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Leben im Grenzgebiet
ОглавлениеZu den größten Tragödien der amerikanischen Geschichte des 19. Jahrhunderts zählen zweifelsohne die Vernichtung und Vertreibung der verschiedenen Indianerstämme aus ihren angestammten Heimatgebieten, sowie die Beinahe-Ausrottung des amerikanischen Bisons in den westlichen Plainsgebieten.
Bevor der weiße Mann den Boden Nordamerikas betrat, lebten dort schätzungsweise zwischen 25 und 30 Millionen Bisons, die weite Landstriche von Alaska bis hinunter nach Mexiko bevölkerten. Anfangs wurde der Bison noch nicht im großen Stil bejagt. Zwar waren Decken, Hosen und Jacken aus Bisonleder bei den Weißen modern gewesen, doch sollte sich diese Art der Nutzung nie wirklich zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickeln, lediglich rund 100 Bisons jährlich fielen dieser modernen Art von Bekleidung zum Opfer. Auch diejenigen Indianer, die von der Bisonjagd lebten, wobei sie die Tiere fast vollständig verwerteten, bejagten dabei nicht mehr als 100.000 Tiere im Jahr. Außer ihnen gab es noch diejenigen weißen „Sonntagsschützen“, die die Tiere nur so zum Spaß aus dem Abteilfenster eines fahrenden Zuges heraus abschossen oder andere, die jene Arbeiter mit Bisonfleisch versorgten, die die Eisenbahn quer durch den amerikanischen Kontinent bauten. Zu ihnen gehörte am Ende auch William Frederick Cody, der sich seinen Spitznamen „Buffalo Bill“ dadurch verdiente, dass er vom September 1867 bis zum Mai 1868 runde 2.600 Tiere erlegte. Das alles waren jedoch nur kleine Nadelstiche, die der großen Population der Bisons keinen größeren Schaden zufügten.
Das wirkliche Massensterben der Bisons begann erst zu Beginn der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts, als die amerikanische Lederindustrie neue Gerbverfahren entwickelt hatte, wodurch sich die Bisonhäute nunmehr zu wertvollem Leder verarbeiten ließen. Erst jetzt wurde der Bison zu einem kommerziell wertvollen Handelsgut, womit sich eine hübsche Stange Geld verdienen ließ. So brachte eine Bisonhaut um 1872 herum zwischen 1,25 Dollar und 3,50 Dollar das Stück ein. Ein guter Profit, wofür geschätzte drei Millionen Bisons zwischen 1872 und 1874 am Ende ihr Leben lassen mussten.
Nun wurden Jagdmannschaften zusammengestellt, die mit Frachtwagen in die Prärie von Kansas hinausfuhren, um die Bisons reihenweise abzuschießen und ihnen anschließend die Häute abzuziehen, während man die Kadaver, die nicht von Nutzen gewesen waren einfach in der Prärie zurückließ. Mit weitreichenden Gewehren von hohem Kaliber, auf denen Zielfernrohre montiert waren, wurden die Bisons aus großer Entfernung mit Leichtigkeit erlegt. Anders als der Geruchssinn war das Hör- und Sehvermögen des Bisons nur schwach ausgeprägt gewesen, der Knall des Schusses aus großer Entfernung war für sie kaum hörbar gewesen. Wurde ein Bison von einer Kugel tödlich getroffen, so kippte er einfach um, während die Bisons um ihn herum in aller Ruhe weitergrasten. Auf diese Art und Weise schossen manche Jäger über 100 Tiere am Tag ab. Welche Durchschlagskraft eine solche abgefeuerte Kugel hatte, beweist ein Ereignis bei dem Indianerangriff auf den Ausrüstungsposten von Adobe Walls in Texas am 27. Juni 1874, der von 28 Weißen (unter ihnen auch Bat Masterson) verteidigt wurde. Einer der angreifenden Krieger wurde dabei aus einer Entfernung von eineinhalb Kilometern von einer Kugel, abgefeuert aus einem Sharps-Gewehr an der Brust getroffen und fiel, wenn auch nicht tot, jedoch bewusstlos, von seinem Pferd zu Boden, woraufhin die Indianer den Angriff, auch in Hinblick auf die hohe Anzahl ihrer Toten und Verwundeten am Ende entnervt aufgaben.
