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Kapitel drei

Minna Tintenfass und Alexander Theodor von und zu Mohrenkopf – so hießen die beiden Mäuse, die die Wissenschaftler ins Auge gefasst hatten – verfolgten, den Atem anhaltend, das Geschehen auf dem Fernseher, in dem der berühmte Kommissar Fischgräte mitspielte, eine Maus aus echten Schrot und Korn, beliebt wegen seines messerscharfen Verstandes und seiner Sprüche, die nur er auf eine coole Art und Weise auszusprechen vermochte. In jeder Folge kam ein: „Larry, fahr schon mal das Moped vor“, und jeder Zuschauer wusste, dass damit das Finale begann.

Minna und Theodor fieberten nun der Szene entgegen, in der Fischgräte den ruchlosen Mörder enttarnen würde. Er hatte wie üblich die ganzen Verdächtigen in einem ausrangierten Zugwaggon versammeln lassen und trug vor allen Beteiligten vor, wie sich der Fall zugetragen haben könnte, nannte den Namen eines der Anwesenden, entlastete ihn aber sofort wieder, indem er ein Alibi oder einen Gegenstand hervorzauberte, der die Unschuld der Person bewies.

Nun blieben nur noch zwei Personen übrig, die als Täter infrage kamen. Nur noch ein paar Augenblicke, dann würde der Kommissar die Maske vom Gesicht des Übeltäters reißen, ihn entlarven, dafür sorgen, dass das Böse seinen Platz hinter dicken Gefängnismauern finden würde.

Doch leider sollten die beiden Mäuse nicht erfahren, wer die gemeine Tat begangen hatte. Denn noch bevor der Fernsehkrimiheld mit seinem Finger auf den gemeinen Unhold weisen und ihn knallhart auf den Kopf zusagen konnte, wie und warum er das Verbrechen beging, wurden Minna und Theodor von je einer menschlichen Hand gegriffen und in die Höhe gehoben.

„FIEP!", fiepten die beiden Nager empört. Sie strampelten mit ihren kurzen Beinchen und versuchten, sich aus ihrer misslichen Gefangenschaft zu befreien. Ein erneutes, wütendes „Fiep“ drang aus Theodor Alexander von und zu Mohrenkopfs Mäulchen. Er verwünschte die beiden Fäuste, die die beiden Mäuse noch immer umklammert hielten und drohte, ihnen sämtliche Tierschutzorganisationen auf den Hals zu hetzen und sie sogar vor Gericht zu zerren und sie auf eine Tüte Speckwürfel in Kinopopcorngröße zu verklagen.

Jawohl!

Wenn Kommissar Fischgräte jetzt hier wäre, der würde schon dafür sorgen, dass er und Minna wieder gemütlich auf ihrem lila Sofa weiter Fernsehen schauen konnten, während die beiden Männer ihren bisherigen Wohnort mit einer schmucklosen Zelle tauschen mussten. „Na ihr zwei, ihr seid bestimmt schon aufgeregt wegen eurer bevorstehenden Reise“, sagte Professor Amadeus Zwinkerle und strich Minna zärtlich mit seiner Nase durch das weiße Fell.

„Fiep?“ (Reise? Was für eine Reise? Minna, hast du beim Teleshopping eine Reise gebucht?)

„Fiep!“ (Selbstverständlich nicht, was denkst du von mir!)

„Fiep?“ (Was meint dieser Weißkittel dann mit Reise?)

"Fiep.“ (Ich befürchte, das werden wir gleich erfahren.)

„So, jetzt bekommt ihr zwei noch schicke Raumanzüge angezogen, und dann geht es auf ins Weltall mit der Endstation Mond. Sag bitte, Karsten, hast du Herrn Samson schon erreicht?“

„Ja, habe ich, und der allerstärkste Mann der Welt ist schon auf dem Weg hierher und bringt auch seine Zwille mit.“

„Das ist gut.“ Zwinkerle strahlte übers ganze Gesicht. Seine karottenorangefarbenen Haare schien noch mehr zu leuchten als sonst. Er reichte seinem Freund die Mäusedame. Dann zog er Alexander Theodor von und zu Mohnkopf einen kleinen, blauen Raumanzug über. Behutsam drückte er den Reißverschluss zu. Dann schnürte er den Nager noch einen kleinen Rucksack mit einem Fallschirm in dessen Inneren um. Schließlich wollten die Wissenschaftler ja, dass die beiden Mäuse wieder heil und gesund zur Erde zurückkamen.

