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1. Einführung 1.1. Übersicht und Grundbegriffe der Paläontologie

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Bedeutung des Begriffs „Paläontologie“

Paläontologie leitet sich aus den griechischen Wörtern παλαιός [palaiós], alt, ov [on, ontos], das Wesen, das Sein sowie λόγος [lógos], die Lehre ab, d.h. „Lehre vom alten Leben“ bzw. den „alten (= vorzeitlichen) Lebewesen“. A. de Brongniart (1801–1876) benutzte als erster 1821 den Begriff „Paleontologie“, der von H.M.D. de Blainville (1777–1850) und J.G. Fischer von Waldheim (1771–1853) übernommen wurde. Er begann sich ab 1830 an Stelle der älteren Bezeichnung „Oryktologie“ (gr. ορνχτος [oryktós], ausgegraben) und des besonders im 19. Jh. in Deutschland gebräuchlichen, durch A. Quenstedt noch 1849 geprägten Begriffs „Petrefaktenkunde“ (Petrefacten = versteinerte Urkunden) durchzusetzen.

Konzept und Inhalte der Paläontologie

Durch integrative, holistische (ganzheitliche) und fachübergreifende Ansichten und Forschungsrichtungen haben sich Konzept und Inhalte der Paläontologie im Laufe des 19. und 20. Jh. gewandelt, und seit der Einführung des Begriffes sind zahlreiche Teildisziplinen hinzugekommen. Die Paläontologie im 21. Jh. ist eine komplex zusammengesetzte Wissenschaft an der Schnittstelle mehrerer naturwissenschaftlicher Disziplinen, insbesondere zwischen Geologie und Biologie. Daher gleichen sich vielfach Grundlagen und Methoden; sie ist ihre zeitliche (erdgeschichtliche) Komponente. Für den Begriff „Paläontologie“ sind einige Ersatzbegriffe kreiert worden, die aber nur zur Abgrenzung für eigenständige Teildisziplinen genutzt werden können (z.B. Paläobiologie, Geobiologie). Der erweiterte und prozessorientierte heutige Gesamtumfang der Paläontologie wird durch diese Wortschöpfungen nicht ersetzt, weil sie in unterschiedlichem Sinn bzw. Umfang verwendet werden. Entscheidend ist dabei die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Paläontologie“ (gr. λόγος, Lehre, Lehre von …), statt „Paläontographie“ (gr. γραφειν, [be]schreiben); das Wort „Paläontologie“ beinhaltet also über das reine Beschreiben hinausgehende Betrachtungsweisen, sucht nach Erklärungen und erforscht Zusammenhänge und Prozesse. Somit unterscheidet sich der Begriff hinsichtlich seiner Bedeutung nicht von „Geologie“ oder „Biologie“, deren Forschungsschwerpunkte sich in den letzten 100 Jahren ebenfalls deutlich erweitert bzw. verlagert haben, ohne dass neue Begriffe gesucht wurden. Mit dem Aufkommen der Paläontologie wurde auch der Begriff „Neontologie“ als Gegenteil zur Paläontologie geprägt, die Erforschung der rezenten Organismen (= Biologie: Zoologie und Botanik).

Fossilien

Untersuchungsobjekte der Paläontologie sind Fossilien unterschiedlichster Art und Größe. Die Bezeichnung „Fossil“ (lat. fossilis, ausgegraben) wurde erstmals 1546 von G. Agricola (G. Bauer/Pawer; 1494–1555) in seinem Standardwerk De natura fossilium verwendet; es haben sich jedoch schon lange vor Agricola Menschen mit Fossilien oder der Entstehung von Fossilien beschäftigt. Während ursprünglich sämtliche aus dem Boden gegrabenen Objekte als Fossilien galten, also neben Organismenresten auch Minerale, Konkretionen und Artefakte, fand erst im Laufe des 19. Jh. eine Eingrenzung auf solche Objekte statt, die die Existenz früheren Lebens belegen. Fossilien enthalten eine Vielzahl von Informationen zur Erdgeschichte, über die Organismen selbst, ihre Lebensräume, die Umweltbedingungen und die Wechselwirkungen zwischen der Biosphäre und den übrigen Sphären. Sie decken dabei einen Zeitraum von mindestens 3 Mrd Jahren ab; ohne Fossilien wären die Vorstellungen über diese Lebewelt eine Mischung aus Theorie und Fiktion.

