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„Jetzt verstehe ich endlich, was du gemeint hast, als du gesagt hast, das Leben wird spannender“, erklärte Jen, nachdem Cora über die letzten Tage berichtet hatte. „Ich bin drei Tage weg, und du wirst nicht nur Teilhaberin eines Cafés, sondern findest auch eine weitere Mitbewohnerin. Und mit den Kids bist du anscheinend spielend fertig geworden. Ich fühle mich fast überflüssig.“

„Nee, nee, so locker war es nicht. Die haben mich ganz schön Nerven gekostet. Aber ich konnte mich schlussendlich doch durchsetzen.“

„Da bin ich ja erleichtert. Ich habe dich für einen winzigen Moment tatsächlich für perfekt gehalten.“

„Was ich selbstverständlich auch bin“, sagte Cora im Brustton der Überzeugung. „Ich kann es nur meistens gut verbergen.“

Jen lachte und klopfte ihr auf die Schulter. „Schon klar. Was hältst du von einem freien Nachmittag? Ich hole die Kinder ab und gehe mit ihnen in den Opel Zoo.“

„Klingt herrlich. Eine erholsame Stunde in der Badewanne und dann ein ruhiger Chat mit Daniel, falls er erreichbar ist.“

„Daniel?“ Jen zog die Stirn kraus. „Den hast du noch nie erwähnt. Oder täusche ich mich?“

„Ist eine längere Geschichte, die vor achtzehn Jahren anfing. Ich erzähl es dir in Ruhe bei einem Glas Wein, wenn die Kids im Bett sind.“

„Wie gemein! Jetzt bin ich noch neugieriger als vorher.“

„Viel Spaß im Opel Zoo“, grinste Cora. „Ich muss noch mal kurz weg. Zur Bank“, fügte sie hinzu.

„Also gut, Frau Becker. Dann ist ja soweit alles geklärt.“ Der nette Berater von Coras Hausbank überreichte ihr die Unterlagen in einer Klarsichtfolie. „Das Geld wird übernächste Woche zu Ihrer Verfügung stehen.“

Cora bedankte sich und trat hinaus in den kalten, aber sonnigen Märztag. Dennis, ihr Exmann, hätte einen Anfall bekommen. Wie kannst du in ein Geschäft investieren, wo du weder den Finanzplan noch die Teilhaberin kennst? Wahrscheinlich hatte er recht, ganz bestimmt sogar hatte er recht. Das konnte Cora endgültig das Genick brechen. Sie kannte weder Tamara noch wusste sie, wie die Finanzierung des Cafés genau aussah. Den Termin mit Tamara hatte sie erst für Sonntag vereinbart. Den Kredit von der Bank hatte sie allerdings schon heute, am Freitag, unterschrieben. Das war eindeutig die falsche Reihenfolge. Aber es fühlte sich richtig an. Du bist zu vertrauensselig, hörte sie Dennis´ Stimme in ihrem Kopf. „Egal“, murmelte sie. „Jetzt ist es sowieso zu spät. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Entschlossenen Schrittes ging sie nach Hause. Dort fuhr sie ihren Laptop hoch, nur um festzustellen, dass Daniel leider nicht online war.

Nun gut, dann eben erst das Bad. Doch als sie später einen erneuten Blick auf ihren Laptop warf, war er immer noch nicht online. Enttäuscht schaltete sie es wieder aus. So weit bin ich schon, dass ich enttäuscht bin, wenn ein Mann, den ich achtzehn Jahre nicht gesehen habe, nicht am Laptop sitzt und sehnlichst auf eine Nachricht von mir wartet. Wo soll das noch hinführen?

Die Haustür ging auf.

„Ihr bleibt direkt im Flur stehen“, hörte sie Jens energische Stimme. „Lara und Tim. Ihr bewegt euch nicht, bis ich mit einem Wasserschlauch wieder hier bin, um euch abzuspritzen.“

Cora hörte das entsetzte Quieken ihrer Tochter und grinste. Dann ging sie in Richtung Flur und bekam einen kleinen Schock. Dort bot sich ihr ein lustiges Bild. Jen, die völlig verzweifelt aussah, hüpfte auf einem Bein herum und versuchte, sich den nassen Stiefel auszuziehen. Lara und Tim sahen aus, als hätten sie im Schlamm gegeneinander gecatcht. Und Nils stand völlig unbeteiligt daneben und sah aus, als könne ihn kein Wässerchen trüben. Jen stütze sich an der Wand ab und schaffte es so, endlich den Stiefel auszuziehen.

