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1 Den Schaden vor Ort prüfen

1.1 Unter welchen Bedingungen entsteht Schimmel?

Schimmelpilzsporen sind sowohl in der Innenraum- als auch in der Außenluft enthalten. Im Außenbereich schwankt die Konzentration witterungsbedingt jedoch sehr stark. Sie schweben in der Luft und werden durch Wind transportiert und können so in den Innenbereich gelangen. Gleichzeitig können sie auf bestimmten Nährböden auch direkt in Innenräumen entstehen.

Die Schimmelbildung ist ein sich stetig wiederholender Zyklus:

Die durch die Luft verteilten Sporen (als Verbreitungseinheiten der Pilze) siedeln sich auf den Oberflächen der Bauteile an, wobei sie bereits Stoffwechselprodukte an die Luft abgeben. An diesen Stellen wachsen die einzelnen Zellfäden (Hyphen), die das Geflecht (Myzel) auf den Oberflächen bilden. Dadurch entstehen erneut Sporen, die sich wiederum durch die Luft bewegen und an neuen Stellen mit den entsprechenden Wachstumsbedingungen niederlassen.

Wichtigste Voraussetzung für das Wachstum von Schimmel {Schimmel, Wachstum von} ist Feuchtigkeit, die sowohl aus der Raumluft als auch aus den Baustoffen, in der Fachliteratur als Substrat bezeichnet, aufgenommen werden können. Auch wenn die Temperatur – der Bereich liegt zwischen ca. 0 °C und 50 °C – ebenso wie der ph-Wert (optimaler Bereich 4,5 bis 6,5, bei einigen Arten auch 2 bis 11) für das Schimmelwachstum eine untergeordnete Rolle spielt, hat die Raumtemperatur durch den erhöhten Wassergehalt bei höheren Temperaturen Einfluss auf die Schimmelbildung.


Bild 1: Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft. (Quelle: Ingrid Kaiser)

In diesem Zusammenhang wird häufig auch von der Wasseraktivität {Wasseraktivität} aW gesprochen, die sich aus dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft in unmittelbarer Umgebung des betreffenden Materials ergibt. Es handelt sich hierbei um freies Wasser, das heißt nicht chemisch gebundene Flüssigkeit, die von den Schimmelsporen optimal genutzt werden kann. Der aW-Wert {aW-Wert} (ohne Dimension) wird aus der Luftfeuchtigkeit [%]/100 % ermittelt. Liegt er längere Zeit (mehrere Tage) über 0,8, sind die Voraussetzungen für das Schimmelwachstum äußerst günstig. Bereits vor Entstehung von Tauwasser können also Schimmelpilze wachsen.

Als Nährboden {Nährboden} eignen sich vorrangig organische Stoffe (Kohlehydrate, z. B. Zellulose und Eiweißverbindungen) wie Tapete, Kleister, Holz, Dispersionsfarben, Textilien, Leder, Papier und einige Kunststoffe. Sie werden nach Sedlbauer[1] wie folgt eingeteilt:

Substratgruppe 0: optimaler Nährboden (Vollmedien)
Substratgruppe I: gut verwertbare Stoffe wie Tapeten, Gipskarton, gut abbaubare Rohstoffe, Materialien für dauerelastische Fugen
Substratgruppe II: kaum verwertbare Stoffe wie mineralische Baustoffe mit porigem Gefüge (Putze, Dämmstoffe)

Für die Schimmelentstehung ist zunächst die oberste Bauteilschicht mit den entsprechenden Bedingungen maßgeblich. Im weiteren Verlauf dringt der Schimmel durch Zerstörung der einzelnen Stoffebenen in die tieferen Schichten ein. Daher ist beim Einbau von Baustoffen auf den Feuchtegehalt zu achten, der sich zusätzlich auch auf die Dämmwerte der jeweiligen Stoffe auswirkt (siehe DIN 4108-4[2]).


Bild 2: Je höher Feuchte und Temperatur und je günstiger der Nährboden, desto besser sind die Bedingungen für Schimmel. (Quelle: Ingrid Kaiser)

1.2 Welchen Umfang hat der sichtbare Befall?

1.2.1 Befall in unbeheizten Räumen

{Räume, unbeheizte}

Die Raumtemperatur wie auch die Wandtemperatur in diesen Räumen, insbesondere in Kellerräumen, ist im Sommer meist relativ niedrig. Aufgrund der höheren Außentemperaturen wird dann häufig gelüftet, in der Annahme, die Wärme trockne die Räume aus. Das Gegenteil ist der Fall, da warme Luft wesentlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte (siehe Bild 1). Trifft nun die warme Luft mit hohem Feuchtigkeitsgehalt auf kalte Wand-, Decken- und Bodenflächen, kühlt sie sich ab und der Wasserdampf wandelt sich in Tauwasser {Tauwasser} um. Wie in Bild 3 dargestellt, bildet sich Tauwasser bereits bei einem Temperaturunterschied von beispielsweise 6 K (Außentemperatur 20 °C, Oberflächentemperatur 14 °C) und einer relativen Luftfeuchte von 70 %.