Fossilien (auch: Versteinerungen; ehemals: Petrefacten) sind weitgehend und sehr unterschiedlich „versteinerte“ (= fossile) Reste von „vorzeitlichen“ Organismen oder deren Spuren. Die meisten Fossilien sind in Sedimenten oder Sedimentgesteinen enthalten, gelegentlich auch in schwach bis mäßig stark metamorph überprägten Gesteinen. Als Begriffspaar existiert die Unterscheidung in „fossil“, d.h. alles, was an organismischen Resten aus der erdgeschichtlichen Vergangenheit überliefert wurde, und „rezent“, d.h. alles, was in der Gegenwart oder in jüngerer Vergangenheit lebte. Diese Definitionen sind unpräzise, weil die Bezeichnung „fossil“ für alles gilt, was der geologischen Vorzeit angehört, d.h. vor dem Beginn des Holozäns (etwa 10.000 Jahre). Diese willkürliche Zeitmarke verhindert, dass Arten, die seit dem Pliozän (Neogen) existieren, als rezent betrachtet werden und andererseits im Holozän ausgestorbene Arten, z.B. der Dodo (Raphus cucullatus) oder das Wollhaar-Mammut (Mammuthus primigenius), als Fossilien gewertet werden. Daher wird für den Grenzbereich zwischen fossil und rezent uneinheitlich der Begriff „subfossil“ (seltener: subrezent) verwendet. Als subfossil gelten einerseits Organismen, die noch rezente Vertreter besitzen, aber möglicherweise schon vor 10.000 Jahren gestorben sind, andererseits werden in der Paläobotanik unvollständig fossilisierte Floren als subfossil bezeichnet, und somit auch solche, die z.T. mehrere Millionen Jahre alt sind.

Fossilarten

Grundsätzlich lassen sich drei Arten von Fossilien unterscheiden: Körperfossilien sind die „normalen“ Fossilien im ursprünglichen Sinn. Sie können in unterschiedlichen Erhaltungszuständen vorliegen, z.B. als vollständiges Original, als Negativabdruck im umgebenden, einbettenden Gestein, als Steinkern (Hohlraumfüllung) oder in umgewandeltem Zustand. Für diese unterschiedlichen Erhaltungszustände sind verschiedene Arten von Fossilisationsprozessen verantwortlich, die die abgestorbenen Tiere und Pflanzen in ihren Überlieferungszustand überführen. Spurenfossilien (Ichnia) sind alle Strukturen im Sediment bzw. Sedimentgestein, die durch lebende Organismen erzeugt wurden, d.h. alle Arten organismischer Aktivität auf oder innerhalb von Sedimentkörpern während oder nach deren Ablagerung. Als Chemofossilien (auch: Biomarker, Biosignaturen) werden relativ stabile organische Verbindungen in Gesteinen bezeichnet, die vorwiegend von Prokaryoten und einzelligen Eukaryoten gebildet wurden und über geologische Zeiträume hinweg erhalten geblieben sein können.

Traditionell wird zwischen Makrofossilien (mit dem bloßem Auge erkennbar), Mikrofossilien (mit dem Lichtmikroskop erkennbar) und Nannofossilien (mit dem Elektronenmikroskop erkennbar) unterschieden. Diese sehr willkürliche und uneinheitliche Differenzierung ist weitgehend überflüssig, weil z.B. Merkmale einiger Mikrofossilgruppen nur mit elektronenmikroskopischen Methoden erkennbar sind und weil Makrofossilien oder Teile von ihnen nur mit licht- oder elektronenmikroskopischen Methoden zu analysieren sind.

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