Lara hatte ihre Mutter erblickt und sah sie aus großen, ängstlichen Augen an. „Mama. Müssen wir wirklich unter den Wasserschlauch?“

„Wenn Jen das sagt“, erwiderte Cora amüsiert. „Ich halte mich da raus. Ehrlich gesagt, ihr seht tatsächlich so aus, als bräuchtet ihr dringend eine Grundreinigung.“

„Mama!“ Laras Stimme klang jetzt schrill.

„Okay. Ich werde mit Jen reden. Vielleicht lässt sie sich von einer sofortigen warmen Dusche überzeugen.“

Jen richtete sich auf. „Also gut. Dann warm duschen. Aber die Klamotten werden hier ausgezogen.“

„Auch die Unterwäsche?“, fragte Tim erschrocken.

Jen schüttelte den Kopf. „Die kannst du im Bad ausziehen. Du duschst hier unten, und Lara geht hoch. Nils bekommt schon mal einen heißen Kakao.“

„Das ist unfair“, schmollte Lara. „Der kann auf uns warten.“ Doch ein böser Blick von Jen genügte, und Lara zog sich schnell aus und verschwand die Treppe hoch.

„Sieht nach Mordsspaß aus“, sagte Cora und deutete auf das Wäschechaos zu ihren Füßen.

„Eigentlich hatten wir den auch.“ Erschöpft ließ Jen sich auf die Treppe fallen. Nils setzte sich neben sie, legte seine Hand auf ihr Knie und sagte: „Alles gut.“

Cora lächelte. Jen stupste Nils auf die Nase und erwiderte: „Ich weiß. Und jetzt ab mit dir in die Küche. Dein Kakao wartet.“ Das ließ er sich nicht zweimal sagen.

„Dein Sohn ist wirklich süß.“

„Jedenfalls wenn er will“, fügte Cora hinzu. „Und was war mit den anderen beiden?“

„Die hatten Streit um die Mohrrübe. Jeder wollte sie dem Elefanten geben. Es endete damit, dass die Mohrrübe im hohen Bogen ins Gehege flog und Lara und Tim sich auf dem Boden wälzten.“

„Ich wette, den Preis für die Mutter des Jahres kannst du dir abschminken“, lachte Cora.

„Das schätze ich auch.“

Gemeinsam beseitigten sie das Chaos, kochten Kakao für die ganze Bande und brachten sie nach dem Abendessen ins Bett. Dann trafen sie sich mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern auf dem Sofa.

„Und jetzt möchte ich alles über Daniel hören.“

„Direkt auf den Punkt kommen. Das mag ich an dir.“

„Schließlich platze ich bald vor Neugier. Ist er der Grund, warum dein Mann und du nicht mehr zusammen seid?“

Cora schüttelte heftig den Kopf. „Auf keinen Fall. Dennis habe ich verlassen, weil er und ich nur noch Freunde waren, kein Ehepaar mehr. Dazu fühle ich mich einfach zu jung. Daniel hat damit nichts zu tun. Er hat mich erst später kontaktiert.“

„Ich dachte, du kennst ihn schon länger.“ Jen legte etwas Holz nach.

„Ich war 22, als wir zusammen gearbeitet haben.“

Dann berichtete sie Jen von Daniel und endete damit, dass die Zeit damals wohl einfach nicht die richtig war.

„Tragisch schön“, kommentierte Jen das Ganze mit glänzenden Augen. „Nach achtzehn Jahren, triffst du Mr. Right wieder und endlich werdet ihr zueinander finden.“

Cora lachte. „Du bist ja eine Romantikerin“, stellte sie fest und schenkte noch Wein nach.

„Ich liebe Happy Ends.“

„Und was ist mit deinem Happy End?“

„Das liegt eine Etage höher und schläft hoffentlich.“

„Das meinte ich nicht.“

„Ich weiß. Aber ehrlich, ich bin glücklich ohne Mann an meiner Seite.“

„Darauf trinke ich.“

Liebe hoch 3

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