Читать книгу Perry Rhodan 2901: Das Goldene Reich - Michael Marcus Thurner - Страница 8

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3.

Perry Rhodan

Der Thoogondu

»Du kennst meinen Namen?« Ich hatte Mühe, angesichts dieser Eröffnung ruhig zu bleiben.

»Selbstverständlich.« Er starrte mich, ohne zu zwinkern, aus den tief liegenden Augen an. »Entschuldige, dass ich mich nicht gleich vorgestellt habe: Mein Name ist Saaperid und ich bin ein Thoogondu. Die Thoogondu sorgen für Ordnung und Zufriedenheit in dieser Sterneninsel.«

»Ordnung und Zufriedenheit?«, hakte ich nach. »Das sind zwei Begriffe, die nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sind.«

Saaperid stutzte kurz und sagte dann: »Stör dich nicht an Worten, solange die Parameter einer einwandfreien Übersetzung nicht fixiert sind. Unsere Rechner kommunizieren miteinander. Es gibt Anpassungsschwierigkeiten.«

»Selbstverständlich.« Ich nickte, der Thoogondu schien die Bewegung zu verstehen. »Aber die Sprachprogramme sind gewiss schon so weit synchronisiert, dass du mir eine Frage beantworten kannst: Du schickst mir deine Begrüßung über hochkonzentrierten Richtfunk. Du hast uns also erwartet. Woher wusstest du, dass mein Schiff genau hier auftauchen würde?«

»Das erklären wir dir bei passender Gelegenheit«, wich Saaperid einer Antwort aus. »Vorerst brauchst du bloß zu wissen, dass wir uns tatsächlich auf dich und die Ankunft deines Schiffs vorbereitet haben. Gäste aus der ehemaligen Mächtigkeitsballung des Wanderers sind uns hochwillkommen. Und wir freuen uns, dass du persönlich mit an Bord bist. Als Mitverantwortlicher für die Flucht des Wanderers bist du für uns von großer Bedeutung.«

Mit dem Wanderer war unzweifelhaft ES gemeint, die Superintelligenz, die uns so lange zur Seite gestanden hatte und nun gezwungen war, unsere Milchstraße zu meiden.

»Das ist eine zweifelhafte Ehre ...«

»Mach dich nicht kleiner, als du bist, Perry Rhodan! Dir ist es zu verdanken, dass der alte Feind der Thoogondu vertrieben wurde. Deswegen soll dir ein großer Empfang bereitet werden. Auf Thooalon. Jener Welt, die im Fokus jenes kosmischen Leuchtfeuers steht, dessen Ruf ihr gefolgt seid.«

So viele Andeutungen, so viele Unbekannte. Ich brauchte Zeit, um die Informationen zu durchdenken und meine Schlüsse zu ziehen.

»Du hast die Nachricht im Kopf, die dir übermittelt wurde, Perry Rhodan?«

»Selbstverständlich.«

Ich würde sie nicht so rasch vergessen. Sie war der Grund dafür, dass wir eine Reise über mehr als einhundert Millionen Lichtjahre angetreten hatten.

Der Wanderer hat seine Mächtigkeitsballung aufgegeben. Ihre Sternenvölker sind wieder frei. Des Wanderers Flucht aber wird Begehrlichkeiten anderer, dunkler und zerstörerischer Mächte wecken.

Wir, das Vertriebene Volk, bieten unseren Schutz an. Wir laden den Erben des Wanderers ein, sich mit uns zu verbünden.

Folge dem Leuchtfeuer ins Goldene Reich. Wenn die Milchstraße leben will, braucht sie das Bündnis zwischen dir, der Menschheit und dem Gondunat.

Wir zählen auf dich, Perry Rhodan.

»Und du bist der Botschaft gefolgt. Dir liegt etwas an dieser Begegnung.«

»Wir sind neugierig. Nachrichten dieser Art sind ungewöhnlich und bergen Geheimnisse. Aus Erfahrung wissen wir, dass es gut ist, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten und Zeichen möglicher Gefahr zu erkennen, bevor sie relevant werden.«

»Ich verstehe. Bei uns sagt man: Vorsicht in der Gegenwart ist der Schlüssel für die Sicherheit in der Zukunft.«

»Ich kenne ein ähnliches Sprichwort.«

»Thoogondu und Terraner sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich«, sagte Saaperid.