1872 war schließlich auch das Jahr gewesen, wo Bat zusammen mit seinen Brüdern Jim und Ed die elterliche Farm verließ, um sich ebenfalls an dem blutigen Geschäft mit den Bisonhäuten zu beteiligen.
Im Juli 1872 wurden Ed und Bat jedoch von einem Subunternehmer namens Raymond Ritter angeheuert, um sich als Eisenbahnarbeiter an dem Bau eines acht Kilometer langen Streckenabschnitts für die Atchinson, Topeka & Santa Fe Railroad (AT&SF) von Fort Dodge nach Buffalo City (das später in Dodge City umbenannt werden sollte) zu beteiligen. Die Bezahlung sollte dann nach Beendigung des Auftrages erfolgen. Da diese Arbeit von der Eisenbahn sehr gut bezahlt wurde, beschlossen Ed und Bat, sich in dieser Saison nicht an dem großen Bisonmorden zu beteiligen, sondern den Job bei der Eisenbahn anzunehmen. Von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang schufteten sie zusammen mit den anderen Arbeitern in der Sommerhitze von Kansas, um das Eisenbahnbett zu planieren, auf dem später die Schwellen und die Schienen gelegt wurden. Als das Werk schließlich vollendet war und die Eisenbahn Buffalo City erreicht hatte, warteten Ed und Bat vergeblich auf ihren noch ausstehenden Lohn, denn Ritter hatte sich inzwischen mit dem Geld abgesetzt, ohne dass die beiden auch nur einen müden Dollar davon gesehen hätten. Buffalo City indes entwickelte sich rasch zur Boomtown, wurde Ende 1872 in Dodge City umbenannt und beherbergte mehr und mehr Cowboys, die die zahlreichen Saloons an der Front Street, darunter Jim Kellys Alhambra Saloon, wo Ed sich sein Geld nunmehr hinter der Bar verdiente, während Bat zusammen mit seinem Bruder Jim und Tom Nixon gegen Ende des Jahres 1872 am Kiowa Creek, südöstlich von Dodge, doch noch auf die Bisonjagd ging.
Im Frühjahr 1873 erfuhren Bat und Ed, dass Raymond Ritter sich in einem Zug befand, der von Colorado aus nach Dodge City hin unterwegs war und beide Männer beschlossen daraufhin, dass es nun an der Zeit wäre, sich von Ritter den noch ausstehenden Lohn zu holen. Am 15. April 1873 rollte der Zug in Dodge City ein und stoppte nahe dem Depot am Wasserturm, bevor einige der Fahrgäste die Waggons verließen, während andere wiederum den Zug bestiegen. Bat enterte den zweiten Waggon und fand Ritter in einer Ausgabe der „Pueblo Daily News“ vertieft, bevor er ihm die Mündung seines Revolvers unter die Nase hielt. Völlig perplex fragte Ritter, was Bat von ihm wolle? und Bat antwortete:
„Du weißt genau, was ich von dir will, meinen Lohn und den von Ed“, woraufhin Ritter meinte:
„Das müsst ihr mit der Company ausmachen.“
„Das haben wir. Sie haben dich bezahlt und nun wirst du uns bezahlen“,
meinte Bat und packte Ritter am Kragen seiner Jacke, bevor er ihn unsanft von seinem Sitz emporzog und ihn mit sich zur Plattform des letzten Waggons des Zuges schleifte. Mittlerweile hatte sich dort bereits eine Menschenmenge versammelt, die Zeuge des ganzen Vorfalls wurde. Bat forderte Ritter auf, ihm die 300 Dollar zu übergeben, die der ihm und seinen Bruder Ed noch schuldete. Als Ritter der Menge gewahr wurde, rief er verzweifelt:
„Holt den Sheriff, er hält mich hier fest!“,
woraufhin Bat meinte:
„Diese Stadt ist noch zu klein für einen Sheriff“,
woraufhin die Menge laut zu lachen begann.
