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Kapitel 7

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Direktorats-Flottenbasis Arcturus, im Orbit um die Sonne Arcturus,

36,7 Lichtjahre vom solaren System entfernt, Briefing-Room, Oberdeck 38, Sektion 8.

Der Befehl kam über fünfundvierzig Implante. Captain Joana Redfeather hatte damit gerechnet, doch die anderen Männer und Frauen wurden davon überrascht. „Alle Angehörigen der C-Kompanie des fünften Raumkavallerieregiments sammeln sich sofort im Briefingroom. Navigationsdaten erfolgen über Implant.“

Es folgte ein kurzer Code, der den Absender als High-Command identifizierte. Für die Soldaten der C-Kompanie war das höchst ungewöhnlich, denn die oberste Kommandoebene wandte sich normalerweise nicht direkt an eine einzelne Truppe, sondern gab ihre Befehle über die jeweiligen Kommandoebenen weiter.

Von Joana abgesehen, hatte keiner der Männer oder Frauen mit dieser Aufforderung gerechnet. Sie gingen ihren verschiedenen Beschäftigungen nach. Einige wurden von dem Weckimpuls des Implants im Schlaf überrascht, andere hielten sich in verschiedenen Teilen der Basis auf und nutzten die Freizeitangebote. Der Befehl löste eine Menge Flüche aus, doch die Aufforderung, sich sofort zu sammeln, ließ keine Alternative zu.

Mario Basari, Master-Sergeant der C-Kompanie, war stolz auf seine italienischen Vorfahren und gehörte zu jenen Unteroffizieren, die man mit recht als Rückgrat der Raumlandungstruppen bezeichnen konnte. Nach Erhalt des Befehls tippte er an sein eigenes Implant und stellte die Verbindung zu den Mitgliedern von „Charlie“ her.

„Hier Basari. Ihr habt es gehört. Riordan und Pankroff sind im Vergnügungszentrum auf Deck Drei der oberen Ebene. Galley, Sie sind am nächsten dran. Sie sorgen dafür, dass die beiden eingesammelt werden. Die machen bestimmt wieder ein Wettsaufen. Stopfen Sie den Jungs notfalls eine Ausnüchterungspille in den Hals, aber schleifen Sie sie zum Sammelpunkt. Und jetzt bewegt euch und tut so, als wäret ihr noch am Leben.“

Mario Basari trug die Uniform der Sky-Cavalry, obwohl er sich eigentlich in seiner Freizeit befand. Unter den Troopern kursierten immer wieder Behauptungen, man habe ihn in Zivilkleidung gesehen, doch die meisten hielten das für unmöglich. Basari war Basari. Die himmelblaue Hose zeigte immer die scharfe Kniefalte und fiel auf Schuhe, die wie schwarzes Glas glänzten. Die dunkelblaue Jacke war sicherlich aus der Haut heraus gewachsen und das schwarze Barett mit der gelben Einfassung der Sky-Cav saß stets exakt eine Fingerbreite oberhalb der Augenbrauen. Das goldene geflügelte Pferd, Symbol der Raumkavallerie, befand sich an der linken Brustseite, direkt über dem Namensschild. Obwohl sich die Haare des Veterans längst grau gefärbt hatten, wirkte der große Mann durchtrainiert.

Der Master-Sergeant und Joana Redfeather trafen vor dem Briefingroom zusammen. Da Joana mit dem Befehl zum Sammeln gerechnet hatte, trug auch sie Uniform. Basari salutierte vor seiner Vorgesetzten. Er hatte bereits unter ihrem Vater, dem Hoch-Admiral, gedient und war bei ihrem ersten echten Landungseinsatz auf Hanari dabei gewesen. Sie empfanden einen großen gegenseitigen Respekt und schätzten, wo es möglich war, den lockeren Umgangston, der unter Troopern üblich war.

„Man hat uns kalt erwischt, Ma´am“, gestand Basari. „Ein paar der Jungs und Mädels werden wohl nicht in vorzeigbarem Zustand sein. Wir sollten uns erst in zehn Tagen wieder auf der Trafalgar einschiffen. Sie wissen nicht zufällig, was hier los ist, Captain?“

„Wir fliegen schon in drei Tagen, Sarge, und wir werden nicht mit der Trafalgar fliegen.“ Joana wies zur Tür. „Wir werden an einem Testflug mit einem neuen Schiff teilnehmen und da drin sind ein paar Leute, die uns die nötigen Infos geben werden.“

„Okay, Ma´am.“ Basari räusperte sich. „Als Troopers sind wir ja gewohnt, dass wir essen müssen, was man uns auf den Teller klatscht.“

„Also dann, gehen wir essen“, meinte Joana lächelnd.

