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DER SIEGESZUG DER PLATTFORMWIRTSCHAFT

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Amazon feierte bereits seinen 25. Geburtstag – dennoch ist Amazon das Synonym für die neue Disruption des Handels. Die jungen Wilden, die den alten Arrivierten zeigen, wie es geht. Die ihnen die Kunden abspenstig machen, die Gesetze im Handel neu schreiben. Auch wenn wir alle seit gut 15 oder gar fast 20 Jahren bei Amazon einkaufen, war der Corona-Lockdown von lautem und unwirschem Amazon-Bashing begleitet. Wenn der Postler den braunen Karton mit dem Amazon-Smiley vorbeibrachte, musste man ihn rasch verstohlen zur Seite räumen und hoffen, dass es der Nachbar nicht gesehen hatte. Wer bei Amazon kauft, gilt als Verräter, er schädigt die heimische Wirtschaft, vielfach ertönt der Ruf, Amazon zu boykottieren. Nur das hat wenig Sinn, denn der Erfolg gibt ihnen schlicht recht. Amazon zu bekämpfen hat so viel Sinn wie gegen die Gezeiten oder die Erdanziehungskraft zu kämpfen, dafür ist die Akzeptanz bei den Kunden einfach zu groß.

Amazon ist keine virtuelle Shoppingmall, Amazon ist kein klassisches Geschäft, in dem ich gustiere und mir verschiedenste Dinge ansehe, überlege, in den Warenkorb lege und vielleicht jetzt oder doch beim nächsten Mal oder zu irgendeinem Anlass auf „buy“ clicke. Man geht auf Amazon mit der absoluten Kaufabsicht. Ich möchte das Buch, ich brauche den Wasserkocher. Ich suche ein Geschenk für meinen Neffen. Ich kaufe – mit 1-Click-Buy – und bekomme es im Prime-Programm am nächsten Tag geliefert. Amazon ist kein Shopping-Erlebnis, Amazon ist ein Besorgungsdienstleister – manchmal mehr Concierge oder Personal Assistant als Geschäft. Das macht Amazon so erfolgreich und Jeff Bezos so reich.

Amazon ist das Maß aller Dinge punkto Angebot, Customer Experience und Qualität der Dienstleistung. Amazon definiert Online-Shopping. Denn Amazon hat die Plattformwirtschaft nicht nur verstanden, sondern miterschaffen. Sie haben sich diese singuläre Stellung hart erarbeitet, die jetzt so gern kritisiert wird. Und wie alle großen Trends, Erfolgskonzepte und Ideen werden wir in Österreich mit Amazon-Bashing diese Entwicklung nicht aufhalten. Was wir tun können, um die vorherrschende Marktposition einzudämmen und ein größeres Stück vom süßen Kuchen Online-Handel mitnaschen zu können? Das Erfolgskonzept kopieren, weiterentwickeln, etwas Österreichisches daraus machen!

Amazon zählt neben Apple, Microsoft, Google und Alibaba zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Sie alle sind Plattformunternehmen. Österreichische Unternehmen können davon genauso profitieren. Eine Partizipation an der Plattformwirtschaft birgt enorme Potenziale für die heimischen Betriebe. Aktuell wird lediglich 1 Prozent der Umsätze über Online-Marktplätze in Österreich erwirtschaftet. Das entspricht gerade mal sieben bis acht Milliarden Euro. Um allein zu den europäischen Vorreitern aufzuschließen, müsste sich der Umsatzanteil über Plattformen in Österreich verdoppeln. Wir haben massiven Aufholbedarf in der Plattform-Ökonomie. Das betrifft KMUs genauso wie Konzerne und Großunternehmen. Es gibt in unserem Land nur ganz, ganz wenige Beispiele erfolgreicher Plattformen. „George“ der Erste Bank Group zählt dazu. Aber dazu später im Detail. Und das betrifft nicht nur konsumentenorientierte (B2C)-Unternehmen, wie heute noch viele glauben. Der nächste Trend sind geschäftsorientierte (B2B)-Plattformen. Weil die Einkäufer in den Unternehmen dieselben Personen sind, die in ihrer perfekten B2C-Welt shoppen. Sie haben im Business-Umfeld die gleichen Ansprüche in Sachen Customer Experience wie im privaten. Daran gilt es sich zu orientieren. Der Manager, der in seinem Privatleben komfortabel mit einem Click und Same-Day-Delivery einkauft, will nicht ein Fax schicken oder ein von Hand unterschriebenes PDF einscannen.

In der Plattformwirtschaft gibt es – wie überall anders auch – nicht nur eine Antwort, kein „One size fits all“. Darum gilt es, individuelle Plattformstrategien zu entwickeln. Ein Anschluss an eine bestehende Plattform kann für das eine Unternehmen der richtige Weg sein. Man kann zum Beispiel eine Billigschiene auf einer herkömmlichen B2C-Plattform vermarkten und für die High-End-Produkte einen anderen Weg wählen. Ebenso besteht eine Option darin, über eine eigene Plattform nachzudenken – nicht als Konkurrenz zum Riesen Amazon, sondern in definierten Nischen. Und schlussendlich gibt es geschlossene Plattformen – insbesondere im B2B-Bereich. Diese sind dann passend, wenn man eine geschlossene Gruppe von Zielkunden hat. Ein überaus interessanter Aspekt der Plattform-Ökonomie ist die Offenheit. Will ich meine Leistungen mit Angeboten Dritter erweitern? Mein Portfolio wächst, aber meine Partner haben damit Zugang zu meinen Kunden – definitiv eine komplexe strategische Entscheidung.

Manager müssen sich heute die Frage stellen: Wie und welche Plattform kann mich weiterbringen, um meinen Umsatzanteil und meine Wertschöpfung zu erhöhen? Dazu gilt es eine Strategie zu entwickeln und diese rasch und präzise umzusetzen. Wir müssen jetzt Geschwindigkeit aufnehmen, damit Europa und Österreich von der Plattformwirtschaft nicht überrollt wird. Ein erstes Ziel, ein Etappenziel auf dem Weg zum Plattform-Champion ist, innerhalb von zwei bis drei Jahren 20 bis 30 Prozent der Umsätze im Kerngeschäft online via Plattform zu erwirtschaften, sofern das von Produkt und Dienstleistung her möglich ist. Plattformen sind ein Game Changer – im Consumer-Bereich und demnächst im Business-Bereich. Die Plattform-Strategie wird bald, sehr bald entscheiden, wo Ökonomien und Unternehmen stehen.

Das digitale Wirtschaftswunder

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