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Kapitel: 1 Der Kunsthändler
ОглавлениеWerner Kropp, ein Kunstmaler aus Schwabing, mag es nicht wenn er bei der Arbeit gestört wird. Seine Enkelin Angelina besucht gleich um die Ecke die Schule an der Leopoldstraße und das bedeutet für den Großpapa, dass er auf sie nach Schulschluss aufpassen muss, bis sie bei ihm nach siebzehn Uhr abgeholt wird. Seine Tochter Sieglinde arbeitet als Bühnengestalterin an der Oper in München. Ihr Dienst geht täglich bis sechzehn Uhr dreißig und damit ist auch schon alles erklärt. Werner muss einspringen, es wurde damals auch gar nicht lange diskutiert, es stand bereits fest, als seine Enkelin eingeschult wurde.
Der Kunstmaler hat vor etlichen Jahren ein Hinterhofhäuschen mit sieben Garagen geerbt. Das war genau vor fünfzehn Jahren. Seine Schwester verstarb bei einem Unfall, leider viel zu früh und so stand im Testament, dass das kleine Atelier mit samt den Garagen an ihn fallen sollte. Das Atelier ist sein Zuhause. Er baute es für seine Zwecke um und so konnte er von den vermieteten Garagen sein einfaches Hinterhofleben finanzieren.
Bevor er sein Erbe antrat, wohnte er mit seiner Frau noch in einer kleinen Wohnung, außerhalb von Schwabing. Naja, es war noch Schwabing, aber eben nicht wirklich, man musste über den Ring hinüber gehen, dann erst ist man im „echten“ Schwabing. Es ist eine Zeit, in der man als Maler gerne unter sich bleibt. Es gibt Wirtshäuser, da verkehrten hauptsächlich die Schwabinger Künstler. Wie etwa im „Mutti Bräu“, das liegt nur wenige Minuten von Werners Hinterhofleben entfernt.
Die Karriere von Werner begann bei einer Vernissage im Haus der Kunst. Er wurde eingeladen, einige Bilder auszustellen. Ein Galerist fand seine Werke verkäuflich und so bat er ihn, eine Serie zu malen. Seine Frau Berta schob die Sache an, wie sie es gerne ausdrückte. Ohne ihr Drängen wäre nämlich nichts passiert. Werner war immer der Meinung, dass sich seine Bilder auch ohne Stress verkaufen ließen. Nun hatte er Stress, aber dies brachte auch Gutes für ihn. Immer öfter wurde bei ihm angefragt, ob er nicht einige Bilder zu einer Ausstellung beisteuern könnte.
Bei einer Ausstellung in der Lenbach Galerie kam er dann ganz groß heraus und so wurde er mit seiner Frau Berta nach Grünwald in eine sehr noble Villa eingeladen. Dort traf er einige Kollegen und sie beschlossen, sich mit einem Bier in den herrlichen Garten zurück zu ziehen. Werner bekam es nicht mit, dass sich seine Frau in einen Galeriebesitzer verliebte. Erst einige Monate später erfuhr er, dass sie die Scheidung von ihm wollte. Die Tochter war zu dieser Zeit bereits in der Ausbildung als Bühnengestalterin. Er wollte keinen Ärger, schenkte seiner Frau die Freiheit und so war der Weg für beide offen, ein neues Leben zu beginnen.
Der Kunstmaler zog in das Atelier im Hinterhof, damals noch zur Miete. Das Anwesen gehörte seiner Schwester Anneliese, die es von ihrem Gatten überschrieben bekam, als er sich für immer von ihr verabschiedete um nach Indien auszuwandern. Ein guter Freund von Werner ist Kommissar Gerd Wildfang, der gleich im Nebenhaus seit einem Jahr wohnt. Sie waren sich sofort sympathisch und so laden sie sich immer wieder gegenseitig ein, besonders Gerds Dauerfreundin Gerti, pflegt die noch junge Freundschaft. So hat sie auch schon etliche Werke von dem Kunstmaler gekauft, da sie der Überzeugung ist, dass er mal ein sehr bekannter Maler werden wird. Werner ist im Moment mit sich selbst unzufrieden, so versucht er jeder Arbeit aus dem Weg zu gehen. Wer arbeitet macht Fehler – vermeide Fehler, sagt er zu sich.