„Wenn Sie gestatten, Ma´am, würde ich gerne darauf achten, dass keiner von uns versehentlich an der Tür vorbei läuft“, wandte Basari ein.

Joana nickte und betrat den Besprechungsraum. Sie wusste, warum der Master-Sergeant vor der Tür warten wollte. Es gab ihm die Gelegenheit, den einen oder anderen Trooper noch ein wenig in Form zu bringen, falls dies erforderlich sein sollte. Niemand würde ihnen einen Vorwurf machen können, da sie überraschend aus ihrer Freizeit gerufen worden waren, aber Basari achtete sehr darauf, den Ruf der Truppe untadelig zu halten.

Für die Invasion auf Hanari war eine riesige Flotte erbaut worden. Alle regulären Kampfregimenter kamen dabei zum Einsatz und eine Vielzahl von Freiwilligentruppen war einberufen oder angeworben worden. Mit dem Ende der Rettungsmission war sofort damit begonnen worden, die meisten Schiffe abzuwracken oder kommerziellen Zwecken zuzuführen. Die Freiwilligen waren entlassen und die Truppenstärke der Sky-Cavalry reduziert worden. Von den hundertzwanzig Soldaten, die einst zur Sollstärke von Joanas Kompanie gehört hatten, war diese nun auf fünfundvierzig geschrumpft.

Joana war die Erste, die den Raum betrat. Auf dem Podium waren fünf Sitzgelegenheiten aufgestellt, von denen drei bereits genutzt wurden. Sie erkannte zwei Zivilisten, einen Mann und eine Frau, sowie eine Offizierin in der Uniform eines Schiffskommandanten. Da diese den gleichen Rang wie Joana innehatte, nickte sie der Unbekannten freundlich zu und setzte sich in die vordere Reihe.

Die Männer und Frauen ihrer Kompanie trafen nun einzeln oder in kleinen Gruppen im Briefingroom ein. Alle trugen Zivilkleidung und vielen waren Unmut oder Neugierde ins Gesicht geschrieben, warum man sie verfrüht aus ihrer Freizeit zusammenrief. Einigen war anzumerken, dass sie Alkohol oder andere Rauschmittel konsumiert hatten. Niemand würde ihnen daraus einen Vorwurf machen können, denn keiner hatte mit dem Sammelruf gerechnet.

Corporal Dan Riordans Gesicht und Augen waren leicht gerötet. Er warf einen kurzen Blick zum Podium und ging dann, mit sehr konzentrierten Schritten, zu einer der Sitzgelegenheiten in der hintersten Reihe. Als er Joana bemerkte, winkte er ihr fröhlich zu. „Hey, Sie sehen gut aus, Captain.“

„Danke für das Kompliment, Riordan“, erwiderte Joana. „Ich wünschte, ich könnte das auch von Ihnen behaupten.“

June Galley, Sergeant und einer der beiden Kanoniere der Kompanie, machte eine entschuldigende Geste und bugsierte ihren Freund dann in einen Sitz. Die beiden machten oft ihre Scherze, bei denen der vorlaute Riordan meist den Kürzeren zog, waren bei Kampfeinsätzen jedoch ein nahezu unschlagbares Team.

Joana bemerkte den missbilligenden Blick der Zivilistin, der Riordan galt, während die Schiffskommandantin verstohlen lächelte.

Jerome Kelly trat ein. Der Lieutenant schien ein wenig alt für seinen Dienstgrad, doch das täuschte. Er war während der Hanari-Mission Major und Befehlshaber eines Bataillons gewesen und froh, nach dem Truppenabbau eine Stellung als Joanas Stellvertreter gefunden zu haben. Er empfand keinerlei Neid gegenüber Joana, wie das bei einigen anderen Zurückgestuften der Fall war, und galt als erfahren und kaltschnäuzig. Kelly warf einen langen Blick über den Raum, zwinkerte Joana zu und setzte sich dann in eine der hinteren Reihen. Normalerweise hätte er neben seinem Captain gesessen, doch Joana verstand, dass ihr Lieutenant, aufgrund derselben Erfahrung wie Basari, die Truppe im Auge behalten wollte.

Schließlich kam auch der Master-Sergeant herein und signalisierte Joana damit, dass die Kompanie vollzählig war.

