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1.3. Grundlegende Prinzipien

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Aktualismus

Wie in anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen gilt auch für die Paläontologie eine Reihe grundsätzlicher Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten, deren Akzeptanz vorausgesetzt werden muss, um Phänomene oder Prozesse verstehen und erklären zu können. Dies gilt insbesondere für erdgeschichtlich weit zurückliegende Zeiten, um die Zahl der Variablen in Grenzen zu halten. Zu diesen Prinzipien und Grundlagen gehören vor allem Gesetzmäßigkeiten aus der Physik, Chemie, Biologie, Geologie und Geographie. Ihnen übergeordnet ist das Axiom der Gleichförmigkeit der Prozesse, nach dem jederzeit und überall dieselben Naturgesetze herrschen und geherrscht haben. Das Prinzip beruht auf der Annahme der stetigen Gültigkeit physikalischer, chemischer und biologischer Gesetzmäßigkeiten früher wie heute (sog. Uniformismus; auch: Aktualismus bzw. Aktualistisches Prinzip; lat. actualis, wirklich). Die Kernaussage dieses Prinzips lautet: Die Gegenwart ist der Schlüssel zur Vergangenheit. Als Folge erlaubt die Beobachtung der heute auf der Erde ablaufenden Prozesse Rückschluss auf Prozesse in der Vergangenheit. Ausnahmen vom Aktualistischen Prinzip werden unter der Bezeichnung Anaktualismus (lat. a, an, nicht) zusammengefasst. Dabei handelt es sich um Phänomene, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mit dem gegenwärtigen Geschehen erklärt werden können, u.a. lang andauernde geologische Prozesse, eine fehlende Vergleichsbasis und unzugängliche Bildungsorte. Das Aktualistische Prinzip wurde 1785 von J. Hutton (1726–1797; Theory of the Earth) formuliert; er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Geologie und erkannte erstmals die langen Bildungszeiträume, die in den Sedimentgesteinen konserviert bzw. überliefert sind. Grundlegende Prinzipien aus dem Gebiet der Geologie sind v.a.

Kreislauf der geologischen Prozesse

• der „Kreislauf der Prozesse“, der durch den „Kreislauf der Gesteine“ nachgezeichnet wird. Für die Paläontologie sind dabei vor allem die exogenen Prozesse von Bedeutung, z.B. Sedimentation im Lebensraum von Organismen, Einbettung oder Transport und Umlagerung von Organismenskeletten, Lösung oder Fällung von Calciumcarbonat. Im Rahmen der Fossilisation sind auch endogene Prozesse von Bedeutung, z.B. durch den fließenden Übergang von der Diagenese zur schwachen Metamorphose, durch höher metamorphe Überprägung von Fossilien oder deren tektonische Verformung.

Lagerungsgesetze von N. Steno

• die drei geologischen Lagerungsprinzipien von N. Steno (N. Stensen; 1638–1687),

1. Stratigraphisches Prinzip oder Superpositions-Gesetz: In ungestörter, konkordanter Schichtenabfolge ist jede Sedimentschicht älter als die darüber liegende und jünger als die darunter liegende. Primäre Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich z.B. bei der Bildung von Flussterrassen und in der lateralen Progradation (Ausbreitung) von Riffkörpern.

2. Prinzip der ursprünglich horizontalen Lage der Schichten: Alle Schichten werden ursprünglich horizontal abgelagert. Ausnahmen bilden u.a. primäre Schrägschichtung in Dünen- und Strandablagerungen, in Vorriff-Schuttkegeln und Flussrinnen sowie kleinmaßstäblich innerhalb von Wellen- und Strömungsrippeln.

3. Prinzip der ursprünglich lateralen Kontinuität: Jede Schicht ist ursprünglich ein zusammenhängendes, tafelförmiges Gebilde eines – theoretisch – unendlichen natürlichen Ablagerungsraumes, welcher erst später durch erosive bzw. tektonische Vorgänge unterbrochen wird. Dieses Prinzip erfährt seine Einschränkung durch das seitliche Auskeilen (Ausdünnen) der Mächtigkeit einer Schicht an den Grenzen eines natürlichen Ablagerungsraumes, also z.B. am Ufer eines Sees oder am Strand des marinen Sedimentationsbeckens.

Aus diesen drei Grundprinzipien ergibt sich das Grundphänomen der Konkordanz (konkordante Schichtenfolge; lat. concordo, übereinstimmen), d.h. der ungestörten, lückenlosen, horizontalen Schichtenfolge als Basis der Biostratigraphie. Erst spätere geologische Ereignisse verändern die ursprünglich konkordante Schichtabfolge. Diese wurden in den Lagerungsgesetzen von J. Hutton formuliert, 1. den Diskordanzen und 2. dem Prinzip der durchkreuzenden Strukturen.