Minna Löwenzahn musste dieselbe Prozedur über sich ergehen lassen. Auch ihr wurden ein blauer Raumanzug und ein Fallschirmrucksack verpasst. „Sitzt wie angegossen“, freute sich Karsten Schabernack, als er der Maus den Rucksack umgelegt hatte. Genau in diesem Moment klopft es wuchtig an die Tür. „Herein“, riefen die beiden Männer wie aus einem Munde. Die Tür öffnete sich, und ein Schrank von einem Mann kam in den Raum. Er war mindestens zwei Meter groß und einen Meter breit. Unter seinem gelben Hemd konnte man Muskeln sehen, die so dick waren wie ein Buch mit fünfhundert Seiten. „Ah, Herr Samson. Schön, dass Sie Zeit für uns haben und uns mit Ihrer Kraft im Namen der Wissenschaft einen großen Dienst erweisen“, begrüßte Amadeus dem Besucher, ergriff dessen Hand und schüttelte sie kräftig.

„Und welchen Schrank soll ich anheben, weil Ihnen ein Kugelschreiber darunter gerollt ist?“, fragte Herr Samson. Die beiden Wissenschaftler schauten ihn verwirrt an. „Wie meinen?“, fragte Schabernack. Herr Samson grinste über beide Backen. „Ich habe nur ein Scherz gemacht. Was kann ich denn für Sie 'Im Namen der Wissenschaft' tun?“ Karsten erklärt es ihm, und Herr Samsons Augen glänzten.

„Das ist zwar etwas schwierig, aber ich könnte es durchaus schaffen. Immerhin weiß ich jetzt, zu welchem Zweck ich meine Schleuder mitbringen sollte.“ Er hob die Zwille, die er in seiner Hand hielt, in die Höhe. Das ein Meter lange Gummi war an einem gegabelten Stock befestigt, den Herr Samson eigenhändig aus einem dicken Ast geschnitzt hatte. Obwohl die Schleuder recht groß war, wirkte sie in der Pranke des Riesen wie ein Streichholz. „Dann lassen Sie uns nach draußen gehen, meine Herren. Wir müssen einen Platz finden, wo ich die Zwille so platzieren kann, dass ich das Gummi weit genug spannen kann. Am besten wäre ein Baum, durch deren Zweige ich den Stock so schieben kann, dass er nicht heruntergerissen wird."

„Das ist eine sehr gute Idee“, sagte Amadeus Zwinkerle. „Im Park steht eine sehr große Kastanie. Lassen Sie uns diese aufsuchen.“

Und so geschah es auch. Herr Samson schnappte sich die Leiter, die an einem der Stahlregale ruhte, und Professor Amadeus Zwinkerle und Doktor Karsten Schabernack hielten die noch immer vor Aufregung und Protest fiepsenden Mäuse fest in ihren Händen. Dann verließen die drei Männer das Labor, schlenderten über den langen Flur, vorbei an Besen- und Gerümpelkammer, durch die Glastür, die weiße Treppe herunter (auf der das Blatt wartete, dass der Wind wieder auffrischte und die Reise um die Welt weitergehen konnte), durch mehrere Straßen, wo sie die Spaziergänger, die sie ganz verwundert anschauten, mit einem „Wir starten ein spannendes Experiment“ informierten. „Aber es ist ganz geheim“, fügten sie noch hinzu. Dann zogen sie weiter, bis sie den Park und die Kastanie erreichten, die ihre vielen Arme gen Himmel streckte. Herr Samson lehnte die Leiter an den mächtigen Stamm des Baumes. Dann kletterte er sie Stufe um Stufe hinauf. Als er das Ende der Leiter erreicht hatte, hangelte er sich auf die Kastanie, suchte eine Stelle, in die er den Stock der Zwille schieben konnte, damit sie festen Halt hatte, fand sie, schob den Stock hinein, prüfte, ob er sich wirklich keinen Millimeter bewegen konnte und kletterte wieder herunter. Zufrieden betrachtete er seine Arbeit. „Meine Herren, wenn sie soweit wären, können Sie mit dem Countdown beginnen.“

„Fiep?“ (Was meint er mit Countdown?)