Bild 3: Tauwasserbildung in Abhängigkeit von Temperaturdifferenz und Luftfeuchtigkeit (Quelle: Ingrid Kaiser)


Bild 4: Tauwasserbildung durch einströmende Warmluft in kühle Keller (Quelle: Ingrid Kaiser)

Hinweis
Unbeheizte Räume sollten nur dann gelüftet werden, wenn die einströmende Außenluft mit einer in Deutschland im Sommer durchschnittlichen relativen Luftfeuchte von ca. 80 % nicht mehr als ca. 5 K wärmer ist als die Bauteiloberflächen der zu belüftenden Räume. Feuchtere Außenluft mit entsprechend niedrigeren Temperaturen in den Nachtstunden ist wesentlich wirksamer.

Kellerräume {Kellerräume} sind darüber hinaus durch die hier meist untergebrachten haustechnischen Anlagen wesentlich gefährdeter hinsichtlich Leckagen. Gleichzeitig kann Feuchtigkeit aus dem Erdreich aufgrund von Niederschlägen (Spritzwasser) durch mangelnde oder fehlerhafte Abdichtungen eindringen. Weiterhin besteht die Gefahr, dass durch Kapillarwirkung die Feuchtigkeit in den Kellerwänden nach oben zieht (siehe Kapitel 2).

Häufig kommen gerade in Kellerräumen mehrere der genannten Faktoren gleichzeitig zum Tragen, die zu einer massiven Durchfeuchtung der Bauteile führen. Verschmutzungen durch mangelnde Hygiene bieten dem Schimmel zusätzlichen Nährboden, sodass er sich auch auf ansonsten unempfindlichen, glatten Oberflächen bilden kann.


Bild 5: Umfangreiche Feuchte- und Schimmelschäden in einem Kellerraum (Quelle: Ingrid Kaiser)


Bild 6: Feuchtigkeitseinfluss in Kellern (Quelle: Ingrid Kaiser)

1.2.2 Befall in beheizten Räumen

{Räume, beheizte}

Oft treten die ersten Schimmelflecken am Übergang von Bauteilen, beispielsweise Boden/Wand oder Decke/Wand auf, ebenso häufig bleiben sie hinter Möblierung {Möblierung} unentdeckt, sodass der Befall beispielsweise erst bei der Durchführung von Malerarbeiten sichtbar wird. Da die Schimmelsporen zum einen kein Licht zur Verbreitung benötigen, zum anderen die Luftzirkulation {Luftzirkulation} zum Abtransport der Feuchtigkeit eingeschränkt ist, finden sie sich an diesen Stellen wie auch hinter dichten, nah an der Wand angebrachten Vorhängen besonders zahlreich.

Diese wirken, ebenso wie dicht an der Wand stehende Möbel ohne Füße, ähnlich wie eine Innendämmung mit dem Effekt der Taupunktverschiebung innerhalb der Wand.

1.2.3 Anteil befallener Flächen

Bisher gibt es noch keine einheitlichen Zuordnungen zur Katalogisierung und Beurteilung der betroffenen Flächengrößen; das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg[3] geht von folgender Einteilung aus:

Kategorie 1 – geringfügig (< 20 cm2)
Kategorie 2 – gering bis mittel (< 0,5 m2)
Kategorie 3 – groß (≥ 0,5 m2 + tiefere Schichten)

Je nach Dichte und Tiefe des Befalls kann, unabhängig von der Größe, eine Zuordnung zur jeweils höheren Kategorie erforderlich sein.

