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Guerillakrieg

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Bereits vor dem offiziellen Beginn des Amerikanischen Bürgerkrieges durch den Beschuss von Fort Sumter im Hafen von Charleston, South Carolina am 12. April 1861, hatten sich im Grenzgebiet von Missouri und Kansas bereits Guerillagruppen etabliert. Auf Seiten der Antisklavereibewegung standen dabei die Redlegs und die Jayhawkers, letztere unter der Führung von James H. Lane, der sich die Sklavenbefreiung und die Unterdrückung der Sezession auf die Fahne geschrieben hatte. Mit selbig wehender ritten er und seine Kansas Brigade am 23. September 1861 in den 2.000-Seelen-Ort Osceola in Missouri ein, wobei 200 Sklaven befreit, 17 Sezessionisten getötet sowie acht weitere verwundet wurden. Anschließend wurde die Stadt geplündert und niedergebrannt. Die Antwort der Südstaatler folgte am 21. August 1863. William Clarke Quantrill führte seine Guerillatruppe nach Lawrence, Kansas. Die Stadt wurde geplündert und gebrandschatzt, nachdem 185 Männer und Jungen massakriert und zahlreiche Frauen vergewaltigt worden waren. 154 Gebäude wurden zerstört und - Frank James war, anders als sein jüngerer Bruder Jesse, mit Sicherheit an diesem Überfall beteiligt gewesen:

Quantrill steht für den häufigen Fall eines jungen Mannes, dessen Ambitionen größer waren als das, was er erreicht hatte, der sich Reichtum und Erfolg wünschte, der jedoch zu ungeduldig und zu unfähig war, beides zu erlangen; und der begann, sein Versagen und die Welt, die daran schuld war, abzulehnen. Er hielt sich selber für einen besonderen Menschen, der über den Gesetzen stand, die nur für andere galten (…) Fehlschläge verbitterten und frustrierten ihn. Sie ließen ihn verzweifelt darum ringen, sich selbst und anderen seine Überlegenheit zu beweisen. Wir haben es mit einem Paranoiden zu tun. Und Paranoide schreiben Geschichte - und das ist ein Unglück für die Menschheit.“

Albert Castel, „WILLIAM CLARKE QUANTRILL, HIS LIFE AND TIMES“, Norman 1999

Quantrill wurde als erstes von acht Kindern seiner Eltern Thomas und Caroline Quantrill am 31. Juli 1837 in Canal Dover, Ohio geboren und wuchs in einer Familie auf, die der Union nahegestanden hatte. So war er nach dem Tod seines Vaters zeitweilig Mitglied in der Free-Soilers-Partei gewesen. Bereits mit 16 Jahren war Quantrill als Lehrer tätig gewesen, bevor er sich 1858 der US-Armee anschloss und dabei als Unteroffizier zeitweilig in Utah seinen Dienst versehen hatte. Doch schon bald verließ er die Armee wieder, schlug sich als Glücksspieler durch und ging 1859 nach Lawrence, wo er sich abermals als Lehrer betätigte. Jedoch musste er die Stadt und den Staat schon bald wieder verlassen, weil er wegen Viehdiebstahl und Mordes angeklagt wurde. Er floh hinüber nach Missouri, wo er 1861 seine Guerillatruppe „Quantrills Raiders“ gründete, die später von der Regierung der Konföderierten Staaten als offizielle Hilfstruppe der regulären Armee anerkannt wurde. Als in Kansas City, Missouri das örtliche Gefängnis einstürzte, wobei einige Familienmitglieder, Freunde und Sympathisanten der Quantrill Raiders getötet wurden, gab Quantrill den Jayhawkers die unmittelbare Schuld dafür und übte in Lawrence blutige Vergeltung. Vier Tage nach dem Massaker von Lawrence, am 25. August 1863, revanchierte sich Unionsgeneral Thomas Ewing Jr. gegen die Konföderierten, indem er den Generalbefehl No. 11 erließ, einen Evakuierungsbefehl, der fast 20.000 Menschen aus vier Countys im Westen von Missouri vertrieb und viele ihrer Farmen und Häuser in Schutt und Asche verwandelte, was den Hass der Südstaatler auf die Union in Missouri noch zusätzlich anheizte.