Joana erhob sich und sah die Offizierin auf dem Podium an. „C-Kompanie vollzählig, Captain.“

Die Angesprochene erhob sich. Von Basari kam ein halblautes „Ruhe im Glied“ und die Flüstergespräche der Trooper verstummten schlagartig.

„Ich bin Captain Tamara Jellenkova und befehlige die D.S. Lightning. Wie Sie alle wissen, will man den neuen Nullzeit-Sturzantrieb für die Schiffe der Direktorats-Flotte erproben. Dies soll unter Einsatzbedingungen geschehen. Ursprünglich war es beabsichtigt, diese Erprobungen mit dem Trägerschlachtschiff Trafalgar durchzuführen. Auf Anweisung des High-Command des Direktorats werden sie stattdessen mit einem vollkommen neuen Schiffstyp stattfinden. Dazu wurde die Lightning gebaut. Sie ist der erste Patrouillen- und Einsatzkreuzer der neuen Baureihe und Sie, Troopers, haben die Ehre, sich in zwei Tagen auf ihr einzuschiffen.“ Es gab ein paar halblaute Bemerkungen, die prompt verstummten, als Basari ein dezentes Räuspern hören ließ.

Captain Jellenkova deutete auf die beiden Zivilisten, die sie rechts und links flankierten. „Doktor Marion Wagner von Hollmann-Constructions. Sie leitete das Team, welches die Lightning konstruiert hat.“ Die Frau erhob sich kurz und nun sah man, dass sie mit ihren knapp hundertachtzig Zentimetern Körpergröße deutlich kleiner als der Durchschnitt war. Blonde Locken fielen ihr bis weit über die Schultern. Als sie sich rasch wieder setzte, deutete Jellenkova auf den Mann. „Doktor Nils Benstroem ist maßgeblich an der Entwicklung des Nullzeit-Sturzantriebes beteiligt. Beide werden im Lauf des Briefings Ihre Fragen beantworten, doch zunächst will ich Ihnen das neue Schiff vorstellen.“

Der Captain trat an die Steuerkonsole des Podiums und tippte ein paar Befehle ein. Dieser Raum war, wie verschiedene andere auch, aus Sicherheitsgründen abgeschirmt und in seinem Inneren konnten die Implants nicht mehr genutzt werden, sobald die Tür geschlossen war. Das Licht wurde gedämpft und dann stand die holografische Projektion des neuen Patrouillenkreuzers im Raum. „D.S. Lightning, der neue Patrouillen- und Einsatzkreuzer der Direktorats-Flotte.“

Das Schiff hatte von allen Seiten die Form eines niedrigen und gestreckten Sechsecks, welches zum Bug hin flach auslief. Nur von oben oder unten betrachtet, erkannte man, wie sehr die Form in die Breite gezogen war. Damit besaß die D.S. Lightning zwar die Grundform aller Direktorats-Schiffe, unterschied sich aber dennoch erheblich von der bisherigen Bauweise.

„Die Hülle besteht vollständig aus Tridan, Keramik und Klarstahl“, dozierte Captain Jellenkova. „Da ja bereits viele Schiffe der Rettungsflotte abgewrackt wurden, besteht derzeit kein Mangel an Tridan-Stahl. Der Rumpf hat eine Höhe von zwanzig Metern, mit den Aufbauten der Atmosphärentriebwerke, auf der Oberschale und unter der Unterschale, beträgt sie sogar dreißig Meter. Zweihundert Meter Länge, dreiundfünfzig in der Breite.“

Sie zog einen Laserpointer aus der Brusttasche der Uniform und sein grellroter Punkt, der innerhalb der Holografie rhythmisch pulsierte, schien die Blicke der Trooper magisch anzuziehen. „Sie können vorne, rechts am Bug, die Kommandobrücke mit der Steuerung erkennen. Von Ihrem Dienst auf einem Trägerschlachtschiff wissen Sie, dass man dort eine Bug-Zentrale für die Piloten hat, deren Funktion aber im Gefecht vollständig durch eine geschützte Zentrale innerhalb des Rumpfes übernommen wird. Bei den neuen Kreuzern gibt es nur diese Brücke im Bug. Das mag Ihnen als Schwachpunkt erscheinen, hat aber seinen Vorteil. Die Zentrale ist rundum verglast und der dicke Klarstahl erlaubt einen nahezu ungestörten Blick in Flugrichtung. Hier befinden sich auch die fotometrischen Systeme, die für die Navigation mit dem Nullzeit-Sturzantrieb unerlässlich sind.“