»Mag sein.«

Wir schwiegen. Ich blieb bewusst wortkarg. Ich hatte keine Lust, mehr zu sagen als unbedingt notwendig. Es existierten viel zu viele Unbekannte in dieser Unterhaltung, und mein Gesprächspartner besaß ohnedies einen Informationsvorsprung.

Saaperid wischte sich über die Augen, die Bewegung wirkte fahrig. Ich entdeckte eine körperliche Besonderheit: Der Thoogondu hatte zweierlei Augenlider. Solche, die sich wie bei einem Terraner von oben nach unten schlossen und die die Augäpfel vor dem Austrocknen bewahrten. Darüber hinaus saßen nahe der Nasenwurzel milchige Häutchen, die sich leicht bewegten. Vermutlich handelte es sich um Nickhäute, die eine zusätzliche Reinigungsfunktion ausübten und bei Bedarf nach außen bewegt werden konnten.

»Ich hätte erwartet, einem redseligeren Gesprächspartner zu begegnen«, sagte Saaperid.

»Du musst akzeptieren, dass ich ein wenig vorsichtig bin.«

»Selbstverständlich. Aber sei versichert, dass wir uns freuen, euch als Verbündete empfangen zu dürfen. Selbst Puoshoor wird Thooalon besuchen und dir die Ehre eines Empfangs erweisen.«

»Puoshoor?«, hakte ich nach.

»Er ist der Ghuogondu des Goldenen Reichs und damit der Sohn des Garanten. Der Garant ist unser Herrscher, der den Ehrentitel Gondu trägt.«

»Puoshoor ist der designierte kommende Gondu?«

»Richtig.«

Das Goldene Reich beruht also auf feudalen Strukturen, mit all ihren Stärken und Schwächen.

»Ich würde mich freuen, dich nach Thooalon geleiten zu dürfen. Ich werde dich in zwei Stunden mit meiner VOKOTOO abholen, mit einem der schönsten Pentasphärenraumer des Goldenen Reichs.«

»Gerne. Allerdings muss ich darauf bestehen, dass wir die Reise nach Thooalon an Bord unseres eigenen Schiffs antreten.« Ich formulierte vorsichtig. Andererseits wollte ich nicht unhöflich wirken, also ergänzte ich: »Selbstverständlich freuen wir uns auf Geleitschutz deiner VOKOTOO.«

»Sehr gut, Perry Rhodan.« Die vollen, roten Lippen des Thoogondus verzogen sich zu einem vertraulich wirkenden Lächeln. »Ich lasse euch ein wenig Zeit zur weiteren Orientierung. Die Strapazen der langen Reise müssen verarbeitet werden. Erwarte mich in drei Stunden eurer Zeitzählung. Auf Wiedersehen.«

Die Verbindung brach ab. Ich starrte einige Sekunden auf den nunmehr leeren Ausschnitt des Hologlobus und versuchte, meine Gedanken zu sortieren. Es fiel mir nicht leicht. Es waren zu viele Eindrücke und zu viele Fragen, die mir durch den Kopf schwirrten, so knapp nach meinem Erwachen.

Sichu ließ sich neben mir in einen Sessel fallen.

»Was hältst du von Saaperid?«, fragte ich.

»Die Exopsychologen erarbeiten eben ein Profil«, antwortete sie ausweichend. »Die Faktenlage ist sehr dünn. Mehr als einige allgemeine Worte zu diesem Thoogondu darfst du dabei nicht erwarten.«

»Ich habe nach deiner Meinung gefragt.«

»Ich weiß. Und ich muss gestehen, dass ich keine habe. Vertraue ich meinem Instinkt, habe ich ein aalglattes Wesen erlebt, das sich hinter Phrasen und Schlagwörtern versteckt. Einzig, als das Gespräch auf den Wanderer kam, wurde Saaperid ein wenig emotional.«

»Und was sagt die Chefwissenschaftlerin Sichu Dorksteiger zu dieser Unterhaltung?«

»Die Chefwissenschaftlerin ist der gleichen Meinung wie mein Instinkt. Sie glaubt, dass wir uns gehörig in Acht nehmen müssen.«

*

Ich unterhielt mich weiter mit Sichu, während rings um uns die Aufräumarbeiten nach der Rückkehr in den Normalraum allmählich ein Ende fanden. Lua Virtanen und Vogel Ziellos stolperten in die Zentrale. Ich nickte ihnen zu, die beiden winkten zurück.

