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1.1 Drei Ansätze des Classroom Management
ОглавлениеHeute werden drei Ansätze des Classroom Management gelebt, neben- und miteinander. Jeder Ansatz hat seine positive Wirkung, aber in der Übertreibung auch seine Fallstricke. Gehen wir einmal davon aus, dass die Umsetzung maßvoll geschieht.
Verhaltenskontrolle – der behavioristische Ansatz aus den Sechzigerjahren
• Belohnung und Bestrafung wirken vor allem bei jüngeren Jugendlichen mehr als bei älteren und bei männlichen Jugendlichen mehr als bei weiblichen.
• Der Ansatz wird vor allem in den angloamerikanischen Gebieten, in Asien und Osteuropa gelebt.
• Grundsätzlich hat die Kommunikation der Verhaltenserwartung eine hohe Wirkung auf das Wohlverhalten und ist weder alters- noch geschlechtsmäßig unterschiedlich.
• Im Klassenzimmer sind insofern Regeln und Verhaltensanweisungen sehr sinnvoll und erzielen eine positive Wirkung aufs Verhalten.
→ Die Durchsetzung über Bestrafung (und Lob) zeigt hingegen schnell einmal Grenzen in Bezug auf die Wirksamkeit.
Förderung sozialer Beziehungen – der beziehungsorientierte Ansatz aus den Siebzigerjahren
• Der beziehungsorientierte Ansatz bringt bei der Grundhaltung am meisten Erfolg.
• Die Lernenden sind eher bereit zu kooperieren und zeigen Mitwirkungsbereitschaft.
• Die Lernenden lassen sich auch emotional mehr ein und widmen sich den Inhalten mit weniger Widerständen.
• Die Forschung zeigt, dass die Aggressionen unter den Lernenden zurückgehen, wenn dieser Ansatz gelebt wird.
• Der beziehungsorientierte Ansatz wird öfter falsch verstanden. Es geht nicht um Anbiederung an die Lernenden, auch die Nähe-Distanz-Balance muss professionell bleiben.
→ Die Leistung wird öfter relativiert. Dieser Ansatz hat die »Nebenwirkung«, dass oft nicht das ganze Leistungspotenzial ausgeschöpft wird.
Unterrichtsgestaltung – der konstruktivistische Ansatz seit den Achtzigerjahren
• Durch geschickte Lernarrangements soll erreicht werden, dass die Motivation so stark steigt, dass unerwünschtes Verhalten mehr und mehr zurückgeht.
• Der Fokus liegt auf dem Lernthema und entfernt sich von steuernder Lenkung und (übermäßiger) Beziehungsorientierung.
• Die Emotionalisierung geschieht im Zusammenhang mit dem Stoffinhalt und weniger personengebunden.
→ Die Forschung zeigt, dass vor allem schwächere Lernende im offenen Unterricht überfordert sind und noch schwächere Leistungen erbringen als sonst.
Am meisten Erfolg verspricht eine Kombination der drei Ansätze. Sich einseitig auf einen Ansatz zu beschränken, würde uns ins letzte Jahrtausend zurückwerfen. Das sehen wir zumindest in Westeuropa so. Es geht zunehmend darum, die guten Aspekte aus verschiedenen Ansätzen herauszupicken und zu vereinen (ganzheitlicher Ansatz). Übersetzt auf den konkreten Unterricht, heißt das:
• Ein klar strukturierter, spannender und einladender Unterricht vermag die Lernenden dazu zu bewegen, dass sie sich engagieren, sich konstruktiv beteiligen und auf Unterrichtsstörungen vermehrt verzichten.
Über den Weg der Unterrichtsgestaltung lassen sich auch sehr viele präventive Ansätze verwirklichen, die einerseits die Konzentration und Vigilanz fördern und andererseits durch Rhythmisierung Gelegenheit geben, von angeordnet unruhigen Phasen zu ruhigen zu wechseln und diese besser zu bewältigen.
Reflexion: Welchen der drei Ansätze pflege ich am meisten?
Skalieren Sie, was Sie in welcher Intensität bereits umsetzen.
Nicht beobachtbar | Wenig beobachtbar | Immer wieder beobachtbar | Ausgeprägt, Kultur ist implementiert | |
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Verhaltenskontrolle | ||||
Ich kommuniziere die Regeln, und diese werden in der Klasse auch tatsächlich gelebt. | ||||
Ich spreche Lernende sofort auf unerwünschtes Verhalten an und bringe meine Vorstellungen zum Ausdruck. | ||||
Bei Störungen greife ich rasch und wirksam ein. | ||||
Wiederholtes unerwünschtes Verhalten hat eine Maßnahme zur Folge. | ||||
Ich bin wach und beobachte, wer sich (nicht) an Verbindlichkeiten hält. | ||||
Meine Interventionen erzielen erwünschte Wirkungen. | ||||
Ich kommuniziere meine Erwartungshaltung, dass Lernende intensiv arbeiten und die Zeit nutzen. | ||||
Die Lektionsziele werden im Voraus kommuniziert. | ||||
Ich verlange Auftragstreue und Verbindlichkeit. | ||||
Ich plane lenkende und steuernde Begleitmaßnahmen, damit die Lernenden tatsächlich arbeiten. | ||||
Ich kontrolliere die Arbeiten zeitnah und gebe Feedbacks. | ||||
Förderung sozialer Beziehungen | ||||
Ich pflege eine Kultur von Akzeptanz und Wertschätzung. | ||||
Ich definiere die sozialen Normen und sichere so ein gutes Lernklima. | ||||
Ich bin authentisch und frei von Ambivalenzen. | ||||
Meine Kommunikationskompetenz ist angemessen. | ||||
Ich schaffe ein Klima, in dem Lernende ein kooperatives Miteinander leben. | ||||
Ich sorge für Gelegenheiten, in denen Lernende sich einbringen. | ||||
Ich fördere den Dialog unter den Lernenden mit Partneraustausch. | ||||
Ich führe mit jeder/jedem Lernenden einmal pro Semester ein Standortgespräch. | ||||
Ich schaffe aktiv Gelegenheiten, in denen die Klasse sich als Gemeinschaft erleben kann. | ||||
Ich fördere die Integration aller und jedes Einzelnen. | ||||
Ich steuere Gruppenprozesse und wirke unguten oder destruktiven Prozessen entgegen. | ||||
Unterrichtsgestaltung | ||||
Ich formuliere für die Lernenden bedeutsame Lernziele. | ||||
Ich verknüpfe Inhalte mit Praxis- und Lebensbezug. | ||||
Ich plane einen strukturierten Unterricht. | ||||
Meine Arbeitsanweisungen sind klar und umsetzbar. | ||||
Mein Unterricht ist interessant, abwechslungsreich und rhythmisiert. | ||||
Meine Fachkompetenz ist hoch. | ||||
In meinem Unterricht werden verschiedene Sinne angesprochen. | ||||
Ich pflege Methoden- und Medienvielfalt. | ||||
Ich wähle regelmäßig Methoden, die Ruhe und Konzentration fördern. | ||||
Ich wähle sinnvolle und angepasste Sozialformen. | ||||
Der Förderung und Sicherung der Lernprozesse schenke ich große Aufmerksamkeit. |