1.2.4 Nutzungsklassen

{Nutzungsklassen}

Je nach Nutzung werden unterschiedliche Ansprüche an die Behandlung von Schimmelbefall gestellt, die gemäß dem Schimmelleitfaden 2017 des Umweltbundesamts wie folgt festgelegt sind:

NutzungsklasseAnforderungen an die InnenraumhygieneBeispiele
ISpezielle, sehr hohe Anforderungen wegen individueller DispositionRäume für Patienten mit Immunsuppression
IINormale AnforderungenInnenräume zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen: Wohn- oder Büroräume, Schulen, Kitas usw. einschließlich dazu gehörender Nebenräume
IIIReduzierte AnforderungenNicht dauerhaft genutzte Räume außerhalb von Wohnungen, Büros, Schulen usw., z. B. Keller- und Abstellräume, nicht ausgebaute Dachgeschosse sowie Garagen oder Treppenhäuser
IVDeutlich reduzierte AnforderungenLuftdicht abgeschottete Bauteile und Hohlräume in Bauteilen oder Räumen, die nach Anforderung der DIN 4108-7 mit geeigneten Stoffen gegenüber Innenräumen abgeschottet sind

Tab. 1: Anforderungen an Nutzungsklassen (Quelle: © Umweltbundesamt[4])


Bild 7: Geringer Schimmelbefall im Anschluss der Wand an die Decke (Quelle: Ingrid Kaiser)


Bild 8: Mittlerer Schimmelbefall im Anschluss der Wand an den Boden (Quelle: Ingrid Kaiser)

Die einzelnen Schimmelarten unterscheiden sich auch durch die Struktur der Oberfläche; einige bilden einen schleimigen Film, anderen fehlt dieser fast völlig, sodass die Sporen sich durch Luftbewegung wesentlich leichter im Raum bewegen können. Diese trockenen Befallstellen können leicht mit bereits abgestorbenen Schimmelflächen verwechselt werden, sodass weitergehende Untersuchungen erforderlich sind.

Hinweis
Aktiver Schimmelbefall bietet zusätzlich auch Milben und Bakterien einen entsprechenden Nährboden und erhöht damit die Gesundheitsgefährdung.

1.3 Was deutet auf einen versteckten Befall hin?

1.3.1 Geruch

{Geruch}

Auch wenn keine sichtbaren Spuren von Schimmel vorhanden sind, können Hinweise auf Befall durch modrigen, muffigen Geruch vorliegen. Dieser entsteht als Stoffwechselprodukt durch ausgeschiedene Gase (MVOC {MVOC}, siehe die folgenden Seiten). Je nach Intensität des Geruchs kann die Quelle eventuell direkt geortet werden, z. B. hinter großen Schränken, die ohne Füße direkt an der Wand stehen, oder in textilen Oberböden. Die VDI-Richtlinie 4301 Blatt 1[5], ergänzt durch die VDI-Agenda 2016[6], beschäftigt sich mit der Geruchsprüfung und den erforderlichen Randbedingungen sowie den Anforderungen an die Prüfer. Sie nimmt Bezug auf die DIN ISO 16000-30[7], die ebenfalls Hinweise zur Durchführung von Geruchsprüfungen und deren Anforderungen enthält.

Fühlen sich bestimmte Oberflächen zusätzlich feucht an, liegt höchstwahrscheinlich Schimmelbefall vor.

1.3.2 Beschwerden der Nutzer

Abhängig vom allgemeinen Gesundheitszustand treten mögliche Symptome {Symptome} in unterschiedlicher Ausprägung bei den Raumnutzern auf. Erste Anzeichen können ständige Kopfschmerzen, häufige Abgeschlagenheit und Konzentrationsschwierigkeiten sein. Da die Sporen meist über die Atemwege {Atemwege} aufgenommen werden, treten oft Atembeschwerden, Husten und Bronchitis auf. Aber auch über die Haut können die Schadstoffe aufgenommen werden und zu Augen- und Hautreizungen (Rötungen, Juckreiz) führen. Häufige Infektionen, auch des Magen-Darm-Trakts, deuten ebenfalls auf Schimmelbefall der Räume hin.

Umweltmediziner und Allergologen können die Ursachen der Symptome feststellen und somit Hinweise auf Schimmelbefall geben.

Raumklima {Raumklima}

Bereits beim Betreten eines möglicherweise befallenen Raums fällt in vielen Fällen das unangenehme Raumklima mit erhöhten Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit auf. Datenlogger, die ca. vier Wochen in allen Räumen aufgestellt werden, messen die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit und geben so Auskunft über den Einfluss des Raumklimas auf die Schimmelbildung.