Das Hologramm schwenkte, sodass der Bug deutlicher sichtbar wurde. „Gegenüber der Zentrale, aber an der Unterseite des Rumpfes, befindet sich das primäre Waffensystem. Sie sehen hier die Panzerhülle, welche die einzelnen Waffenkomponenten schützt.“ Jellenkova bemerkte eine Hand, die inmitten der Zuhörer hochfuhr. „Ja, bitte?“

„Sergeant Galley“, stellte sich die Fragestellerin vor und die meisten der Trooper hatten schon geahnt, dass die Kanonierin beim Stichwort „Waffen“ lange Ohren bekam. „Ich bediene eine der beiden Gatling-Revolverkanonen der Kompanie. Mich würde die Bestückung des Kreuzers interessieren.“

„Verständlich.“ Die Schiffskommandantin machte eine Bewegung und die Panzerhülle des primären Waffensystems schien sich aufzulösen. „Im Grunde hat man die Waffen übernommen, die sich bereits in den Landungsbooten bewährt haben. Das ist nur logisch, da das Schiff ja auch Landungsunternehmen durchführen muss. Hier ist alles nur ein klein wenig größer. Eine 10-Millimeter-Gat-Revolverkanone mit gehärteten Geschossen oder Sprengprojektilen. Dazu zwei Hochenergie-Laser und ein Raketengeschütz. Der Waffensystembehälter ist übrigens um zweihundertvierzig Grad schwenkbar. Dort, wo sich der tote Winkel befindet, wurden zwei ausfahrbare Massekanonen und Raketentorpedowerfer eingebaut.“ Jellenkova bemerkte, dass Galley nicht beeindruckt war, und lächelte. „Die Lightning ist kein Schlachtschiff, aber Sie alle sollten dabei bedenken, dass sich das Bild der Flotte in Zukunft dramatisch wandeln wird. Bisher war es kaum möglich, schnell auf eine Notsituation zu reagieren. Einsatzschiffe waren Monate, ja, sogar Jahre unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen und konnten dort nicht auf schnelle Unterstützung hoffen. Daraus entstand einst das Konzept der Trägerschlachtschiffe und schweren Kreuzer. Jetzt dauert es höchstens acht Stunden, bis Verstärkungen ankommen. Statt einiger weniger, sehr starker Schiffe, braucht man nun eine größere Zahl kleinerer und weniger schwer bewaffneter Kreuzer, die schnell reagieren und sich gegenseitig unterstützen können. Der Nullzeit-Sturzantrieb wird, nicht zuletzt dank Doktor Benstroem, die gesamte Raumfahrt und damit auch die Flotte verändern.“

Benstroem grinste erfreut und nickte mehrfach zu den Worten des Captains.

Erneut schwenkte das Hologramm. „Die ungewöhnliche Breite des Rumpfes dient als Tragfläche und unterstützt die Fähigkeit des Kreuzers, innerhalb einer Atmosphäre zu manövrieren. Im Gegensatz zu den klassischen Landungsschiffen, bei denen sich die Staustrahltriebwerke an den Flanken befinden, hat man sie hier oben und unten angebracht.“

Joana Redfeather betrachtete die beiden Leitwerke, die sich hinter den oberen Atmosphäre-Triebwerken befanden. Sie waren schräg nach außen und vorne abgewinkelt, was sicherlich die Manövrierfähigkeit in einer Lufthülle erhöhte.

Wie alle Schiffe der Flotte, gleichgültig aus welchem Material ihr Rumpf bestand, schimmerte die Lightning in hellem Grau. Der breite hellblaue Farbbalken im hinteren Drittel zeigte die Zugehörigkeit zur Sky-Navy, der schmale gelbe, dass sie zugleich als Trägerschiff einer Einheit der Sky-Cavalry diente. In kräftigem Blau war die Kennnummer des Schiffes auf die Flanken der Oberschale aufgemalt. In Höhe der Schleuse und deutlich kleiner stand in Schablonenschrift der Name.

„Die Mannschaftsstärke beträgt drei Kommandooffiziere und achtzehn Besatzungsmitglieder, die in drei Schichten ihren Dienst versehen. Für ein Schiff dieser Größe ist das sehr wenig, zumal der Kreuzer eine Vielzahl von Beobachtungs- und Überwachungsaufgaben wahrnehmen wird, aber die meisten Funktionen werden von der ausgefeilten Tetronik übernommen.“

Captain Jellenkova runzelte die Stirn, als sich June Galley erneut zu Wort meldete. „Ja?“

„Wirklich hübsch“, meinte die Kanonierin.

„Das klingt eher so, als würden Sie das Gegenteil meinen“, brummte Jellenkova.

