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Ein neues Reitervolk

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Anfänglich war die Macht der Nemene nur gering gewesen und sie wurden von den Nachbarstämmen im amerikanischen Zentralland eher verachtet als gefürchtet. Die am Missouri beheimateten Stämme waren längst über das Stadium der Jäger und Sammler hinausgekommen und betrieben einen auf Vorratshaltung angelegten Ackerbau. Sie lebten in befestigten Dörfern und die kleinen Banden umherstreifender Comanchen waren eher lästig gewesen, als dass sie für sie eine größere Gefahr darstellt hätten. Dann aber kam den Nemene das Schicksal ausnahmsweise einmal wohlwollend entgegen und sollte aus den ehemals ärmlichen Wanderern der Plains und Berge eine Nation von stolzen Kriegern formen, die sich am Ende von allen Indianerstämmen Nordamerikas am erfolgreichsten gegen die weißen Eroberer zur Wehr zu setzen wussten, um sich ihre eigene Lebensart zu bewahren. Dieses Schicksal besaß vier Hufe, war schnell wie der Wind und hatte die Form eines sehr großen Hundes. Er wurde in der Sprache der Comanchen als Puuku betitelt.

Das Pferd wurde ursprünglich von den Spaniern nach Mexiko hin eingeführt, und zwar zunächst nur Wallache, da man glaubte, dass Stuten und Fohlen in dem kargen Land nur wenig Überlebenschancen gehabt hätten. Erst später änderte man diese Praxis und man begann in der Nähe des heutigen Santa Fe mit der Aufzucht von Fohlen. Während des großen Puebloaufstandes von 1680 wurden die Spanier aus ihren eroberten Ländereien im Südwesten der heutigen USA vertrieben und ließen dabei, außer ihren Viehbeständen, auch Tausende von Pferden zurück. Die Rinder und Schafe wanderten schnell in die Mägen der Pueblos und Apachen, doch da erstere anfänglich mit den Pferden nicht so recht was anzufangen wussten, ließen sie diese einfach in die Berge und Wüsten laufen, wo sie sich dann mit den Jahren ungehindert vermehren konnten. Nur wenige Jahre später besaßen lediglich die Apachen eine größere Anzahl dieser wilden Mustangs. Durch Handel und Raub gelangten die Tiere auch zu den anderen Indianerstämmen in Nordamerika und Kanada und sollten somit die Geschichte des Westens nachhaltig verändern. Um 1700 waren die in Texas beheimateten Indianer bereits in den Besitz von Pferden gelangt, darunter auch die im Osten beheimateten Caddo. Auch nach dem Norden hin breiteten sich diese Pferdeherden aus und gelangten schließlich in den Besitz der bisonjagenden Stämme, darunter die der Sioux, Arapahoe, Cheyenne, Kiowa und - davor auch der Comanchen.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts spalteten sich die Nemene Schritt für Schritt von den Shoshonie ab und begannen weiter nach dem Süden zu ziehen, um nun den großen Büffelherden zu folgen. Noch vor 1700 waren die Nemene in den Besitz von Pferden gelangt und ihre Lagerfeuer brannten bald darauf am Oberlauf des Arkansas River in Colorado und in Kansas. Schritt für Schritt erfolgte nun ihre Wandlung hin zu einer bisonjagenden Plainskultur, wobei die Nemene rasch weiter südwärts in die Nähe des spanischen New Mexikos, dem Zentrum der Pferdezucht drängten und dort begannen, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie stahlen Pferde und begannen damit, die Tonkawa, Wichita, Caddo u. a. Stämme aus den südlichen Plains zu verdrängen, was ihnen um das Jahr 1740 herum auch vollständig gelang. Bereits zuvor hatten sie gegen ihre ethnischen Vettern, den Ute, Krieg geführt, doch um das Jahr 1705 herum schlossen beide Parteien einen vorübergehenden Waffenstillstand, um sich gemeinsam einem neuen (alten) Feind zuzuwenden - den Apachen.