Sie wirkten angeschlagen. Sie galten als sensibel und sprachen manchmal auf die Fernreisen der RAS TSCHUBAI besonders stark an. Ich war froh, dass sie die mehr als drei Monate im Suspensionsschlaf gesund überstanden hatten.

Andere Besatzungsmitglieder waren nicht ganz so glücklich davongekommen. Wir hatten einige Ausfälle zu beklagen. Drei Terraner litten seit dem Verlassen ihrer Alkoven unter Wahnvorstellungen. Einige andere Expeditionsteilnehmer benötigten medikamentöse Behandlung, um mit angemessener Geschwindigkeit in die Realität zurückgeführt werden zu können.

Chefmediker Thoveno leistete wie immer ausgezeichnete Arbeit, wie ich erleichtert feststellte. Die meisten Patienten würden die Medoabteilung bald verlassen können.


Illustration: Dirk Schulz

ANANSI teilte mir mit, dass die RAS TSCHUBAI die Reise in ausgezeichnetem Zustand überstanden hatte. Der Hypertrans-Progressor samt all seiner Nebenaggregate wurde gecheckt und auf Abnutzungserscheinungen überprüft. Er würde während der weiteren Annäherung an die Galaxis Sevcooris nicht mehr zur Anwendung kommen. Bei erhöhter Sternendichte überwogen die Nachteile des Antriebs die Vorteile bei Weitem.

»Was haben die Thoogondu bloß mit ES zu tun?«, fragte ich Sichu.

»Interessant finde ich, dass Saaperid ausschließlich vom Wanderer sprach. Und von einem alten Feind. Es muss Animositäten zwischen den Thoogondu und der Superintelligenz gegeben haben, die ins ... hm ... Persönliche reinspielten. Als hätte ES ihnen persönlich übel mitgespielt. Schließlich nennen sie sich wohl das Vertriebene Volk.«

»Du begehst den Fehler, eine Superintelligenz in ihrer Denkart und ihren Handlungsweisen mit uns normalen Lebewesen auf eine Stufe zu stellen. Derartige Vergleiche müssen schiefgehen.«

»Mag sein. Was ist aber, wenn die Thoogondu diese Unterscheidung nicht treffen? Wenn sie sich ES gleichberechtigt fühlen?«

»Daran glaube ich nicht. Saaperid machte den Eindruck, als wüsste er, in welchen Sphären sich ES bewegt.«

»Na schön. Ein anderes Thema: Was wissen die Thoogondu über die Hintergründe, die zum Verschwinden von ES führten? ES war schon öfter einmal weg, aber so definitiv und langfristig wie derzeit noch nie.«

Ich seufzte tief. »Selbst wir wissen längst nicht alles darüber. Alles, was uns mitgeteilt wurde, ist, dass die Milchstraße einerseits ES keinen passiven Anker mehr bietet und andererseits sogar Superintelligenzen geradezu aktiv abstößt. Vermutlich, jedenfalls. Die Eiris, die dafür verantwortlich ist, zählt nicht eben zu den am besten erforschten Wissenschaftsgebieten.«

»Wir sind dran«, sagte Sichu und lächelte. »An Fragen zur Eris allgemein und zu jener von ES speziell. Aber das braucht Zeit.«

»Du hast recht.« Ich erhob mich und streckte mich. »Kümmern wir uns um die wichtigen Angelegenheiten.«

»Das heißt?«

»Wir werden uns von diesem Saaperid nach Thooalon geleiten lassen. Aber wir werden Sicherheitsvorkehrungen treffen.«

Ich erzeugte ein Holo und ließ eine Bildverbindung zu Farye Sepheroa-Rhodan erstellen. Meine Enkelin meldete sich augenblicklich.

»Guten Morgen«, sagte ich, der offiziellen Bordzeit angemessen.