„Nein, das Schiff ist wirklich hübsch“, bekräftigte nun Master-Sergeant Mario Basari. Er sah Joana Redfeather an. „Captain, Erlaubnis offen zu sprechen?“

„Dafür ist dieses Briefing ja da, Sarge. Ich habe selbst ein paar Fragen, aber legen Sie ruhig los.“

„Danke, Ma´am“, brummte Basari. „Na schön, ich will zur Sache kommen. Wahrscheinlich werden wir eine Menge Loblieder auf den neuen Patrouillenkreuzer zu hören bekommen. Aber ich will ehrlich sein, Captain Jellenkova … Sky-Command ist dafür bekannt, des Öfteren Scheiße zu bauen und uns als Gold zu verkaufen, wenn Sie verstehen. Nichts für ungut, Captain.“

Die Schiffskommandantin zuckte mit den Schultern. „Keine Sorge, Master-Sergeant. Ich kenne den Umgangston unter den Schlammfüßen und nehme das nicht persönlich. Ich habe vorher ein FLV, ein schnelles Landungsboot, auf der Agincourt gesteuert.“ In den Gesichtern der Soldaten zeigte sich ein Anflug von Respekt. Die Frau hatte auf einem Trägerschlachtschiff gedient und offensichtlich an der Hanari-Mission teilgenommen. „Ich weiß aus Erfahrung“, fuhr sie fort, „dass Neuerungen oft ihre Macken haben. Das gilt vor allem für Schiffe, die nicht nur einem Zweck, sondern gleich mehreren dienen. Dabei muss man Kompromisse eingehen. Statt eine Aufgabe richtig zu erfüllen, erreichen solche Multifunktionsschiffe in der Regel nur Mittelmaß.“ Captain Jellenkova grinste breit, als sie die offensichtliche Empörung in den Gesichtern von Wagner und Benstroem sah. „Aber bei der Lightning hat man einen wirklich guten Job gemacht, Troopers. Sie ist verdammt schnell, hat eine akzeptable Bewaffnung, und ich kann mit ihr jeden verdammten Schlammfuß der Sky-Cav auf jedem verdammten Planeten absetzen.“

Die Trooper lachten leise. Es war eine Sprache, die sie schätzten.

„Die Lightning bringt eine Menge Leistung und soll ja als Langstrecken-Patrouillenkreuzer und schnelles Einsatzschiff dienen. Obwohl die Reise zwischen den Sternen durch den neuen Antrieb inzwischen ja ein kurzes Vergnügen ist, soll der neue Kreuzertyp jedoch lange ‚draußen‘ bleiben und Patrouille mit Überlicht oder Unterlicht fliegen, und dabei die tetronischen Augen und Ohren offen halten. Und wenn es irgendwo brennt, und ihr Jungs und Mädels von der Cav benötigt werdet, dann bringt euch der Kreuzer blitzschnell ans Ziel und setzt euch punktgenau ab.“ Jellenkova schwenkte die Holoprojektion des Schiffes ein wenig und zoomte. Die Panzerhülle schien sich aufzulösen und die inneren Decks, Räume und Einrichtungen wurden sichtbar. „Da man eine Weile im Tiefenraum ist und dabei keinen unbezahlten Urlaub in der Kryo-Kammer macht, sondern wach ist und …“

„Wach? Hey, wird das bezahlt?“, rief Trooper Billings grinsend.

„Wachzyklen werden immer bezahlt“, knurrte Basari und sah den errötenden Trooper scharf an. „Noch so ein blöder Zwischenruf, und ich frage Captain Jellenkova, ob es in der Lightning nicht noch etwas gründlich zu schrubben gibt.“ Er sah die Kommandantin an. „Verzeihung, Ma´am, es wird nicht wieder vorkommen.“

„In Ordnung. Schön, ich sprach davon, dass der Flug nicht im Kälteschlaf verbracht wird. Daher gibt es gewisse Annehmlichkeiten für die Besatzung und die Passagiere.“

„Klar, Jelly und ihre Leute sind die Besatzung“, raunte Riordan und gab der Schiffsführerin damit gleich einen Rufnamen, „und wir sind ihre Passagiere.“

„Sei froh“, wisperte June Galley zurück. „Du würdest im Augenblick nämlich glatt als Fracht durchgehen.“

Aufenthaltsräume und die Quartiere der Besatzung und der „Passagiere“ wurden sichtbar. Sie waren beengt und boten nur ein Minimum an Komfort, was auch für die Offiziersräume galt. Auffallend war die Trennung von Besatzung und Kampftruppe durch ein Zwischenschott. Allerdings entsprach dies nicht nur der Tradition in der Flotte, sondern auch einem praktischen Hintergrund. Schließlich würde es zwei Offiziere im Rang eines Captains geben, doch in einem Schiff wurde notwendigerweise zwischen dem „echten“ Captain und Schiffsführer, und dem Führer der Truppe unterschieden. Die Trennung der Bereiche konnte Missverständnissen vorbeugen und wahrscheinlich würde man Joana Redfeather, ebenfalls der Tradition folgend, während des Aufenthaltes auf der Lightning seitens der Navy-Angehörigen als „Major“ titulieren.