Die Nemene galten als geschickte Pferdediebe, waren aber auch ausgezeichnete Pferdezüchter gewesen. Durch die wärmeren klimatischen Bedingungen ihrer neuen Heimat, wuchsen die Pferdeherden der Comanchen sogar dermaßen rasant an, dass es nicht selten vorkam, dass ein einzelner Krieger bis zu 250, ein Kriegshäuptling sogar bis zu 1.500 Pferde sein eigen nennen durfte. Des Öfteren kam es vor, dass die Comanchen den Arapahoe und Cheyenne bei friedlichen Besprechungen oder Handelsgeschäften einige ihrer Pferde schenkten, sehr zur Verblüffung und Freude ihrer gegenüber. Mehr noch. Nach und nach bezogen auch andere Stämme ihre Pferde bei den Comanchen, wobei die Sprache, die bei diesem Handel gesprochen wurde, tatsächlich die der Shoshonie gewesen war. Anders als die US-Kavallerie, die bis dahin noch nie einen berittenen Comanchen zu Gesicht bekommen hatte, waren sich alle Beobachter darüber einig gewesen, dass die Comanchen von allen Stämmen, die besten Reiter gewesen seien, wobei sie praktisch schon im Sattel geboren und mit dem Pferd verwachsen gewesen wären. Aus den kleinen, säbelbeinigen und hungernden Bewohnern Wyomings, waren nunmehr stolze, bis zur Arroganz hin neigende, selbstbewusste Bisonjäger geworden, deren Fleischtöpfe von dieser Zeit an stets gut gefüllt gewesen waren und die nun ohne Sorge hungern zu müssen, im Überfluss leben konnten.

Alte Feindschaften blieben hingegen bestehen und neue kamen rasch hinzu, denn die Comanchen waren nicht die einzigen gewesen, die den Bison auf den südlichen Plains jagten und das Land dort für sich beanspruchten. So führten sie gegen die Pawnee, die entlang des Platte River lebten, beständig Krieg, während relativ sicher angenommen werden kann, dass sie und die Teton-Sioux einander nie begegnet waren und dass ihre Wanderung in die wild- und bisonreichen Plains im Süden freiwillig und ohne dem Druck der nach dem Westen, nach Wyoming expandierenden Sioux erfolgt war.

Feuerwaffen, die von den Franzosen entlang des Missourigebietes eingeführt wurden, spielten bei der Kriegsführung der Comanchen, als auch bei den anderen Stämmen, eine eher untergeordnete Rolle. Für den Kampf vom Rücken eines Pferdes aus, eigneten sich die Musketen allenfalls, um durch ihren lauten Knall und der unsichtbar tötenden Kugel, den Gegner psychologisch zu beeindrucken („böse Zaubermedizin”), doch es kämpfte sich weitaus besser mit Pfeil und Bogen, die zudem treffsicherer gewesen waren, als die Rundkugeln aus Blei, die von einem galoppierenden Pferd aus, mittels einer Muskete mit glattem, nicht gezogenem Lauf abgefeuert werden mussten. Um das Jahr 1800 herum, spielten Gewehre und Pistolen tatsächlich kaum eine Rolle bei den Comanchen. Sie kämpften vorzugsweise mit ihren altbewährten Waffen, der vier Meter langen Lanze, sowie mit Pfeil und Bogen oder dem Steinkopfbeil bzw. einem Messer, falls es zum Nahkampf mit einem Gegner kam. Entgegen dem immer noch vorherrschenden Hollywood-Klischee, kamen tatsächlich mehr weiße Siedler und US-Soldaten durch Pfeilspitzen ums Leben, als durch Gewehrkugeln, zumal diejenigen Pfeilspitzen, die bei den Kriegszügen verwendet wurden, anders als die breiten, glatten für die Jagd, mit Widerhaken versehen waren, sodass man sie nicht so einfach aus dem Körper heraus ziehen konnte, sondern sie oftmals mit einem Stück Schaft durch die Wunde hindurch zur anderen Seite treiben musste, um sie dann herausholen zu können. Eine äußerst schmerzhafte Prozedur, die nicht jedes Opfer überleben sollte.

