihr als auch von Leon eine Speichelprobe sowie Fingerabdrücke.
„Hui, ihr seid hier ja richtig modern“, rutschte es ihr heraus, als Torsten sie aufforderte, ihre Finger über eine Art Scanner zu rollen.
„Wie meinen Sie das?“, fragte er und schien irgendwie ein bisschen beleidigt.
„Ähm … nee … ich wollte Sie nicht beleidigen oder so. Aber ich hatte tatsächlich gedacht, dass man da erst noch die Finger in Tinte wälzen muss, so wie in den Krimis“, bemühte Sarika sich um Schadensbegrenzung und schielte zu Nina, die am Türstock lehnte und wartete.
Während Leon an der Reihe war, sah Sarika sich um. Auf einem Tisch lagen eine Axt sowie mehrere Pinsel. Auf einem anderen entdeckte sie in einer durchsichtigen Plastiktüte einen dunkelgrauen Rucksack, auf dem sich mehrere Aufnäher von Metal Bands befanden. Daneben lag der Müllbeutel mit ihrer Jacke. Sarika trat näher und betrachtete den Rucksack genauer.
„Der ist von Fabrice“, sagte sie tonlos.
„Ja, das wissen wir“, antwortete Nina und zog sie an der Schulter zum Ausgang.
„Ja, is ja gut. Ich fass hier schon nichts an“, beeilte Sarika sich zu sagen.
„Das hat niemand behauptet“, erwiderte Nina. Sarika sagte nichts, sondern beobachtete Hauptkommissar Liebig, wie er weiter Leons Fingerabdrücke scannte.
„Sag mal, Nina, kann man hier bei euch nicht mal ein Praktikum machen?“, fragte sie aus einer spontanen Eingebung heraus.
Nina sah sie erstaunt an.
„Ich dachte, du wolltest Jura studieren?“
Sarika zuckte mit den Schultern. Den Plan, Jura zu studieren, hatte sie bereits seit der Grundschule. Wobei sie sich mittlerweile nicht mehr sicher war, ob die Idee von ihr selbst stammte oder ihr dies von ihrem Opa und ihrer Mutter seit ihrer Geburt eingeredet worden war. Das Kind studiert Jura, wird Anwältin und übernimmt die Kanzlei Zielner, genau wie drei Generationen der Zielners vor ihr. Ja, so war der Plan gewesen.
„Man kann ja mal über den Tellerrand hinausschauen. Ein Praktikum bei der Polizei wird einem ja auch nicht schaden, wenn man später mal böse Jungs verteidigen muss“, antwortete sie, wie sie fand, sehr diplomatisch. Was sie wirklich wollte, ihren Traumjob, den behielt sie lieber für sich. Nur die wenigsten schafften es, vom Gitarrespielen leben zu können. Bei ihrem Papa hatte es auch nicht funktioniert.