Bild 9: Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumtemperatur und Raumluftfeuchte ((Quelle: Ingrid Kaiser analog W. Frank[8]))

1.4 Mit welchen Methoden können Intensität, Tiefe und Alter des Befalls bestimmt werden?

Abhängig von den vorliegenden Hinweisen auf einen Befall sollten folgende Medien untersucht werden:

sichtbarer Befall und feuchte Flächen: Materialien anhand von Materialproben
bauphysikalisch bedenkliche Konstruktionen, Beschwerden der Nutzer und typischer Geruch: Innenluft, immer im Vergleich zur Außenluft
Beschwerden der Nutzer: Staub

Im Einzelfall sind ergänzend weitere Untersuchungen durchzuführen. Alle Messungen sollten nach Abschluss entsprechender Sanierungsarbeiten wiederholt werden, um eine endgültige Beseitigung des Schimmels bzw. seiner Ursachen sicherzustellen.

1.4.1 Raumluft- und Materialmessungen

{Raumluftmessungen}

Zur Analyse und Lokalisierung werden Messungen an Baustoffen bzw. deren Oberflächen, der Innenraumluft im Vergleich zur Außenluft und dem Hausstaub vorgenommen. Einerseits wird hierdurch die Konzentration ermittelt, andererseits bereits eine erste Grundlage zur Ermittlung der Quellen bei verstecktem Befall.

Die Tiefe des Befalls kann durch den Zerstörungsgrad des Materials festgestellt werden, da es als Nährboden für die Schimmelpilze dient. Das Alter ist hierdurch nur bedingt zu erkennen, da die verschiedenen Arten unterschiedlich schnell wachsen. Auch Farbveränderungen können hierzu nur herangezogen werden, wenn der Befall eindeutig einer bestimmten Spezies zugeordnet ist.

Einen ersten Hinweis auf die „Lebensbedingungen“ von Schimmel kann die Installation von Datenloggern {Datenlogger} geben. Diese messen in einstellbaren Intervallen Luftfeuchte und Temperatur, zum Teil auch die Lüftungsphasen mit Häufigkeit und Dauer. Die Daten können auf PCs, Smartphones und anderen mobilen Endgeräten ausgelesen, ausgewertet und grafisch dargestellt werden.

Hinweis
Handelt es sich um die Klärung, ob Nutzer oder Eigentümer (als Verantwortlicher für die baulichen Gegebenheiten) für die Schimmelbildung verantwortlich sind, muss berücksichtigt werden, dass Nutzer die Datenlogger von einem Raum in einen anderen transportieren können, wodurch die Messergebnisse unbrauchbar werden.

Bei Luftproben {Luftproben} sind die starken Schwankungen der Konzentrationen besonders zu berücksichtigen. Daher sollte ein Vergleich mit der Konzentration der entsprechenden Sporen in der Außenluft erfolgen. Konzentrationen von Sporen, die üblicherweise nicht in der Außenluft vorkommen, deuten auf Feuchteschäden der Konstruktion hin. Ebenso ist zu beachten, dass in verschiedenen Raumbereichen unterschiedliche Konzentrationen auftreten.

Die Probenahme erfolgt mit Pumpen, die gewonnenen Proben werden angezüchtet und die koloniebildenden Einheiten pro Luftvolumen (KBE/m3) ausgezählt. Während die Proben entnommen werden, sollten sich keine weiteren Personen in den entsprechenden Räumen aufhalten und die Fenster und gegebenenfalls Türen vorher mindestens acht Stunden geschlossen bleiben.

Auch bei den Vergleichsproben aus der Außenluft müssen unterschiedliche Einflüsse wie Regen, Wind und in der Nähe befindliche Herde wie Biotonnen oder Komposthaufen möglichst ausgeschlossen werden, da die Messungen an der dem Wind zugewandten Seite des Gebäudes (Luv-Seite) durchgeführt werden sollen. Insbesondere die jahreszeitlich beeinflussten Aufkommen von Sporen in der Außenluft müssen ebenfalls berücksichtigt werden und erfordern möglicherweise Messungen in größeren zeitlichen Abständen.

Ist die Konzentration {Schimmel, Konzentration} von luftgetragenen Schimmelarten in den Innenräumen mehr als doppelt so hoch wie in der Außenluft, kann gemäß Umweltbundesamt davon ausgegangen werden, dass sich die Quelle im Gebäude befindet.

Bei einer Pilzgesamtzahl in der Innenraumluft, die der im Freien entspricht oder bis zu 150 KBE/m3 beträgt, besteht in der Regel kein Handlungsbedarf (Ausnahme: kritische und toxinbildende Pilze). Bei höheren Werten gilt es laut Umweltbundesamt als möglich, dass eine Innenraumquelle vorliegt, bei Werten über 500 KBE/m3 als wahrscheinlich.[9] Hier besteht sofortiger Handlungsbedarf.