Anders als die Sioux, Crow oder Apachen, die nahe an den Feind heranritten, um dann zu Fuß zu kämpfen, taten dies die Comanchen nicht. Sie kämpften vom Rücken ihrer Pferde aus, da es ihrem Stolz inzwischen zuwiderlief, zu Fuß kämpfen zu müssen. Seitlich an einer Schlinge hängend, die um den Pferdehals gebunden war, schossen die Krieger dabei ihre Waffen unter dem Bauch oder Hals des Pferdes ab, während sie selber so gut wie kein Ziel geboten hatten. Gerissen im Kampf, wandten sie alle Tricks an, um ihren Gegner zu täuschen. Sie stellten sich tot, gaben vor, in wilder Panik zu fliehen, um ihren Feind aus der Deckung zu locken, kämpften, so es der eigene Vorteil zuließ, mit aller Härte und Verbissenheit, ohne dabei irgendeinen Pardon zu geben und falls man ihnen im Kampf den Rücken zuwendete, galt dieses schon beinahe als ein sicheres Todesurteil. Laut den zeitgenössischen Berichten der Spanier, Mexikaner und später der Amerikaner, wirkten die Comanchen, im Gegensatz zu den leichtfüßigen und als besonders ausdauernde Läufer berühmten Apachen, zu Fuß als eher plump und schwerfällig. Saßen sie jedoch erst einmal im Sattel ihrer Pferde, so änderte sich dieser Eindruck sofort - dann boten sie einen eleganten und kriegerischen Anblick.

Bis zum Jahre 1750 unterschieden die Spanier die Comanchen in drei verschiedene Gruppierungen - die Jupe oder Hoipi, die Yamparika und die Kotsoteka. Diejenigen Comanchen, die über den Arkansas River hinweg in die südlichen Plainsgebiete bis hin zu den Randgebieten der Llano Estacado (Staked Plains) zogen, wurden Kotsoteka genannt, weil sie sich vom Fleisch des Bisons ernährten, während diejenige Gruppe, die bis 1780 nördlich des Arkansas River auf den waldreichen, zentralen Plains lebten, sich Jupe oder Hoipi = „Waldvolk” nannte. Die dritte Gruppe, die sich zuletzt von den Shoshonie getrennt hatte, sprach einen stark abweichenden Dialekt und nannte sich selber Yamparika oder „Kümmelwurzesser.” Nachdem die Apachen zum größten Teil aus den südlichen Plains verdrängt worden waren, unterteilten die Spanier die Comanchen in eine östliche (Kotsoteka) und eine westliche (Yamparika, Jupe) Gruppierung. Die Kotsoteka lebten dabei in Texas, vom Colorado und Brazos River südwärts bis zum Edwards Plateau sowie ostwärts bis zu den Western Cross Timbers in Zentraltexas. Die Yamparika und Jupe lebten hingegen entlang der Oberläufe des Arkansas-, Canadian und Red River im Osten Colorados, in Oklahoma, dem Texas-Panhandle sowie im Gebiet der Llano Estacado im Nordosten und Osten New Mexikos.

Im 19. Jahrhundert wurde nicht mehr zwischen Östlichen und Westlichen Comanchen unterschieden. Die Jupe waren mittlerweile mit den anderen Bands verschmolzen gewesen und waren möglicherweise die Vorläufer der Nokoni, Quahadi und Peneteka gewesen. Als die Kiowa und die Kiowa-Apachen unter dem Druck der Teton-Sioux nach dem Süden hin abgedrängt wurden, vertrieben sie dort in der nördlichen Comancheria einige Gruppen der Yamparika, die dann weiter nach dem Südosten zogen, um dort unter dem Namen Tenawa = „die flussabwärts leben” bekanntzuwerden. Später, als die Texaner und Amerikaner in ihr Land kamen, wurden die Comanchen in fünf große Gruppen - Yamparika, Kotsoteka und Nokoni = „Jene, die umkehren” bzw. „Wanderer”, Peneteka = „Honigesser” bzw. „Wespen” und Quahadi = „Antilopenesser” unterteilt. Letztere wurde auch dadurch bekannt, da sie Sonnenschirme auf dem Rücken trugen, um sich so vor der heißen texanischen Sonne zu schützen. Die nördlichste dieser Gruppen waren dabei die Yamparika und die Kotsoteka gewesen, während die mittlere Gruppe sich aus den Nokoni, Tenawa und Tanima = „Leberesser” zusammensetzte. Die südlichste, größte und bei den Texanern wohl gefürchtetste Gruppierung der Nemene waren dabei die Peneteka gewesen. Sie alle lebten in der sogenannten Comancheria, ein Gebiet, dass sich von Zentralkansas bis hinunter ins südliche Texas und vom östlichen New Mexiko bis nach Westen, hinein ins Indianer-Territorium Oklahoma erstreckte, wobei sich die sieben großen Gruppen der Nemene nochmals in rund drei Dutzend Untergruppen oder Bends untergliederten.

Die Comanchen

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