„Sie haben nun Gelegenheit, ein paar gezielte Fragen zum Schiff zu stellen.“ Tamara Jellenkova sah sich um.

„Ja, Captain, ich hätte da eine Frage“, meldete sich Master-Sergeant Basari. „Sie erwähnten vorhin fotometrische Systeme für die Navigation. Entsprechen sie den Parallaxen-Kameras, die wir bei Überlichtfahrt benutzen?“

„Sie sind ihnen ähnlich, aber wesentlich exakter und ein wenig komplizierter“, erklärte die Offizierin. „Es ist kein rein optisches System und erlaubt es, den Nullzeit-Sturz ziemlich genau zu berechnen.“

„He, Moment mal“, machte sich Riordan bemerkbar. „Was soll das heißen, ‚ziemlich genau‘? Wollen Sie damit etwa sagen, Sie wüssten nicht genau, wo wir aus dem Sturz kommen?“

Bevor Captain Jellenkova antworten konnte, schaltete sich Nils Benstroem ein. „Die Technologie des Nullzeit-Sturzes ist noch neu, Trooper. Die Seiten- und Höhenausrichtung eines solchen Sturzes haben wir bereits perfekt justiert, aber die Bestimmung der erforderlichen Aufladung der Bug-Spule, welche die Entfernung festlegt, benötigt noch ein wenig Feinabstimmung.“

„Okay“, warf nun Joana ein, „Sie wissen also nicht genau, wo wir ankommen, richtig?“

„Die Ungenauigkeit beträgt im Augenblick noch zehn Prozent, aber wir arbeiten daran“, räumte der Antriebs-Ingenieur ein.

„Ich verstehe das jetzt richtig, ja?“ Dan Riordan leckte sich über die Lippen. „Wenn wir einen Sturz über fünfzig Lichtjahre hinlegen, dann kann es sein, dass wir nur fünfundvierzig oder auch fünfundfünfzig Lichtjahre zurücklegen?“

„Ja“, hieb June Galley jetzt in die gleiche Kerbe. „Und woher wollen Sie wissen, dass wir nicht in einer Sonne oder einem Planeten aus dem Sturz kommen? Das wäre sicher eine ziemlich miese Art, draufzugehen.“

Captain Jellenkova lächelte grimmig. „Tut aber bestimmt nicht weh. Sie würden gar nichts davon spüren, Sergeant.“

„Von den Zerrungen des Überlichtfluges bemerken Sie ja auch nichts.“ Nils Benstroem lächelte freundlich.

„Zerrungen? Was für Zerrungen?“

„Sie kennen Einsteins Relativitätstheorie?“

„Gehört zur Grundausbildung“, brummte Riordan. „Masse dehnt sich beim Erreichen der Lichtgeschwindigkeit ins Unendliche aus. Ist aber widerlegt, seit wir die Überlichtfahrt haben.“

„Eigentlich nicht“, widersprach jetzt der Ingenieur. „Einstein hatte durchaus recht. Die Masse dehnt sich ins Unendliche aus. Was er aber nicht wusste, war, dass sie, fast im gleichen Augenblick, auch wieder zu ihrer ursprünglichen Größe und Zusammensetzung schrumpft. Dehnung und Zerrung, Sie verstehen?“

„He, ich bin Sky-Trooper und nicht blöd“, knurrte Riordan. „Soll das jetzt heißen, dass wir beim Überlichtflug tausendfach gedehnt und wieder geschrumpft werden?“

„Millionenfach“, bestätigte Benstroem. „Aber das geschieht so schnell, dass es nicht einmal messbar ist. Stellen Sie sich ein elastisches Band vor, dass Sie in eine Richtung dehnen und dann am hinteren Ende loslassen. Es schrumpft wieder auf seine Größe und legt dabei Entfernung zurück.“

„Ja“, meldete sich Lieutenant Kelly mit nachdenklichem Blick. „Und irgendwann bekommt es Risse und wird spröde.“

„Bisher gab es noch keine Probleme“, beruhigte Benstroem.