Durch das Absaugen von Hausstaub, vorrangig aus Teppichen und anderen Raumtextilien, lassen sich ebenfalls Schimmelsporen analysieren.

MVOC-Messungen {MVOC-Messungen}

MVOC (microbial volatile organic compounds) sind flüchtige Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze, die auch für den typischen Geruch verantwortlich sind. Da diese Gase auch in anderen Stoffen, z. B. technischen Lösemitteln, vorkommen, dienen sie zunächst der Lokalisierung möglicher Schimmelherde, die durch ergänzende Untersuchungen analysiert werden müssen. Sie werden daher zur Untersuchung der Innenluft vorwiegend bei bauphysikalisch bedenklichen Konstruktionen bzw. Beschwerden der Nutzer eingesetzt. Zur Bestimmung des Alters des Befalls kann der Vergleich der Stoffanteile herangezogen werden, die abhängig von lebenden und bereits abgestorbenen Organismen differieren.

Schimmelpilz-Spürhunde werden hier ebenfalls eingesetzt, da sie besonders empfindlich auf die Gase reagieren und damit vorab die entsprechenden, möglicherweise befallenen Herde finden.

Hinweis
Gesundheitliche Gefährdungen der Nutzer und Sanierungsempfehlungen können aus dieser Methode allein nicht abgeleitet werden, da Schimmelpilze nicht unbedingt die Ursache für die gemessenen Konzentrationen sind.

Materialproben {Materialproben}

Da sich einige Schimmelpilze nicht in der Luft nachweisen lassen, ergänzt die Untersuchung der Baustoffe die Analyse eines Schimmelbefalls.

Bei der Abklatschprobe {Abklatschprobe} wird ein Medium mit Nährboden auf die befallenen Stellen gedrückt, sodass im Folgenden die aufgenommenen Partikel kultiviert und ihr Wachstum analysiert werden kann. Hierzu müssen zur Kontrolle mehrere Stellen untersucht werden. Ähnlich wird das Klebefilm-Abrissverfahren {Klebefilm-Abrissverfahren} angewandt; hierbei werden die Sporen von befallenen Materialien mit Klebefilm abgenommen und im Labor auf entsprechenden Nährböden kultiviert. Ergänzend können Materialproben direkt entnommen und mikroskopisch untersucht werden. Hierbei erfolgt eine Untersuchung nach Art der Pilze, Alter des Befalls und Aktivität, das heißt, inwieweit es sich um bereits abgestorbene oder noch aktive Pilze handelt.

Richtlinien zur Probenahme {Probenahme} und Untersuchung

Die VDI-Richtlinie 4300 Blatt 10[10] wurde zurückgezogen, so dass nunmehr die Normenreihe DIN EN ISO 160000 zu Innenraumluftverunreinigungen die Vorgaben für Probenahme und die Auswertung der Proben liefert. DIN EN ISO 16000-1 zu allgemeinen Aspekten der Probenahmestrategie legt die Rahmenbedingungen der Räume, besonders hinsichtlich Feuchtegehalt und Temperatur, für die Probenahme fest. Die Normenteile 17 bis 19 und 21 beschreiben nach Art der Probenahme den Nachweis und die Zählung der Schimmelpilze.

Die Notwendigkeit einer vorab durchzuführenden fachkundigen Begehung zur abschließenden Beurteilung des Schadens ist die Basis einer eindeutigen Bestimmung des Befalls. Die Ergebnisse dienen zum einen der Lokalisierung der betroffenen Flächen, zum anderen der Feststellung der Konzentration der Schimmelpilze sowie der Altersbestimmung.

Ergänzend liefert das WTA-Merkblatt 6-3-05/D Rechnerische Prognose des Schimmpilzwachstumsrisikos Hinweise zu Prognosemodellen.

1.4.2 Messung der Oberflächentemperaturen (Infrarot)

Die Thermografie {Thermografie} wird bereits zur Analyse von Wärmebrücken im Rahmen energetischer Sanierung eingesetzt. Da diese Wärmebrücken gleichzeitig Ursache für Feuchtigkeitsbildung auf Innenwandflächen sind, bietet sich ihr Einsatz auch zum Auffinden möglicher Schimmelherde an. Die Erfassung der Wärmestrahlung aller Bauteile ergibt das Thermografie-Bild, auf dem die warmen Bereiche gegenüber den kalten entweder heller dargestellt werden oder analog dem Farbspektrum in warmen Farben gegenüber kalten Farben. Da feuchte bis nasse Stoffe die Wärme wesentlich besser leiten, lassen sich hieraus auch Rückschlüsse auf Undichtigkeiten bzw. Durchfeuchtungen ziehen.