Ablagerungsräume

• das Konzept der Ablagerungsräume (Sedimentationsräume), d.h. ein bestimmter geographischer Bereich sehr unterschiedlicher Ausdehnung, der durch die Kombination bestimmter Umweltfaktoren und geologischer Prozesse gekennzeichnet ist. In Sedimenten und deren Verteilung sind die wesentlichen Informationen zur Rekonstruktion der ehemaligen Umwelt und ihrer Veränderung (Wassertiefe, Schelfgradienten, Strömungen, Klima, Küstenlinien etc.) enthalten. In siliziklastischen Ablagerungsräumen überwiegen siliziklastische Sedimente, die vorwiegend aus Quarz bzw. Silizium-haltigen Mineralen bestehen. Auf dem Festland (kontinental) sind dies u.a. Flusstäler, Wüsten, Binnenseen, glaziale Gebiete. Im Grenzbereich zwischen Festland und Meer gehören dazu Strände, Wattgebiete, Lagunen, Deltas; im Meer der Kontinentalschelf, Kontinentalhang sowie die Tiefsee (Roter Tiefseeton). In chemischen und biogenen Ablagerungsräumen entstehen überwiegend chemische und biogene Sedimente; es sind in erster Linie die marinen Carbonat-Bildungsräume (meist tropisch – subtropisch). Vor allem in flachmarinen Bereichen können bioklastische Sedimente überwiegen, deren Komponenten vorwiegend aus carbonatischen biogenen Klasten (Bioklasten) bestehen. Dazu gehören Riffumgebungen, kalkige Sandstrände, Wattgebiete, flache Carbonat-Bänke und -Plattformen sowie die Tiefsee oberhalb der CCD (Carbonate Compensation Depth; Carbonat-Kompensationstiefe). Die aus den Gehäusen planktischer Einzeller (Foraminiferen: Globigerinen) bestehenden Globigerinen-Schlämme des Bathyals und Abyssals sind somit die tiefsten Carbonat-Sedimente. Unterhalb der CCD kommt es in der Tiefsee zur Anreicherung von Bioklasten wirbelloser oder einzelliger Organismen, die aus Skelett-Opal („Kieselsäure“) bestehen (Schwamm-Nadeln, Radiolarien-Gehäuse, Diatomeen-Skelette). Diese Regionen werden auch als kieselige Sedimentationsräume bezeichnet. Biogene Riffe stellen einen Spezialfall dar, weil sie streng genommen kein Sediment(-gestein) im eigentlichen Sinne darstellen. Gemischte Ablagerungsräume entstehen, wenn die Bildung chemischer und biogener Sedimente durch klastische Schüttungen (vom Festland) unterbrochen wird, die siliziklastische Sedimentation quasi die Carbonat-Sedimentation „erstickt“, weil sie den Bildungsraum der Carbonat-Sedimente beeinträchtigt. Dabei entstehen z.B. Kalkstein-Sandstein-Wechselfolgen, Kalkstein-Mergelstein-Tonstein-Wechselfolgen, Mergel oder Kalksandsteine.

Carbonat-Bildung

• die Grundlagen der Calciumcarbonat-Bildung in den chemischen und biogenen Ablagerungsräumen. Es stammt aus der Abscheidung (Skelettmaterial) von wirbellosen Tieren, aus klastischen Komponenten (zerbrochene, aufgearbeitete Schalen, Skelette usw.) und aus der rein chemischen Ausfällung aus dem (an CaCO3 gesättigten) Meerwasser. Entsprechend dem sog. Sorby-Prinzip (nach H.C. Sorby; 1826–1908) sind Kalksteine weitestgehend (d.h. mehr als 90 % der Carbonat-Sedimente in marinen Ablagerungsräumen) biogene Sedimente. Sie entstehen entweder biotisch kontrolliert, d.h. durch Wachstum und Zerfall Carbonat-produzierender Organismen, oder biotisch induziert, d.h. durch organismische Auslöser ausgefällt, v.a. durch die biochemische Aktivität mikrobieller Organismen, welche das Gleichgewicht zwischen Carbonat-Lösung und Carbonat-Fällung im Meerwasser verschieben. Carbonat-Sedimente sind somit intrabasinalen Ursprungs, d.h. sie entstehen aus Körnern überwiegend organismischen Ursprungs, die im Ablagerungsraum selbst gebildet wurden, und aus Präzipitaten (chemischen Ausfällungen) innerhalb des Ablagerungsraumes. Im Gegensatz dazu sind siliziklastische Sedimente extrabasinalen Ursprungs, d.h. sie entstehen durch den Zerfall von Ausgangsgesteinen („parent rocks“) und werden in den Ablagerungsraum hineintransportiert. Um terrigene (vom Festland herstammende) Sedimente zu produzieren und abzulagern ist tektonische Hebung mit Bildung eines Liefergebietes („source area“) und Subsidenz (Absenkung) mit Bildung eines Sedimentationsbeckens nötig.