„Fiep." (Ich weiß es nicht. Aber irgendetwas in meinem Inneren sagt mir, wir werden Kommissar Gräte nie mehr im Fernsehen anschauen können).

Professor Amadeus Zwinkerle und Doktor Karsten Schabernack legten die beiden Mäuse auf das weiche Lederstück in der Mitte der Zwille. Herr Samson legte behutsam den Daumen auf die pelzigen Nager, damit sie nicht versehentlich herunterfielen, dann zog er das Gummi. Weiter und weiter spannte er es. Noch ein Stückchen und noch eines. Es wurde immer straffer und straffer, bis es nur noch einen Finger breit vom Boden entfernt und bis zum Zerreißen gespannt war.


Und dann… ließ Herr Samson los! Das Gummi schnellte in seine ursprüngliche Form zurück, nahm Alexander Theodor von und zu Mohrenkopf und Minna Tintenfass mit auf seinem Weg, stoppte abrupt und schleudert die beiden Vierbeiner unaufhaltsam ins Weltall. Sie flogen wie eine Rakete so schnell. Das Sternzeichen Wassermann prostete ihnen mit seinem Krug freundlich zu, und das Sternzeichen Jungfrau schenkte ihnen ein sanftes Lächeln. Aus einiger Entfernung hörten die beiden ein freundliches „MUH“ einer Milchkuh, die gerade gemolken wurde. Für einen kurzen Moment wurde es Minna Angst und Bange, als sie ihr Flug in einen Nebel führte. Und sie war sehr erleichtert, dass diese Strecke nach wenigen Sekunden durchflogen war. Nun kam auch der Mond in Sicht. Herr Samson hatte die Spannung des Zwillengummis sehr gut kalkuliert, da die beiden Mäuse jetzt langsamer wurden und schließlich sanft auf der Mondoberfläche landeten.

„Fiep.“ (Sieht so aus, als wären wir am Ziel.)

„Fiep.“ (Du, es riecht nach leckerem Käse und ich habe so großen Hunger.)

Alexander Theodor von und zu Mohrenkopf hob seine Nase in die Luft und schnüffelte.

„Fiep!“ (Du hast recht! Es duftet nach Camembert und nach Gouda und nach vielen anderen Käsesorten.) Alexander Theodor von und zu Mohrenkopfs Barthaare wackelten vor Aufregung.

Käse in rauen Mengen.

Käse, an denen sich Minna als auch er jeden Tag satt essen konnten, bis ihre Bäuchlein zu platzen schienen. Vorsichtig kratzte er mit seiner linken Pfote ein kleines bisschen von der Oberfläche, schnüffelte erneut, schob sich das kleine Stück in den Mund und kaute genießerisch darauf herum.

„Fiep“, schwärmte er (Butterkäse, lecker.)

Nun traute sich auch Minna und biss vorsichtig in den Mond, ließ sich den Geschmack auf der Zunge zergehen und bekam glänzende Augen.

„Fiep“ (Das ist das reinste Paradies hier. Viel viel besser als das, was wir vor unserer Reise zu futtern bekamen.)

„Fiep“ (Da hast du recht, Minna.)

„Fiep“ (Nun lass uns erst einmal satt essen, und danach schauen wir, was wir noch alles finden.)

„Fiep.“ (Eine gute Idee, Alexander. So werden wir es machen.)

Und so naschten die beiden und mampften und kauten und konnten einfach nicht genug vom Käse bekommen. Doch irgendwann waren ihre Bäuche gefüllt und die beiden pappsatt, sodass sie sich nicht mehr rühren konnten.

„Fiep?“ (Wollen wir erst einmal eine Runde schlafen und dann diese Welt erkunden?)

„Fiep.“ (Ja das sollten wir machen. Der Flug, das Essen, das alles hat mich müde gemacht. Ich konnte schlafen wie ein Murmeltier.)

Die beiden Mäuse streckten sich, schlossen ihre Augen und schliefen auf der Stelle ein. Dass sie dabei durch ein Fernrohr beobachtet wurden, bekamen die zwei nicht mit.

Wie Katze Felicette den Mond rettete

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