Bei der Messung muss die Witterung, insbesondere die Sonneneinstrahlung, berücksichtigt werden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Dies gilt für Außen- wie auch für Innenaufnahmen, die beide für eine vollständige Analyse erforderlich sind. Bedeckter Himmel und wenig Wind ebenso wie über mehrere Tage etwa gleiche Witterungsbedingungen garantieren bei Außenaufnahmen verlässliche Thermografien. Zusätzlich wird häufig empfohlen, die Messungen nur nachts bei einer Außentemperatur von maximal + 5 °C durchzuführen, was jedoch von der Empfindlichkeit der jeweiligen Kamera abhängt.

Zur Ermittlung von Schimmelbelastung wird die Thermografie ergänzend in den Innenräumen durchgeführt, um so kältere und/oder feuchte Bauteiloberflächen zu erkennen.

1.4.3 Messung der Luftdichtigkeit (Differenzdruck-Messverfahren)

{Differenzdruck-Messverfahren}

Ebenfalls im Rahmen energetischer Sanierungen spielt die Luftdichtheit {Luftdichtheit} eine wesentliche Rolle, um sicherzustellen, dass erwärmte Innenluft nicht unkontrolliert nach außen dringt. Die „Blower-Door {Blower-Door}“ wird anstelle einer Außentür eingesetzt, und im Gebäude entweder Über- oder Unterdruck gegenüber der Außenluft erzeugt. Bei einem Differenzdruck von 50 Pascal (Pa) wird die Luftwechselrate gemessen, das heißt, wie oft die Innenluft durch Undichtigkeiten pro Stunde ausgetauscht wird. Bei Gebäuden mit natürlicher Lüftung soll der Wert von 3,0 und mit Lüftungsanlage von 1,5 nicht überschritten werden. Bei zusätzlichem Einsatz von künstlichem Rauch und Thermografie können undichte Stellen in der Gebäudehülle gut analysiert werden. An diesen Stellen kann Feuchtigkeit in das Gebäude eindringen, die vorhandene Wärmedämmung durchfeuchten und damit die Oberflächentemperatur der Innenflächen drastisch reduzieren.

1.4.4 Endoskopie

Die Endoskopie {Endoskopie} zählt im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Methoden zu den nicht zerstörungsfreien. Allerdings sind nur kleine Bohrungen mit ca. 10 mm Durchmesser nötig, in die das Endoskop, eine Kamera, eingeführt wird. So können Wand-, Decken- und Fußbodenaufbauten auch an relativ unzugänglichen Stellen auf die einzelnen Bestandteile hin untersucht werden und Anhaltspunkte zu bauphysikalisch bedenklichen Konstruktionen geben, insbesondere wenn beispielsweise für den Außenwandaufbau oder Holzbalkendecken keine verlässlichen Planunterlagen vorliegen.

1.4.5 Zustand der Flächen und des Materials

Ausbreitung, Befalltiefe und Zustand des Untergrunds geben Hinweise auf die Intensität und damit Gefährdung durch den Schimmelbefall, ebenso wie auf mögliche Ursachen. Ein zusätzlicher wichtiger Aspekt ist die allgemeine Hygiene {Hygiene} in den befallenen Räumen: Mit Verschmutzungen versehen, können auch glatte Oberflächen wie Glas oder Metall den erforderlichen Nährboden für Schimmel bieten.

Fliesenfugen, Silikonabdichtungen in Bädern und Fugenmassen an Fenstern sind die häufigsten Stellen von Schimmelbefall. Sind die Flächen relativ klein, besteht zunächst keine Gefahr, und die betreffenden Stellen können meist mit handelsüblichen Reinigungsmitteln entfernt werden. Dennoch geben sie Hinweise auf unzureichendes Lüften bzw. mangelhafte Hygiene.

Kleinflächiger Befall in nur einem Raum ohne Hinweise auf Wasserschäden ist bereits ein Indiz für Undichtigkeiten oder fehlerhaftes Nutzerverhalten und muss beobachtet werden.

Tritt Schimmelbewuchs an verschiedenen Stellen eines Raums oder in mehreren Räumen mit größerer Ausdehnung oder Tiefe auf, bestehen bereits Gesundheitsgefahren, und eine Analyse ist zwingend erforderlich.

1.4.6 Struktur des Befalls

Zunächst wird häufig von Stockflecken gesprochen, die in den betroffenen Räumen nicht nur an Wand-, Boden- und Deckenflächen auftreten, sondern auch an Papier, Textilien, Leder, etc. Auch hier sind bereits Schimmelpilze beteiligt; als Vorstufe handelt es sich meist zunächst um weißliche bis gelbliche Verfärbungen {Verfärbungen} an der Oberfläche.