Fazies

• das Prinzip der Fazies. Die Fazies (Plur. Fazies; lat. facies, Aussehen, Beschaffenheit, Antlitz) ist die Summe aller sedimentologischen und paläontologischen Merkmale eines Sedimentes bzw. Sedimentgesteins, die eine Charakterisierung des jeweiligen Ablagerungsraumes (unabhängig von der jeweiligen Größe) ermöglicht. Die Fazies ist also das Erscheinungsbild eines Sedimentkörpers, bestehend aus seinem petrographischen Aufbau, seinem Fossilinhalt (biogene Komponenten) und seinen Gefügemerkmalen, als Abbild eines (fossilen) Ablagerungsraumes. Lithotop und Biotop prägen bzw. charakterisieren eine Fazies. Wichtige Merkmale eines Sedimentkörpers sind z.B. seine Geometrie, seine Lithologie, seine Sedimentstrukturen und die Art, Erhaltung und Verteilung der darin enthaltenen Fossilien. Der Faziesbegriff ist für Ablagerungsräume in unterschiedlichem Maßstab verwendbar. Übergeordnet wird zwischen kontinentaler und mariner Fazies unterschieden; letztere kann in flachmarin und tief(er)marin gegliedert werden. Üblich sind überschaubar dimensionierte Räume, wie z.B. Strand-Fazies, Delta-Fazies, Schelf-Fazies, Riff-Fazies, die wiederum in weitere Subfazies (z.B. Vorriff-, Zentralriff-, Rückriff-Fazies) unterteilt werden können. Speziell für carbonatische Ablagerungsräume wurde die Carbonat-Mikrofaziesanalyse (-kunde) entwickelt, die sich der mikroskopischen Faziesmerkmale eines Gesteins bedient und über die Klassifikation der einzelnen Komponenten und der sedimentären Strukturen eine Klassifikation der Gesteine und auf diesem Gerüst aufbauend eine Interpretation fossiler carbonatischer Lebens- und Ablagerungsräume ermöglicht.

Walther’sche Faziesregel

• Für die Entwicklung von Ablagerungsräumen und Organismenvergesellschaftungen in Raum und Zeit spielt die Walther’sche Faziesregel eine wichtige Rolle. Sie besagt, dass in einer sedimentären Abfolge, in der keine Unterbrechungen in der Überlieferung (also Konkordanz) vorliegen, das vertikale Profil der Sediment-Fazies der lateralen Variation der Sediment-Fazies zu einem bestimmten Zeitpunkt (isochrone Bildungen) entspricht. Mit einer Transgression oder Regression verschieben sich sukzessive die jeweils benachbarten Sedimentgürtel und überlagern damit nach einem entsprechenden Zeitraum die ehemals jeweils benachbarte Fazies. In der Stratigraphie hat die Walter’sche Faziesregel deshalb eine so große Bedeutung, weil mit ihrer Hilfe Konkordanz nachgewiesen werden kann. Wird die Walter’sche Faziesregel zwischen zwei ehemals benachbarten Fazieseinheiten im vertikalen Profil nicht eingehalten, muss sich zwischen beiden Fazieseinheiten eine Diskordanz (Schichtlücke) befinden, weil durch Transgression oder Regression keine benachbarten Fazies übersprungen werden können.

Plattentektonik

• das Prinzip der Plattentektonik. Angetrieben durch die Temperatur im bzw. die Energieabgabe aus dem Erdkern seit der Zeit der Entstehung der Erde (–4,6 Mrd. Jahre) unterliegt das Material des Erdmantels thermischer Konvektion, da es sich durch die hohen Temperaturen viskos (zähplastisch) verhält. An der Erdoberfläche wird diese thermische Konvektion in Form der mit unterschiedlicher Geschwindigkeit wandernden Lithosphärenplatten (Plattentektonik) sichtbar. Dabei wird die aufsteigende Konvektion durch divergierende Plattengrenzen mit dem sog. Sea Floor Spreading (Rifting) v.a. im Bereich der Mittelozeanischen Rücken (MOR; z.B. Mittelatlantischer Rücken), aber auch durch Grabenbildung (Ostafrikanischer Graben, Oberrheingraben) und Ozeanentstehung (Rotes Meer) deutlich. Die absteigende Konvektion äußert sich in den konvergierenden Plattengrenzen mit Subduktionszonen, an denen die abtauchende Platte in die Tiefe gezogen wird.

Für Fragestellungen im Rahmen der Paläobiologie, Stammesgeschichte und Evolution müssen grundsätzliche biologische Prinzipien vorausgesetzt werden, z.B. zur Artbildung (Speziation), Vererbung (z.B. die Mendel’schen Regeln) und Evolutionslehre.

Allgemeine Paläontologie

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