Schließlich gab Ritter zu, dass er eine Rolle mit Dollarnoten in seinem Handgepäck in seinem Abteil aufbewahrte. Bat beauftragte daraufhin einen Mann aus der Menge, ihm das besagte Handgepäck zu holen, während er Ritter mit seinem Revolver weiter in Schach hielt. Als der Mann mit dem Gepäckstück zurückgekehrt war, wies Bat ihn an, dieses zu öffnen und 300 Dollar von dem Geld abzuzählen, welches Bat dann an sich nahm. Danach wies er Ritter an, das Gepäckstück wieder an sich zu nehmen und sich zurück auf seinen Platz im Zugabteil zu setzen. Als mahnende Worte gab er ihm allerdings noch mit auf dem Weg, dass er (Ritter), falls er sein entschuldigten Gesichtsausdruck jemals wiedersehen würde, er schon mal alle Gebete aufsagen sollte, die er kannte.
Ritter rannte daraufhin in sein Abteil zurück, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Der Zug dampfte kurz darauf weiter in Richtung Osten, während Bat unter dem Applaus der lachenden Menge zum Alhambra Saloon ging, um dort Ed dessen 150 Dollar zu geben, wobei er ihn aufforderte, als Dankeschön, eine Runde auf Kosten des Hauses zu spendieren, was dieser dann mit Freuden auch gerne tat.
Als sich die Jagdsaison 1873 ihrem Ende genähert hatte, war die Prärie von Kansas bis auf ein paar wenige Bisons wie leergefegt. Ca. 850.000 Bisonfelle waren in Dodge auf die Schiene verladen worden und eine kommerzielle Jagd war die Tiere lohnte sich von da an nicht mehr. Nun war die Zeit der professionellen Knochensammler gekommen, die die Skelette der erschossenen Bisons „zusammenkehrten“, um sie anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Aus den Knochen wurde(n) Dünger, Kämme und Spielwürfel hergestellt. Darüber hinaus fanden sie in der Zuckerraffinerie und bei der Porzellanherstellung ihre Abnehmer. Die professionellen Jäger - unter ihnen auch Bat Masterson - verließen 1874 Kansas und zogen hinunter nach Texas, wo die letzten großen Bisonherden grasten, um dort ihr blutiges Tagesgeschäft weiterzuführen. Im Texas-Panhandle errichteten sie am Canadian River einen Handels- und Ausrüstungsposten, nördlich der Ruinen von Adobe Walls, einem ehemaligen Handelsposten und Fort, welches 1849 aufgrund der anhaltenden Plünderungen durch die Indianer aufgegeben worden war. Er bestand lediglich aus einer losen Ansammlung von vier Gebäuden, nämlich einer Schmiede, zwei Läden sowie einem Saloon, wo sich die Männer nach einer erfolgreichen Jagd einen kräftigen Schluck aus der Flasche gönnten. Adobe Walls lag zu dieser Zeit im Einzugsgebiet der Comancheria und immer noch zogen dort wilde Banden der Comanchen, Kiowa und Cheyenne durch das Land, wobei sie immer wieder einsam gelegene Ranches und Siedlungen sowie Reisende angriffen, die tollkühn genug waren, die Comancheria durchqueren zu wollen.