Im nächsten Schritt entwickelt sich ein pelziger Belag, das Pilzgeflecht, je nach Pilzart mit unterschiedlicher Verfärbung von gelb über grün, blau, rot und grau bis schwarz. Dieser breitet sich kreisförmig aus, bis er an den feuchten Flächen zusammenwächst.

Je nach Untergrund und Schimmelart greift der Befall mehr oder weniger schnell seinen Nährboden, das Substrat, an. Dies kann bis zur völligen Zerstörung der Bauteilschicht führen, sodass die darunter gelegenen Schichten ebenfalls befallen und später zerstört werden.


Bild 10: Im Randbereich dunkle Flecken, Mitte links bereits dichteres Geflecht mit rötlicher Färbung (Quelle: Ingrid Kaiser)

1.5 Wie können die Objektdaten und mögliche Ursachen erfasst werden?

Der eigentlichen Begehung geht die Erhebung der Objektdaten {Objektdaten} voraus:

1. Datenerfassung

Gebäudedaten {Gebäudedaten}

Baujahr
Baukonstruktionen/Bauteilaufbau/U-Werte
Anzahl der Geschosse
Keller – vorhanden/beheizt
Dachform – geneigt/flach
Dachgeschoss – ausgebaut/beheizt
allgemeiner Instandhaltungszustand
Um-, An- und Ausbauten inkl. Baujahr
Instandsetzungen und Modernisierungen inkl. Baujahr
energetische Maßnahmen inkl. Baujahr und U-Werte
Nutzungsart und gegebenenfalls Nutzungsänderungen zu/seit bestimmtem Zeitraum
Grundrisszeichnungen inkl. Darstellung der Heizkörper und wasserführenden Leitungen

Umgebungsbedingungen

Bauweise – offen/geschlossen
Baum-/Bepflanzungsbestand
klimatische Bedingungen (Jahresmittel nach Ort, Angaben des Deutschen Wetterdienstes)
Himmelsrichtung(en)
Immissionen gefährdender Bauten und Anlagen (landwirtschaftliche Betriebe, Kompostanlagen, Biotonnen, Wertstoffsortieranlagen, Gärtnereien etc.)
Grundwasserstand und Baugrund (Lastfälle/Feuchtigkeitsanfall)

Im nächsten Schritt können bereits durch Befragungen wesentliche Grundlagen möglichen Schimmelbefalls näher eruiert werden:

2. Nutzungsspezifische Gebäudeeigenschaften

Nutzereigenschaften und -verhalten {Nutzerverhalten}

Nutzer pro m2 nach Nutzungseinheiten
Nutzungsfrequenz – ständig/zeitweilig nach Nutzungseinheiten

Eigentümer-/Nutzerbefragung

bekannte Wasserschäden – Zeitpunkt und Umfang, betroffene Bauteile
gesundheitliche Beschwerden – Art und Beginn/ärztliche Diagnosen
Zeitpunkt Feststellung des Schimmelbefalls/Entwicklung und Ausbreitung nach Zeit
Heizungs- und Lüftungsverhalten (gegebenenfalls Aufstellung von Datenloggern)
Nutzungsgewohnheiten (Aufenthaltsdauer pro Tag)
besonderer Feuchtigkeitsanfall (Wäschewaschen und -trocknen, Häufigkeit von Dusch- und Wannenbädern, etc.)

Bereits bei der ersten Begehung {Begehung} sollten Messgeräte zum Einsatz kommen, um mögliche Ursachen und grundsätzliches Gefährdungspotenzial zu erkennen. Hierzu gehören handelsübliche Temperatur- und Feuchtigkeitsmessgeräte sowie eine Fotokamera. Weiterhin ist eine PSA (persönliche Schutzausrüstung), bestehend aus Atemschutzmaske FFP3, Schutzbrille und Einweghandschuhen, empfehlenswert.

Begehung und Dokumentation erfolgen sinnvollerweise von außen nach innen und von unten nach oben.