„He, Cap“, wandte sich Corporal Riordan an Joana. „Wie sieht das mit Gefahrenzulage aus? Gefällt mir gar nicht, ständig gedehnt und wieder geschrumpft zu werden.“

„Hab dich nicht so“, spottete June Galley. „Dem Ding zwischen deinen Beinen gefällt das ja ganz gut.“

Fröhliches Gejohle kam auf und ging zulasten des errötenden Corporals.

„Seien Sie dankbar, Troopers, dass uns so etwas nicht sogar noch in Rechnung gestellt wird“, antwortete Joana Redfeather lächelnd. „Klingt doch eher wie eine Massage, oder? Anspannen und entspannen. Andere müssen richtig Credits dafür hinlegen, während wir es von der Flotte spendiert bekommen.“

„Und wie ist das beim Nullzeit-Sturz?“, wollte Lieutenant Kelly jetzt wissen. „Ich meine, werden wir da auch ‚massiert‘? Und Sergeant Galley fragte eben, ob wir vielleicht in einer Sonne aus dem Sturz kommen könnten. Wie ist es nun damit? Beim Überlichtflug sieht man ja wenigstens, wo es langgeht.“

„Falls es bei dem neuen Antrieb ebenfalls zu so einem Effekt kommt, so ist er uns jedenfalls nicht bekannt. Und selbst wenn, so wäre es nur ein einziges Mal, im Gegensatz zum Überlichtantrieb. Und zu Ihrer Frage, ob wir in einer Sonne herauskommen könnten … Das kann Ihnen Captain Jellenkova wohl beantworten.“

Die Kommandantin der Lightning nickte. „Bis die Spulen exakt justiert sind, berechnen wir jeden Sturz vorsichtshalber so, dass wir, trotz der geringen Abweichung, in jedem Fall vor einem Sternensystem aus der Nullzeit kommen. Notfalls können wir die Handvoll Lichtjahre bis zu den Planetenbahnen ja in Überlichtgeschwindigkeit zuckeln.“

„Zuckeln.“ Master-Sergeant Basari seufzte vernehmlich. „Bis vor Kurzem war Überlichtfahrt noch das Ultimative an Geschwindigkeit. Ich fürchte, ich werde alt.“

Erneut brandete Gelächter auf.

Joana straffte ihre Haltung ein wenig. „Wir sollten nun zum Kern dieser Zusammenkunft kommen. Zum Zweck unseres Fluges mit der D.S. Lightning. Captain Jellenkova?“

Die russischstämmige Kommandantin räusperte sich und trat wieder an die Steuerkonsole. Das Hologramm des neuen Schiffes verschwand und wich einer Sternkarte.

Basari bemerkte, wie sich die Tür öffnete, und stand mit einer fließenden Bewegung auf. „Achtung! Offizier an Deck“, meldete er mit halblauter Stimme.

Die Köpfe ruckten herum und erkannten Hoch-Admiral John Redfeather. Jellenkova schaltete das Hologramm aus und die Raumbeleuchtung ein. Joana und die anderen Uniformierten erhoben sich und salutierten. Benstroem und Wagner blieben sitzen, während die in zivil gekleideten Trooper lediglich Haltung annahmen. Es hätte nicht der Tradition entsprochen, in ziviler Kleidung den militärischen Gruß zu entbieten.

„Rühren, Troopers. Wie ich sehe, komme ich genau richtig“, sagte der Oberbefehlshaber freundlich. „Ganz wie es der Tradition unserer Cav und unserer Navy entspricht.“ Er erwiderte den Gruß der Uniformierten und trat dann an das Steuerpult. Er wechselte ein paar halblaute Sätze mit Jellenkova und den beiden Zivilisten, dann wandte er sich an Joanas Kompanie.