Bereits seit dem dem 04. Mai 1861 hatte Frank an mehreren Kämpfen teilgenommen, bevor er im Juli 1862 schließlich zu Quantrills Truppe stoßen sollte. Bis dahin schien der Krieg einen großen Bogen um die Familie James gemacht zu haben, was sich dann jedoch ändern sollte, als 1863 ein Trupp Jayhawkers zur James-Farm ritt und Auskunft darüber verlangte, wo sich Frank James bzw. Quantrill aufhielten. Die Antwort auf diese Frage war eher unbefriedigend gewesen, wahrscheinlich wusste Reuben Samuel selber nicht einmal, wo sich sein Sohn, geschweige denn Quantrill zu diesem Zeitpunkt genau aufgehalten hatten. Wütend über diese Aussage, begannen die Jayhawkers Jesse mit Stricken zu verprügeln, danach hängten sie Dr. Samuel an den nächsten Baum auf, bevor sie die Farm wieder verließen. Er sollte diese Prozedur jedoch wie durch ein Wunder überleben und seiner Familie gelang es, ihn wieder ins Leben zurückzurufen. Jesse hingegen wurde bald darauf ins Gefängnis von Liberty geworfen, um sein Schweigen, was seinen Bruder anbelangte, zu brechen, jedoch vergeblich, denn kein Sterbenswörtchen kam über seine Lippen. Nachdem man ihn wieder auf freien Fuß gesetzt hatte, wurde mit seiner Mutter und seiner Schwester Susan genauso verfahren. Sie wurden in Gewahrsam genommen und nach St. Joseph gebracht. Erst nach einem Monat wurden beide wieder aus der Haft entlassen, nachdem sich Susan dort mit der Tuberkulose infiziert hatte. Den Zorn Jesses über diese ungerechtfertigte Behandlung mag man nur erahnen und als Folge verließ er, genauso wie zuvor schon sein Bruder, das elterliche Zuhause, um sich 1864 Quantrills Männern anzuschließen. Quantrill selber hielt Jesse mit seinen 16 Jahren zwar für zu jung, doch einer seiner Unteranführer, William „Bloody Bill“ Anderson, schien Jesses Potenzial erkannt zu haben und fand sich schließlich bereit dazu, ihn unter seine persönlichen Fittiche zu nehmen. Seine Feuertaufe erlebte er bei dem Überfall auf die Stadt Richmond im nordwestlichen Missouri. Die Unionsgarnison wurde bezwungen, wobei der Kommandant und US-Captain Sessions ums Leben kam. Diese Niederlage brachte die Union dazu, von Plattsburg aus auszuschwärmen, um die Guerillas zu jagen und sie zur Strecke zu bringen. Als Jesse von seiner Mutter davon erfahren hatte, drehten die Guerillas den Spieß um und stürmten ihrerseits das nunmehr schwach verteidigte Plattsburg und eroberten in einem verwegenen Handstreich, Waffen, Munition sowie rund 12.000 Dollar. Und in gleicher Manier sollte es während des Krieges in Missouri weitergehen. Mal waren es die Anhänger der Nordstaaten, die Terrorakte verübten und Racheakte der Südstaatler nach sich zogen, mal verhielt es sich genau umgekehrt.

Ein Gefecht am 13. August 1864 in Flat Rock Ford in der Nähe von Grand River kostete Jesse beinahe das Leben. Etwa 450 Unionssoldaten und Redlegs griffen das Lager der Guerillas an und eine Gewehrkugel traf ihn in die Lunge. Die Guerillas flohen in wilder Hast und überließen Jesse dabei seinem Schicksal. Er konnte sich jedoch mit letzter Kraft in ein Kornfeld schleppen, wo er dann am nächsten Morgen wo einer Familie Rudd gefunden und gesund gepflegt wurde.

Für die südstaatlichen Guerillas wurde die Lage gegen Ende des Krieges ebenfalls immer hoffnungsloser. Die Generäle Sterling Price und Joseph „Joe“ Shelby befanden sich auf dem Rückzug aus Missouri und die Unionsarmee durchstreifte das Gebiet, um die Trümmer zusammenzukehren, sprich, Jagd auf Anderson und Quantrill zu machen, die sich noch lange nicht geschlagen gaben. Am 27. September ritten Andersons Guerillas, unter ihnen auch Frank und Jesse James in Centralia ein und stoppten einen Zug, wobei 23 Unionssoldaten gefangen genommen wurden. Während einer der Unionssoldaten gegen einen gefangenen Guerilla ausgetauscht wurde, wurden die anderen 22 kaltblütig erschossen. Als rund 200 Unionisten unter Major Johnson die Verfolgung Andersons aufnahmen, wurden sie in eine Falle gelockt und 120 von ihnen getötet, während der Rest ihr Heil in der Flucht suchte. Nach dieser Episode in und bei Centralia, gerieten wiederum die Guerillas in einem Hinterhalt. Jesses Pferd wurde unter ihm weggeschossen, er selber wurde in die linke Seite und am Arm getroffen. Bald darauf befanden sich die Guerillas vor Independence, dass sich insbesondere eines Bordells erfreute, in dem Unionsoffiziere regelmäßig einzukehren pflegten. Jesse verkleidete sich daraufhin als Mädchen, begab sich zur Chefin des Bordells und erfuhr von ihr, dass an jenem Abend der Besuch von rund ein Dutzend Offizieren bevorstand. Jesse bedankte sich artig und zusammen mit dem Rest der Truppe lauerte er diesen Offizieren auf und machte sie dann anschließend nieder.