3. Gebäudebegehung

Äußere Gebäudehülle

Anschluss Außenmauerwerk an Gelände – Spritzwasserspuren oder Sockel/Hanglage mit Stauwasser
Fassade – Risse im Putz/defekte Fugen/Ausblühungen
Dach – defekte Deckung/Bemoosung/defekte Dachentwässerung
mögliche Wärmebrücken – konstruktiv/geometrisch

Innenräume

Anzahl befallener Nutzungseinheiten/Räume
feuchte Stellen/Geruch
Größe des Befalls pro Raum
befallene (Bau-)Stoffe
Tiefe und Struktur des Befalls

4. Probenahmen {Probenahme} und Messungen

Je nach den Vorerhebungen (siehe die Punkte Datenerfassung und Gebäudeeigenschaften) werden Messungen bereits im Rahmen der ersten Begehung oder nach Feststellung des Gefährdungspotenzials erforderlich. Zur Feststellung von Überlagerungen der Schimmelursachen ist es sinnvoll, ein Raumbuch für das Gebäude nach dem Muster in Kapitel 1.6 anzulegen.

5. Ergebniszusammenfassung und Auswertung

Dokumentation

Zusammenstellung der Datenerfassung
Fotodokumentation
Bauzeichnungen mit Eintragung betroffener Stellen
Zusammenstellung aller Messwerte
Gefährdungsbeurteilung

Aus den Daten können weitgehend Rückschlüsse auf Ursachen und Umfang des Schimmelbefalls gewonnen werden. Durch die Zuordnung der Raumbuch-Daten zu den Grundrissen und den Gebäudedaten lassen sich Anzeichen für bauphysikalische bzw. baukonstruktive Gegebenheiten gegenüber nutzungsbedingten Ursachen ableiten und/oder mehrere Ursachen in bestimmten Räumen bestimmen.

Hierbei erfolgt die erste Einordnung des betroffenen Gebäudes in die Baualtersklassen {Baualtersklassen}. Im Allgemeinen sind neuere Gebäude mit höherem Dämmstandard weniger betroffen als ältere Gebäude, bei denen meist zusätzlich Undichtigkeiten in der Gebäudehülle vorzufinden sind.


Bild 11: Untersuchung der Anfragen an die Schimmelberatung der Energieberatung der Verbraucherzentrale nach Baualtersklassen (Quelle: Ingrid Kaiser nach Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv), Energieteam, Berlin 2014)

Weiterhin können aus den vorliegenden oder neu zu ermittelnden U-Werten (Wärmedurchgangskoeffizienten = Maß des Wärmedurchgangs durch die einzelnen Bauteile [W/mK]) die Dämmeigenschaften des Gebäudes beurteilt werden. Ebenso können die Umgebungsbedingungen zum Teil erheblichen Einfluss auf Messergebnisse haben und diese möglicherweise verfälschen.

Nach Begehung, Probenahme und weiteren Untersuchungen müssen im Einzelfall alle Faktoren analysiert und somit zur Ursachenfindung herangezogen werden. Jedes Einzelergebnis ist im Zusammenhang mit allen anderen Ergebnissen und Gegebenheiten zu betrachten; Widersprüche unterschiedlicher Untersuchungsmethoden weisen auf Fehler einer der Untersuchungen hin und machen gegebenenfalls eine Wiederholung erforderlich.

1.6 Begehungsprotokoll zur Erfassung von Schimmelpilzbefall

{Begehungsprotokoll}







Fußnoten:

[1]

Sedlbauer, K.: Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen, Dissertation Universität Stuttgart, 2001.

[2]

DIN 4108-4:2017-03 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 4: Wärme- und feuchteschutztechnische Bemessungswerte.

[3]

Schimmelpilze in Innenräumen – Nachweis, Bewertung, Qualitätsmanagement, Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, 2004.

[4]

Umweltbundesamt: Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt 2017, S. 125,

Tab. 11 (Auszug).

[5]

VDI-Richtlinie 4301 Blatt 1:1997-12 Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Messen der Stickstoffdioxidkonzentration – Manuelles photometrisches Verfahren (Saltzman).

[6]

Nehr, S.; Hösen, E.: Luftqualität in Innenräumen – Handlungsfelder der Standardisierung und Forschungsbedarf, Düsseldorf: Verein Deutscher Ingenieure 2016.

[7]

DIN ISO 16000-30:2015-05 Innenraumluftverunreinigungen – Teil 30: Sensorische Prüfung der Innenraumluft.

[8]

Frank, W.: Berichte aus der Bauforschung, Raumklima und thermische Behaglichkeit, Ernst & Sohn Verlag, Berlin 1975.

[9]

Umweltbundesamt: Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt 2017, S. 115 ff.

[10]

VDI-Richtlinie 4300 Blatt 10:2008-07 Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Messstrategien zum Nachweis von Schimmelpilzen im Innenraum (zurückgezogen).

der bauschaden-Spezial Schimmelpilzsanierung

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