„Nun, Troopers, ich will ein wenig ausholen und euch erklären, welchen Spaß man Ihnen bietet und mir vorenthält“, begann Redfeather launig. „Eigentlich sollten wir uns in drei Wochen gemeinsam auf meinem Flaggschiff Trafalgar einschiffen, um die Tests mit ihr durchzuführen. Natürlich wusste ich schon von dem neuen Kreuzertyp, aber ich war doch ein wenig überrascht, als mir das Direktorat mitteilte, die Lightning werde nach Arcturus kommen. Also werde ich meinen langweiligen Dienst auf der Basis versehen müssen, während Sie zwischen den Sternen herumgondeln.“ Wie beabsichtigt, gab es ein paar Lacher, auch wenn niemand glaubte, der Hoch-Admiral werde sich langweilen. „Wie sich der neue Kreuzer bewährt, ist von größter Bedeutung für das Direktorat und die Flotte“, fuhr Redfeather fort. „Die Ergebnisse der Tests, mit Schiff und neuem Antrieb, stellen die Weichen für unsere Zukunft. Daher werden Sie in den folgenden Wochen viel zu tun haben. Dabei stehen Ihnen nur zwei Standardmonate zur Verfügung, denn in exakt acht Wochen muss die Auswertung der Ergebnisse erfolgen und an das Direktorat übermittelt werden. In zehn Wochen findet nämlich eine Vollversammlung statt, bei der über das Flottenprogramm entschieden werden soll. Da die meisten Ratsmitglieder noch mit den langsamen Überlichtschiffen zum Mars reisen, kann man die Versammlung nicht beliebig verschieben.“

John Redfeather nahm eine Schaltung an der Steuerkonsole vor und das Hologramm der Sternkarte baute sich auf. Ein ungleichmäßiges Dreieck roter Linien erschien, dessen einer Eckpunkt von Arcturus gebildet wurde. „Wir werden keinerlei Risiko eingehen und Sie nicht tief in den Raum hinausschicken. Auch wenn ich mir sicher bin, dass Doktor Benstroem den neuen Antrieb bestens beherrscht. Aber bei neuer Technologie kann es nun einmal zu unerwünschten Effekten kommen. Daher wird die Lightning nur so weit durch die Nullzeit stürzen, dass sie nötigenfalls mit dem normalen Überlichtantrieb in angemessener Zeit zur Basis zurückkehren kann.“

Man merkte Nils Benstroem an, dass ihm diese Worte nicht gefielen, aber selbst er musste zugeben, dass „sein“ neuer Antrieb ja noch nicht hundertprozentig erprobt und bewährt war.

„Das Schiff wird in einem Umkreis von maximal zehn Lichtjahren um die Basis operieren. Dieser Bereich ist uns bestens bekannt und in allen Details vermessen. Dennoch wird sich Captain Jellenkova so verhalten, als befände sie sich in Neuland, und das Gebiet mit den schiffsinternen Systemen vollständig neu erforschen. Das erlaubt uns einen Abgleich mit den bereits vorhandenen Daten und die Korrektur von Fehlerquellen in den Messsystemen oder der Software. Das Schiff wird mehrere Flugmanöver und Nullzeit-Stürze durchführen. Ferner wenigstens zwei Landungen zum Absetzen der Trooper und um sie wieder aufzunehmen. Wenn alles ohne Probleme verläuft, wird die Lightning ein Landemanöver unter Gefechtsbedingungen simulieren. Captain Redfeather wird nun noch ein paar Instruktionen an Sie geben.“

Während ihr Vater zurücktrat und sich neben Captain Jellenkova setzte, trat Joana neben die Steuerung. „Um einer Frage vorzubeugen, die sicherlich einige von Ihnen beschäftigt: Sie wurden vorzeitig aus Ihrem Landurlaub abberufen und bekommen diese Zeit natürlich gutgeschrieben. Lieutenant Kelly und ich erhalten die relevanten Daten der Lightning und der Mission auf unsere Mini-Comps überspielt. Master-Sergeant Basari sorgt für die Weiterleitung an Sie. Wenn Sie in zwei Tagen an Bord des Schiffes gehen, erwarte ich, dass Sie die Informationen verarbeitet haben.“ Ein leises Stöhnen war von einigen Troopern zu hören, aber im Grunde hatten sie bereits damit gerechnet. „Die Kompanie geht mit Gefechtsausrüstung an Bord. Morgen, um Vier-Einhundert Standardzeit, erfolgt die Überprüfung der Ausrüstung in der Waffenkammer. Gibt es noch Fragen?“

Die Kompanie stellte keine. Jeder wusste, dass die meisten Fragen durch die Informationen auf den persönlichen Mini-Comps beantwortet werden würden, und für jene, die anschließend noch offen blieben, würde sich später die Gelegenheit ergeben.

Joana erhielt ein kurzes Zeichen ihres Vaters. „Kompanie wegtreten.“

Während die Truppe den Raum verließ, erhob sich ihr Vater. „Ich denke, Captain Jellenkova, es wird ein interessanter Flug und ich bin sehr gespannt, mit welchen Ergebnissen Sie zurückkehren werden.“

Sky-Troopers 2 - Die Beutewelt

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