Als die Indianer die erschossenen und abgehäuteten Bisons gewahr wurden, die verrottend unter der texanischen Sonne in der Prärie lagen, überkam sie eine, aus ihrer Sichtweise heraus, verständliche Wut, da die Tiere ihre hauptsächliche Lebensgrundlage gewesen waren. Daher schlossen sich die Krieger der Comanchen, Kiowa und Cheyenne zu einer Allianz zusammen, um dem großen Büffelmorden auf ihrem Land Einhalt zu gebieten. Es kam zum „Krieg zur Rettung der Büffel“ und als erstes Angriffsziel wurde eben jener Handelsposten von Adobe Walls ausgewählt, von wo aus die Jagdmannschaften der Weißen mit ihren Frachtwagen in die Prärie hinausfuhren, um dort Bisons zu töten, um sie dann anschließend abzuhäuten. Am 26. Juni führte der Comanche-Häuptling Quanah Parker daher eine Streitmacht von mehreren Häuptlingen und rund 700 Kriegern im Schutz der Dunkelheit an den Handelsposten heran, um ihn dann im Morgengrauen des 27. Juni 1874 anzugreifen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich, neben Bat Masterson und Billy Dixon, 26 Männer und eine Frau in den Gebäuden, um sich die mit fanatischem Mut immer und immer wieder angreifenden Krieger mittels ihrer Sharps-Gewehre, auf denen Zielfernrohre montiert waren, vom Leibe zu halten. Als die Lage der Verteidiger zusehends verzweifelter wurde, nahm Billy Dixon einen weit entfernten Krieger aufs Korn und schoss ihn aus fast einer Meile Entfernung vom Pferd. Der Krieger war zwar nur bewusstlos, als er auf dem Boden aufschlug, doch dieser Glücksschuss kratzte mächtig an der Moral der Angreifer, sodass die anfängliche Motivation der angreifenden Krieger daraufhin gänzlich gegen null sank, nachdem der Medizinmann Isa-tai ihnen zuvor immer wieder versichert hatte, sie seien immun gegen die Kugeln der Weißen. Als Quanah die Kampfhandlungen am frühen Nachmittag einstellen ließ, waren vier Weiße sowie eine unbekannte Anzahl von Kriegern getötet worden. Lediglich 15 Indianer, die sich zu nahe an den Handelsposten herangewagt hatten, wurden erst später geborgen. Die anderen Toten wurden von den überlebenden Kriegern, wie es bei ihnen üblich war, mitgenommen. Schnell wurde Isa-tai dann auch als der Hauptschuldige für dieses Debakel ausgemacht. Einer der Cheyenne schlug ihm zornig seine Reitpeitsche ins Gesicht und auch andere Krieger wollten ihn in die Mangel nehmen. Isa-tai selber führte das Versagen seiner übernatürlichen Kräfte darauf zurück, dass einer der Cheyenne vor Beginn der Kämpfe ein unschuldiges Stinktier getötet und so die Macht seines Zaubers gebrochen hatte. Einen anderen Grund für sein Versagen zu finden, wäre ihm, beim Anblick seiner wütenden Stammesgenossen, sicherlich auch nicht schwerer gefallen.
Nach der Schlacht von Adobe Walls ging die US-Armee mit mehreren Truppenverbänden offensiv gegen die Indianer in Texas vor, um sie endgültig niederzuwerfen und sie in die Reservation zu treiben. Eine von ihnen, unter dem Kommando von Nelson Appleton Miles verließ mit acht Kompanien Soldaten sowie 39 Indianer-Kundschaftern im August 1874 das Fort Dodge in Kansas, um in den Texas-Panhandle hinein vorzustoßen. Als weiße Kundschafter dienten auch Bat Masterson und Billy Dixon, „der Held von Adobe Walls“, unter seinem Kommando. Die Truppe hatte die Order, vier von den Cheyenne entführte Mädchen - Sophia Louisa, Julia, Adelaide und Catherine German - aufzuspüren, deren Eltern, ihr Bruder sowie zwei ältere Schwestern am 11. September 1874 bei Fort Wallace, Kansas von den Dog Soldiers der Cheyenne getötet worden waren. Die Soldaten fanden später Julia (7) und Adelaide (5), die von den Indianern im Texas-Panhandle ausgesetzt worden waren und die dort sechs Wochen lang, nur auf sich alleine gestellt, in der Wildnis überlebt hatten. Ihre beiden anderen Schwestern Sophia und Catherine wurden am 01. März 1875 von den Cheyenne an die Soldaten bei der Agentur Darlington im Indianerterritorium (Oklahoma) lebend und unversehrt übergeben. Als sich Quanah Parker schließlich am 02. Juni 1875 mit 400 Comanchen der US-Armee ergab, war der Red-River-Krieg offiziell beendet gewesen, derweil Bat Masterson bereits am 12. Oktober 1874 aus dem Armeedienst entlassen worden war und sich anschließend neuen Herausforderungen in seinem zukünftigen Leben zuwandte.