»Du brauchst mich?«

Das strahlende Lächeln wirkte auf mich wie an jenem Tag, da ich sie kennengelernt hatte. Sie war ein ganz besonderer Sonnenschein – und ich arbeitete gerne mit ihr zusammen. »Ja. Was hältst du von einem kleinen Ausflug an Bord der BJO BREISKOLL?«

Farye runzelte die Stirn. »Du brauchst mich als Eingreifreserve?«

»Dich und die Truppen des Ersten Raumlandebataillons. Deine Leute also, Frau Oberstleutnant.«

»Das lässt sich machen, Zivilist Rhodan«, sagte Farye unbeschwert. »Wie lautet der Auftrag?«

»Vorerst gibt es keine Anweisungen. Du wirst dich in Bereitschaft halten und warten. Mag sein, dass unser Besuch bei den Thoogondu absolut friedlich verläuft und die BJO BREISKOLL nach einigen Tagen langweiligen Manöverflugs an der RAS TSCHUBAI andocken darf. Doch die Erfahrung lehrt, dass es bei Erstbegegnungen immer zu Problemen oder Missverständnissen kommen kann. Für den Fall der Fälle möchte ich einen meiner fähigsten Offiziere samt einem Haufen Elitesoldaten in Rufweite wissen.«

»Du schmeichelst mir, Großvater.«

»Wollte ich dir schmeicheln, würde ich dich nicht auf deine Karriere ansprechen, sondern dir sagen, wie toll du aussiehst.«

»Dafür bekommst du ausgiebig Gelegenheit, wenn ich außer Dienst bin.« Farye zeigte ein kurzes und exakt bemessenes Lächeln, bevor sie wieder ernst wurde. »Wann bekomme ich meinen Marschbefehl?«

»In den nächsten zehn Minuten. Sieh zu, dass deine Leute an Bord der BJO BREISKOLL gelangen. Du schleust aus, bevor das Rendezvous mit Saaperid stattfindet.«

»Verstanden, Sir.« Farye grüßte militärisch zum Abschied, das Holo fiel in sich zusammen.

»Sie ist etwas ganz Besonderes«, sagte Sichu neben mir.

»Das ist sie. Umso mehr bedauere ich, dass ich sie schon wieder für einen Spezialauftrag heranziehe. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte sich nicht auf der RAS TSCHUBAI um einen Posten beworben.«

»Sie ist eine der Besten, Perry. Sie hat eine ausgezeichnete militärische Reputation, ihre Flugkünste sind unbestritten – und sie ist eine Führungspersönlichkeit. Sie gerät eindeutig nach dir.«

»Und sie ist meine Enkelin. Ich habe nicht sonderlich viel Verwandtschaft. Und ausgerechnet sie riskiert bei jedem Einsatz ihr Leben.«

»Sie ist eine reife und selbstbewusste Frau, die sehr wohl auf sich aufzupassen weiß. Abgesehen davon, dass sie auch in dieser Hinsicht nach dir gerät. Farye und du – ihr seid von einem Stamm. Also lass sie ihren Weg gehen und akzeptier endlich, dass der nicht unbedingt der einfachste ist.«

»Schon gut, schon gut.« Sichu hatte recht. Aber mein Familienleben war nie besonders gelungen verlaufen. Von all meinen Kindern war mir keines geblieben. Ich sehnte mich nach dem kleinen Glück, wenigstens meine Enkelin vor all dem bewahren zu können, was üblicherweise auf die Familie Rhodan einprasselte.

Ich löste mich von diesen Gedanken, bevor sie zu sehr auf mir lasteten. Ich definierte die Befehle an Oberstleutnant Farye Sepheroa-Rhodan und an die Schiffsführung des MARS-Kreuzers mit der Eigenbezeichnung BJO BREISKOLL. Ich gab einige Verhaltensmaßregeln weiter, holte mir das Okay des Schiffskommandanten Holonder und schickte die Anweisungen weiter.

Nur fünf Minuten später bekam ich von der BJO BREISKOLL das Bereitschaftssignal. Ich gab die Starterlaubnis, der Kreuzer löste sich aus seiner Parkmulde in der oberen Kugelhälfte der RAS TSCHUBAI.

Das Fehlen des Schiffs würde auffallen. Doch ich wusste, was ich Saaperid zu sagen hatte, falls er mich darauf ansprach.

Perry Rhodan 2901: Das Goldene Reich

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