Gegen Ende des Krieges, am 26. Oktober 1864, ereilte schließlich auch „Bloody Bill“ Anderson sein wohlverdientes Ende. Eine Unionskugel traf ihn in der Nähe von Orrick, Ray County, Missouri in den Kopf und tötete ihn auf der Stelle. Sein Leichnam wurde fotografiert und im Gerichtsgebäude von Richmond, Missouri öffentlich zur Schau gestellt. Die Guerillas zerstreuten sich. Jesse floh gemeinsam mit Leutnant Archie Clements hinunter nach Texas, wo er den Winter 1864/65 über verbrachte und bei Leutnant George Shepherd Aufnahme fand. Im Frühjahr kehrte er aber wieder nach Missouri zurück.

Frank James tauchte derweil in Kentucky unter, wo er sich erneut Quantrill anschloss. Die Waagschale des Bürgerkrieges hatte sich da bereits endgültig auf Seiten der Union geneigt und am 10. Mai 1865, einen Monat nach der Kapitulation von Robert E. Lee bei Appomattox Court House, Virginia, kam auch für William Quantrill das jähe Ende. Er und seine Guerillas gerieten in einen Hinterhalt der Nordstaatler und er wurde von einer Kugel in die Brust getroffen. Er lebte zwar noch einige Wochen, verstarb dann aber am 06. Juni in Louisville, Kentucky.

Am 15. Mai ritt Jesse James an der Spitze einer Gruppe mit einer weißen Fahne, um sich zu ergeben. In der Nähe von Lexington gerieten sie jedoch mit einer Gruppe betrunkener Unionssoldaten aneinander, die sofort das Feuer eröffneten. Jesse wurde dabei abermals in dieselbe Lunge getroffen und da man glaubte, dass er sterben würde, strich ihn der Unionsmajor Rodgers kurzerhand von der Liste der Guerillas. Doch Jesse sollte auch diese schwere Verwundung überleben. Er wurde zwei Tage später von seinem ehemaligen Kommandanten Archie Clements gefunden und zum Teil wieder gesund gepflegt. Danach wurde er nach Harlem (ging 1889 in Kansas City auf), Missouri gebracht und dort in der Pension seines Onkels William James von seiner Cousine Zerelda „Zee“ Mimms weiter versorgt. Jesse verliebte sich während dieser Zeit in sie und das Ganze endete 1874 schließlich in einer Hochzeit, wobei ihre Ehe bis zu Jesses Tod anhalten sollte.

Am 26. Juli 1865 ergab sich Captain Henry Porter von Quantrills Brigade in Samuels Depot, Kentucky dem Captain Young von der Unionsarmee. Zusammen mit Porter ergab sich auch Frank James - nicht zum ersten Mal, denn bereits nach der Schlacht von Wilson Creek, Missouri, am 10. August 1861, die mit der Niederlage der Konföderierten geendet hatte, war Frank relativ glimpflich davongekommen. Er hatte allerdings einen Treueid auf die Union ablegen müssen. Einen Eid, den er nachfolgend gebrochen hatte und hätte Young davon Kenntnis gehabt, hätte er Frank wahrscheinlich sofort erschießen lassen.

Der Bürgerkrieg war nun offiziell beendet gewesen, doch die Glut des gegenseitigen Hasses in Missouri schwelte weiter. Quantrill und Andersons Taten waren weder vergessen noch vergeben gewesen. Der Befehl No. 11, der im Sommer 1863 erlassen worden war, hatte bereits eine Versöhnung zwischen Nord und Süd verhindert. Nach dem Bürgerkrieg kam die „Drake Constitution“ hinzu, die besagte, dass jeder Südstaatler, ob Soldat, Guerilla oder Anhänger voll für seine Taten während des Krieges zur Verantwortung gezogen werden konnte. Dazu kam, dass diese Personen bestimmte Berufe, wie Arzt, Rechtsanwalt oder Geistlicher nicht ausüben durften. Im Gegenzug wurden Unionssoldaten und Guerillas für alle Taten, die sie nach dem 01. Januar 1861 begangen hatten, zur Gänze amnestiert. Eine aus Sicht der ehemaligen Südstaatler himmelschreiende Ungerechtigkeit, die am Ende zur Folge haben sollte, dass Missouri auch Jahrzehnte nach dem Krieg nicht zur Ruhe kommen sollte. De facto gesehen ging der Krieg in Missouri sogar weiter, zwar nicht offiziell, doch im Verborgenen und folgenschwer für den weiteren Lebensweg von Frank und Jesse James.

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