Heute hat er eine gute Ausrede für sich selbst, er muss auf eine Vernissage, und die beginnt bereits am frühen Nachmittag, es hieß, er soll gegen drei da sein. Werner ist gerade damit beschäftigt seinen hellen Sommeranzug zu richten. Eigentlich müsste er noch etwas gebügelt werden, aber das hat er erst jetzt erkannt. Also geht er so, wie er ist, eben ungebügelt. Es ist nur ums Eck, am Kaiserplatz, das macht er zu Fuß. Als er dort eintrifft, sind nur Damen anwesend, die damit beschäftigt sind noch an den Vorbereitungen zu arbeiten. Er betritt den Raum und sofort bekommt er eine Arbeit zugeteilt. „Könntest Du das Bild Nummer fünf nach drüben hängen?“
„Ja klar, mach ich.“ Werner hängt das Bild um und bewegt sich auf das Buffet zu und schnappt sich ein leckeres Wurst-Schnittchen und ein dazugehöriges Bier. Er trinkt aus der Flasche, was zu lauten Protest der anwesenden Damen führt. Guggi geht auf ihn zu und meint, „ich glaube, ich muss mich wieder mehr um dich kümmern, dein Anzug gehört gebügelt.“ Guggi kennt Werner noch aus der Schulzeit und sie hat sich immer um ihn gekümmert, hat für ein ordentliches Pausenbrot gesorgt und hat, wenn nötig seine Schularbeiten erledigt. Als er dann geheiratet hat, war sie lange nicht gut auf ihn zu sprechen, da sie eigentlich damit gerechnet hatte, dass seine Wahl auf sie fallen würde. Aber er beruhigte sie mit den Worten, „eine Freundin hat es doch viel besser, die kann kommen und gehen wann immer sie will.“ Guggi überlegte und behielt seit dieser Zeit den Status einer ordentlichen Dauerfreundin, oder wie man in Schwabing sagt, sie ist das Bratkartoffelverhältnis des Künstlers. So darf sie das Atelier aufräumen, die Hosen bügeln, auch mal seinen Rücken schrubben. Als er geschieden wurde, stand sie Gewehr bei Fuß, aber der Maler meinte nur, „Du weißt ja, wir haben eine Abmachung.“
Die ersten Gäste treffen ein und Werner entdeckt unter ihnen den Finanzier und Kunsthändler Walter Bechstein, von ihm weiß er, dass er immer auf der Suche nach „verkauf baren“ Bildern ist. Er geht auf ihn zu und verwickelt ihn auch gleich in ein Gespräch und meint, „ich glaube, ich habe da etwas für Sie, wenn Sie Zeit haben, wir brauchen nur in mein Atelier hinübergehen, es ist nur um die Ecke.“ Bechstein will aber zuerst die ausgestellten Bilder sehen und dann, falls er dann immer noch neugierig ist und Lust für eine Investition hat, könnte er ja immer noch mit dem Künstler hinüber in dessen Atelier gehen. Werner hat sich gerade ein neues Bier geholt, diesmal sogar einen Krug verwendet, da wird er von Bechstein angesprochen. „Wie sie wissen bin ich immer auf der Suche nach etwas Neuem, die Arbeiten sollten den Werken aus der Zeit um neunzehnhundertzehn möglichst ähnlich sein.“
Werner meint, „ach ja - Jahrhundertwende, wenn ich richtig verstehe. Eine Kopie, oder sollte es eventuell sogar ein Original sein?“
Bechstein will das Thema wechseln, es sind ihm zu viele Menschen im Raum. „Wir treffen uns später, haben Sie eine Telefonnummer, die ich aufschreiben könnte?“
Der Maler reicht ihm seine letzte Visitenkarte, bereits etwas abgegriffen „hier steht alles drauf“, meint er. Bechstein dreht und wendet die Karte zwischen seine Fingern um sie dann in sein Jackett zu stecken. Werner ist Realist und so hat er das Gespräch schon nach wenigen Minuten vergessen. Er widmet sich gerade einem sehr hübschen und eleganten Fräulein. Erklärt die ausgehängten Bilder und führt sie dann zu einem von ihm gefertigten Bild. Zuerst sagt er mal nichts, wartet auf einen Kommentar, der lässt auch nicht lange auf sich warten, „für so etwas bezahl ich doch kein Geld, das mach ich mir doch selber.“ Werner reagiert gelassen, vielleicht weiß sie ja, dass es von ihm ist und will ihn nur provozieren so meint er, „kein Problem, wenn sie mich mal in meinem Atelier besuchen wollen, es ist gleich um die Ecke.“ Die Interessentin wendet sich ab und kommt erst beim Verabschieden nochmals auf ihn zu. „Morgen um zehn, wäre das in Ordnung?“ Er meint nur, „ja klar, mit Milch oder ohne – ach, Zucker müsste ich noch besorgen. Haben sie auch einen Namen?“
„Ich bin Claudia, da drüben hängt ein Bild von mir, ach - ich sehe gerade, es wurde verkauft.“ Als sie gegangen ist, geht er natürlich sofort hinüber um sich das Bild anzusehen. Es ist wirklich gut, das muss er zugeben und nun freut er sich schon auf den Besuch am folgenden Vormittag. Die meisten Gäste sind schon gegangen, da taucht plötzlich Gerd Wildfang mit seiner besseren Hälfte auf. Gerd ist gut drauf, beginnt sofort als er Werner entdeckt mit dem Frotzeln. „Hast du dich hier auch aufgehängt, oder sind heute nur die Könner im Verkauf.“ Sie setzen sich gemeinsam in eine Ecke und stoßen auf den doch sehr gelungenen Abend an. Gerd Wildfang erzählt, dass sie gerade hinter einer Fälscherbande her sind und dass es wirklich gute Leute sind, eigentlich sollte man sie fördern und nicht verfolgen. Aber es geht um die Unterschriften und wenn einer Maier heißt, dann sollte er nicht Monet darunter schreiben. Werner lacht und meint, „ich hab da eventuell jemanden, der ist auf der Suche, falls du also zufällig einen Marc übrig hast, ich hab da einen Abnehmer. Als dann Wildfangs Gerti hinzu tritt, wechseln sie das Thema. Gerti mag es nicht, wenn man über Verbrechen Witze macht. Sie hat gerade ziemlichen Stress, da sie bei der Sitte immer jüngere Mädels haben, die auf den Strich gehen. Dann kommen auch noch die Girls aus den Ostländern hinzu. Es ist zum wahnsinnig werden, meint sie verärgert. Gerti entdeckt dann das Bild von Werner und meint, dass es langsam an der Zeit wäre, dass er es verkauft, so schlecht ist es doch gar nicht, da müsste sich doch ein Käufer finden lassen. Aber vielleicht liegt es am Preis, meint Gerd. An Werner gewandt meint er, „nimm einfach den Tausender vorne weg, dann kauft es Gerti.“